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Foto: Getty Images | Jag_cz
Lesedauer: 4 Minuten
Sören Hartman im Interview
„Wenn eine Krise den Urlaub stört, dann helfen wir“
von Ricarda Hofmann & Tobias Jüngert

Der älteste Reiseveranstalter der Welt und Erfinder der Pauschalreise, Thomas Cook, ist insolvent. Was bedeutet dies für die Zukunft des Veranstaltergeschäfts? Ein Interview mit CEO DER Touristik Group, Sören Hartmann.

Sören Hartmann one: Alle Medien berichten über den Kollaps von Thomas Cook. Urlauber stranden. Was ist da los in der Reisebranche?
Sören Hartmann:
Wir erleben aktuell den Marktaustritt des bislang zweitgrößten europäischen Reiseveranstalters. Mit ihm waren hunderttausende Gäste verreist, die sich nun die Frage stellen, wie sie nach Hause kommen oder was aus ihrem gebuchten Urlaub wird. Auch die Schlagzeilen und die TV-News erwecken den Anschein, als bebe derzeit die ganze Touristik. Diese Reaktion halte ich für übertrieben. Der Markt ist seit einigen Jahren in einer Konsolidierungsphase. Die Airline-Insolvenzen sind Teil dieser Entwicklung.

one: Die Pauschalreise steht doch eigentlich für Sicherheit, gerade in Krisenzeiten. Warum hat man aktuell den Eindruck, dass die Veranstalterkunden gerade jetzt schlecht dran sind?
Sören Hartmann:
Ich denke, das liegt an zwei Punkten. Zum einen sind durch die Insolvenz sehr viele Urlauber aus vielen europäischen Ländern betroffen. Ihnen zu helfen, ist eine sehr komplexe Aufgabe, die den angeschlagenen Veranstalter und den Insolvenzversicherer offenbar aktuell sehr fordert, um das neutral auszudrücken. Zum anderen gab es bis Mittwochmorgen eine sehr ungewöhnliche Situation: Thomas Cook Deutschland hatte noch keinen Insolvenzantrag gestellt. Aber das Unternehmen hatte sich aber praktisch so verhalten. Aber erst in der Insolvenz greift das Recht zum Schutz der Kunden, inklusive Rücktransport und Reisepreis-Erstattung durch den Insolvenzversicherer. Daher wurden die Thomas Cook Deutschland-Kunden bis zum Insolvenzantrag des Veranstalters von der eigenen Airline nicht mehr befördert.

one: Also bringt die Pauschalreise gar nicht, was die Veranstalter versprechen?
Sören Hartmann
:Oh doch, das tut sie! Wir als DER Touristik und damit als Reisesparte der REWE Group geben unser Wort: Wer bei uns bucht, der verreist mit uns oder er bekommt seinen kompletten Preis erstattet. Und wenn eine Krise den Urlaub stört, dann helfen wir. Tag und Nacht. Unser Krisenmanagement gehört zu den Besten der Branche. Wir sind als Reiseveranstalter für alle Bestandteile der Pauschalreise verantwortlich, und wir als DER Touristik lösen dieses Versprechen jeden Tag ein.

„Das Reisegeschäft ist extrem saisonal. Da schwankt bei vielen Anbietern auch die Liquidität enorm und es kann selbst einem Großen bei wirtschaftlichem Gegenwind die Luft ausgehen.“
Sören Hartmann

one: Auf den Punkt gebracht: Was bringt eine Pauschalreise?
Sören Hartmann:
Sie ist ein Rundum-Sorglos-Paket. Wir stellen für unsere Kunden Hotel, Flug, Transfer, Verpflegungsleistungen, Ausflüge und vieles mehr zusammen, machen diese buchbar, sorgen dafür, dass die Leistung vor Ort auch erbracht wird, prüfen Sicherheit und Qualität und helfen, wenn etwas nicht klappen sollte.

one: Tun das nicht alle Reiseveranstalter? Wo liegen die Vorteile einer DER Touristik-Reise?
Sören Hartmann:
Es gibt im Markt große Qualitätsunterschiede. Als Teil der REWE Group haben wir einen besonderen Anspruch an unsere Leistungen. Und: Weil das Reisegeschäft extrem saisonal ist, schwankt bei vielen Anbietern auch die Liquidität enorm. Da kann selbst einem Großen bei wirtschaftlichem Gegenwind die Luft ausgehen, wenn ihm das nötige, wirtschaftliche Fundament fehlt. Dass die DER Touristik in die stabile, solvente und profitable REWE Group eingebettet ist, gibt uns im Reisemarkt eine besondere Verlässlichkeit. Unsere Reisebüro-, Airline- und Hotel-Partner weltweit wissen das zu schätzen. 

Foto: Getty Images | simonkr

one: Als der Thomas Cook-Konzern Insolvenz angemeldet hat, hat sich die DER Touristik für den Erhalt des deutschen Ferienfliegers Condor, der auch zu Thomas Cook gehört, eingesetzt. Warum?
Sören Hartmann:
Der Einsatz der DER Touristik gegenüber den verantwortlichen Bundesministerien für Verkehr, Finanzen, Wirtschaft und dem Auswärtigen Amt hat sich gelohnt. Das war großartig und hat bei der Bundesregierung gewiss bei der Entscheidung für einen Überbrückungskredit für Condor eine wichtige Rolle gespielt. Gemeinsam haben wir in Briefen an die Bundesminister der Finanzen, der Wirtschaft, des Verkehrs und an den Außenminister deutlich gemacht, was der Wegfall dieser Airline für die deutschen Verbraucher bedeuten würde. 

„Wäre die Condor gegroundet worden, so wäre die Rückholung der Condor-Fluggäste zu einer fast unlösbaren Aufgabe geworden, und zwar für den Bund.“
Sören Hartmann

one: Haben wir nicht zu viele Flugzeuge am Himmel?
Sören Hartmann:
Diese Aussage wäre aus Sicht der Urlaubsregionen zu platt. Viele Reiseziele, gerade in der Ferne, werden nur durch Charter-Flieger erreicht. Entfallen die Verbindungen, so verlieren die Menschen vor Ort, die vom Tourismus leben, ihre Existenzgrundlage. Reisen dient auch der Wirtschaftsentwicklung. Und für viele Menschen wären viele Reiseziele damit nicht mehr erreichbar. Es gab aber auch ein kurzfristiges, brennendes Problem. Wäre die Condor gegroundet worden, so wäre die Rückholung der Condor-Fluggäste zu einer fast unlösbaren Aufgabe geworden, und zwar für den Bund. 

one: Wie geht es nach der Thomas Cook-Insolvenz weiter, Herr Hartmann?
Sören Hartmann:
Wir werden mehr denn je alles dafür geben, möglichst vielen Menschen in Deutschland die schönsten Wochen im Jahr zu ermöglichen. Der Marktaustritt motiviert uns, noch besser zu arbeiten, und er erdet uns. In der Touristik plant man heute für eine Zukunft, die man nicht 100-prozentig kennt. Vorausschauend, kundennah und kostenbewusst zu planen und zu handeln, das bleibt unsere wichtigste Aufgabe.

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