Mehr als 26.000 ihrer Pauschalreisegäste hat die DER Touristik seit Mitte März sicher nach Hause geholt. Wie stemmen Krisenteam, Reiseleiter, Agenturen und ungezählte Helfer eine solche Mammut-Aufgabe? Melanie Gerhardt, Leiterin des Sicherheits- und Krisenmanagements der DER Touristik, und Jörn Kraußer, Director Asien der DER Touristik, berichten.
Unter den DER Touristik-Gästen, die im Zuge der Corona-Pandemie aufgrund ausgefallener Flüge in den Urlaubszielen festsaßen, befanden sich rund 1.000 Pauschalreisegäste, die der Veranstalter in den letzten Tagen aus Thailand ausgeflogen hat.
Wie eine solche Rückholaktion praktisch umgesetzt wird, wie Veranstalter und Zielgebietsagentur unermüdlich Hand-in-Hand daran arbeiten, die Gäste in die Heimat zu holen, und welche emotionalen Momente es dabei geben kann, erzählen Melanie Gerhardt und Jörn Kraußer am Beispiel der Thailand-Rückholung.
Melanie Gerhardt
one: Die DER Touristik hat als erster Veranstalter Urlauber aus Thailand zurückgeholt. Wie war das möglich?
Melanie Gerhardt: Wir haben über die Jahre unzählige große und kleine Krisen abgewickelt. Der Erfahrungsschatz ist dadurch sehr groß. Grundsätzlich arbeiten wir stark präventiv. Das heißt, wir beobachten die Lage in den Urlaubsgebieten laufend sehr genau und agieren vorausschauend. Zudem sind wir mit allen relevanten deutschen und internationalen Behörden eng vernetzt. Auf diese Weise hatten wir die Sondergenehmigung für unsere vier Charterrückholflüge bereits zwei Stunden vor der offiziellen Bestätigung der Behörden, dass überhaupt Sondermaschinen eingesetzt werden dürfen, in der Tasche. Dadurch konnten wir unsere gestrandeten Pauschalreisegäste bereits am 26. und 27. März nach Deutschland fliegen – gut fünf Tage vor der jetzigen Rückholwelle.
one: Gab es Herausforderungen bei dieser Rückholaktion?
Melanie Gerhardt: Die Rückholaktion in Thailand lief sehr gut und schnell. Im Vergleich zu anderen gab es bei dieser Rückholung keine außergewöhnlichen Hürden, sie war für uns sozusagen normales Krisen-Geschäft. Dennoch setzt sich eine solche Aktion immer aus einer Vielzahl von Einzelaufgaben zusammen, wodurch die Komplexität hoch ist. Da ist es wichtig, dass alle Teams wie Rädchen ineinander greifen.
Jörn Kraußer Jörn Kraußer: Im ersten Schritt mussten wir beispielsweise erst einmal alle unsere Pauschalreisegäste erfassen, das heißt feststellen, wer ist wo. Das klingt zunächst banal, ist es aber in der Realität nicht: Zum einen sind täglich Gäste abgereist, die wir auf noch bestehende Linienflüge umbuchen konnten, wodurch Gästelisten laufend abgeglichen werden mussten. Darüber hinaus hatten sich manche Gäste selbst umgebucht, andere waren auf ihrer Rundreise länger an einem Ort geblieben, anstatt wie gebucht weiterzureisen, und wieder andere waren aufgrund kurzfristig nicht mehr erlaubter Transits bei Heimreisen mit Umsteigeverbindungen am Urlaubsort gestrandet – all diese Gäste waren dann auf einmal nicht dort, wo sie laut unseren Daten hätten sein sollen. Hier hat mein Asien-Team teilweise echte Detektivarbeit geleistet – und das in einer äußerst dynamischen Situation.
one: Wie wurden die Gäste vor Ort betreut?
Melanie Gerhardt: Wir haben insbesondere in den Badehotels im Süden Thailands eine Dauerbetreuung unserer Gäste durch unsere eigenen Reiseleitungen und jene der Hotels gewährleistet. Zudem haben wir ein Help-Team von über 50 Mitarbeitern eingesetzt, das in Deutschland für unsere Gäste in aller Welt rund um die Uhr erreichbar war: Dieses Help-Team hat eine 24/7-Gäste-Hotline betreut, hat unseren Urlaubern per SMS aktuelle Updates zum Stand ihrer Rückholung mitgeteilt und ihnen auch eine Handynummer zur Verfügung gestellt, über die unsere Gäste sich per Whats App mit dem Help-Team vernetzen konnten. Diese engmaschige Betreuung und der direkte Draht wurden von unseren Kunden sehr geschätzt.
Jörn Krausser: Bei der Betreuung war auch der Kontakt mit den Reiseleitungen und unserer eigenen Agentur in Thailand sehr wichtig. Diese war nicht zuletzt aufgrund der Zeitverschiebung eine Herausforderung: Mein Team hier beim Veranstalter stand in den frühen Morgenstunden mit der Agentur und den Reiseleitungen vor Ort in Kontakt, und hat bis in die Nacht hinein alles Administrative für die Rückholaktion vorbereitet. Die Kolleginnen und Kollegen waren tagelang unermüdlich im Einsatz.
one: War das Gröbste geschafft, als die Chartermaschinen organisiert waren?
Melanie Gerhardt: Die Organisation von Charterflügen ist eine Standardaufgabe im Krisenmanagement. Die Herausforderung bei den Rückreisen lag eher in der komplexen Zubringer- und Transferlogistik zum Flughafen: Die drei Phuket-Charter sollten sowohl die Pauschalreisegäste in Khao Lak, Krabi und auf Koh Samui als auch jene auf den südlichen Inseln Thailands, darunter Koh Phi Phi, Koh Yao und Koh Lanta, nach Hause bringen. Entsprechend mussten von all diesen Orten und Inseln Transfers mit Fähren und Bussen organisiert werden, um alle Gäste rechtzeitig zum Flughafen nach Phuket zu bringen. Zum Glück waren wir früh genug dran, nur zwei Tage nach unserem letzten Abflug, am 29.3., wurden um Mitternacht alle Häfen von Phuket und die Brücke geschlossen, welche die Insel mit dem Festland verbindet. Transfers wären dann, wenn überhaupt, nur noch mit schwer zu bekommenden Sondergenehmigungen möglich gewesen.
one: Eine solch komplexe Organisation und die durchgängige persönliche Betreuung einer so großen Gästezahl – wie schafft man das?
Melanie Gerhardt: Hier kommt es auf die Prozesse, die Zusammenarbeit und das Engagement jedes Einzelnen an. In den Büros unserer Agentur Go Vacation in Thailand wurde alles Administrative in Zusammenarbeit mit unseren Veranstalterkollegen in Frankfurt übernommen, und die Reiseleitungen haben die Gäste durchgängig persönlich betreut – zuerst in den Hotels, dann auf den Transfers zum Flughafen und dort bis zum Check-in und den Sicherheitskontrollen. Dabei wurden sie vor Ort von drei Help-Team-Spezialisten aus Deutschland unterstützt, die mit allen Standardabläufen vertraut waren. Unbedingt erwähnt werden müssen auch das Team unserer Flugabteilung, das sich um alle Flugfragen gekümmert hat, unsere Reisebetreuung in Deutschland, die telefonisch für unsere Gäste in den Urlaubszielen ansprechbar war, und auch das Help-Team des Krisenmanagements, das non-stop im Einsatz war. Alle Beteiligten haben hervorragende Arbeit geleistet.
Galileo Reporter Matthias Fiedler hat sich bei der DER Touristik umgeschaut und gefragt: Wie handeln Sie derzeit die Krise? Pressesprecherin Angela de Sando führte das Galileo-Team durch die Zentrale in Frankfurt und zeigte, was hinter den Kulissen passiert, um die Gäste sicher aus der ganzen Welt nach Hause zu bringen.
Der Reporter unterhielt sich mit Melanie Gerhardt, Leiterin Sicherheits- und Krisenmanagement, die ihm Einblicke in die Rückholaktionen gab und nahm an einem Krisenmeeting teil.
Im Call Center blickte er Kai Köhli, einem Mitarbeiter der REWE Group, der als Help-Teamer bei der Abwicklung unterstützt, über die Schulter.
Der Link zur ganzen Folge
Der Galileo-Beitrag kann mit dem Internet Explorer ohne Anmeldung angesehen werden. Die Folge startet mit dem Beitrag über die DER Touristik.
Jörn Kraußer: Durch die enge Zusammenarbeit war es für alle eine bewegende Zeit. Der Kontakt zu den Gästen war so eng, dass die Kolleginnen und Kollegen der Agentur inzwischen sogar viele Lebensgeschichten kannten. Entsprechend haben sie regelrecht mitgefiebert, dass unsere Gäste nun nach Hause zu ihren Familien und Freunden fliegen konnten. So sehr, dass alle Agentur-Mitarbeiter, auch jene aus den Büros, zum Flughafen kamen, um unsere gemeinsamen Gäste zu verabschieden. Dazu haben sie sogar mein Thailand-Team hier in der Frankfurter Veranstalterzentrale live dazu geschaltet, damit auch sie Anteil haben konnten an den herzlichen Abschiedsszenen.
one: Gab es Herausforderungen bei der Charter-Abwicklung?
Melanie Gerhardt: In dieser Ausnahmesituation hat sich einmal mehr gezeigt, was für ein verlässlicher und professioneller Partner Condor ist. Normalerweise hat die Airline keine Flughafenstation auf Phuket. Deshalb hat Condor kurzerhand für die Abwicklung unserer Chartermaschinen eine solche aufgebaut und zwei sehr erfahrene Mitarbeiter nach Phuket geschickt, die in Zusammenarbeit mit der Flughafenverwaltung alles vom Check-in, über die Abfertigung bis hin zum Boarding koordiniert haben.
one: Sind nun alle gestrandeten Gäste der DER Touristik wieder in ihrer Heimat?
Melanie Gerhardt: Aus Thailand konnten wir, bis auf Einzelfälle, bereits alle Pauschalreisegäste nach Hause holen. Bei diesen Einzelfällen handelt es sich um Gäste, welche unsere Charterflüge aus unterschiedlichen Gründen nicht wahrnehmen konnten. Um sie kümmern wir uns selbstverständlich weiterhin intensiv. Sie werden in den nächsten Tagen mit Maschinen der Bundesregierung nach Deutschland fliegen.
Weltweit haben wir bereits 98% unserer Pauschalreisegäste nach Hause geholt. Jene, die ihre Heimreise aufgrund von besonderen Herausforderungen oder fehlenden behördlichen Genehmigungen noch nicht antreten konnten, werden von der DER Touristik so schnell wie möglich nach Deutschland geholt.
Noch ist es nicht geschafft: Mit den mehr als 26.000 ihrer Pauschalreisegästen hat die DER Touristik zwar den allergrößten Teil nach Hause geholt. Doch einige Gäste warten noch. Und die Kollegen kümmern sich auch um die Rückholung von Mitarbeitern anderer Unternehmen.
Seit Mitte März hat die DER Touristik unermüdlich daran gearbeitet, ihre Pauschalreisegäste, welche aufgrund der Corona-Pandemie in Urlaubszielen festsaßen, in ihre Heimat zurückzubringen. Insgesamt wurden in der bisher größten Rückholaktion des Unternehmens mehr als 26.000 Pauschalreisegäste der Veranstalter Dertour, ITS, Jahn Reisen, Meiers Weltreisen, ADAC Reisen und Travelix sicher nach Hause geholt. Zusammen mit dem Auswärtigen Amt und ihren Airline-Partnern hat die DER Touristik dafür Flüge in 54 Länder organisiert und eine Vielzahl von Vollchartern aufgelegt. Darüber hinaus hat der Veranstalter 9.000 weitere Urlauber bei der Rückreise unterstützt.
„Wir haben in den vergangenen Wochen rund um die Uhr daran gearbeitet, unsere Pauschalreisegäste in ihre Heimat zurückzuholen“, sagt Melanie Gerhardt, Leiterin des Sicherheits- und Krisenmanagements der DER Touristik. „Zu dieser Mammutaufgabe zählte es, auch alle Selbstfahrergäste ausfindig zu machen und zu kontaktieren, neue Unterkünfte zu buchen, Flüge zu chartern, Transfers zu den Flughäfen trotz bestehender Ausgangssperren zu organisieren und nicht zuletzt eine umfassende Betreuung unserer Gäste zu gewährleisten – vor Ort durch unsere Reiseleiter und vielerorts konzerneigene Agenturen sowie nach der Landung durch zahlreiche freiwillige Helfer aus dem Unternehmen, welche unsere Gäste in Deutschland in Empfang genommen haben und ihnen bei der Organisation ihrer Weiterreise nach Hause halfen. Dem unermüdlichen Einsatz aller ist es zu verdanken, dass über 98 Prozent unserer Pauschalreisegäste bereits zuhause sind.“
„Die Mehrkosten für die Rückflüge übernehmen wir für unsere Flugpauschalreisegäste.“Melanie Gerhardt
All jene Pauschalreisegäste, die ihre Heimreise aufgrund von besonderen Herausforderungen oder fehlenden behördlichen Genehmigungen in den Urlaubszielen noch nicht antreten konnten, werden von der DER Touristik so schnell wie möglich nach Deutschland geholt. „Wir werden weiterhin unermüdlich alle Hebel in Bewegung setzen, bis auch unser letzter Gast wieder zuhause ist“, versichert Melanie Gerhardt. Den Pauschalreisegästen der DER Touristik entstehen durch die Rückholaktion keine Flugkosten: „Die Mehrkosten für die Rückflüge übernehmen wir für unsere Flugpauschalreisegäste. Das ist ein unschätzbarer Mehrwert der Veranstalterreise, insbesondere in einer Ausnahmesituation wie der Corona-Pandemie, in der viele Menschen mit wirtschaftlichen Einbußen konfrontiert sind.“
Über die Rückholung ihrer Urlaubsgäste hinaus wurde die DER Touristik von namhaften deutschen Unternehmen damit beauftragt, Mitarbeiter von Auslandsstandorten nach Deutschland zurückzuholen.
(Anmerkung der Redaktion: Dieser Artikel wurde am 6. April 2020 aktualisiert.)