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20.03.2018
Wie entsteht eine Eigenmarke?
Ein Gin mit Orangen-Blüten
ArticleId: 1833magazineEr ist der Herr der Eigenmarken: Jan-Peer Brenneke verantwortet den milliardenschweren Eigenmarken-Einkauf in der REWE Group Buying. Im one_Interview erklärt er, warum es nicht mehr reicht, nur Preise zu verhandeln, wie Eigenmarken-Innovationen entstehen – und wie ein Doppelkeks aus der Eifel bei Billa Ukraine im Regal landet.https://one.rewe-group.com/fileadmin/_processed_/5/a/csm_Brenneke_Interview_mgt_st_9f263008ab.jpg„Wir müssen uns immer wieder neu erfinden“Jan-Peer Brenneke im Interview
Jan-Peer Brenneke
Lesedauer: 7 Minuten
Jan-Peer Brenneke, Geschäftsführer Eigenmarken Einkauf & Entwicklung, im one_Interview
„Wir müssen uns immer wieder neu erfinden“
von Sebastian Amaral Anders & Achim Bachhausen (Fotos)
Er ist der Herr der Eigenmarken: Jan-Peer Brenneke verantwortet den milliardenschweren Eigenmarken-Einkauf in der REWE Group Buying. Im one_Interview erklärt er, warum es nicht mehr reicht, nur Preise zu verhandeln, wie Eigenmarken-Innovationen entstehen – und wie ein Doppelkeks aus der Eifel bei Billa Ukraine im Regal landet.
one: Herr Brenneke, Sie verantworten den Bereich Eigenmarken Einkauf & Entwicklung. Was kann man sich darunter vorstellen?
Jan-Peer Brenneke: Wir haben drei Aufträge: Professionelle Beschaffung von Eigenmarken für die Strategischen Geschäftseinheiten REWE und PENNY. Zum anderen ist unser Arbeitsplatz Europa. Wir bündeln Einkaufsvolumina. Seit wir Bündelung national und international vor gut zwei Jahren gestartet haben, arbeiten wir uns quer durch das Sortiment, um - überall da, wo es sinnvoll ist - Mengen über alle unsere Geschäftseinheiten zu bündeln. Aktuell haben wir uns ein Einkaufsvolumen von 1,5 Milliarden Euro erarbeitet. Ende 2018 wollen wir bei 2,2 Milliarden sein. Das bringt der REWE Group enorme wirtschaftliche Vorteile. Unser dritter zentraler Auftrag ist es, innovative Eigenmarkenprodukte zu entwickeln. Dazu analysieren wir Produkte und Kategorien bis ins Detail. Von den Rohstoffen über die Rezepturen bis hin zur Verpackung. Einer unserer Grundsätze ist: Wir denken von der Produktidee bis ins Regal.
Was „PENNY 2015“ mit dem Bereich Eigenmarken Einkauf und Entwicklung zu tun hat
Als das Konzept „PENNY 2015“ entwickelt wurde – damals mit Jan-Peer Brenneke als PENNY-Geschäftsführer für Einkauf und Category Management – ging es den Eigenmarken zunächst an den Kragen. Zumindest auf den ersten Blick: „Aus 160 Eigenmarken haben wir 60 gemacht“, erzählt Brenneke. PENNY konzentrierte sich auf die wesentlichen Marken und überarbeitete die Eigenmarken-Architektur & das Design – mit großem Erfolg. 
„Aber die Produkte wirklich weiterzuentwickeln, die Qualitäten zu verbessern und den Einkaufspreis nach unten zu entwickeln – das ist uns damals nicht gelungen“, stellt Brenneke fest. Warum? „Weil die Beschaffung der Eigenmarke aufgesplittet war“, erklärt der Manager. Der Fokus im strategischen Einkauf der REWE Group lag klar auf der Marke. „Die mandatierten Eigenmarken wurden gewissermaßen nebenbei mitverhandelt.“
one: Was bedeutet es konkret, eine Eigenmarke zu analysieren und weiterzuentwickeln?
Jan-Peer Brenneke: Wir setzen uns im Detail mit den Produkten auseinander: Rohstoffe, Lieferkette, Verpackung, Trends & Innovationen. Wir bekommen also nicht mehr ein Produkt auf den Tisch gestellt und verhandeln den Preis, sondern wir können jedes Produkt in seine Bestandteile zerlegen. one: Wie zerlegt man denn ein Eigenmarken-Produkt?
Jan-Peer Brenneke:
Nehmen wir den Doppelkeks. Da schauen wir uns zunächst an, welche die wertgebenden Bestandteile sind: Kakao, Zucker und Mehl. Wir beobachten die Rohstoffmärkte dieser Zutaten und können dieses Wissen in den Verhandlungen mit den Lieferanten nutzen. Wir kennen die Energiekosten, die Logistikkosten. Wir verbessern die Funktionalität von Verpackungen und haben auch die Nachhaltigkeit im Blick. Kurzum: Wir professionalisieren den Eigenmarken-Einkauf und können den Rohertrag erheblich verbessern. Das hat – neben vielen weiteren Maßnahmen – nicht unwesentlich dazu beigetragen, dass PENNY wieder in die schwarzen Zahlen gekommen ist. one: Sie arbeiten eng mit dem Category Managern von REWE und PENNY zusammen. Wie kann man sich die Zusammenarbeit vorstellen?
Jan-Peer Brenneke: Ganz klar ist zunächst: Der Category Manager bei REWE oder PENNY verantwortet das Regal und trifft letztlich die Entscheidung, was darin steht. Wir sind der Vertreter der Eigenmarke – und zugleich der Sparringspartner für den Category Manager. Denn meine Einkäufer kennen nicht nur die Produkte bis ins Detail, sondern sind selbst auch alle ausgebildete Category Manager und kennen das Regal. So können sie sich auf Augenhöhe beratend mit den Kollegen bei REWE und PENNY auseinandersetzen. Oft sind wir auch der Impulsgeber für Produktinnovationen.
one: Können Sie hier ein Beispiel nennen?
Jan-Peer Brenneke: Wir haben gerade mit zwei Produkten den Europäischen Eigenmarken-Award gewonnen. Prämiert wurde unser REWE Beste Wahl Gurke-Limette-Getränk und der REWE Feine Welt Gin. Wir sind national und international auf Messen unterwegs, wir analysieren Wettbewerber, tauschen uns eng mit Produzenten aus und beobachten, welche Trends sich in der Gastronomie, bei den Rohstoffen oder auch online abzeichnen. Was interessiert die Verbraucher? Wo entstehen neue Themen? Welche neuen Geschmacksrichtungen sind im Kommen? Mit dieser Expertise haben wir uns in den vergangenen zwei Jahren zum Innovator entwickelt und tragen neue Impulse in die Organisation. one: Wie lange dauert es von einer Idee bis zur Marktreife?
Jan-Peer Brenneke: Wenn wir einen Trend erkannt haben, können wir in drei bis fünf Monaten mit dem Produkt am Markt sein und die Neuheit etwa in einer Aktion testen. Das Produkt darf aber auch nicht zu trendig sein – dann sind wir nicht der richtige Partner dafür, weil wir gleich große Mengen auflegen und ein Flop gleich viel Geld kostet. Entscheidend ist, dass wir schneller als unsere Wettbewerber sind. Wir haben gezeigt, dass wir hier Vorreiter sein können. Da ist es übrigens egal, wer die gute Idee hat – ob das meine Einkäufer sind oder die Category Manager bei REWE oder PENNY. Da darf es keine Befindlichkeiten geben.
Der Bereich Eigenmarken Einkauf & Entwicklung...
...ist verantwortlich für den gesamten Eigenmarken-Einkauf Food und Near-Food. Losgelöst davon ist der Einkauf von Ultrafrische, also Obst, Gemüse, Fleisch und Wurst. Frische Ware erfordert eine völlig andere Logistik und Beschaffung. Seit 2016 liegt auch der internationale Eigenmarken-Einkauf in der Verantwortung von Jan-Peer Brenneke. Konkret heißt das: 
Sein Bereich kauft nicht nur die Ware für REWE und PENNY ein, sondern auch für Billa in Österreich und Osteuropa und für PENNY International und für Bipa. Strategisch sei die internationale Bündelung gerade angesichts im Wettbewerb mit Discountern, die ihre Eigenmarken in ganz Europa ausrollen, ein bedeutender Schritt, so Brenneke.
one: Eigenmarken schaffen auch Identität: Wie wichtig ist es für eine Vertriebslinie, sich damit zu profilieren und vom Wettbewerb abzugrenzen?
Jan-Peer Brenneke: Die Eigenmarke ist der wichtigste Punkt der Differenzierung zu unseren Wettbewerbern. Denn die großen Marken bekommen sie ja überall. Deshalb muss die Eigenmarke für jede einzelne Vertriebslinie klar erkennbar sein. REWE und PENNY müssen eine eigene Identität haben. Und die Kollegen in den Geschäftseinheiten kennen ihre Kunden am besten. Unsere Aufgabe ist es, für sie das richtige Produkt mit der richtigen Verpackung zu entwickeln. one: Welche Unterschiede gibt es zwischen REWE und PENNY?
Jan-Peer Brenneke: Der Discount-Bereich hat bei uns 50 Prozent Eigenmarken-Anteil. Das Eigenmarken-Geschäft ist dort stark geprägt durch Preiseinstiegs-Artikel, Mehrwert-Artikel, Frische und Trockensortiment. Die Eigenmarken geben dem PENNY-Kunden eine Orientierung und verstärken die Bindung zur Einkaufsstätte. Bei REWE transportiert die Eigenmarke auch stärker ein Qualitätsversprechen und ist in mehrere Stufen unterteilt. Angefangen beim Preiseinstieg mit ja! über REWE Beste Wahl – hier bekommt der Kunde Qualität auf Markenniveau, aber zu einem Preis, der 20 bis 30 Prozent unter der Marke liegt – bis zur Exklusivmarke REWE Feine Welt. one: Eine Entwicklung zeichnet sich im Lebensmitteleinzelhandel ab: Im Discount nimmt der Markenanteil zu, beim Vollsortiment boomen die Eigenmarken. Woran liegt das?
Jan-Peer Brenneke: Früher war die Eigenmarke eher unattraktiv und ganz schlicht gehalten. Es ging um den günstigsten Preis in der untersten Qualität. Davon ausgehend haben wir uns weiterentwickelt in eine Architektur von Preiseinstieg bis Premium, von Bio bis „frei von“. In den vergangenen ein, zwei Jahren gab es eine neue Entwicklung: Die Discounter, vor allem Aldi, haben die Marke für sich entdeckt und zahlreiche Markenartikel mit aggressiven Verkaufspreisen gelistet, um Frequenz zu gewinnen.
So entwickeln sie die Eigenmarken bei REWE
„Die stärkste Entwicklung hat REWE Feine Welt 2017 mit einem Plus von 40 Prozent Umsatz gegenüber dem Vorjahr gemacht.“ „Besonders stolz bin ich auf die Plus 10 Prozent Umsatz bei ja!, die wir durch die Anpassung von Qualitäten und Design erreicht haben.“
„REWE Beste Wahl hat beim Umsatz ein Plus von 8 Prozent gemacht. Hier wurde nicht nur das Design verändert. Wir haben gemeinsam mit dem Category Management die Qualitäten überarbeitet.“
one: Was bedeutet das für die REWE Group?
Jan-Peer Brenneke: Mit dem Fokus auf der Marke haben einige unserer Systemwettbewerber die Eigenmarke vernachlässigt. Und genau in diese Lücke haben wir genutzt. Bei der Beschaffung, aber auch bei der Produktinnovation. Wir sind Vorreiter bei REWE to go und PENNY to go im Convenience-Bereich. Wir haben den Bereich dramatisch ausgeweitet, sind den Kundenbedürfnissen gefolgt und können hohe Zuwächse verzeichnen. Jetzt folgt uns hier wiederum Aldi und überarbeitet alle Eigenmarken und versucht eine Hierarchie im Sortiment herzustellen. Es kommt also darauf an, immer einen Schritt voraus zu sein. Wir müssen uns immer wieder neu erfinden. one: Wie hoch wird der Anteil von Eigenmarken im Vollsortiment oder im Discount in Zukunft sein?
Jan-Peer Brenneke: Das Ziel bei PENNY ist es, den Anteil von 50 Prozent zu halten oder leicht auszubauen. Bei REWE wollen wir uns noch deutlich steigern. Wir sind zuletzt von rund 21 Prozent auf 24 Prozent im vergangenen Jahr gewachsen. Ein Ziel, das wir vor Augen haben: 30 Prozent im Vollsortiment, weil wir bei der Eigenmarke eine größere Wertschöpfung haben. Das wird nicht einfach, weil auch ein großer Druck aus der Marke und aus dem Wettbewerbsumfeld kommt, aber wir sind auf einem guten Weg. Es wird immer ein Kampf der Innovationen und Ideen zwischen Marke und Eigenmarke sein. Und da versuchen wir vorne dabei zu sein.
Die vier Bündelungsebenen
one: Ihr Fazit, Herr Brenneke – wo stehen Sie mit Ihrem Bereich und welche sind die nächsten Schritte?
Jan-Peer Brenneke: Wir haben eine Vision: Mit starken Eigenmarken begeistern wir unsere Kunden und profilieren uns im Markt. Es ist uns gelungen, in zwei Jahren einen professionellen Eigenmarken-Einkauf aufzubauen, der kundenorientiert und unternehmerisch denkt. Jetzt müssen wir – gemeinsam mit dem Category Management und dem Produktmanagement – stark an den Themen Innovation und Differenzierung arbeiten. Wir haben noch viel vor.
Jan-Peer Brenneke (r.) im Gespräch mit one-Redaktionsleiter Sebastian Amaral Anders
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