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Müllsammler und -blogger Heiko Jäger im Einsatz. Schnell füllen sich die Beutel mit Unrat
Müllsammler Heiko Jäger
Mit Ãœberzeugung gegen den Unrat
von Achim Bachhausen

Während andere nach Feierabend ihren Garten auf Vordermann bringen oder eine Joggingrunde drehen, greift er zu Teleskopzange und Beutel: Heiko Jäger ist leidenschaftlicher Müllsammler. Einen Großteil seiner Freizeit verbringt der Dortmunder damit, seine Umwelt vom Unrat zu befreien. Leidenschaftlich und vielfältig sind seine Anstrengungen, mehr Menschen für ein sauberes Umfeld zu begeistern. one hat mit dem Überzeugungstäter gesprochen.

one: Was war eigentlich der Auslöser für Ihr außergewöhnliches Engagement?

Heiko Jäger: Ich stamme aus Nordhessen, bin 30 Kilometer nördlich von Kassel aufgewachsen. Von dort kannte ich die Müllproblematik in dem Maße nicht. Erst nach dem Umzug nach Dortmund wurden mir die Zustände mehr und mehr bewusst. Gleichzeitig reifte die Erkenntnis: Es reicht nicht aus, den Müll einzusammeln, man muss das Problem buchstäblich sichtbar machen, etwa indem man die Inhalte der Müllbeutel zeigt. Dies mache ich seit Mitte 2019 in den sozialen Medien wie Instagram und Facebook öffentlich. 
Als „Feind des Mülls“ habe ich mir dort mittlerweile einen Namen gemacht. 
Auf Facebook betreue ich eine öffentliche Gruppe, in der man sich untereinander austauschen und auch zum Müllsammeln verabreden kann.

one: Wo und wie häufig sind Sie unterwegs?

Heiko Jäger: Ich bin praktisch an jedem Wochenende im gesamten Dortmunder Stadtgebiet und auch regelmäßig rund um Dortmund zwischen Unna und Gelsenkirchen unterwegs, gefühlt bin ich immer im Dienst. Aber natürlich möchten meine Freundin und ihre beiden Kinder auch noch etwas von mir haben. 

Leider kein seltener Anblick: Auf der Suche nach Pfandflaschen werden öffentliche Papierkörbe und Müllbehälter geplündert

one: Wie gehen Sie dabei vor?

Heiko Jäger: Ich sammele wilden Müll allein und bei Sammelaktionen, wo ich Unterstützung von Freiwilligen und Gleichgesinnten bekomme. Das fotografiere ich und lade die Fotos in den sozialen Medien hoch, um so das Problem ins Bewusstein der Mitbürger:innen zu rufen und ein Umdenken zu erreichen. Bei den Müll-Sammelaktionen verteilen wir übrigens Taschenaschenbecher an die Raucher um zu verhindern, dass Zigarettenkippen achtlos weggeworfen werden. Eine Kippe kann bis zu 1.000 Liter Grundwasser verunreinigen, Tiere können die Kippen mit Nahrung verwechseln und qualvoll daran verenden.

one: Was war Ihr bislang eindrucksvollstes Sammelerlebnis?

Heiko Jäger: Kurz gesagt: Es gibt nichts, was ich noch nicht gesehen habe, vom Partymüll über die Waschmaschine bis zur kompletten Wohnungseinrichtung. Manche Leute haben überhaupt keine Skrupel und kein Schamgefühl mehr. Es ist eine Sisyphos -Arbeit. Was ich selbst nicht beseitigen kann, dokumentiere ich und informiere die zuständigen Stellen.

one: Wie sind die Reaktionen auf Ihr Müllsammel-Engagement?

Heiko Jäger: Bis auf eine waren bisher alle Reaktionen positiv und haben mich in meinem Handeln bestätigt. 

"Es gibt nichts, was es nicht gibt", lautet eine Erfahrung, die Heiko Jäger machen musste

one: Kommen Sie sich nicht manchmal vor wie Don Quichote, wenn Sie permanent anderer Leute Müll einsammeln? Wie motivieren Sie sich?

Heiko Jäger: Ich möchte nicht verschweigen, dass die Tätigkeit als Müllsammler und auch -blogger teilweise sehr anstrengend und sehr zeitraubend ist. Die meiste Zeit aber ist es für mich ein wohltuender Ausgleich zur beruflichen Tätigkeit. Da ich die meiste Zeit alleine unterwegs bin, komme ich ein wenig zur Ruhe und bin stolz auf das, was ich in meiner Freizeit in meinem Ehrenamt geschafft habe. 

one: Was halten Sie von der REWE-Kampagne „#umdenkbar“?

Heiko Jäger: Gleich, als ich das erste Mal davon hörte, war ich begeistert. Das Motto und die Kampagne passen wie die Faust aufs Auge auf meine ehrenamtliche Tätigkeit. Man muss die Menschen aufklären und für das Thema sensibilisieren. Auch als REWE ankündigte, auf den Papier-Handzettel verzichten zu wollen, hat mich das wahnsinnig gefreut und auch ein wenig stolz gemacht, in so einem Unternehmen zu arbeiten. 

Zur Person

Heiko Jäger, 40, kümmert sich beruflich als LKW-Fahrer im Fuhrpark der REWE Dortmund um die Belieferung der REWE-Märkte im Revier. Privat verzichtet er seit Längerem auf einen PKW, nutzt stattdessen den ÖPNV und sein E-Bike – auch für die Sammeltouren.

Ãœber seine Erlebnisse berichtet er in seinem Facebook-Blog.

Mein Kommentar
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Kommentare
Silke
vor 2 Jahren und 2 Monaten

Vielen Dank für Ihren unermüdlichen Einsatz, das ist wirklich klasse. Ich nehme auch ab und zu mal eine Mülltüte mit und sammele Unrat, wenn ich mit dem Hund spazieren gehe. Dieser Artikel hat mich motiviert, das mal wieder öfter zu machen :-)

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Martina
vor 2 Jahren und 2 Monaten

Ich bin gerührt und begeistert von Hr. Jägers Engagement und Idee. Solche Role Models sind enorm wichtig und werden die Welt sinnvoll verändern. Schade, dass sowas nicht selbstverständlich ist, um so sinnstiftender ist diese Hobby und diese Beschäftigung.

Danke Hr. Jäger, danke Rewe one, dass Ihr darüber berichtet! Tolle Mitarbeiter!

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Antje
vor 2 Jahren und 2 Monaten

Danke Herr Jäger und von mir allen Respekt und Hochachtung! Solchen "Helden des Alltags" sollte das Unternehmen durch Sonderurlaub oder Sonderzahlungen ein wenig Anerkennung entgegen bringen!

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