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ArticleId: 36magazineMartin Kleene ist für den Pro Planet-Beirat nach Spanien und Marokko gereist, um sich vor Ort ein Bild von den Pro Planet-Projekten im Tomatenanbau zu machen. Was er dort sah, überzeugte ihn.https://one.rewe-group.com/fileadmin/_processed_/9/e/csm_22106657_mgt_standard_f68cbbed00.jpgReise zu den TomatenPro Planet-Projekte
Foto: Dusan Kostic - Fotolia
Pro Planet-Projekte
Reise zu den Tomaten
von Sebastian Amaral Anders
Martin Kleene ist für den Pro Planet-Beirat nach Spanien und Marokko gereist, um sich vor Ort ein Bild vom Stand der Pro Planet-Projekte im Tomatenanbau zu machen. Was er dort sah, überzeugte den Experten für soziale Fragen.
Fast 25 Kilogramm Tomaten isst jeder Bundesbürger pro Jahr. Mit den Pro Planet-Tomaten, die die REWE Group aus Spanien und Marokko bezieht, bietet das Unternehmen eine nachhaltigere Alternative an: Die Tomaten erhalten das Pro Planet-Label, weil sie im Rahmen von definierten Vorgaben von Vertragslandwirten angebaut werden. So dürfen etwa zur Schädlingsbekämpfung nur Nützlinge verwendet werden, vorab festgelegte Pflanzenschutzmittel werden nur in Ausnahmefällen eingesetzt. Doch auch soziale Aspekte spielen bei der Vergabe des Pro Planet-Labels eine große Rolle, etwa die Einhaltung konkreter Vorgaben im Anbau und bei den Arbeitsbedingungen.
In Zusammenarbeit mit verschiedenen Partnern arbeitet die REWE Group in den Anbauregionen in Spanien und Marokko daran, die Lebensbedingungen der Arbeiter zu verbessern. Martin Kleene, Nachhaltigkeitsexperte und Soziologe mit Schwerpunkt Entwicklungszusammenarbeit, begleitet seit 2010 den Pro Planet-Beirat als Fachmann für soziale Fragen. Für den Pro Planet-Beirat ist er nach Spanien und Marokko gereist, um sich die Projekte vor Ort anzusehen.
Martin Kleene
Herr Kleene, warum sind Sie zu den Pro Planet-Projekten in Spanien und Marokko gereist?

Martin Kleene: Ich wollte durch die Besuche vor Ort für den Pro Planet-Beirat Erkenntnisse über die Wirkung und Perspektiven der beiden Projekte gewinnen, vor allem mit Blick auf die sozialen Aspekte. In Spanien lag der Fokus auf den sozialen Begleitprojekten, die das von der REWE Group unterstützte Sozialnetzwerk Almería Acoge (zu deutsch: „Almería nimmt auf“, Anm. d. Red.) für illegale Einwanderer anbietet. Was war Ihr Ziel in Marokko?

Martin Kleene:
Dort wollte ich die Nachhaltigkeits-Aktivitäten der Azura Group näher kennenlernen, insbesondere im Hinblick auf die sozialen Probleme und die Pro Planet-Maßnahmen. Wie lautet Ihr erstes Fazit?

Martin Kleene:
Mit Almería Acoge hat die REWE Group in Spanien eine Sozialorganisation mit einem überzeugenden Ansatz an ihrer Seite: Sie konzentriert sich auf Hilfe zur Selbsthilfe und verbessert die Lebensbedingungen der illegalen Einwanderer. Bei der Azura Unternehmensgruppe, die in Marokko Pro Planet-Tomaten anbaut, hat mich vor allem interessiert, was das Unternehmen konkret macht, um die Produkte ökologisch und sozial nachhaltiger zu produzieren. Vor Ort konnte ich sehen, wie professionell Azura diese Herausforderung angeht. Schritt für Schritt ist Azura dabei, Umweltbelastungen zu verringern oder soziale Bedingungen zu verbessern. Damit ist das Unternehmen sehr nah an einem der Kerngedanken von Pro Planet.
Setzlinge in der Tomatenproduktion
Tomatenpflanzen bei Azura
Azura unterstützt drei Boarding Schools für Mädchen aus ländlichen Regionen
Illegale Einwanderer finden beim Sozialnetzwerk Almería Acoge eine erste Anlaufstelle
Mit Hilfe der REWE Group baute Almería Acoge zwei Übergangsunterkünfte in der Provinz Almería
Die Unterstützung umfasst auch Betreuungs- und Qualifizierungsangebote
Um den Einwanderern den Weg auch zu weiter entfernten Arbeitsstellen zu erleichtern, stellt das Netzwerk ihnen auch Fahrräder zur Verfügung
Die Projekte
Azura-Gruppe
Die Azura Gruppe ist ein franko-marokkanisches Unternehmen mit Sitz in Frankreich (Perpignan) und Marokko (u.a. Agadir), das 1988 gegründet wurde und 8.000 Mitarbeiter beschäftigt. Es versteht sich als Familienunternehmen und legt auch aus diesem Grund Wert darauf, dass Entscheidungen langfristig tragfähig sein sollen. Haupt-Eigentümer ist die Tazi-Unternehmensgruppe.
Azura ist auf die Produktion von Obst und Gemüse spezialisiert und nutzt dafür die günstigen klimatischen Bedingungen in Marokko, um u.a. von September bis April/Mai Tomaten nach Europa liefern zu können, darunter auch mit dem Pro Planet-Label ausgezeichnete Tomaten. Die Anbaufläche umfasst etwa 1.000 ha Tomaten, fast 400 ha Zitrusfrüchte und etwa 250 ha für weitere Obstsorten sowie Kräuter. Azura ist der wichtigste Exporteur von Tomaten aus Marokko und steht für 28 Prozent aller marokkanischen Tomatenexporte in die EU.
Die Pro Planet-Tomaten erhalten ihr Label, weil sich die Azura-Gruppe in besonderer Weise für ihre Mitarbeiter, die Menschen vor Ort und die Umwelt engagiert, etwa durch Zusatzleistungen für die Arbeiter oder durch Spenden von Schulmaterialien und Internatsstipendien für Mädchen aus sozial schwachen Familien.
Almería Acoge
Für das Sozialnetzwerk Almería Acoge arbeiten in der südspanischen Provinz 28 Mitarbeiter, die illegale Einwanderer aus Afrika in vier Zentren mit Angeboten wie Wohnmöglichkeiten, Lehrräumen, etwa für Sprachunterricht, Werkstattangeboten, Waschräumen, Duschen oder Rechtsberatung unterstützen.
Mit Hilfe der REWE Group konnte Almería Acoge zwei Übergangsunterkünfte in den Orten El Ejido und Nijar bauen und dort auch Betreuungsangebote realisieren. Für einige der Bewohner bietet Acoge im Anschluss an den Wohnheimaufenthalt weitere Unterkünfte an, bei denen die Betreuung reduziert wird. 2012 konnten mehr als 1.000 Personen betreut werden.
Die Hafenstadt Almería im Osten Andalusiens ist als bedeutendes Zentrum der Gemüseproduktion auch als „Gemüsegarten Europas“ bekannt. Auf einer Fläche von 350 Quadratkilometern werden rund 80 Prozent des spanischen Gemüseexports angebaut. In den Gewächshäusern arbeiten tausende Einwanderer, vor allem aus Nord- und Zentralafrika, die meist ohne Vertrag und Unterkunft nach Almería kommen und oft unter menschenunwürdigen Bedingungen leben.
Für die Produzenten der Pro Planet-Tomaten sind Arbeits- und Sozialstandards verpflichtend. Nach den Pro Planet-Vorgaben ist etwa der illegale Einsatz von Einwanderern grundsätzlich ein Vertragsbruch.
„Wie ist die aktuelle Situation in Almería?
Die Wirtschaftskrise in Spanien hat die Situation der aus Afrika eingewanderten Menschen noch verschlechtert: Inzwischen konkurrieren sie immer häufiger mit den Einheimischen um einfache Jobs. Das heisst, dass es für viele von ihnen immer schwieriger wird, Arbeit zu finden oder einen angemessenen Lohn zu bekommen. Die staatlichen Kontrollen sind zwar verschärft worden, um illegale Beschäftigung oder ausbeuterische Arbeitsbedingungen zu verhindern. Dass viele der Einwanderer immer noch unter menschenunwürdigen Bedingungen leben, hat sich aber leider nicht verbessert. Deshalb ist es um so wichtiger, dass die Arbeit so engagierter Organisationen wie Almería Acoge unterstützt wird.
„Wie schätzen Sie die Arbeit von Almería Acoge ein?“
Der Ansatz von Almería Acoge ist überzeugend, weil viel Wert auf Eigenverantwortung gelegt wird. Almería Acoge bemüht sich, das Selbsthilfepotenzial zu fördern und bezieht die Menschen aktiv mit ein, zum Beispiel in die Alltagsorganisation. Da die REWE Group einen wirksamen Beitrag zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Migranten in der Region leisten wollte,  ist diese Organisation ein sehr guter Partner dafür. Almeria Acoge ist zudem gut vernetzt und kann der REWE Group und anderen Unternehmen vermitteln, wie die Situation vor Ort wirklich ist. Für die Zukunft kann ich mir dazu einen regelmäßigeren Austausch und mehr Zusammenarbeit der verschiedenen Akteure vorstellen. Denn soziale Herausforderungen wie in Almeria kann man nur gemeinsam angehen.
„Was tut Azura konkret für die Mitarbeiter?“
Zunächst einmal zahlt Azura den gesetzlichen Mindestlohn, was in Marokko keine Selbstverständlichkeit ist. Er ist zwar gesetzlich angeordnet, wird aber nicht durchgesetzt, daher arbeiten tausende Menschen in Marokko für weniger Geld. Aber selbst der Mindestlohn reicht nicht aus, um die Lebenshaltungskosten bestreiten zu können. Daher ergänzt Azura ihn um freiwillige Zusatzleistungen: kostenloser Transport zur Arbeit, kostenlose Kantinenverpflegung, Bildungs-, Weiterbildungs- und sozial-medizinische Leistungen sowie Prämienzahlungen. „Können Sie ein Beispiel für diese Zusatzleistungen genauer erläutern?“
Da gibt es etwa das Alphabetisierungsprojekt, das davon ausgeht, dass in Marokko zwar 92 Prozent aller Kinder zur Schule gehen, jedoch 54 Prozent aller Erwachsenen
über 45 Jahre Analphabeten sind. Da diese Altersgruppe auch einen Großteil der Azura-Mitarbeiter ausmacht, bietet das Unternehmen Alphabetisierungskurse an, an denen pro Jahr mehr als 300 Mitarbeiter teilnehmen. In Vorbereitung ist ein weiteres Sozialprojekt „Social Action Service“, um den Angestellten und ihren Familien bei alltäglichen Fragen und Problemen zur Seite zu stehen. Hervorzuheben ist auch das Mädchenprojekt Dar Taleba: Azura unterstützt seit 2006 den Aufbau und den Betrieb von drei Boarding Schools für Mädchen aus ländlichen Regionen. Bis heute haben 1.100 Mädchen die Schulen besucht. Ich habe die Einrichtung in Biougra bei Agadir besucht. Das war wirklich beeindruckend und zeigte, wie wichtig dieses Angebot für die Mädchen ist. Es ermöglicht ihnen den Schulbesuch, stärkt ihr Selbstvertrauen und fördert durch Stipendien den Besuch weiterführender Schulen oder Universitäten.
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