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Finanzierung der REWE Group
In die Kasse geschaut
von Patrick Schwarz
Lesedauer: 5 Minuten
Negativzinsen, Schuldenkonsolidierung, Schwarze Null: Fast jeden Tag stehen komplizierte Finanzthemen in den Schlagzeilen. Auch die REWE Group ist in Zeiten turbulenter Finanzmärkte gefordert, immer wieder neue Finanzierungslösungen zu finden. Ein Einblick in die Arbeit des Zentralbereichs Finanzen.
Der Raum Köln ist etwas Besonders: In dem Saal mit der hohen Glasdecke und der hauswandgroßen Leinwand in der Kölner Zentrale finden nur die größten Veranstaltungen der REWE Group statt. Unter diesen sticht aber ein Event heraus - während dem im Raum Köln das Bankgeheimnis herrscht.

Wenn 40 Banker aus London, Wien und München in die Domstraße reisen, wenn die Finanzverantwortlichen der REWE Group Rede und Antwort stehen, wenn über Milliardenbeträge diskutiert wird, dann wird das Bankersmeeting abgehalten. Jedes Jahr im Frühling kommen die Vertreter der Banken, die der REWE Group Geld leihen,
für einen Tag zusammen. Alle Gespräche sind: strengstens vertraulich.

Was für die Eventmanager die Jahrestagung oder für die Einkäufer der Lieferantentag ist, ist für den Zentralbereich Finanzen das Bankersmeeting. Eine Art Dreikönigstreffen der REWE-Gläubiger. Für Mitarbeiter außerhalb der Abteilung wirft die Veranstaltung um das Finanzgeschäft der REWE Group Fragen auf: Wieso nimmt ein Unternehmen, das immerhin über 50 Milliarden Euro jährlich umsetzt, überhaupt Kredite auf? Was passiert mit dem Geld? Und wie steuert die REWE Group sicher durch die turbulenten Finanzmärkte?
Andreas Reis
Konsortialkredit als Eintrittskarte
Vom Raum Köln bis zum Büro von Andreas Reis sind es nur ein paar Schritte. Dort wird man mit einem entspannten Lächeln empfangen. Die Aufgabe des Mitarbeiters im Team Creditor Relations (zu Deutsch etwa „Beziehungen zu den Gläubigern“) ist es, mit seinen Kollegen die Kontakte zu den Geldgebern und der Ratingagentur der REWE Group zu pflegen. „Wir befinden uns als Unternehmen gerade in einer komfortablen Situation“, sagt Reis. „Das macht die Arbeit derzeit recht angenehm.“

Um diese komfortable Situation zu verstehen, lohnt es sich, hinter die Kulissen der Unternehmensfinanzierung zu blicken. Der REWE Group stehen derzeit Finanzmittel von rund drei Milliarden Euro zur Verfügung. Die Basis bildet ein Großkredit über 1,75 Milliarden Euro, den 20 Banken gemeinsam vergeben. Zu den Gläubigern zählen sowohl bekannte deutsche Kreditinstitute wie die Commerzbank oder die Helaba als auch vermeintlich exotischere Gläubiger wie The Bank of Tokio-Mitsubishi. Wer zu diesem Kreis gehört, ist Kernbank der REWE Group. Der Konsortialkredit ist für die Banken so etwas wie eine Eintrittskarte, weil nur unter diesen Kreditinstituten weitere Finanzprodukte wie die Abwicklung des Zahlungsverkehrs ausgeschrieben werden.

Das Angenehme an der aktuellen Lage: „Kredite sind für Unternehmen sehr kostengünstig“, sagt Reis. Er erklärt das so: Die Zentralbanken, die jeden Schein und jede Münze in Umlauf bringen, versuchen die Wirtschaft aktuell zu stützen, indem sie den Geld- und Kapitalmärkten viel Bares bereitstellen. Ist Geld im Überfluss da, ist es günstig zu haben. Wenn die REWE Group also einen Kredit möchte, dann profitiert sie gegenwärtig von einem historisch niedrigen Zins- und Margenniveau. Für Reis und seine Kollegen ist das eine erfreuliche Ausgangslage.
Rainer Nicklas
Minaturrollwagen als Erinnerung
Das gilt nicht nur für den Konsortialkredit. Auch andere Finanzierungsformen sind momentan preiswert am Markt erhältlich. Die REWE Group speist ihr geliehenes Geld aus unterschiedlichen Quellen mit komplizierten Bezeichnungen. Im Büro von Rainer Nicklas nehmen diese allerdings plastische Form an: Für jede abgeschlossene Finanzierung erhält der Funktionsbereichsleiters Corporate Finance von den Banken einen so genannten „Tombstone“ (zu Deutsch: Grabstein). Dabei handelt es sich um kleine Erinnerungsstücke, die mit Sportpokalen vergleichbar sind. Für den Konsortialkredit überreichten ihm die Banken etwa einen roten Klotz mit einem REWE-Einkaufswagen darauf. Für eine andere Transaktion bekam Nicklas einen Miniaturrollwagen, auf dem die Kreditsumme und die Namen der Geldgeber eingraviert sind.

Der Bereich Corporate Finance kümmert sich um den Einkauf aller Finanzierungsmittel. „Wenn es um die Finanzierung eines Vorhabens geht, kommt man bei uns nicht vorbei“, erklärt Nicklas. Er und seine zwei Kollegen - alle drei sind ehemalige Banker - sorgen dafür, dass „alle Klauseln in den Kreditverträgen passen.

Doch wieso nimmt der Konzern überhaupt Kredite auf? „Man muss wissen, dass Schulden per se nichts Schlechtes sind“, sagt Nicklas. „Kredite helfen uns, Investitionen in den Erhalt und die Zukunft der REWE Group sicherzustellen.“
REWE International Finance B.V.
Finanzexperten in Venlo
Thomas Clemens, Geschäftsführer REWE International Finance
Gerade einmal zehn Minuten Autofahrt hinter der deutschen Grenze sitzt in einer alten Kanzlei die REWE International Finance B.V. (RIF). Auch wenn die Tochterfirma der REWE Group im niederländischen Grenzort Venlo mit sechs Mitarbeitern unscheinbar wirkt, hat sie eine wichtige Aufgabe: „Wir sind so etwas wie die Inhouse Bank der REWE Group“, sagt Thomas Clemens, Geschäftsführer der REWE International Finance. „Nahezu alle Finanzierungen des Unternehmens werden über uns abgeschlossen.“ Wenn eine Firmeneinheit – egal ob in Deutschland oder den anderen Standorten der REWE Group – Finanzbedarf hat, dann stellt die REWE International Finance die Mittel zur Verfügung. Das gleiche gilt für den Fall, dass Geld im Überschuss vorhanden ist und angelegt werden soll. Auch wenn Konzerngesellschaften fremde Währung benötigen, ist die RIF zur Stelle: Sie bündelt die Devisenbedarfe über eine Handelsplattform und schließt Sicherungsgeschäfts ab.

Bereits vor über zehn Jahren wurde die Tochtergesellschaft in Holland gegründet, seit knapp vier Jahren hat sie ihren Sitz in Venlo. Doch wieso ausgerechnet in dem deutschen Nachbarland? „Wir sitzen bewusst nicht in einem Niedrigsteuerland wie der Schweiz oder Luxemburg“, betont Clemens. Das gesetzliche und regulatorische Umfeld in den Niederlanden sei passgenauer. „Die Finanzierung einer Unternehmensgruppe wie der REWE Group ist von Holland aus viel einfacher als aus Deutschland“, sagt der Finanzexperte. Auch andere Firmen wie der Handelskonzern Metro oder das Biotechunternehmen Qiagen haben Ihre Finanzierungsgesellschaft in Venlo.

„Cashpool“ im Aufbau
Momentan arbeitet die REWE International Finance an zwei spannenden Projekten: Zum einen wollen die Mitarbeiter in den kommenden Jahren einen so genannten internationalen und währungsübergreifenden „Cashpool“ aufbauen. Dadurch sollen die Banksalden aller Unternehmenseinheiten zusammengefasst werden. „So können wir Bedarfe und Überschüsse bündeln und Kreditlinien schonen“, sagt Clemens. „ Hierdurch spart die Gruppe eine Menge Geld.“ Zum anderen soll ein System eingeführt werden, das zentral alle Leistungen zwischen den Unternehmenseinheiten miteinander verrechnet. Mitte des Jahres sollen die ersten Gesellschaften aufgeschaltet werden. „Das ist eine riesige, positive Veränderung“, freut sich Clemens.

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