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Stephanie Melzig, Patin und Expertin REWE HR-Kompetenzcenter national
Ehrensache – Mitarbeiter helfen benachteiligten Jugendlichen
„Man muss sich auf den
Menschen einlassen“
von Judith Morgenschweis
Seit Mitte Mai läuft das Programm Ehrensache. Die ersten Kollegen haben bereits einige Zeit mit ihren Mentees und der Partnerorganisation Joblinge verbracht. In loser Folge befragen wir Mentoren nach ihren Erfahrungen.
Sparringspartner für einen jungen Menschen sein und ihn ein Stück auf seinem Weg in Richtung Beruf begleiten: Stephanie Melzig, Patin und Organisatorin beim ehrenamtlichen Programm Ehrensache, nimmt das Programm beim Wort. Im Interview spricht sie über realistische Erwartungen, andere Lebenswelten und warum ihr das Programm auch die REWE näher gebracht hat.
one: Frau Melzig, was hat Sie bewogen bei Ehrensache mitzumachen?
Stephanie Melzig:
Bei Ehrensache sollten alle Geschäftseinheiten eingebunden werden. Daher wurde ich ausgewählt, das Programm für die REWE zu betreuen. So war ich schon im Vorfeld in die Planung eingebunden. Aber für mich war es wichtig, nicht nur bei der Vorbereitung dabei zu sein, sondern auch selbst Erfahrungen als Patin zu sammeln. Schön ist auch, dass man in der Eins zu Eins-Situation nochmal ganz andere Fähigkeiten nutzen kann, als im normalen Berufsalltag.

one: Hatten Sie Bedenken bevor Sie mit dem Programm starteten?
Stephanie Melzig:
Ich habe mir schon Gedanken gemacht, was da wohl auf mich zukommt. Aber unser Partner Joblinge ist da sehr professionell aufgestellt. Man belegt ein Einführungsseminar und Joblinge sucht einen passenden Jobling aus – das ist alles sehr gut organisiert.
one: Warum braucht man ein Einführungsseminar, um Pate zu sein?
Stephanie Melzig:
Es ist schon wichtig, auf die Aufgabe richtig vorbereitet zu sein und seine Erwartungen entsprechend zu gestalten. Die Jugendlichen oder jungen Erwachsenen, die an diesem Programm teilnehmen, kommen aus einer völlig anderen Lebenswelt. Sie haben oftmals jahrelang keinen festen Job gehabt, mehrere Ausbildungen abgebrochen, waren nicht regelmäßig in der Schule. Sie müssen erst wieder lernen, eine tägliche Routine aufzunehmen. Deshalb lernt man im Seminar die eigenen Erwartungen zu regulieren, schwierige Gesprächssituationen mit dem Jobling zu üben und seine Rolle klar abzugrenzen - und das ist nur die Theorie.
one: Was genau ist denn die Rolle Paten?
Stephanie Melzig:
Die Aufgabe ist es, sich auf den Menschen einzulassen und sich als Wegbegleiter zu begreifen. Der Pate ist vor allem dazu da, den Jobling zu bestärken in dem was er tut und bei Rückschlägen wieder aufzubauen. Manche Jugendliche haben eine Geschichte mit vielen Misserfolgen und ein entsprechend schwach ausgeprägtes Selbstbewusstsein. Sie befürchten, immer wieder zu versagen. Hier ist die Aufgabe des Paten, sie immer wieder aufzubauen. Andere wiederum haben eine sehr niedrige Frustationsschwelle und geben schnell auf, wenn ein Tag mal nicht so gut verläuft. Dann heißt es, den Jobling zu ermuntern weiterzumachen. Dabei ist sehr viel Geduld gefragt und man muss mit Rückschläge rechnen.

one: Wie findet man seinen Jobling?
Stephanie Melzig:
Wenn man sich bei den Kollegen in der REWE Group oder bei Joblinge direkt beworben hat, erfolgt ein telefonisches Kennenlernen mit den Koordinatoren von Joblinge. Dabei werden verschiedene Dinge zur Person gefragt, unter anderem auch persönliche Interessen und Hobbys. Diese Angaben gleicht Joblinge mit denen der Jugendlichen ab. Es gibt dann eine Veranstaltung, bei der sich eine Gruppe von Paten mit ihren Joblings das erste Mal bei Joblinge trifft. Anschließend geht es dort in Einzelgespräche. Danach verabredet man sich wöchentlich mit seinem Jobling. Ich bin zum Beispiel gerne in der Natur und mag Tiere. Meine Jobling teilt diese Interessen. Wir hatten also sofort ein gemeinsames Thema. Für unsere Treffen verabreden wir uns jetzt immer zu Spaziergängen.

one: Wie viel Zeit nehmen diese Treffen meist in Anspruch?
Stephanie Melzig:
Wir treffen uns einmal pro Woche für ein bis zwei Stunden. Dann haben wir alle Themen durch. Darüber hinaus schreiben wir auch über Whatsapp. Aber insgesamt ist der Zeitaufwand überschaubar. Später werden die Treffen ggf. seltener, wenn der Jobling in Praktika eingebunden ist und zunehmend selbstständiger wird.
one: Wie gestaltet sich das Verhältnis zwischen Pate und Jobling?
Stephanie Melzig: Grundsätzlich ist der Pate eine Art menschlicher Sparringspartner, dessen Aufgabe es ist, dem Jobling in einer wichtigen Lebensphase zur Seite zu stehen. Dabei sollte man sich seiner Rolle immer wieder bewusst werden und seine Erwartungen regulieren. In der Praxis heißt das, sich auf alles gefasst zu machen. Ich habe von Kollegen die unterschiedlichsten Dinge gehört, von „der Jobling meldet sich gar nicht“ bis „der Pate war das Beste an Joblinge“. Wichtig ist, es nicht persönlich zu nehmen, wenn sich der Jobling beispielweise nicht meldet, denn in der Regel liegt das an der persönlichen Lebenssituation des Jobling. Wie gesagt: Die Teilnehmer bei Joblinge kommen häufig aus einem Umfeld, in dem es nicht üblich ist, einer geregelten Arbeit nachzugehen oder in dem es immer wieder Rückschläge gab. Da kann es schon ein Erfolg sein, wenn der Jobling überhaupt zu seinem Praktikum geht – auch wenn er dort zu spät ankommt.

one: Sie sind Organisatorin des Programms und  Patin zugleich. Haben Sie Feedback von anderen Teilnehmern bekommen?
Stephanie Melzig:
Das Programm dient dazu, dass sich Mitarbeiter ehrenamtlich engagieren können. Und genau das kommt auch so bei den Kollegen an. Sie finden es toll, dass der Arbeitgeber diese Möglichkeit anbietet. Auch für den nächsten Zyklus, der im Oktober startet, haben wir schon erste Anmeldungen.

one: Gibt es regelmäßige Paten-Treffen bei REWE?
Stephanie Melzig:
Ja, das ist für mich ein weiterer sehr positiver Effekt von Ehrensache. Ich habe neben dem ehrenamtlichen Engagement viele sehr nette Kollegen bei der REWE Group kennengelernt. Wir treffen uns inzwischen regelmäßig in der Mittagspause. Dieser Austausch ist Hilfe und Ansporn zugleich.
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