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Lesedauer: 12 Minuten
REWE Group setzt auf lokale und regionale Zusammenarbeit
„Die Agrarpolitik befindet sich an einer Zeitenwende“

Seit Wochen protestieren Landwirte in Deutschland gegen aus ihrer Sicht zu niedrige Preise im Lebensmitteleinzelhandel etwa bei Schweinefleisch und Milch. Zentrale Lager der Handelsunternehmen wurden von Landwirten mit Traktoren blockiert.

one sprach dazu mit Hans-Jürgen Moog, Bereichsvorstand Einkauf der REWE Group, der sich seit Beginn der Proteste für eine Lösung des Konflikts engagiert. Was tut die REWE Group und welche Perspektiven bietet sie den Landwirten in der aktuellen Krisensituation?

Hans-Jürgen Moog, Einkaufschef der REWE Group one: Herr Moog, sind Sie in den direkten Gesprächen mit Landwirten involviert?
Hans-Jürgen Moog:
Ja, wir führen für die REWE Group viele Gespräche mit den Vertretern der Landwirtschaft. Anfangs war die Herausforderung, zu definieren, wer für wen spricht. Es gibt hauptsächlich drei Gruppen. Land schafft Verbindung (LsV), die sogenannten „Basisbauern“ und der Deutsche Bauernverband. Mit allen dreien sind wir im Kontakt. Alles in allem sind es sehr konstruktive Gespräche, die uns dabei geholfen haben, die Situation in der Landwirtschaft noch besser einschätzen zu können.

one: Können Sie die Wut der Landwirte und ihr Verhalten verstehen?
Hans-Jürgen Moog: 
Ich kann verstehen, dass viele Landwirte tief enttäuscht und zum Teil verbittert sind. Die Möglichkeit des Protests ist ein wichtiges Grundrecht in Deutschland, Blockaden sind aber das falsche Mittel. Es stimmt, auch wir waren betroffen und unsere Logistiker wurden in der kritischen Vorweihnachtszeit daran gehindert, die Waren wie gewohnt in die Märkte zu liefern, gerade in Corona-Zeiten eine enorme Belastung. Sehr früh haben wir aber die Gespräche auf Augenhöhe geführt und Maßnahmen ergriffen. Wir konnten in den Gesprächen einiges dazulernen und haben dementsprechend konkrete Maßnahmen umgehend umgesetzt. Das Vorgehen ist freilich nicht neu für uns: Die REWE-Regionen und ihre Kaufleute sind seit Jahrzehnten mit den Landwirten verbunden.

one: Wenn Sie diese Wut verstehen können, dann erklären Sie uns bitte, warum es jetzt zu einem so heftigen Konflikt gekommen ist?
Hans-Jürgen Moog:
Das Ganze hat sich ja maßgeblich am Thema Schweinefleisch entzündet. Die Erlöse für die Landwirte sind eingebrochen, als in Folge der Afrikanischen Schweinepest hierzulande der Export nach Asien, insbesondere China, kollabiert ist. Durch die asiatischen Einfuhrverbote für Schweinefleisch aus Deutschland ist der Beschaffungspreis für ein Kilo Schweinefleisch von über zwei Euro noch im März 2020 auf unter 1,20 Euro gesunken. Offenbar gibt es jetzt erste Bestrebungen, die Exporte wieder gangbar zu machen. Hier ist die Politik am Zug, sich mit aller Kraft dafür einzusetzen, die internationalen Märkte für den Export von Schweinefleisch so schnell wie möglich und so weit wie möglich wieder zu öffnen. Außerdem hat die Corona-Pandemie noch eins draufgesetzt. Restaurants und Kantinen wurden geschlossen, Schlachtbetriebe und Verarbeiter teilweise auch, weil es dort Covid-19-Fälle gab. Denken Sie an die Fälle Tönnies und Westfleisch. Das hat zu einem regelrechten „Schweinestau“ geführt und zusätzlich dazu beigetragen, dass das Preisniveau unten geblieben ist. Während aber andere Wirtschaftszweige und Branchen auf staatliche Corona-Hilfen setzen konnten, gab es beim Thema Schweinefleisch weder für Ferkelhalter noch für Schweinemästern substanzielle staatliche Hilfe. Das ist übrigens bis heute so: Fondslösungen auch mit staatlichem Geld für die Landwirte wurde bislang eine klare Absage seitens der Politik erklärt.

„Wir haben vertragliche Regelungen mit den Schlachtern und Verarbeitern getroffen, damit das zusätzlich von uns gezahlte Geld auch tatsächlich bei den Landwirten ankommt.“
Hans-Jürgen Moog

one: Was hat die REWE Group konkret getan, um schnelle Hilfe zu leisten?
Hans-Jürgen Moog:
Wir haben bereits am 11. Dezember vergangenen Jahres die Entscheidung getroffen, bis auf weiteres Beschaffungspreise bei Schweinefleisch zu zahlen, die dem Marktniveau vor Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest und dem damit zusammenhängenden Zusammenbruch des Exportmarktes entsprechen. Wir zahlen also in der Praxis tatsächlich momentan einen Mindestpreis für Schweinefleisch. Und wir haben, soweit es rechtlich möglich ist, vertragliche Regelungen mit den Schlachtern und Verarbeitern getroffen, damit dieses zusätzlich von uns gezahlte Geld auch tatsächlich bei den Landwirten ankommt. Das werden wir auch kontrollieren. Es war uns wichtig, unmittelbar und konkret zu handeln und es nicht bei bloßen, wenn auch öffentlichkeitswirksamen Ankündigungen zu belassen.

one: Am Pranger stehen immer wieder Preiswerbeangebote in Handzetteln. Sollte der Handel darauf verzichten?
Hans-Jürgen Moog:
Wir haben aktuell zum Beispiel durch die Erhöhung der Verkaufspreise für Fleischartikel unserer Preiseinstiegsmarke ja! schon seit dem 4. Januar ein sehr klares Signal im Markt gesetzt. Allerdings wäre es in meinen Augen das falsche Signal, wenn wir auf Preiswerbung im Handzettel verzichten würden. Wir müssen immer wieder klarmachen, dass Angebotspreise für Fleisch nichts mit dem Preis zu tun haben, den wir für die Ware bezahlen. Hier geht der Handel klar in Vorleistung, das heißt wir verzichten auf Marge, und durch Angebotspreise schaffen wir zusätzlich Kaufanreize und Absatz, was gerade aktuell enorm wichtig ist angesichts der Lage der Gastronomie und des Exports. Da ist es umso wichtiger, dass wir Händler für die Landwirte und Schlachter weiterhin als verlässliche Abnehmer zur Verfügung stehen.

one: Warum waren spezielle Vereinbarungen mit den Schlachtern und Verarbeitern notwendig?
Hans-Jürgen Moog:
Das ist ein wichtiger Punkt. Denn wir haben ja in der Regel – mit Ausnahme der REWE-Lokal-Partnerschaften – keine direkten vertraglichen Beziehungen mit den Ferkelzüchtern und Mästern von Schweinen. Diese Verträge haben die Schlachter und Verarbeiter. Und deshalb fordern wir seit Beginn unserer Gespräche im Kreis des Bundesverbands des Deutschen Lebensmittelhandels (BVLH) mit LsV, dass neben Landwirtschaft und Handel auch diese Zwischenstufen der Wertschöpfungskette – vor allem auch die verarbeitende Lebensmittelindustrie – in die Gespräche einbezogen werden. Ohne sie werden wir nicht zu langfristig tragfähigen Lösungen kommen. Wir haben die Schlachtbetriebe und auch die Molkereien angesprochen und uns dort für mehr Transparenz eingesetzt. Es erscheint sinnvoll, dort an Strukturen zu arbeiten – beispielsweise für mehr Mitspracherecht für die Landwirte. Schließlich haben wir mit dem REWEformer bei uns im eigenen Haus ja sehr gute Erfahrungen gemacht.

„Regionale und lokale Partnerschaften – direkte Beziehungen unserer Kaufleute und Märkte mit Landwirten und Erzeugern – sind auf jeden Fall ein Teil der Lösung.“
Hans-Jürgen Moog

one: Wie steht es mit der Kennzeichnung von Produkten deutscher Herkunft?
Hans-Jürgen Moog:
Das ist eine Maßnahme, mit der wir in Kommunikation und Marketing noch stärker als bislang schon auf die Leistungen der deutschen Landwirtschaft aufmerksam machen wollen. Wir selbst können das in unseren Handzetteln, in den Märkten und auch in digitalen Medien anschieben. Ich plädiere darüber hinaus auch für eine Marketingkampagne, die eine Art Toolbox für die Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels in Deutschland bereitstellt: Werbemittel, die den Verbraucherinnen und Verbrauchern aufzeigen, welche besonderen Vorzüge Agrarprodukte aus Deutschland haben. Aus diesem Bestand könnte sich jedes Handelsunternehmen seiner jeweiligen Marketingstrategie entsprechend bedienen. Auf dem Gebiet der Kommunikation ist noch sehr viel vorstellbar, natürlich unter Wahrung der Grenzen des Wettbewerbsrechts und der Vorschriften zur Lebensmittelkennzeichnung. Und klar ist auch, dass zusätzliche Information nicht bedeuten darf, Agrarerzeugnisse aus anderen EU-Staaten zu diskriminieren.

one: Ein weiteres Stichwort lautet Regionalfleischprogramme.
Hans-Jürgen Moog:
Wir haben schon seit langem in allen sechs REWE-Regionen sehr gute Regionalfleischprogramme. Übrigens nicht nur für Schwein, sondern auch für Rind und Geflügel. In diesen speziellen Programmen schaffen wir Anreize für landwirtschaftliche Betriebe, Mehrwert-Aspekte umzusetzen – also zum Beispiel mehr Tierwohl durch verbesserte Haltungsbedingungen. Aktuell haben wir über 30 Regionalfleischprogramme, in denen wir signifikant höhere Beschaffungspreise bezahlen, deutlich über dem Marktpreisniveau, um die zusätzlichen Leistungen der Landwirte zu honorieren. Diese Programme werden wir gezielt weiter ausbauen. Wir brauchen für diese Programme mehr teilnehmende Betriebe. Auch hier noch einmal der Appell an die Landwirtschaft, sich daran zu beteiligen. Dieses Modell der Vertragslandwirtschaft hat eine Reihe von Vorzügen: längerfristige Vertragsbindungen, stabilere Preise, eine direktere Zusammenarbeit auf Augenhöhe… Wir stehen zur Verfügung, jeder Landwirt kann uns ansprechen, ob dieses Modell für ihn passt.

one: Regionalität ist auch abseits der Proteste von Landwirten und der aktuellen Krise des Schweinefleischmarktes ein zunehmend wichtiges Thema für die REWE und vor allem auch für die selbstständigen Kaufleute unserer Genossenschaft. Aber können Regionalprogramme, die – wie der Name ja schon sagt – räumlich relativ eng begrenzt sind, wirklich die großen strukturellen Probleme der Landwirtschaft in Deutschland lösen?
Hans-Jürgen Moog:
Regionale und lokale Partnerschaften – direkte Beziehungen unserer Kaufleute und Märkte mit Landwirten und Erzeugern – sind auf jeden Fall ein Teil der Lösung. Denn auf diese Weise können wir im unmittelbaren Kontakt mit Landwirten und Erzeugern langfristige Kooperationen entwickeln und sichern. Das stärkt die landwirtschaftliche Vielfalt in Deutschland und stabilisiert die wirtschaftliche Situation unserer Partner. Das wohl wichtigste Element dabei ist die „REWE Lokal-Partnerschaft“, die wir schon vor einem Jahr auf der Internationalen Grünen Woche in Berlin der Öffentlichkeit präsentiert haben.

„Mit den REWE Lokal-Partnerschaften vor allem in den Bereichen Obst- und Gemüse, Molkereiprodukte, Fleisch und Wurst heben wir diese Beziehungen auf ein noch höheres, verbindliches Niveau.“
Hans-Jürgen Moog

one: Was verbirgt sich konkret hinter der Überschrift Lokal-Partnerschaft?
Hans-Jürgen Moog:
Vielleicht zunächst ein Wort zur Vorgeschichte. Seit dem Jahr 2010 besitzt die REWE eine eigene Struktur, die sich nur mit den lokalen Anforderungen unserer Kunden und Lieferanten beschäftigt. Seitdem gibt es in allen sechs REWE-Regionen in Deutschland sogenannte „Lokalitätsbeauftragte“, die sich um die individuellen Anliegen der lokalen Erzeuger kümmern. Sie begleiten den gesamten Weg der Produkte der lokalen Landwirte und Erzeuger vom Feld bis in das Supermarktregal. Das ist insbesondere im Listungsprozess eine große Unterstützung. Dazu muss man wissen: Unsere selbstständigen Kaufleute pflegen seit jeher lange Partnerschaften mit lokalen Lieferanten und Landwirten. Wir haben das nie genau nachgezählt, aber das sind insgesamt sicher mehr als 10.000 solcher unmittelbaren Lieferbeziehungen vor Ort. Mit den REWE Lokal-Partnerschaften vor allem in den Bereichen Obst- und Gemüse, Molkereiprodukte sowie Fleisch und Wurst haben wir diese Beziehungen auf ein noch höheres, verbindliches Niveau gehoben. Die Abkürzung LsV steht ja bekanntlich für den Verein „Land schafft Verbindung“. Ich würde das mal im Hinblick auf unsere Lokalpartnerschaft etwas anders auflösen und sagen: „Lokal schafft Vertrauen“. Und Vertrauen ist eine sehr gute Basis für nachhaltigen Erfolg.

one: Nochmals konkret nachgefragt, durch welche Maßnahmen genau verbessert die REWE Lokal-Partnerschaft die Situation der Landwirte und Erzeuger?
Hans-Jürgen Moog: 
Es gibt vier Handlungsfelder, die im Mittelpunkt stehen: „Verlässlicher Vertragspartner“, „Gutes Geld für gute Arbeit“, „Nutzung gemeinsamer Netzwerke“ und „Gemeinsame Innovationen – zum Schutz von Tier und Umwelt“. Und die konkreten Maßnahmen reichen von der Unterstützung im Listungsprozess über die Nutzung von Werbemöglichkeiten der REWE auf Warenbörsen, im Handzettel und am Point of Sale bis hin zu verkürzten Zahlungszielen sowie längeren Vertragslaufzeiten. Damit ist die REWE Lokal-Partnerschaft ein verbindlicher Verhaltenskodex, zu dem wir uns verpflichtet haben, inklusive eines neutralen Ombudsmanns als Beschwerdestelle, sollte es zu Klärungsbedarf zwischen unseren Lieferanten und der REWE kommen. Ein wichtiger Aspekt dieses Kodex‘ ist, dass wir ihn ständig weiterentwickeln. Dieser Prozess involviert intern alle maßgeblichen Teile unseres Unternehmens: vom Einkauf, zentral und in den Regionen, über die Kaufleute der REWE bis hin zu Vorstand und Aufsichtsrat.

one: Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner fordert aber doch gerade sehr vehement einen solchen Verhaltenskodex vom deutschen Lebensmitteleinzelhandel.
Hans-Jürgen Moog:
Nun, die REWE hat einen solchen Verhaltenskodex bereits. Wir haben ihn dem Bundeslandwirtschaftsministerium auch schon vor geraumer Zeit übermittelt. Was Frau Bundesministerin Klöckner im Wege eines Verhaltenskodex jetzt offenbar jedoch möchte, sind Absprachen zwischen den Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels unter anderem über die Preisgestaltung gegenüber Lieferanten, Standards und ihre Honorierung gegenüber den Landwirten sowie über Handelspraktiken und Werbung der Handelsunternehmen. Das ist aber aus wettbewerbsrechtlichen Gründen nicht möglich, jedenfalls nicht in der von der Ministerin vorgeschlagen Form. Das Bundeskartellamt müsste da sofort einschreiten. So ist nun einmal die rechtliche Situation. Aber nochmals: Wir als REWE Group haben bereits einen Verhaltenskodex. Und wir werden uns in unseren direkten Vertragsbeziehungen zu den Landwirten strikt daran halten.

„Bei uns ist das Motto in den Gesprächen mit den Landwirten: Es darf keine Denkverbote geben.“
Hans-Jürgen Moog

one: Sie sind als Verantwortlicher für den Einkauf der REWE Group in zahlreichen Gesprächsrunden mit der Politik dabei gewesen. Wie erleben Sie diese Gesprächsrunden?
Hans-Jürgen Moog:
Das sind schon recht kräftige Kontroversen, die wir mit der Politik haben. Ich würde mir wünschen, dass da seitens der Politik in der Wortwahl gegenüber uns als Unternehmen langsam aber sicher abgerüstet wird. Aber wir müssen Lösungen finden und deshalb ist es wichtig, dass wir nicht nur mit der Politik im Gespräch bleiben, sondern auch mit den Landwirten. Bei den Arbeitsgruppen mit der Landwirtschaft setzen wir uns für einen Runden Tisch ein, der die drei Hauptakteure zusammenbringt: Landwirte, verarbeitende Industrie und Handel. Gleichzeitig müssen wir in diesen Runden aber auch immer auf die wettbewerbsrechtlichen Grenzen achten. Absprachen zwischen den Handelsunternehmen über Preise, Standards und so weiter sind nun einmal gesetzeswidrig.

one: Was ist Ihre Prognose, wie es nun weitergehen wird?
Hans-Jürgen Moog:
Die Agrarpolitik befindet sich an einer Zeitenwende. Ich glaube, in der Agrarpolitik ist derzeit viel in Bewegung; es gibt diejenigen in Politik und Verbandswesen, die im Status quo verharren, und diejenigen, die eine neue Dynamik in viele Themen bringen. Und die deutschen Landwirte erleben die Spannungen am eigenen Leib: Auf der einen Seite der politische und gesellschaftliche Wunsch nach höheren Standards und besseren Produktionsbedingungen, auf der anderen Seite althergebrachte Methoden, die dies finanzieren sollen. Wenn man aber mit alten Methoden die neuen Fragen beantworten will, ist das schwierig und bietet Konfliktpotenzial. Deshalb sind alle aufgefordert, zusammen an neuen Lösungen zu arbeiten. Bei uns ist das Motto in den Gesprächen mit den Landwirten: Es darf keine Denkverbote geben.

„Wir haben uns das Ziel gesetzt, möglichst schnell für die Trinkmilch in der Eigenmarke nur noch Milch aus deutscher Produktion zu beziehen.“
Hans-Jürgen Moog

one: Das aktuellste Streitthema zwischen Landwirten und Handel betrifft die Milchprodukte. Relativ hohe Milchproduktpreise im Beschaffungsmarkt in der Vorweihnachtszeit gehen marktbedingt im Januar wieder zurück. Die Landwirte bezichtigen jetzt aber den Handel, er nutze einmal mehr seine Macht aus, um die Preise zu drücken.
Hans-Jürgen Moog:
Die Situation im deutschen Milchmarkt ist wirklich sehr kompliziert. Erstens ist es auch hier so, dass wir als Handelsunternehmen in der Regel – abgesehen von Regionalprogrammen – die Milch nicht direkt von Landwirten beziehen, sondern meist von großen Molkereigenossenschaften der Landwirte wie etwa Deutsches Milchkontor DMK. Die Kontrakte und Beschaffungspreise im deutschen Milchmarkt werden von diesen Akteuren gemacht, nicht von den Landwirten selbst. Hier scheint schon das erste große Problem zu liegen. Denn aus unseren vielen Gesprächen mit Landwirten haben wir verstanden, dass diese sich oftmals nicht gut von ihren Genossenschaften vertreten fühlen.

one: Kann die REWE Group trotzdem allein dazu beitragen, dass sich die Situation der deutschen Milchbauern nachhaltig verbessert?
Hans-Jürgen Moog: 
Wir wollen auf jeden Fall unseren Beitrag leisten und ich glaube schon, dass wir mit REWE und PENNY in Deutschland auch etwas bewegen können.Wir haben uns jedenfalls das Ziel gesetzt, möglichst schnell für die Trinkmilch in der Eigenmarke nur noch Milch aus deutscher Produktion zu beziehen.

„Wir haben in den zurückliegenden Jahren schon in vielen Projekten und auch spontanen Initiativen bei REWE und PENNY bewiesen, dass wir bei Obst und Gemüse den Landwirten helfen, so gut es geht.“
Hans-Jürgen Moog

one: Ganz zum Schluss noch eine Frage im Hinblick auf die Ernten des Jahres 2021. Wenn die Folgen des Klimawandels einmal mehr so spürbar werden wie in den zurückliegenden Jahren, dann dürften wir auch 2021 wieder eine Diskussion über fehlende Niederschläge, Dürre und Ernteausfälle erleben. Machen Sie sich heute schon Gedanken darüber, wie die REWE Group dann auf die Not der Landwirte reagieren kann?
Hans-Jürgen Moog:
Wir haben in den zurückliegenden Jahren schon in vielen Projekten und auch spontanen Initiativen bei REWE und PENNY bewiesen, dass wir bei Obst und Gemüse den Landwirten helfen, so gut es geht. Nicht nur bei Ernteausfällen. Denken Sie zum Beispiel an das Thema Bio-Helden bei PENNY. Wir vertreiben dort unter der Marke Naturgut Obst und Gemüse mit Schönheitsfehlern, das sonst nicht in den Verkauf gelangt wäre. Für die Biobauern, die sich daran beteiligen, ist dies eine wichtige Unterstützung. Oder denken Sie an unsere Aktion bei REWE und PENNY im Jahr 2018. REWE und PENNY haben – teilweise bis Anfang 2019 – Äpfel, Möhren, Zwiebeln und Kartoffeln mit Qualitätsfehlern verkauft, die eine Folge der anhaltenden Hitzeperiode im Sommer 2018 waren. Die REWE Group hat damit ein klares Zeichen gegen die Verschwendung von ansonsten tadelloser Saisonware gesetzt – und selbstverständlich auch den Landwirten geholfen.

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