Sind Selbstbedienungskassen die Zukunft? In einer Zeit, in der sich viele Kunden und Markt-Mitarbeitende kontaktloses Einkaufen wünschen, sind mobile Self-Checkout-Verfahren bei PENNY und Billa auf dem Vormarsch. Kein Wunder, denn das mobile Scannen während des Einkaufs bietet enorme Vorteile.
Einkaufen ohne Warteschlange: Dieser Wunsch vieler Kunden ist dank PENNY Scan & Go nun in 111 Filialen Wirklichkeit geworden. one wollte mehr über das neue Einkaufserlebnis wissen und sprach mit Lukas Fischer, Projektleiter IT/Organisation bei PENNY.
Lukas Fischer (Fotos: Achim Bachhausen)
one: PENNY testet das Einkaufen per App unter der Marke PENNY Go seit August 2019 in zwei Filialen. Welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht?
Lukas Fischer: In den beiden Test-Filialen in Köln und Marburg haben wir wichtige Erkenntnisse über das Nutzerverhalten der Kunden gewinnen können. Zum Beispiel, dass die Akzeptanz der App maßgeblich von der Kundenstruktur abhängig ist: Je mehr Stammkunden, desto höher die Akzeptanz, weil der Mehrwert für diese Kundengruppe besonders groß ist. Auch hängt die Nutzung der App mit Faktoren wie der Größe des Einkaufs, dem Alter und der Technik-Affinität der Kunden zusammen.
Insgesamt waren die Erfahrungen in den Test-Märkten so positiv, dass wir uns entschieden haben, die Mobile Self-Checkout-Technologie weiterzuentwickeln unter der neuen Dachmarke PENNY Scan & Go ab Ende Juni auf 111 Märkte im gesamten Bundesgebiet auszurollen. Je nachdem, wie die weiteren Erfahrungswerte sind, ist auch ein weiterer Rollout in 2021 denkbar – zumal sich die Investitionen bei diesem Format in Grenzen halten. Auch das klassische Self-Checkout-Verfahren, also das selbstständige Scannen der Artikel an einem zusätzlichen SCO-Terminal, das wir in 15 Pilotmärkten getestet haben, wurde in der neuen Dachmarke Scan & Go integriert.
one: Wie sind die Erfahrungswerte beim Einkaufen an den Self Checkout Kassen?
Lukas Fischer: Die Erfahrungen in den Pilotmärkten, in denen wir das Self Checkout-Verfahren getestet haben, waren ebenfalls positiv. Der Umsatzanteil liegt in diesen Filialen auf einem guten Niveau. Deshalb werden wir auch dieses Einkaufsformat weiter ausrollen: Über 100 Self Checkout-Märkte sollen noch in diesem Jahr bundesweit sukzessiv aufgeschaltet werden.
one: Wie funktioniert denn das Einkaufen per Self Checkout bei PENNY?
Lukas Fischer: Der Kunde geht ganz normal einkaufen und hat dann die Wahl zwischen der „normalen“ Kassse und dem Self Checkout Terminal, an dem er selbst die Artikel scannt, die in seinem Einkaufswagen liegen. Bei diesem Verfahren bezahlt der Kunde dann per EC- oder Kreditkarte.
one: Und wie genau funktioniert im Unterschied dazu das Einkaufen mit der Scan & Go App?
Lukas Fischer: Beim Mobile Selfcheckout-Verfahren lädt sich der Kunde die PENNY Scan & Go App auf seinem Smartphone herunter, bevor er einen Startcode am Penny Service Punkt scannt, um mit dem Einkauf zu beginnen. Dann kann´s schon losgehen: In der App scannt der Kunde den Barcode jedes Produkts, das er kaufen möchte mit Hilfe seiner Kamera ein und legt die Produkte in den Einkaufswagen. An der Kasse muss er seine Produkte natürlich nicht mehr aufs Kassenband legen, da er sie ja zuvor schon eingescannt hat. Er hält einfach sein Smartphone an das Lesegerät an den speziellen Scan & Go Kassen, überträgt seinen Bon und kann dann mit einer beliebigen Karte bargeldlos bezahlen. Payback, Pfandbons und Rabattgutscheine kann er zuvor ebenfalls in der App einscannen. Die Vorteile des Verfahrens liegen auf der Hand: Der Kunde spart Zeit, da er die Ware nicht mehr aufs Band legen und wieder zurück in den Einkaufswagen räumen muss. Außerdem entfällt das Warten an der Kasse.
one: Und worin liegen die Vorteile für die Mitarbeitenden in den Märkten?
Lukas Fischer: Die Markt-Mitarbeiter gewinnen Zeit, sich um andere wichtige Dinge zu kümmern, z.B. neue Ware zu bestellen oder Regale aufzufüllen.
one: Ist es so, dass entweder das Einkaufen per App oder am Self Checkout Terminal angeboten wird, oder sind auch beide Einkaufsysteme in einem Markt möglich?
Lukas Fischer: Die beiden Technologien stehen nicht in Konkurrenz zueinander, sondern können und sollen sinnvollerweise in einer Filiale miteinander verbunden werden.
one: Spielt die Größe des Einkaufs eine Rolle dabei, ob der Kunde sich für Mobile Self Checkout oder Self Checkout entscheidet?
Lukas Fischer: Es zeigt sich die Tendenz, dass Kunden bei kleineren Einkäufen an der Self Checkout-Kasse bezahlen und Kunden mit einem größeren Warenkorb eher die Scan & Go App wählen.
one: Wie wollen Sie die Nutzung von Scan & Go in den Märkten forcieren?
Lukas Fischer: Wir haben alle Mitarbeiter vor Ort geschult und werden eigene Promotions in den Märkten durchführen, um die Kunden vor Ort auf die App aufmerksam zu machen, die Vorteile zu vermitteln und offen Fragen zu beantworten. Einen zusätzlichen Anreiz schaffen wir durch einen Fünf-Prozent-Rabatt für alle Selfscanning-Kunden. Bei Mitarbeitern addiert sich dieser Rabatt zum Mitarbeiterrabatt hinzu.
one: Mit welchen Nutzungsgrad der Self-Checkout Technologien rechnen Sie langfristig?
Lukas Fischer: Wir glauben daran, dass immer mehr Kunden diese Technologien nutzen werden und je intensiver sie diese nutzen, desto mehr Erfahrung gewinnen sie damit. Wir werden das Nutzungsverhalten der Kunden weiterhin genau analysieren. Eine Quote von 10 Prozent bei Mobile-Self-Checkout und über 20 Prozent bei Self-Checkout halten wir für realistisch, wobei die Nutzung stark von Faktoren wie Kundenstruktur und Lage abhängig sein wird. Wir glauben, dass die Möglichkeit des kontaktlosen Bezahlens für viele Kunden einen zusätzlichen Anreiz darstellt.
Billa testet als erster Lebensmittelhändler das mobile Self Checkout Verfahren in einer Testfiliale innerhalb des Office Parks Billa Euro Plaza in Wien. Die Anwendung der Billa Scan & Go App funktioniert ganz einfach: Kunden laden sich die Scan & Go-App herunter und öffnen diese vor dem Einkauf. Dann scannen sie mit dem Smartphone den Strichcode auf den Produkten, die sie kaufen möchten. Bevor sie ihren Einkauf durch das Scannen eines QR-Codes im Kassenbereich abschließen, müssen sie ihren Einkauf nur noch bestätigen. Bezahlt wird mit Karte. one wolllte wissen, welche Erfahrungen Billa mit Scan & Go gemacht hat und sprach mit Julia Stone, Direktorin Digital & Innovations bei Billa.
Julia Stone
one: Billa testet die Scan & Go-App seit Dezember letzten Jahres. Wie ist die Kundenresonanz?
Julia Stone: Nach dem ersten Peak zum Beginn hat sich die Kurve stabilisiert. Wir haben bereits eine Reihe von Stammkunden, welche die App ständig nutzen und mit dem Smartphone direkt bezahlen. Im Schnitt verzeichnen wir täglich 40 bis 50 Käufe über die App. Diese kommen on top, das heißt als Ergänzung zu den Kaufvorgängen an den SCO-Kassen.
one: Ist das Kaufverhalten der App-Nutzer ein anderes als das der „analogen“ Kunden?
Stone: Die Scan&Go-App ist ausgelegt auf kleine Warenkörbe, um Stoßzeiten rund um die Mittagszeit, in der Früh und kurz vor Ladenschuss zu entlasten. Daher ist der Einkauf mit zehn Artikeln limitiert. Die derzeitige Testfiliale ist eine Convenience-Filiale innerhalb eines Office Parks. Daher sehen wir kaum Unterschied im Kaufverhalten der App-Nutzer zu analogen Kunden. Im Schnitt liegen vier bis fünf Artikel im Warenkorb.
one: Wie sind die Rückmeldungen der Kunden?
Stone: Die Bewertungen sind mit vier Smilies sehr positiv. Dass es nicht die volle Anzahl von fünf ist, liegt daran, dass sich manche Kunden weitere Bezahlvarianten, zum Beispiel via Pay Pal, wünschen.
one: Wie geht es weiter?
Stone: Die Testphase war ursprünglich bis Ende März angesetzt. Aufgrund der Corona-Pandemie musste diese jedoch pausiert werden und wird langsam wieder gestartet. Es werden in 2020 weitere Pilotfilialen aufgeschaltet, um die Nutzung von Scan & Go im anderen demografischen Umfeld zu testen. Wir haben bereits sehr aufschlussreiches Feedback innerhalb einer Convenience-Filiale im Office Park. Nun gilt es, aus anderen Settings zu lernen.