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© Getty Images | recep-bg
Fragen an den Betriebsarzt
„Nein. Impfungen haben keine negativen Langzeitfolgen“
von Bettina Rees

Impfung ist besser als Infektion. Moderna ist genauso gut wie Biontech. Und Bayernfußballer Josua Kimmich liegt falsch: Arbeitsmediziner Dr. Claus Goth im Interview.

one: Herr Dr. Goth, warum steigen die Inzidenzen derzeit so dramatisch an?
Claus Goth:
Die Anzahl der Geimpften in Deutschland ist leider nicht ausreichend hoch, damit eine sogenannte Herdenimmunität erreicht werden kann. Zusätzlich nimmt der Impfschutz im Laufe der Zeit ab, so dass sich auch immer mehr bereits Geimpfte anstecken können. Da viele dies aber nicht merken, da sie keine Symptome verspüren, tragen sie die Infektion weiter und stecken andere, ohne es zu wollen, an. Dies hat in den letzten Monaten auch durch die Lockerungen bei den Schutzvorgaben und AHA-Regeln zu vielen unbemerkten Infektionen und einer entsprechenden Verbreitung geführt. Gleichzeitig halten wir uns jetzt, in der kälteren Jahreszeit, mehr drinnen als draußen auf, was das Ansteckungsrisiko erhöht. All das führt zu den jetzigen hohen Zahlen.
Dr. Claus Goth
one: Aber, warum sich impfen lassen, wenn Geimpfte andere anstecken können – und sich selbst auch. Stichwort „Impfdurchbruch“?
Claus Goth:
Ziel der Impfung ist nicht der hundertprozentige Schutz vor Infektion, sondern der vor schwerwiegenden Erkrankungsverläufen, die auf der Intensivstation enden – oder schlimmstenfalls mit dem Tod. Dies wird durch die Impfung zu deutlich über 90 Prozent vermieden. Aktuell benötigen überwiegend Ungeimpfte Intensivbetten.

one: Und warum nun eine Drittimpfung, also die so genannte „Boosterimpfung“?
Claus Goth:
Der Impfschutz nimmt im Laufe der Zeit ab. Es hat sich hier gezeigt, dass rund sechs Monate nach vollständiger Immunisierung die Anzahl der so genannten „Impfdurchbrüche“ zunehmen (wobei die Impfung aber immer noch einen sehr guten Schutz vor schwerwiegenden Verläufen darstellt). Daher hat man entschieden, ab diesem Zeitpunkt eine Auffrisch- oder Boosterimpfung zu empfehlen, da man davon ausgeht, dass anderenfalls das Risiko auch von schwereren Verläufen ansteigen kann. Zusätzlich erhofft man sich auch eine Verstärkung der Wirksamkeit gegenüber Varianten der zirkulierenden Virusstämme, wie Omikron.

one: Sind alle Impfstoffe „gleich gut“? Ist beispielsweise Moderna genauso wirksam wie Biontech?
Claus Goth:
Zwischen dem Impfstoff von Moderna und dem von Biontech gibt es keine wesentlichen Wirkungsunterschiede. Beides sind mRNA-Impfstoffe, beide wirken auf die gleiche Weise. Lediglich bei Jüngeren war bei Moderna die Häufigkeit der Nebenwirkungen im Hinblick auf Herzmuskelentzündungen etwas höher, so dass dieser zwischenzeitlich erst ab 30 Jahren genutzt werden soll.

Der nur einmalig zu gebende Vektor-Impfstoff von Johnson ist in seiner Wirksamkeit etwas schlechter. Allen damit Geimpften wird schon seit längerem empfohlen, eine Auffrischung mit einem mRNA Impfstoff wie Biontech oder Moderna durchzuführen.

Der Vektor-Impfstoff von AstraZeneca wird wegen seiner Nebenwirkungen in Deutschland derzeit nicht angeboten.

one: Wenn meine Erst- und Zweitimpfung mit ein- und demselben Impfstoff war, kann ich dann mit einem anderen Impfstoff „boostern“?
Claus Goth: Wie gesagt: Wer mit Johnson oder mit Astra geimpft wurde, sollte mit einem mRNA-Impfstoff boostern, egal ob mit Moderna oder Biontech. Nur dass Moderna erst für Menschen ab 30 gegeben werden sollte. Zwischen Moderna und Biontech zu wechseln, ist erst recht kein Problem.

one: Wenn ich jung, pumperlgesund und widerstandsfähig wäre. Was wäre in meinem Fall „schlimmer“: Impfung oder Infektion?
Claus Goth: Im Rahmen des aktuellen Verlaufs der Pandemie ist davon auszugehen, dass sich jede:r immunisiert. Entweder immunisiert man sich über die Impfung - oder durch eine Infektion. Aber nicht nur bei Älteren, auch bei jüngeren, gesunden Ungeimpften besteht die Gefahr eines schwerwiegenden Verlaufs mit gravierenden Folgen. Zudem kommt es bei rund 10 Prozent der Infektionen zum so genannten Post-/Long-Covid-Syndrom. Die Folgen sind eine deutliche Reduzierung der Lebensqualität und lange Arbeitsunfähigkeitszeiten durch körperliche und psychische Beschwerden. Diese Long-Covid-Symptome können auch dann auftreten, wenn der eigentliche Krankheitsverlauf nicht sehr schwerwiegend war.

one: Viele Skeptiker, darunter als prominentestes Beispiel der Fußballer Josua Kimmich, sprechen vor den „Langzeitfolgen einer Impfung“. Können Impfungen tatsächlich Langzeitfolgen für meine Gesundheit haben?
Claus Goth:
Nein. Impfungen haben keine Langzeitfolgen, die erst Monate oder Jahre später auftreten, Nebenwirkungen treten in der Regel innerhalb weniger Tage bis zu zwei Wochen auf. So ist der mRNA-Impfstoff nur wenige Tage im Körper vorhanden, er wird in der Zeit komplett abgebaut und verschwindet. Es erfolgt übrigens auch kein Einbau in das menschliche Erbgut, also DNA.

one: Aber warum zögern Ihrer Erfahrung nach so viele Menschen, sich impfen zu lassen?
Claus Goth:
Es herrschen immer noch viele Ängste bezüglich der Sicherheit der Impfstoffe, da diese so schnell entwickelt wurden. Zwar wurden die Entwicklung und der Weg zur Zulassung dieser Impfstoffe aufgrund der hohen Dringlichkeit beschleunigt, aber sie haben alle Standardprüfungen durchlaufen.

one: Was ist mit meinen unter 12jährigen Kindern? Sollte ich sie impfen lassen, wenn es geht? Es sollen ja bereits Kinder an den Impffolgen gestorben sein….
Claus Goth:
Zwischenzeitlich sind Millionen über 12-jährige weltweit geimpft. Biontech hat auch in Europa einen Antrag auf Zulassung seines Impfstoffes für 5- bis 12-jährige gestellt, und dabei Daten unter anderem aus den USA beigefügt, wo der Impfstoff schon seit einiger Zeit für die Kinder zugelassen ist. In den USA sind rund 2,5 Millionen Kinder unter 12 damit geimpft worden, über gravierendere Nebenwirkungen als in den anderen Altersgruppen ist nichts bekannt. Vor ein paar Tagen hat die EMA die Zulassung in Europa befürwortet und der EU-Kommission vorgeschlagen.

Dr. med. Claus Goth, Arzt für Allgemein- u. Arbeitsmedizin und Sportmedizin, leitet die B·A·D Gesundheitszentren Bonn und Köln.

Der Betriebsärztliche Dienst B·A·D bietet der REWE Group und ihren Beschäftigten Leistungen aus den Bereichen Arbeitsmedizin und Gesundheitssorge an.

Run auf Boosterimpfung

Auf riesiges Interesse stieß die Impfaktion der REWE Group, die im Kölner Raum ihren Anfang nahm. Zwischen Beginn der Aktion am 1. Dezember und dem 8. Dezember zählte der Bereich Gesundheitsmanagement, der die Aktion organisiert, 2.500 Kolleginnen und Kollegen, die zur Impfung kamen – davon alleine 1.000 an den ersten beiden Tagen im Standort Stolberger Straße.

Bis Mitte Dezember wird unter anderem in der Region West, Süd, Mitte und Ost an verschiedenen Logistik- und Verwaltungsstandorten geimpft. Gemäß der Empfehlung der Ständigen Impfkommission, STIKO, gab es in der Regel Moderna für die über 30jährigen und BioNTech für Jüngere und Schwangere. Die medizinischen Kooperationspartner impften die Mitarbeiter:innen im 2-Minuten-Takt. Ein Tempo, das gehalten werden konnte, da die meisten zur Boosterimpfung gekommen und daher bereits durch die vorherigen Erst- und Zweitimpfungen aufgeklärt waren.

Als die Impftermine Ende November auf der REWE Group-Gesundheitsplattform Gemeinsam.topfit veröffentlicht wurden, waren die 400 Termine für den ersten Tag innerhalb von 20 Minuten ausgebucht, so dass der Impfzeitraum umgehend ausgeweitet wurde. Ab Mitte Dezember geht die Deutschlandtour weiter. Nach dem aktuellen Planungsstand werden bis Februar in allen REWE Group-Regionen Impfaktionen durchgeführt.

Mein Kommentar
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Kommentare
TM
vor 2 Jahren und 10 Monaten

Natürlich habe Impfungen und erst recht die Corona Impfung Langzeitfolgen!

Trotzdem lohnt es sich als Erwachsene sich zu impfen.

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Claus Goth
vor 2 Jahren und 10 Monaten

Vielen Dank für Ihre Unterstützung und den Hinweis, natürlich haben die Impfungen Langzeiteffekte, die gewollte Immunisierung!

Negative Langzeitfolgen durch die Corona-Impfung sind aber aufgrund des Wirkmechanismus mit Verbleib der mRNA im Körper nur für wenige Tage nicht zu befürchten!

 

Simon Breuer
vor 2 Jahren und 11 Monaten

Schön, dass in diesem Interview nochmal klar von Expertenseite konkrete Aussagen getroffen werden.

Es führt kein Weg an einer Impfung vorbei. Bitte handelt im Sinne eurer Gesundheit - und vor allem im Sinne der Gesundheit der Gesellschaft.

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Roland Kraemer
vor 2 Jahren und 11 Monaten

Schnellstens impfen oder "boostern" lassen. Nicht nur für sich selber, sondern auch für andere ...

Damit wir gut da raus kommen.

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