Wir, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der REWE Group, verdanken unseren Job der Bauernbefreiung vor rund 200 Jahren. Das ist die Kurzversion. Etwas ausführlicher lesen Sie es hier in vier Kapiteln.
Am Anfang war die Befreiung der Bauern aus der Gutsherrenabhängigkeit zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Die Freude über die Freiheit währte indes nur kurz. Denn statt Vieh, Holz oder Getreide, verlangten die einstigen Herren von den freien Bauern nun Geld für die eine Hälfte der genutzten Felder und Wälder – und nahmen ihnen die andere Hälfte einfach weg . Missernten und „Kredithaie“ taten ihr übriges: Viele Bauern verließen ihr Land und suchten ihr Glück in den rasch wachsenden Städten. Dort trafen sie auf kleine Handwerker und Gewerbetreibende, deren Tischlerei, Weberei oder Schneiderei in die Knie gegangen war vor dem übermächtigen Schatten, den die industrielle Revolution an die dünnen Wände der Mietskasernen warf. Mit gigantischen mechanischen Webstühlen und Dampfmaschinen, mit Verbrennungsmotoren und Eisenbahnen, ausbeuterischen Arbeitsverträgen und Aktiengesellschaften veränderte die industrielle Revolution die Welt mindestens so sehr wie etwa 200 Jahre später die digitale Revolution. Sie machte nur mehr Krach dabei.
Die Industrialisierung gebar Gewinner und Verlierer. Für ihre Verlierer sorgte sie schlecht. Der Hunger der ungelernten, unterbezahlten Arbeiter wurde zum Motor für die erste Genossenschaftsgründung in England:
Europaweit schlossen sich Arbeiter zu Parteien und Gewerkschaften zusammen, um Lösungen für die als „soziale Frage“ bekanntgewordenen Missstände zu finden. Auch die Genossenschaft der „redlichen Pioniere von Rochdale“ gehörte dazu: 1844 gründeten 28 Weber in Nordengland den ersten Konsumverein als Reaktion auf die örtlichen Krämer, die die Notlage der Arbeiter mit verfälschten Lebensmitteln ausnutzten: Sie streckten Mehl mit Gips und Milch mit Wasser und manipulierten die Waagen.
Mit unverfälschter Ware, geeichten Waagen und dem Leitsatz der Selbsthilfe eröffneten die redlichen Pioniere ihren ersten Laden. Den Spöttern verging das Lachen schnell: 20 Jahre nach der Gründung in Rochdale gab es in ganz England und Schottland bereits 600 solcher Konsumgenossenschaften.
Dann ging es „Schlag auf Schlag“. Bereits 1873 gab es in ganz Deutschland Genossenschaftsgesetze. Nach und nach entstanden überall Konsum- und Kreditgenossenschaften. 1894 wurde in Hamburg die Großeinkaufsgesellschaft deutscher Konsumvereine (GEG), 1895 der Internationale Genossenschaftsbund mit Sitz in London, 1927 die REWE gegründet …. Im Dritten Reich teils gleich-, teils ausgeschaltet, ordneten und gründeten sich die Genossenschaftsverbände ab 1945 neu.
Welterbe
Der argentinische Tango, das Fladenbrot – die UNESCO-Liste zum Immateriellen Kulturerbe lobt und schützt Meisterwerke menschlicher Schaffenskraft. Seit November 2016 zählt auch die „Idee und Praxis der Organisation von gemeinsamen Interessen in Genossenschaften" dazu.
Millionen Mitglieder
2018 gab es in Deutschland 7.500 genossenschaftliche Unternehmen mit mehr als 20 Millionen Mitgliedern. Jeder 4. Deutsche ist als in einer Genossenschaft organisiert. Weltweit sind es 800 Millionen Genossenschaftsmitglieder.
Seit mehr als 150 Jahren suchen Menschen mit Hilfe von Genossenschaften Antworten auf wirtschaftliche, kulturelle und soziale Anliegen. Zu den traditionellen Genossenschaften wie Kreditgenossenschaften (Stichwort Volksbanken), Einkaufsgenossenschaften (Stichwort REWE Group) oder Wohnungsbaugenossenschaften gesellen sich neue, die sich ebenfalls mit ökonomischen und gesellschaftlichen Fragen unserer Zeit befassen. Die feine Staubschicht, die einst auf dem Modell Genossenschaften lag, ist weggeblasen.
Die neuen Genossenschaften suchen Antworten in Krisenzeiten, teilen wirtschaftliche oder kulturelle Interessen, pflegen Biergenuss und Brauchtum: Bürgergenossenschaften organisieren den Bau von Flüchtlingsunterkünften oder fairen Handel, Breitbandgenossenschaften sorgen sich um einen besseren Internetzugang an ihrem Ort. Taxifahrer, Rinderbesamer, Waldbesitzer, Carsharer und Friedhofsgärtner machen sich für ihre jeweiligen Belange stark, Bürgerenergiegenossenschaften produzieren grünen Strom. Es gibt Genossenschaften zur Rettung des Qualitätsjournalismus und der medizinischen Versorgung auf dem platten Land. Die eine eG gründet einen Dorfladen in der Eifel - die andere einen Golfclub auf Sylt. Und die Mainzer Fastnacht eG singt und lacht seit 2015 für „hierarchiearmes“ Helau und genossenschaftlichen Frohsinn. …