Viele Menschen glauben, dass die Proteinversorgung bei einer pflanzenbasierten Ernährung kritisch sein könnte, da tierische Produkte als wichtige Proteinquellen gelten. Doch stimmt das wirklich? Die Ernährungswissenschaftlerinnen Miriam Plogmann, Head of Quality Management Fresh/Frozen, und Pia Thies, Junior Qualitätsmanagerin, erklären, wie eine abwechslungsreiche pflanzenbasierte Ernährung alle notwendigen Proteine liefern kann.
Wer sich vegan ernährt, verzichtet auf tierische Produkte von Fleisch, Wurst und Eiern bis zum Käse. Doch diese Produkte sind wichtige Proteinquellen – ein Grund, warum viele glauben, dass die Proteinversorgung bei einer pflanzenbasierten Ernährung kritisch sein könnte.
Doch ist das tatsächlich so? “Zunächst einmal ist es völlig unabhängig von der Ernährungsweise wichtig, sich abwechslungsreich zu ernähren und unter anderem auf Proteinquellen zu achten”, erklärt Miriam Plogmann, Ernährungswissenschaftlerin und bei der REWE Group im Qualitätsmanagement unter anderem für vegane Alternativprodukte zuständig.
Hülsenfrüchte, Getreide und Nüsse liefern Proteine
Aber was genau bedeutet das nun für die pflanzenbasierte Ernährung? „Der Proteinbedarf wird oft überschätzt und häufig nur mit tierischen Lebensmitteln assoziiert. Dabei gibt es zahlreiche tierfreie Produkte, die reich an Proteinen sind. Die Klassiker unter den pflanzenbasierten Proteinlieferanten sind die Hülsenfrüchte. Bohnen, Linsen, Erbsen und Co. enthalten je nach Produkt zwischen 5 und 15 Gramm Protein pro 100 Gramm im verzehrfertigen Zustand,“ ergänzt Pia Thies, die im Team von Miriam Plogmann für vegane Alternativprodukte zuständig ist. Tofu, der aus Sojabohnen hergestellt wird, enthält beispielsweise etwa 16 Gramm Protein pro 100 Gramm und ist somit eine ausgezeichnete Quelle. Nüsse und Saaten bieten ebenfalls hohe Proteinmengen, wie zum Beispiel Kürbiskerne. Sie liefern mit 35 Gramm pro 100 Gramm ebenfalls hohe Proteinmengen. Pia Thies betont: „Eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung, die verschiedene proteinreiche Lebensmittel integriert, ist die Voraussetzung für eine ausreichenden Proteinzufuhr.“
Die Kombination macht den Unterschied
Dabei haben es Menschen, die tierische Produkte in ihre Ernährung integrieren, einfacher, sämtliche Proteine aufzunehmen. Viele pflanzliche Proteinquellen liefern nicht alle essenziellen Aminosäuren (siehe Kasten) in ausreichender Menge. Um einen Mangel zu vermeiden, empfiehlt Miriam Plogmann, verschiedene Lebensmittel miteinander zu kombinieren: „Die Kombination von Hülsenfrüchten und Vollkorngetreide ist besonders günstig. So kann auch eine vegane Ernährung alle essenziellen Aminosäuren liefern.“ Beispiele hierfür sind Nudeln mit Linsenbolognese, Brot mit Hummus oder eine Reispfanne mit Erbsen.
Und wieviel Protein benötigt nun ein Mensch am Tag?
Laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) benötigt ein gesunder Erwachsener unter 65 Jahren etwa 0,8 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag. „In der Regel kann diese Menge Protein problemlos über die Nahrung aufgenommen werden, so dass eine Ergänzung durch Proteinpulver nicht notwendig ist,“ erklärt Pia Thies.
In bestimmten Lebensphasen, wie Schwangerschaft, Stillzeit oder im Alter, ist der Proteinbedarf erhöht. „Schwangere im zweiten Trimester sollten 0,9 Gramm, im dritten Trimester 1,0 Gramm und Stillende 1,2 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag zu sich nehmen,“ erläutert Miriam Plogmann. Für Personen über 65 Jahre empfiehlt die DGE einen Schätzwert von 1,0 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht. Abschließend betont Miriam: Wenn man proteinreiche Lebensmittel wie Hülsenfrüchte und Vollkorngetreide in seinen Speiseplan integriert ist auch mit einer pflanzlichen Ernährung ist eine ausreichende Proteinversorgung gut möglich.“
5 Fakten für die Proteinversorgung auf Pflanzenbasis
- Hier steckts drin: Hülsenfrüchte wie Bohnen, Linsen oder Erbsen enthalten viel Protein, auch Produkte aus Vollkorngetreide und Nüsse oder Saaten sind sehr proteinreich. Daher sollten regelmäßig Produkte aus diesen Pflanzenfamilien auf dem Speiseplan stehen.
- Wundertüte: Die meisten pflanzlichen Lebensmittel sind vielseitig einsetzbar. So kann man zum Beispiel aus Kidneybohnen schnell Burgerpattys herstellen, Linsen sind perfekt für eine vegane Bolognese und Seidentofu kann Milchprodukte in Desserts ersetzen.
- Essenziell oder nicht? Wichtig ist, dass mit der Nahrung auch die essenziellen Aminosäuren aufgenommen werden, die der menschliche Organismus nicht selbst produzieren kann. Wer sichergehen möchte, mit diesen Nährstoffen gut versorgt zu sein, greift zu Soja und Quinoa. Sie enthalten alle neun essenziellen Aminosäuren und eignen sich daher als gute Alternative für tierische Proteinlieferanten.
- Die Mischung macht’s: Wer Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte wie Bohnen oder Erbsen und Nüsse in seine Mahlzeiten und Snacks integriert, kann alle essenziellen Aminosäuren aufnehmen.
- Darfs ein bisschen mehr sein? Eine hervorragende Proteinquelle sind Kürbiskerne. In 100 Gramm der kleinen Kerne stecken 35 Gramm Proteine. Das können Sojabohnen knapp toppen mit 38 Gramm Protein auf 100 Gramm. Zum Vergleich: 100 Gramm Rindfleisch enthält 26 Gramm Protein.
Proteine? Aminosäuren? Ein kleiner Exkurs in die Biologie
Proteine bestehen aus Aminosäuren, von denen es insgesamt 20 verschiedene im menschlichen Körper gibt. Acht - bei Säuglingen sind es sogar neun - davon sind essenziell. Das bedeutet, dass der Körper sie nicht selbst herstellen kann. Sie müssen über die Nahrung aufgenommen werden. Die übrigen nicht essenziellen Aminosäuren können vom Körper unter normalen Bedingungen selbst produziert werden.
Zur Person:
Miriam Plogmann hat Ernährungs- und Haushaltswissenschaften studiert. In der REWE Group ist sie 2017 als Qualitätsmanagerin gestartet und jetzt als Head of Quality Management Fresh/Frozen mit ihren Teams für die Qualität frischer und tiefgekühlter Produkte zuständig.
Pia Thies hat molekulare Lebensmitteltechnologie studiert. Im März 2022 startete sie bei der REWE Group als Werksstudentin. Nach ihrem Master stieg sie dann voll bei der REWE im operativen Qualitätsmanagement ein. Dort ist sie unter anderem für vegane Alternativprodukte zuständig.