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Lesedauer: 5 Minuten
08.02.2023
Kampagne zur Genossenschaft
Politische Kommunikation mal anders
von Julia Dopjans

„Die Genossenschaft, die Großes schafft“ – so lautet der Slogan der ersten politischen Dachkampagne der REWE Group. Ihr Ziel ist es, Forderungen sowie Maßnahmen des Unternehmens treffsicher an die Politik zu kommunizieren – und das gerne mit einem Augenzwinkern. Wie das gelingt und warum wir besonders stolz auf unsere genossenschaftliche Struktur sein können, erzählt Group Director Public Affairs Emilie Bourgoin.

one: Ihr habt im Frühjahr vergangenen Jahres eine langfristige Kampagne für die politischen Stakeholder gestartet. Mit unterschiedlichsten Motiven greift ihr dabei in kurzen, knackigen Texten und Bildern Themen der REWE Group und der Branche auf. Wie kam es zu der ungewöhnlichen Idee – und wer ist die Zielgruppe?

Emilie Bourgoin: Der aktuelle Bundestag war seit der Wiedervereinigung noch nie so jung und so weiblich. Etwa 280 Abgeordnete sind seit Ende 2021 neu dabei. Das erfordert auf unserer Seite neue oder zusätzliche Kommunikationskanäle und Kommunikationsformen. Wir sind, was das betrifft, schon immer weit vorne: Als erstes Handelsunternehmen haben wir ein regionales Mandatsträgernetzwerk ins Leben gerufen, waren eines der ersten mit einem Büro in Berlin und haben erste große politische Veranstaltungen in Berlin initiiert. Nun wollten wir neue Wege in der Ansprache, aber auch in der Kommunikation unserer Forderungen und Maßnahmen gehen: treffsicher, nah- und wiedererkennbar. Dies gilt nicht ausschließlich für die Berliner Politikbühne, sondern auch für unsere Arbeit in Brüssel, den Bundesländern oder auf lokaler Ebene. Die Kampagne  findet zu großen Teilen auf Social Media statt, wir sind so noch leichter ansprechbar, sichtbarer und auch sehr aktuell. Einen direkten Austausch vor Ort, gemeinsam mit zum Beispiel Fachkolleg:innen oder Kaufleuten, ersetzt die Dachkampagne nicht, das ist klar. Denn nur im Gespräch können wir wirklich nachhaltig Positionen und Argumente vermitteln. Doch die Kampagne ist für uns eine Ergänzung und ein Türöffner: Wir wollen die Leute neugierig machen auf uns und unsere Themen und zeigen, wie die REWE Group tickt und welche Werte wir leben. Die Herausforderung war, das in Bild und Text zu übersetzen –mit einem Augenzwinkern. Ich denke das ist uns gelungen.

Emilie Bourgoin (Foto: Achim Bachhausen) one: Warum bildet das Thema Genossenschaft den roten Faden in der Kampagne?

Emilie Bourgoin: Unsere genossenschaftlichen Wurzeln machen unser Unternehmen aus – und unterscheidet uns auch von anderen Wirtschaftsakteuren. Viele große Projekte, die eine gesellschaftspolitische Relevanz haben, schaffen wir genau aus diesem Grund – weil wir ein gemeinsames Wertesystem haben und in einer Genossenschaft alle gemeinsam Entscheidungen mittragen. Sei es die Abschaffung des gedruckten Handzettels oder der Plastiktüte aus unseren Märkten. Das möchten wir mit der Kampagne vermitteln und die Vielfalt unserer Themen und unseres Engagements unterstreichen.

one: Kannst du ein Beispiel nennen? Was ist dein liebstes Thema der Kampagne?

Emilie Bourgoin: Ich mag unseren Spruch „Soziales Netzwerk? Sind wir seit 1927“ – weil das einfach so zutreffend ist. Denn Nachhaltigkeit und Solidarität sind schon im Gedanken der Genossenschaft verankert. Aber wir haben auch Motive zu ganz konkreten politischen Themen entwickelt, wie beispielsweise dem Kükentöten. Da lautet unser Spruch „Wir checken die Eier, bevor die Jungs leiden“. Also ein Spruch mit viel Augenzwinkern, aber Fakt ist ja: Bei dem Thema haben wir etwas Großes geschafft. Wir waren Vorreiter in der Branche, waren vor der Politik handlungsfähig. Den PENNY-Zipfelmenschen haben wir sogar für unseren Weihnachtsgruß aufgegriffen: „Es sollte egal sein, wer wen vernascht.“ Wir stehen für Vielfalt und darauf können wir alle stolz sein. Unser Ziel ist es aber auch, auch tagesaktuelle Themen aufzugreifen und uns dazu zu positionieren.

one: Wie erreicht ihr Eure Zielgruppe mit der Kampagne?

Emilie Bourgoin: Unsere Kampagne ist langfristig ausgelegt. Wir sind damit dort präsent, wo unsere politischen Stakeholder sind: Auf unseren Veranstaltungen und Messeständen beispielsweise, aber wir nutzen den Slogan auch auf unseren Visitenkarten oder im Sponsoring – und seit September vergangenen Jahres sehr gezielt auf unserem neuen Public Affairs-Twitterkanal. Wir haben auch unsere Kaufleute eingeladen, auf ihren jeweiligen Social Media-Kanälen Motive zu teilen, mit denen sie sich identifizieren können. Wir möchten die Menschen neugierig machen und uns als Gesprächspartner:innen für die jeweiligen Themen positionieren – die wir dann gern im persönlichen Austausch vertiefen.

Die Kampagne kommt aus dem Bereich Public Affairs und richtet sich ganz klar an politische Stakeholder, also neben Abgeordneten auch an deren Mitarbeiter:innen, Verbände oder Ministerien. Es ist handelt sich nicht um eine Marketing- oder Arbeitgeberkampagne, dafür haben wir gute Kolleg:innen.

one: Es gibt im Lebensmittelhandel ja auch noch andere Genossenschaften…

Emilie Bourgoin: Das besondere bei uns ist die enge Verzahnung von Zentrale, Regionen und Kaufleuten. Unsere 1.800 Kaufleute werden bei strategischen Überlegungen einbezogen und geben gleichzeitig ihren Input in die Organisation zurück. Und diese Dynamik ist es, die uns besonders, schnell und schlagkräftig macht. Wir möchten der Politik außerdem zeigen, dass wir ein Akteur vor Ort sind, der sich stark engagiert und viel investiert. Auf uns ist Verlass, wir sind krisenfest. Das hat unter anderem Corona deutlich gezeigt, als wir zum Beispiel trotz Einbrüchen in der Touristik ohne Staatshilfen ausgekommen sind – weil andere Geschäftseinheiten und unsere Kaufleute das aufgefangen und mitgetragen haben. Wir sind zwar ein großes Unternehmen, aber ein Verbund vieler kleiner Unternehmer:innen. Das ist vielen unserer Gesprächspartner:innen nicht immer bewusst.

one: Welches Image haben aus deiner Sicht Genossenschaften heutzutage? Manch einer verbindet damit wenig Dynamik, lange Entscheidungswege…

Emilie Bourgoin: Der Begriff kann verstaubt klingen, hat aber in den vergangenen Jahren eine Renaissance erleben dürften. Weil es viele erfolgreiche Genossenschaften in anderen Feldern gibt, zum Beispiel im Wohn- oder Energiesektor. Die Abstimmungsprozesse würde ich eher als Vorteil denn als Nachteil sehen: Jeder hat bei uns ein Stimmrecht und übernimmt dadurch auch Verantwortung. Und die Entscheidungsprozesse sind sehr transparent. Wir sind intern außerdem so gut aufgestellt, dass wir zu schnellen Entscheidungen kommen können.

 

one: Wie sind die ersten Reaktionen auf eure Kampagne?

Emilie Bourgoin: Sehr positiv. Humor kann auch – oder gerade – bei ernsten Themen ein guter Türöffner sein. Und wir belassen es ja nicht bei Lippenbekenntnissen. Aus der Politik hören wir häufig den Satz „euch kaufen wir das wirklich ab“, auch wenn wir über unsere genossenschaftlichen Werte sprechen. Und das liegt natürlich daran, dass wir sie nicht nur täglich leben, sondern auch durch unser Handeln erlebbar für andere machen.

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