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Die Schulferien auf Haiti sind sehr lang. Daher gehörte zum Sommercamp auch das Wiederholen von Lernstoff. Bilder: © Kindernothilfe e.V.
Hilfe für Haiti
Vom einmaligen Glück, in einen Pool zu springen
von Bettina Rees

Zwei Wochen ohne Angst und Gewalt – was für uns selbstverständlich klingt, ist für Menschen auf Haiti die Ausnahme. Nordwestlich der Hauptstadt Port-au-Prince organisierte die Kindernothilfe Haiti daher ein „Feriencamp des Lächelns” für die Kinder – unter anderem mit unserer Hilfe. 

links: Angstfrei lachen: Das Camp war eine Auszeit von Armut und Gewalt. rechts: Etwas Unterricht gehörte zum Programm Seit Jahren unterstützen wir in einem kleinen Dorf nordwestlich von Haitis Hauptstadt Port-au-Prince das Kinderhilfsprojekt „Schützende Schule“.  In deren Rahmen fand nun erstmals das „Camp du Sourire“ genannte „Ferienlager des Lächelns" statt. Es bot über 200 Kindern und Jugendlichen eine zweiwöchige Auszeit aus ihrem von Armut, Angst und Gewalt bestimmten Alltag. Die Spenden der REWE Group und ihrer Mitarbeitenden trugen maßgeblich zur Realisierung des Camp du Sourire bei, Partner vor Ort ist die Kindernothilfe Haiti. Ihr Leiter Hugue Augustin beschrieb one gegenüber das Ferienlager: 

Die eigene Kreativität entdecken: Die meisten Kinder hatten noch nie zuvor gehäkelt, gebastelt oder gewerkelt „Wir haben das Camp bewusst, ,Ferienlager des Lächelns´ genannt, wir wollten mit dem freundlichen Namen und den eigens dafür bedruckten sonnengelben T-Shirts ein positives Signal gegen die tägliche Gewalt aussenden, der die Kinder in ihrem Umfeld ausgesetzt sind. Dazu muss man wissen, dass derzeit gleich mehrere einschneidende Krisen Haitis Bevölkerung und vor allem die Kinder stark traumatisieren, unter anderem der von Gewalt und Angst beherrschte Alltag sowie die inflationsbedingt stark gestiegenen Preise, die Lebensmittel fast unerschwinglich machen. 

Das Sommercamp hatte zum Ziel, den Kindern diese Angst, die in Lévèque allgegenwärtig ist, für eine Weile zu nehmen. Die Aktivitäten im Camp sollten die Gemeinschaft der Kinder und die Zusammenarbeit fördern sowie Stress und Ängste abbauen und ihre persönliche Entfaltung unterstützen. Einerseits sollten die Kinder, die noch nie in ihrem Leben in den Urlaub gefahren sind, Spaß und eine einzigartige Ferienerfahrung haben und gleichzeitig nützliche Dinge für ihr Leben lernen. Andererseits sollten unsere Aktivitäten die Kinder seelisch stabilisieren und ihnen ein Gefühl von Wertschätzung vermitteln. Dazu haben wir pädagogische Aktivitäten, Sport- und Bewegungsangebote sowie Kunst- und Handwerkateliers entwickelt. 

Kinder und ihre Begleiter verteilen Flyer zum Kinderschutz. Die pädagogischen Aktivitäten zielten darauf ab, das schulische Wissen der Kinder spielerisch zu festigen. Die Sommerferien in Haiti sind lang und die Schüler und Schülerinnen vergessen einen Teil des Gelernten, was wiederum den Lehrern viel Zeit abverlangt, den alten Stoff im neuen Schuljahr zu wiederholen. Daher wurden im Sommercamp die Mathematik-, Schreib- und Lesekenntnisse aufgefrischt und vertieft. Die Freizeitaktivitäten umfassten Sport, Bewegung und Aktivitäten, von Malerei und Gesang über das in dieser trockenen Gegend notwendige Bewässern der Pflanzen, die Verschönerung des Schulhofs und Ausflüge in die Nachbarschaft, wo die Kinder und Jugendlichen selbst verfasste Flugblätter über die Rechte von Kindern verteilten. Von allen Sportmöglichkeiten war der eigens aufgebaute Pool die allergrößte Attraktion, die Kinder genossen es unheimlich, hineinzuspringen und im Wasser zu toben. So etwas kannten sie bisher nicht.  

Einfach mal Kind sein beim "Feriencamp des Lächelns" Das Camp endete im September nach zwei Wochen Abenteuer. Den Kindern hatte es rundum gefallen, so wie Mérilia. Sie ist Schülerin, 16, und lebt als Haushaltshilfe in einer Art häuslicher Sklaverei. Sie war so froh über ihre Zeit im Ferienlager, weil es sie für zwei Wochen vor Züchtigungen und Haushaltsaufgaben bewahrte, die sie den ganzen Tag über ohne Essen erledigen musste. Mérilia glaubt, dass ihr Leben durch das Camp verändert wurde, denn hier hat sie viele neue Dinge gelernt und Fertigkeiten erworben, so wie häkeln oder malen. Vor dem Camp konnte sie das alles nicht, jetzt kann sie zum Beispiel Sandalen aus Makramee, Häkelmützen und Bilderrahmen aus Bananenblättern herstellen. Mérilia träumt davon, ihre handwerklichen Fähigkeiten weiter zu entwickeln, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Und um so ihr Leben in die Hand zu nehmen und zu verändern.   

Das Camp du Sourire …

… bot 226 Jungen und Mädchen zwischen vier und 16 Jahren aus der Region Lévèque zwei Wochen lang Ferien, Abenteuer und Abwechslung. Das Essen war gut und vor allem reichlich, die Betreuer:innen kümmerten sich und waren im Dialog mit den Kindern. All das tat ihnen sehr gut. Denn derzeit ist die Situation in der Schule, in den Familien und in der Ortschaft aufgrund der anhaltenden Krise in Haiti und der damit verbundenen Gewalt sehr angespannt. Die extreme Gewalt in der Hauptstadt Port-au-Prince hat sich seit dem vergangenen Jahr auch in die Provinz ergossen. Die ortsansässige Schule schloss für mehrere Wochen. Das Trauma der Kinder verstärkte sich noch angesichts ihrer verängstigten und hilflosen Eltern, zudem mangelt es an an Nahrung, Zugang zu sauberem Wasser, zu sanitären Einrichtungen, Bildung, Gesundheit, Unterkunft und Information. Betroffen sind Menschen, die sich von den Naturkatastrophen der vergangenen Jahre kaum erholen konnten, von dem riesigen Erdbeben 2010, dem zerstörerischen Wirbelsturm 2016 und dem weiteren Erdbeben im Sommer 2021. Die beispiellose Welle der Gewalt, die das Land danach ergriffen hat, und der quasi rechtsfreie Raum, hat die Lebensbedingungen noch einmal verschlechtert. Noch nie waren die Kinder und Jugendliche, die in Lévèque wohnen, einer solch traumatisierenden Situation ausgesetzt wie heute.  

Mehr zum Thema:
https://one.rewe-group.com/magazin/magazin-artikel/item/Article/showMag/college-verena-mutwillig-zerstoert-kinder-blieben-unverletzt

 

Die Schützende Schule…

… in Lévèque in der Gemeinde Cabaret, einer vom Erdbeben 2010 stark betroffenen Region, hat im Wesentlichen drei Aufgaben: Sie will den Kindern beibringen, wie sie sich vor weiteren Naturgewalten schützen können. Sie legt den Fokus auf Umweltschutz und ein Baumpflanzprojekt, angesichts der wegen des Brennholzbedarfs massiven Abholzung der Region. Und vor allem informiert und berät sie Eltern zum allgegenwärtigen Thema Gewalt gegen Kinder.  


Mehr zur Schützenden Schule:
https://one.rewe-group.com/magazin/magazin-artikel/item/Article/showMag/baeume-pflanzen-ist-kindesschutz

https://one.rewe-group.com/magazin/magazin-artikel/item/Article/showMag/wichtigstes-schulfach-kindesschutz

 

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