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Lesedauer: 5 Minuten
Pro Planet-Label
Im Gewächshaus der Zukunft
von Julia Klotz
Tomaten und Paprika aus Deutschland, regional und nachhaltig angebaut - geht nicht? REWE Group-Lieferant Josef Steiner beweist das Gegenteil: Im bayerischen Kirchweidach verbindet er Ideen der Nachhaltigkeit mit moderner Produktion. Ein Besuch im Gewächshaus der Zukunft.

Die Hebebühne ruckelt kurz und setzt sich langsam in Bewegung. Blätter streifen unsere Arme auf dem Weg nach oben, um uns herum nichts außer Grün und noch mehr Grün. In fünf Meter Höhe lichtet sich das Dickicht und gibt eine einmalige Aussicht frei: Tausende Tomaten- und Paprikapflanzen, soweit das Auge reicht. Wir befinden uns in einem der modernsten Gewächshäuser Europas – und das steht im bayerischen Kirchweidach. Zehn Blogger hat die REWE Group eingeladen, sich direkt vor Ort anzusehen, wie nachhaltigerer Gemüseanbau in großem Stil funktionieren kann.

Noch vor wenigen Wochen lag Frost auf den Feldern rund um die kaum 2.000 Einwohner kleine Gemeinde, zwei Autostunden östlich von München. Doch im Gemüsebetrieb von Josef Steiner ist die Ernte bereits in vollem Gange. Vor November werden seine rund 80 Mitarbeiter nicht damit aufhören. Fünf Millionen Kilo Früchte möchte Steiner in diesem Jahr ernten - genug um alle REWE- und PENNY-Märkte im Freistaat mit regional erzeugten Waren zu beliefern. Die Pflanzen stehen hier auf einer Fläche von 11,8 Hektar. Das ist groß genug, um etwa die Arena des FC Bayern gleich zweimal daraufzustellen – inklusive Wendekreis für die Mannschaftsbusse.
Josef Steiner
Heizen mit Wärme aus der Tiefe
"Ich habe mich schon länger für den regionalen Tomatenanbau im großen Stil interessiert", sagt Steiner. Der 55-Jährige Österreicher stammt aus einer Familie, die immer schon Gartenbau betrieben hat - keine 50 Kilometer von seinem jetzigen Standort. Dennoch ist der Gemüsebau Neuland für Steiner, speziell „der unter Glas“, wie er sagt. Aufgrund der klimatischen Bedingungen in Deutschland ist der regionale Anbau von Tomaten für den Handel nur in Treibhäusern möglich. Das kostet viel Energie: Einerseits müssen die Gewächshäuser geheizt werden, um die Pflanzen mit ausreichend Wärme für ihren Wachstumsprozess zu versorgen. Andererseits benötigt die Beleuchtung in den Gewächshäusern viel Strom.
Rund 1.000 Liter Erdöl würden benötigt, um ein Gewächshaus dieser Größenordnung zu beheizen – und zwar pro Stunde. Zukunftsweisend ist das nicht, findet auch Steiner. Wenn er von der Anlage und der Produktion erzählt, spürt man die Leidenschaft und vor allem den Nachhaltigkeitsgedanken, mit dem er sein Gemüse anbaut: „Heute ist eigentlich jedem klar, dass man derartig große Flächen nicht mehr mit fossilen Trägern heizen kann.“ Daher begann er vor einigen Jahren mit der Suche nach einem Partner, der ihm die nötige Energie liefern kann.

In Kirchweidach hatte er Glück. Die Regensburger Geoenergie Bayern GmbH plante in der Nähe des heutigen Standorts des Gewächshauses ein Erdwärmekraftwerk und war bereit, das über 100 Grad warme Wasser, das aus dem Bohrloch sprudelte, dem Gemüsebauern zur Verfügung zu stellen. Zudem nutzt der Betrieb die Restwärme aus dem Nahwärmenetz der Gemeinde Kirchweidach – das ebenfalls mit dem Geothermiewasser gespeist wird. Ein Wärmespeichertank macht es möglich, die Wärme bedarfsgerecht einzusetzen. Dadurch kann das Gewächshaus völlig CO2-frei und ohne den Einsatz fossiler Brennstoffe betrieben werden. Eine Photovoltaikanlage auf dem Dach des Verwaltungsgebäudes liefert nahezu den kompletten Strombedarf. Das ist aufgrund der sonnigen Lage möglich.
Hummeln als fleißige Bestäuber
Bereits im Januar beginnt die Produktion mit der Bepflanzung der Jungpflanzen. Diese werden auf Kokossubstrat gezogen, ein Nebenprodukt der Kokosernte in Sri Lanka. Dies hat den Vorteil, dass er gegen Ende der Saison als Dünger für normale Felder im Umland verwendet werden kann.
Während wir durch die schier endlosen Pflanzenreihen laufen, fallen immer wieder Hummeln auf, die von Blüte zu Blüte fliegen. Die fleißigen Insekten sind für die Bestäubung zuständig.  Auch was Schädlingsbekämpfung angeht, setzt Steiner auf möglichst biologische Lösungen: Schlupfwespen und Raubmilben sollen der weißen Fliege – dem Hauptfeind der Tomatenpflanze - den Garaus machen. Wenn hier gespritzt würde, stürben die Hummeln, genauso wie die Nützlinge, die im Gewächshaus umherfliegen und den Schädlingsbestand klein halten, erklärt Steiner. Daher würde er diese Methode nur im Notfall bei extrem starkem Befall anwenden – der bisher noch nie eingetreten ist.
Für die Bewässerung hat der Betrieb ebenfalls eine nachhaltige Lösung gefunden: Das Regenwasser, das übers Jahr auf die Gewächshausdächer prasselt, wird in einem riesigen Außenbecken aufgefangen und deckt damit vollständig den Wasserbedarf des Betriebs. Restwasser, das die Pflanzen nicht aufnehmen, wird gesammelt, desinfiziert und wieder in den Bewässerungskreislauf zurückgepumpt. So werden den Pflanzen nebenbei verlorene Nährstoffe wieder zugeführt.
Auf kürzestem Weg in die Märkte
Wir verlassen die Tomaten und machen uns auf zu den Paprika. Die wachsen gleich in der Halle nebenan – in rot, gelb und grün, rund und spitz. Mitte März hat die Erntezeit begonnen. Helfer laufen flink durch die Pflanzenreihen und pflücken was das Zeug hält. Das Gemüse wird direkt vor Ort in Kisten verpackt und steht bereits am nächsten Tag in den Regalen der REWE- und PENNY-Märkte der Region. Noch kürzere Lieferwege gibt es kaum.

„Mit diesem Projekt haben wir wirklich Neuland betreten. Sehr gute Lichtverhältnisse, energiesparende und ressourcenschonende Produktion sowie kurze Wege zu unseren Märkten sind bestmögliche Bedingungen, um unseren Kunden in Bayern geschmacklich hochwertige und extrem frische Ware anbieten zu können“, sagt Dr. Lüneburg-Wolthaus, Strategische Qualitätssicherung REWE Group. Für den umweltfreundlicheren und ressourcenschonenderen Anbau erhalten die Tomaten und Paprika das PRO PLANET-Label.
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