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ArticleId: 586magazineKlicken oder kosten, Warenkorb oder Einkaufswagen? Oder beides? Welche Vertriebswege dem Segment Wein Erfolg bescheren, beschäftigt drei REWE-Akteure, die für das Unternehmen Weinhandel betreiben.https://one.rewe-group.com/fileadmin/_processed_/2/c/csm_Impulse_Wein_0815_mgt_standard_33c2dd80cf.jpgViele SchläucheDie Zukunft des Weinhandels
Weinhandel
Guter Wein in vielen Schläuchen
von Bettina Rees
Klicken oder kosten, Warenkorb oder Einkaufswagen? Online, offline oder einfach alles? Welche Vertriebswege geht der Lebensmitteleinzelhandel beim Produkt Wein? Welche Konzepte versprechen Erfolg? Wie kommt die Flasche zum Kunden? Wie kann Beratung aussehen? Das beschäftigt drei REWE-Akteure, die  für das Unternehmen Weinhandel betreiben: Christian Griem, Geschäftsführer von REWE Wein online, REWE-Händler Uwe Kriegel und Andreas Brensing, Chef des Kölner Weinkellers.
„Vertrauen ist die wichtigste Währung in der Weinszene“
Andreas Brensing vom Kölner Weinkeller über erfolgreiches Multichannelling für Premiumkunden.  
Wenn ein guter Kunde anruft, nimmt Andreas Brensing schon einmal den Telefonhörer mit hinunter in den Kölner Weinkeller und berät bei einem Rundgang durch das alte Gewölbe, in dem tausendundeine Flasche, einer Schatzhöhle gleich, rubinrot und gold funkelt. Der Kunde hat sich vielleicht zuvor auf koelner-weinkeller.de umgesehen und wird auch dort, der Einfachheit halber, bestellen. Einmal im Jahr aber kommt er, vielleicht aus Frankfurt, vielleicht aus dem Ruhrgebiet, nach Köln-Braunsfeld, um mit Weinkeller-Chef Brensing durch das Gewölbe zu flanieren...   
 
„Ich glaube an Multichannelling“, erläutert Andreas Brensing die befruchtende Koexistenz von Kölner Weinkeller und koelner-weinkeller.de: Der Internetshop muss können, was der Laden kann. Und umgekehrt. „Wir wollen keinen Kunden besser oder schlechter stellen.“
Dass sich der Umsatz beider Vertriebsschienen in den vergangenen Jahren stetig erhöht hat, liegt nur zum Teil am beachtlichen Durchschnittsbon der Premiumkunden: „Wein lebt vom Fühlen, Schmecken, Sehen“. Folgerichtig müsse er, so Brensing, einen „Wahnsinnsaufwand“ betreiben, alle Vertriebskanäle gut zu spielen. Denn der Premiumkunde ist bereit, Geld zu lassen, befasst sich aber auch viel mit Wein und verlangt entsprechende Betreuung und Beratung.

Vinotainment mit Suchtpotenzial
Und so vermittelt der Kölner Weinkeller auch via Internetauftritt die Heimat der Weine, die Geschichte der Weingüter: nie belehrend, immer unterhaltsam. Hier wird nicht mit spitzem Mund verkostet und wieder ausgespuckt, sondern mit Bild und Text sinnlicher Spaß am Weingenuss vermittelt. Vinotainment mit Suchtpotenzial...
Mit den vergnüglich-lehrreichen Blogreportagen und den kleinen Filmen von Weinbergen und Winzern, selbst gedreht und professionell bearbeitet, springt die Leidenschaft des Weinkellerteams auf den Zuschauer über.

„Wir sind immer wieder erstaunt, wie viele unserer Kunden die Filme gucken und die Blogs lesen„, freut sich Brensing über die Resonanz. Aber weil für viele Kunden Print immer noch die beste Form der Informationsgewinnung sei, gebe es das rund 60 Seiten starke Kundenmagazin „Weinbrevier“ sowohl online als auch auf Papier. Jedes Brevier widmet sich einem Thema, von Mosel bis Italien, die Gestaltung ist schön, der Inhalt schlau, die Sätze wirken im Kopf wie ein kleines Glas Champagner, prickelnd, erheiternd, Lust auf mehr. Das sehen die Leser wohl auch so: Laut Weinkeller erreicht das kostenlose Kundenmagazin „Weinbrevier“ je nach Thema 18.000 bis 25.000 Leser.
„Viele Leute lesen unsere Geschichten aber im Internet“. Wie viele, das erfuhr Brensing, als aufgrund des jüngsten Poststreiks das „Weinbrevier Mosel“ zu spät bei den Abonnenten im Briefkasten lag - da waren die meisten Weine der „Merkelbach-Winzer“, die der Weinkeller anbieten konnte, schon längst verkauft. An Kunden, die schon im Internet von der Weinprobe im  Wohnzimmer der Brüder gelesen hatten, die seit Jahrzehnten gute Tropfen in Flaschen abfüllen, die Etiketten der Moselweine anrührend-altmodisch, die Brüder hochbetagt.

Den vielen Start-ups unter den Weinshops, die ausschließlich auf "Rabatt und Parker-Punkte, also Angebote und gute Beurteilungen" setzen, prognostizert Brensing hingegen kein langes Leben. Der Durchschnittspreis habe sich zwar leicht erhöht, liege aber nur bei rund drei Euro/0,75-l-Flasche. „Nicht viele Online-Shops werden überleben, wenn es gewinnorientiert sein soll“.

Koelner-weinkeller.de hingegen setzt - analog zum Geschäft in der Domstadt - auf hochwertige Klassiker und „Weinikonen“, auf Exklusivität atmende Clubkarten und nicht zuletzt auf Winzer, die Brensing wie eine Braut umwirbt, bis sie einzelne Flaschen ihrer limitierten Schätze zuteilen. Aber auch wenn so mancher Wein lange Jahre Reifezeit vorweisen kann - in Sachen technischer Entwicklung ist der Weinkellerauftritt laut Andreas Brensing „state of the art“, hat also die Nase weit vorn. „Unser Webshop ist auch beim Google-Ranking hoch angesehen, wir überarbeiten unseren Internetauftritt permanent“ und auch mobil sei der Weinkeller weit entwickelt und anwenderfreundlich.

Weinblogger, so Brensing, beobachteten den Kölner Weinkeller oft sehr kritisch. „Weil wir eben REWE sind, das finden viele nicht gut. Aber auch sie sehen, welche Weingüter uns ihr Vertrauen schenken und ihre Weine zuteilen. Und Vertrauen ist die wichtigste Währung in der Weinszene“.

Das, so der Chef des Kölner Weinkellers, gelte auch für die Zukunft des Weinhandels. Denn auch wenn in Deutschland der Weinkonsum sinke - weltweit steige er: „Und bei der zu erwartenden Verknappung sichert das gute Verhältnis zu den Proudzenten unser wirtschaftliches Überleben. Ob stationär oder im Internet.“

Der Kölner Weinkeller ist eine Filiale der REWE Markt GmbH, koelner-weinkeller.de und weinfreunde.de gehören zur REWE Wein Online GmbH
„Fachhandelsweine für den Supermarkt“
Christian Griem, bei REWE Digital Geschäftsführer für die REWE Wein online GmbH über die Chancen, die das Online-Portal Weinfreunde.de für stationäre REWE-Händler und Weineinsteiger bietet.

one: Herr Griem, warum gibt es Weinfreunde.de?
Christian Griem: Der Onlineanteil im LEH ist zur Zeit noch sehr gering. Mit dem Lieferservice bieten wir ein Vollsortiment für den online-affinen Kunden. Innerhalb des LEH-Sortimentes gibt es jedoch einige Warengruppen, in denen die Onlineanteile schon heute viel höher als im Gesamtmarkt sind und auch schneller wachsen.
Zu diesen Kategorien gehört Wein. Die Frage war dann nur: Kaufen wir zu, (wie bei Tiernahrung mit Zoo Royal) oder machen wir es selber? Mangels geeigneter Kandidaten entschieden wir uns, selbst einen Onlineshop für Wein aufzubauen.

Ist das nicht sehr mutig angesichts der großen Zahl an bestehenden Weinshops?
Der Weinanteil am Onlineabsatz von Lebensmitteln wächst rasant, wenn man sich die Prognosen für die kommenden Jahre anschaut. 2014 lag der Anteil von Wein am Onlinehandel von Lebensmitteln bereits bei vier Prozent, während er im stationären LEH nur auf knapp ein Prozent kam.

Wie überlebt man inmitten der vielen Online-Weinanbieter?
Indem man sein Profil schärft! Wir haben Kunden gefragt, was sie wollen. Da gibt es Kunden, die ihre bewährte Lieblingsmarke einfach zum besten Preis wollen. Die Mehrheit aber sucht Orientierung, da sie eher wenig Ahnung von Wein hat.
Sicher, Beratung ist natürlich immer schwieriger, wenn man nur Informationen und keine Probeschlückchen anbieten kann. Die Weinfreunde wollen den Kunden virtuell an die Hand nehmen und ihm helfen, seinen Geschmack zu finden. Dazu wird es kurze Fragebögen geben, und mit Hilfe der Kundenrückmeldungen (Bewertungen von Artikeln) können wir dem Kunden aufzeigen, welcher Wein zu ihm passt: Das hast du gekauft, das hast Du auch gemocht. Du bist der und der Weintyp. Hier gilt: Content is King und man muss den Kunden kennen.

Weinfreunde.de gehört zur REWE Wein Online GmbH, sowie auch koelner-weinkeller.de. Warum die Trennung?
Beide Auftritte sind getrennt und sollen es ganz bewusst auch bleiben. Koelner-Weinkeller.de ist im hochpreisigen Segment positioniert und hat eine andere Zielgruppe.
Das Ziel von Weinfreunde.de ist es, „Fachhandelsweine für den Supermarkt“ anzubieten. Die Einstiegsflasche liegt hier bei 3,49 Euro, der Durchschnittspreis für eine 0,75-Flasche bei sechs bis sieben Euro. Anders als der Weinkeller trägt Weinfreunde.de das REWE-Logo sichtbar im Namen, denn wir wollten eine Marke schaffen, die den direkten Bezug zum Unternehmen herstellt.

Nehmen Sie dem Supermarkt Weinkunden weg?
Im Gegenteil. Wir haben ein anderes Sortiment - ein Fachhandelssortiment - und ergänzen so das ausgezeichnete Sortiment der Supermärkte. Wir wollen Omnichannel spielen, damit die Kunden überall, gleichzeitig und kanalübergreifend einkaufen können. Das Netz gibt der Fläche Impulse und umgekehrt. Wir wollen Mehrwert schaffen und unser Sortiment, dort wo es passt, in den Märkten anbieten und natürlich umgekehrt. Denkbar ist beispielsweise, dass wir Kunden auch die Möglichkeit anbieten, Ihre online bestellten Weine in ausgewählten Märkten abzuholen. Damit schlagen wir die Brücke zwischen Online und Offline und sorgen durch die virtuelle „Regalverlängerung“ für zusätzliche Frequenz am POS. Aktuell bietet weinfreunde.de 50 Artikel aus der REWE-Listung.

Wie sieht die Zukunft von Weinfreunde.de aus?

Mobile first, interaktiv, eine App mit REWE... Wer einen Anreiz im Weinregal findet, bestellt im Netz. Wer im Netz ein Rezept zum Wein findet, kauft die Zutaten im Markt... Wir setzen auf Wechselwirkungen.
Das aktuelle „B2C“, also Kunden bestellen bei Weinfreunde, lässt sich erweitern um B2B: REWE-Händler bestellen ihre Weine bei Weinfreunde.de, in Kürze gibt es vielleicht eigene stationäre Weindepots. Einen ersten Schritt in Richtung Omnichannelling machen wir gerade: Ab September bestücken die Weinfreunde in mehreren REWE-Märkten einen eigenen Streckenmeter Wein. Im REWE Center in Egelsbach wird es sogar eine eigene Insel werden.
Die Weinfreunde-Wein-Platzierung soll dem Kunden die Entscheidung leichter machen. Wir bieten Orientierung (nach Geschmack, Essenspassung und Herkunft) und Fachhandelsweine zu erschwinglichen Preisen.

Ein Wort zum Schluss?
Dem Kunden muss es Spaß machen bei uns zu kaufen!
Urlaubsgefühle im Weinregal
Mit Leidenschaft, Verkostungen und viel Überzeugungskraft machte REWE-Händler Uwe Kriegel aus einer Ferienerinnerung eine feste Größe in seinem Weinregal. Wie, das erzählt der REWE-Kaufmann, der in Baden-Württemberg zwei Märkte führt.

„Weine von heimischen Lieferanten, wie aus der Region Bodensee, hat bei uns jeder. Ich wollte für unsere Weinabteilung in Erolzheim etwas anderes. Wir vertreten exklusiv den Winzer Lorenzonetto aus der norditalienischen Region Friaul. Den kennen sehr viele Menschen in unserer Gegend, da fast jeder schon einmal seinen Urlaub bei Bibione verbracht, wo Lorenzonetto seine Weinberge hat. Viele kennen also auch sein Gut sowie seine Weine und haben schöne Urlaubserinnerungen daran. Ich übrigens auch. Als Kind habe ich dort meine Ferien verbracht, meine Eltern füllten ihren Wein bei Lorenzonetto noch selbst ab.

Heute bieten wir seine Weine als 5-Liter-Bag-in-Box an. Viele Kunden reagierten anfangs darauf skeptisch: Wein in Schläuchen? Ist das nicht billige und kaum trinkbare Discountware?

Ein Jahr lang habe ich in unserem Markt in Erolzheim mit Hilfe einer geschulten Mitarbeiterin den Wein verkosten lassen, jeden Freitag
und jeden Samstag. Natürlich erst ab der Mittagszeit... Und durch die Verkostungen sprach sich die Qualität des Weins herum.
Gleichzeitig habe ich ihn den umliegenden Gastronomen vorgestellt und REWE-Kollegen aus der Ulmer Region mit ins Friaul genommen zur Vor-Ort-Verkostung.

Heute beliefere ich 20 benachbarte REWE-Händler. Ich hole den Wein selbst ab, pro Jahr rund 25.000 bis 30.000 Liter. Ein- bis zweimal pro Monat fahre ich nach Bibione, denn das Weingut liegt abseits der Routen großer Speditionen.

Mir lag viel daran, den Wein von Lorenzonetto bei uns einzuführen, ich habe dafür viel investiert, vor allem viel Zeit. Heute habe ich Anfragen aus ganz Deutschland.“

Meine Tipps für die Weinabteilung
Auf unseren Preisetiketten finden sich Verzehrtipps, damit sprechen wir insbesondere Weineinsteiger an. Junge Leute achten verstärkt auf Optik, das Weinetikett muss auch das Auge ansprechen. Man sollte auch immer Trends im Blick haben. Bei uns gehen leichte, Bio- und alkoholfreie Weine sehr gut.
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