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ArticleId: 1442magazineBei Wein aus dem Supermarkt denken viele an weniger hochwertige Qualitäten. „Alles falsch“, beteuert Antonio Ribeiro, Wein-Einkäufer bei der REWE Group. Im one_Porträt erklärt er, wie REWE seine Absatzzahlen künftig weiter steigern will – und warum der Mai ein guter Monat für ihn wird.https://one.rewe-group.com/fileadmin/_processed_/d/c/csm_Port_Weineinkaeufer_ARibeiro_mgt_st_f6e8f19524.jpgWein aus dem Supermarkt? Mehr davon!Einkäufer Antonio Ribeiro
Antonio Ribeiro (Fotos: Achim Bachhausen)
Einkäufer Antonio Ribeiro
Wein aus dem Supermarkt?
Gerne mehr davon!
von Stefan Weber
Wein aus dem Supermarkt? Da denken viele an weniger gute Qualitäten, abgefüllt in Standardflaschen, lieblos drapiert zwischen anderen Getränken. „Alles falsch. Wein erlebt gerade bei REWE eine deutliche Aufwertung“, sagt Antonio Ribeiro, Einkäufer für Wein-, Sekt- und Spirituosen bei der REWE Group. Die Kunden honorieren es: Seit acht Jahren steigen die Verkaufszahlen. Bald will REWE weitere Eigen- und Exklusivmarken einführen und mehr Weine in der Preisklasse zwischen 4,99 und 5,99 Euro anbieten.
Ein paar Tage noch, dann wird sich Antonio Ribeiro einen seiner Lieblingsweine gönnen, einen hochwertigen Riesling vielleicht oder einen edlen Weißburgunder. Denn nach dem Stand der Dinge hat der Wein -, Sekt- und Spirituosen-Einkäufer der REWE Group Mitte Mai gleich zwei sehr private Gründe zu feiern: Zum einen seinen 53. Geburtstag. Zum anderen dürfte dann der MSV Duisburg in die zweite Fußball-Bundesliga aufgestiegen sein – der Verein, dem Ribeiro seit Jahrzehnten die Treue hält. Wenn es um Fußball in Deutschland geht, wohlgemerkt. Denn ansonsten fiebert der Portugiese mit seinem Heimatverein Vitória Sport Clube, aktuell Tabellenvierter in der Primeira Liga.
Wein und Fußball – beides Themen, in denen viele Emotionen stecken und über die Ribeiro, schnell ins Schwärmen gerät. Aufgewachsen im Norden von Portugal, dem Anbaugebiet des Vinho Verde,  ist er früh mit Wein in Verbindung gekommen. „In unserer Familie gehörten zu jedem guten Essen ein, zwei Gläser Wein – das war ein Muss“, erzählt Ribeiro. Mit acht Jahren kam er nach Deutschland und machte in Düsseldorf bei Mühlensiepen, einem Tabakwaren- und Weinhändler, eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann. „Da habe ich Spaß am Weineinkauf bekommen.“ Später wechselte er zu Metro und blieb dort zehn Jahre. Seit 2006 ist Ribeiro, der im niederrheinischen Korschenbroich wohnt, bei REWE.

Weinliebhaber versorgen sich immer häufiger aus dem Supermarkt. Nach Angaben des Deutschen Weininstituts wurden im vergangenen Jahr 18 Prozent aller in Deutschland verkauften Weine über Supermärkte abgesetzt. Sechs Jahre zuvor waren es erst 13 Prozent gewesen. Insbesondere deutsche Anbieter setzen verstärkt auf diesen Vertriebsweg. Heimische Weine verzeichneten 2016 bei Umsatz und Absatz ein Plus von acht Prozent. Der Durchschnittspreis für Wein im Lebensmitteleinzelhandel (LEH), also inklusive Discount, ist dem DIW zufolge 2016 erstmals seit sieben Jahren wieder leicht gesunken – um fünf Cent auf 2,92 Euro je Liter. Für Weine aus dem eigenen Land gaben die Verbraucher im LEH mit durchschnittlich 3,20 Euro pro Liter geringfügig mehr aus als im Jahr zuvor. Über den Verkauf ab Hof sowie den Vertrieb über den Fach- und Onlinehandel erlösten die deutschen Erzeuger einen Durchschnittspreis von 6,72 Euro je Liter. Das waren 39 Cent mehr als im Jahr zuvor.
Nur nichts falsch machen!

Wein aus dem Supermarkt – da denkt mancher an wenig hochwertige Qualitäten, abgefüllt in Standard-Flaschen, verschlossen mit einfachen MCA-(Metal Closure Aluminium-) Drehverschlüssen, lieblos drapiert zwischen anderen Getränken. „Alles falsch. Wein erlebt in vielen Supermärkten eine ständige Aufwertung, ganz besonders bei REWE“, betont Ribeiro. Die Präsentation in den Märkten: immer edler, häufig mit viel Holz. Der Verschluss: dekorativ per Drehverschluss (Ribeiro: „Korkverschlüsse sind selbst bei teureren Weinen auf dem Rückzug. Viele Kunden schätzen es, wenn die Flasche wiederverschließbar ist.“) Die Flasche: ästhetisch und individuell. Der Wein: qualitativ hochwertig, aber zu einem attraktiven Preis. Das honorieren die Kunden. 2016 war das achte Jahr  in Folge, in dem REWE ihre Wein-Verkäufe gesteigert hat – das Umsatzplus betrug 5,7 Prozent gegenüber 2015.
85 Prozent der in Deutschland verkauften Weine, so sagt Ribeiro, kosten weniger als drei Euro. Bei REWE beträgt dieser Anteil 80 Prozent, Tendenz sinkend. „Wir wollen unser Weinsortiment qualitativ weiter aufwerten und mehr Weine auch in der Preisklasse zwischen 4,99 Euro und 5,99 Euro verkaufen“, kündigt Ribeiro an. Das erfordert Geduld, denn Weintrinker sind wenig experimentierfreudig. Sie greifen gerne immer wieder zu Qualitäten, mit denen sie gute Erfahrungen gemacht haben. Woran liegt das? „Das hat viel mit Unkenntnis zu tun. Die Kunden haben Angst, etwas falsch zu machen und orientieren sich deshalb gerne am Vertrauten“, weiß Ribeiro. Dass Anbieter mit einem guten Konzept dennoch eine Menge bewegen können, zeigt das Beispiel der Exklusivmarke Hettinger Riesling: Davon verkauften die REWE-Märkte 2016 etwa eine Million Flaschen; acht Jahre zuvor waren es erst 100 000 Flaschen gewesen.

Es wird zwar immer mehr über Wein gesprochen, aber nicht mehr getrunken. Nach Zahlen des Deutschen Weinbauverbandes verzehrten die Bundesbürger 2016 durchschnittlich 20,6 Liter pro Kopf. Das war ähnlich viel wie im Jahr zuvor. Die deutschen Weinerzeuger behaupteten ihren Marktanteil von 45 Prozent am gesamten Weinabsatz; gemessen am Umsatz steigerten sie ihren Anteil um einen Prozentpunkt auf 51 Prozent. Auf Platz zwei der beliebtesten Herkunftsländer steht Italien (16 Prozent), gefolgt von Frankreich (12 Prozent) und Spanien (acht Prozent).
Eigen- und Exklusivmarken machen aktuell knapp ein Viertel des REWE-Weinsortiments aus. Steigerungsfähig, sagt Ribeiro dazu. Zum Beispiel, indem REWE die Winzer bei der Vermarktung ihrer Erzeugnisse stärker einbindet – wie aktuell das pfälzische Weingut Heinrich Vollmer. Unter dessen Namen bieten die Märkte mehrere Weine an. Der Winzer ist zudem im Prospekt abgebildet. Ribeiro: „Das schafft beim Kunden Vertrauen.“ Ein gutes Wein-Angebot, qualifizierte Beratung und Verkostungen sind aus seiner Sicht geeignete Mittel, um sich als Supermarkt zu profilieren.

Und die Online-Konkurrenz, wie zum Beispiel weinfreunde.de aus dem eigenen Haus? Ist es nicht verlockend, sich seine Lieblingsweine nach Hause liefern zu lassen? Ribeiro ist überzeugt, dass Internet-Verkäufer den Supermärkten kein nennenswertes Geschäft abjagen: „Die Zielgruppen sind unterschiedlich. Supermarkt-Kunden kaufen nach Bedarf und sehr preisorientiert ein. Sie bevorraten sich nicht kistenweise mit Weinen, die sieben oder acht Euro oder auch deutlich mehr kosten.“

Weißweine stehen in der Gunst der Verbraucher leicht hinter Rotweinen (43 Prozent zu 47 Prozent), haben aber in den vergangenen Jahren kontinuierlich aufgeholt. Roseweine haben einen Anteil von stabil zehn Prozent am Weineinkauf in Deutschland.
Geschmacklich bevorzugt die Mehrheit der deutschen Verbraucher trockene und halbtrockene Weine. Im vergangenen Jahr füllten die Vermarkter unverändert 46 Prozent ihrer heimischen Qualitäts- und Prädikatsweine in der trockenen Geschmacksrichtung ab. 21 Prozent der qualitätsgeprüften Weine waren halbtrocken. Das Angebot lieblicher Weine stieg 2016  um zwei Prozentpunkte auf 33 Prozent.

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