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ArticleId: 693magazineWarum Luft und Gratis-Wasser die Noten der Schüler und die Laune der Lehrer verbessern, erzählen zwei Schüler des Collège Verena.https://one.rewe-group.com/fileadmin/_processed_/6/2/csm_Haiti_mgt_standard_4999ae7349.jpg„Ich gebe gern mit meiner Schule an“Haiti-Hilfsprojekt
Wasserspender (Fotos: Kindernothilfe)
Haiti-Hilfsprojekt
„Ich gebe gern mit meiner
schönen Schule an“
von Bettina Rees
Warum gute Luft, große Tafeln und Gratis-Wasser die Noten der Schüler und die Laune der Lehrer verbessern: Polinyce und Jhovlina, Schüler des Collège Véréna erzählen one, wie sich ihr Unterricht und ihre Perspektiven durch den von der REWE Group finanzierten Schulneubau in Haitis Hauptstadt Port-au-Prince verbessert haben. Und wie staubige Kakteen Zukunftspläne auslösen können.
Polinyce Smith
„Mein Name ist Polinyce Smith, ich bin 16 Jahre alt und gehe in die 9. Klasse. Ich wohne eine Viertelstunde Fußweg von der Schule entfernt in einem Viertel namens Delmas 4. Das Collège Verena besuche ich bereits seit 2003, seit dem Schulkindergarten. Ich habe einen großen Bruder und acht Halbgeschwister väterlicherseits. Ich lebe bei meiner Mutter.

Fußball macht mir Spaß. Mit meinen Freunden treffen wir uns dafür auf einem Platz in meiner Nähe. Wir blödeln gern auch einfach nur herum. Ansonsten bin ich gerne in unserer Kirchengemeinde, ich bin dort in der Jugendarbeit aktiv, das macht mir als jungem Christen sehr viel Freude.
Wasser für alle: eiskalt und kostenlos
Meine neue Schule macht mich stolz. Mir gefällt das ganze Gebäude, besonders aber die Wasserspender. Hier können wir uns soviel Wasser nehmen, wie wir brauchen, schön eiskalt und vor allem kostenlos. Im alten Gebäude brauchten wir Geld, um uns Wasser zu kaufen. Und dabei war es dort immer so heiß. Ich musste oft aus dem Klassenraum gehen, um auf dem Pausenhof frische Luft zu schnappen. Die Hitze machte die Klassenräume schier unerträglich. Jetzt ist es nicht mehr heiß. Dadurch lerne ich besser, ich bin viel motivierter. Und in der alten Schule waren die Tafeln sehr klein, die Lehrer konnten uns nie genug Zeit lassen, von der Tafel abzuschreiben. Sie mussten nämlich alles komplett wieder wegwischen, wenn sie etwas Neues schreiben wollten, so klein waren die Tafeln. Jetzt sind die Tafeln groß und uns fällt auf, dass sich die Laune der Lehrer beim Unterrichten verändert hat... Kurz, das neue Gebäude bringt mich dazu, mein Bestes zu geben, um gute Noten zu bekommen, so dass ich jedes Jahr versetzt werde und bis zu meinem Abschluss in der Schule bleiben kann. Morgens Spaghetti, nachmittags Algebra
Meine Lieblingsfächer sind Physik und Algebra. Die Hausaufgaben für diese und alle anderen Fächer mache ich morgens auf dem Dach unseres Hauses, nachdem um 6 Uhr mein Wecker geklingelt hat. Bis etwa 9 Uhr lerne ich, ein Freund hilft mir oft bei den Hausaufgaben. Danach frühstücke ich, häufig Spaghetti oder ein „pâté“. Das ist eine haitianische gefüllte Teigtasche.
Die Füllung kann aus Rindfleisch bestehen, aber auch aus Huhn, Gemüse oder anderen Zutaten. Zwischen 11 und 12 Uhr verbringe ich Zeit mit meinen Freunden, dann bereite ich mich auf die Schule vor. Denn aus organisatorischen Gründen besuchen die größeren Schüler derzeit nachmittags den Unterricht, zwischen 13 und 17 Uhr – und in die Schulkantine gehe ich, bevor der Unterricht anfängt.

In diesem Jahr nehme ich an dem Schulprojekt „Gärtnern“ teil, das außerhalb der Unterrichtszeiten stattfindet. Ich habe das Projekt zum einen gewählt, weil ich Pflanzen mag. Aber es gibt noch einen anderen Grund: Ich möchte Agrarwissenschaftler werden.

Ich habe immer davon geträumt, Profifußballer zu werden, zu reisen, im Ausland zu spielen. Gleichzeitig interessiere ich mich für Medizin und seit einiger Zeit für Agrarwissenschaften. Genauer gesagt, seit einem Austausch unserer Schule mit einer anderen Schule der Heilsarmee in Balan, wenige Kilometer östlich von Port-au-Prince. Ich war erschüttert vom Anblick der Landschaft, durch die wir auf dem Weg nach Balan kamen: Sie erinnerte an eine Wüste, kein Baum weit und breit. Es gab nur Kakteen, und die waren voller Staub. Alles war wie ausgestorben. Das hat mich tief berührt und seitdem will ich Agrarwissenschaftler werden, um dieses trockene, verlassene Gebiet wieder zum Leben zu erwecken.“
Jhovlina Célestin
„Ich heiße Jhovlina Célestin, bin 14 Jahre alt und lebe mit meinem Vater und meiner Mutter in Delmas 2, drei Minuten von der Schule entfernt. Ich habe drei Brüder und zwei Schwestern, drei Halbbrüder und zwei Halbschwestern. Seit 2010 besuche ich das Collège Verena, ich bin in der 6. Klasse. Meine Freizeit verbringe ich mit meinen Schulkameraden, wir lachen viel miteinander. Ansonsten schaue ich gerne Zeichentrickfilme, wenn es Strom gibt. Im Rahmen der Schule gibt es verschiedene kulturelle Angebote. Ich besuche einen Tanzkurs nach dem Unterricht und singe im Schulchor.
Luftige Klassen, bessere Noten
Die neue Schule ist schöner, wir haben einen größeren Schulhof und moderne Toiletten. Im alten Gebäude hingegen war es immer heiß. Jetzt aber haben wir schöne, luftige Klassenräume, es ist nicht mehr so heiß. Meine Leistungen sind dank des neuen Gebäudes besser geworden. Was ich aber am allermeisten liebe, das sind die kostenlosen Wasserspender.

Ehrlich gesagt, macht es mir Spaß, vor anderen Freunden mit meinem schicken Schulgebäude anzugeben, ich sage ihnen dann, das meine Schule die schönste der ganzen Stadt ist!

Ich besuche den Vormittagsunterricht. Dafür stehe ich um 5 Uhr morgens auf, damit mir meine Mutter die Haare machen und ich mich fertig machen kann. Wenn ich mich auf den Schulweg mache, gibt mir meine Mutter ein bisschen Geld mit. Damit kaufe ich mir unterwegs mein Frühstück, einen Saft und ein „pâté“.
Der Unterricht dauert von 7.10 bis 12 Uhr, nur freitags geht er bis 14 Uhr. Die Pause ist um 9 Uhr, da essen wir dann in der Schulkantine.

Krankenschwester, Konditoreichefin, Hausbesitzerin
Zu Hause, wenn Geld da ist, essen wir zwischen 14 und 16 Uhr, meine große Schwester kocht. Ich mache oft den Abwasch, um sie bei der Hausarbeit zu unterstützen. Bei meinen Hausaufgaben hilft mir ein Freund der Familie. Meine Lieblingsfächer sind Sozialwissenschaften, weil mir das Fach leicht fällt, und Französisch, weil ich es gerne spreche.

Ich würde gerne Krankenschwester werden und gleichzeitig möchte ich die Chefin einer großen Firma sein, ich wäre gerne die Leiterin einer großen Konditorei. Und ich träume von einem großen Haus mit schönen Möbeln, das mir gehört.“
Das Schulsystem in Haiti ...

... umfasst

a) die Vorschule (école préscolaire/ Kindergarten)  für Kinder zwischen 3 und 5 Jahren.  

 b) Grundschulec (école primaire/école fondamentale) für Kinder zwischen 6 und 14 Jahren, aufgeteilt in drei Stufen à drei Jahren (also insgesamt neun Jahre). Die ersten sechs Jahre bilden eine schulische Grundbildung, sie endet mit einer Prüfung. Auf sie folgt die dreijährige Orientierungsstufe, die mit einem Abschlusszeugnis endet.

c) Darauf baut die vier Jahre dauernde Sekundarschule (école secondaire) auf, für Jugendliche zwischen 15 und 18 Jahren. Sie schließt mit dem Abitur und der Hochschulreife ab.

So klar und reglementiert wie es klingt, verläuft die Schulkarriere für haitianische Kinder aber nur selten. Zum einen gelten bis zu 65 Prozent aller Grundschüler als zu alt für die Klasse, die sie besuchen. Die Gründe: Viele Kinder in Haiti werden sehr spät eingeschult, weil es nicht überall Schulen gibt oder die finanziellen Mittel für den Schulbesuch fehlen.



Auch können viele Kinder nur unregelmäßig zur Schule gehen und müssen daher Klassen wiederholen.

Zudem hören viele Kinder im Laufe der der sechsjährigen Grundschulzeit auf und verlassen die Schule, meist aus Kostengründen. Nur ein kleiner Prozentsatz der Schulen in Haiti ist öffentlich, der weitaus größere Teil privat.

Auch das Collège Verena ist eine Privatschule und die Eltern beteiligen sich an den Kosten – soweit sie können. Damit jedoch gerade die Kinder aus den ärmsten Familien Zugang zu guter Bildung haben, unterstützt die Kindernothilfe ihren Schulbesuch durch das Patenschaftsprogramm. Im Collège Verena gibt es Integrationsklassen für die Kinder, die sehr spät eine Schule besuchen können oder den Schulbesuch immer wieder unterbrechen mussten. Das betrifft insbesondere Restavek-Kinder oder Straßenkinder. Die Integrationsklassen sollen den Einstieg in den normalen Schulbetrieb erleichtern und die Kinder langsam an den „normalen“ Schulbetrieb heranführen.

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