Klimasiegel und Berechnungsstandards für Nachhaltigkeit gibt es viele – auch in der Reisebranche - doch dort bislang keinen einheitlichen. Das will der neu gegründete Verein KlimaLink jetzt ändern. Laura Steden, Nachhaltigkeits-Chefin von Gründungsmitglied DER Touristik, erklärt, wie und warum.
Vor einem Jahr fiel der Startschuss: Futouris e.V., die Brancheninitiative für Nachhaltigkeit, und die DER Touristik starteten eine Machbarkeitsstudie zur Erstellung eines CO2 e-Katasters für Reisen. Das Ziel: eine einheitliche Grundlage zur Berechnung eines Klima-Fußabdrucks für Reisen für die gesamte Touristikbranche. So sollen sich Gäste über die Klimaauswirkungen der verschiedenen Reiseangebote transparent informieren können.
Jetzt, ein Jahr und rund 140 Expert:innengespräche später, ist das Team einen gehörigen Schritt weiter: Eine erste Fassung der gemeinsamen Berechnungsgrundlage für Reise-Emissionen wurde erarbeitet. Nun haben die Projektmitglieder den Verein KlimaLink gegründet. Ein wichtiges Zeichen, freut sich Laura Steden. Welche Schritte nun folgen, erzählt die Leiterin Corporate Responsibility von Gründungsmitglied DER Touristik Group im Interview.
Laura Steden
one: Frau Steden, nach einem Jahr Projektarbeit haben Sie gemeinsam mit dem Deutschen Reiseverband DRV, FTI und weiteren Branchengrößen den Verein KlimaLink gegründet. Warum dieser Schritt?
Laura Steden: Das ist definitiv ein Paukenschlag. Wir haben den Projektcharakter beendet, das Ganze institutionalisiert und in ein Business überführt: Jetzt wird es ernst! Es sind neben der DER Touristik nicht nur wichtige Anbieter wie FTI und Chamäleon Reisen, sondern auch Reiseverbände aus Deutschland, Österreich und der Schweiz beigetreten. Darüber hinaus geht der DRV mit in den Vorstand – ebenso wie die DER Touristik. Das ist eine Signalwirkung, die das Projekt jetzt auf eine ganz andere Ebene hebt.
one: Es hat ein Jahr gedauert, um die Voranalyse für eine einheitliche Grundlage zur Berechnung eines Klima-Fußabdrucks für Reisen zu erstellen. Was ist in dieser Zeit passiert?
Laura Steden: Zunächst haben wir uns angeschaut, welche Instrumente es bereits in der Touristikbranche gibt, um CO2 e-Daten zu messen. Das war ein ziemlicher Kraftakt. Denn es gibt viele verschiedene Daten, aber nur zu einzelnen Komponenten der Reise, wie beispielsweise der Anreise. Und eben keine standardisierten Daten. Die braucht man aber für ein vergleichbares Ergebnis.
Im Projektjahr wurden über 140 Gespräche geführt – unter anderem mit verschiedenen Datenanbietern und Verbänden, um die Branche an einen Tisch zu holen. Und es ist bei solchen Branchenthemen natürlich auch wichtig, die Menschen auf dem Weg nicht zu verlieren.
Jetzt sind wir in den finalen Zügen: Wir haben uns für die verschiedenen, wichtigen Bestandteile der Reise auf einen ersten Standardentwurf geeinigt, und das Ganze auch niedergeschrieben.
one: Wie geht es weiter?
Laura Steden: Der nächste große Akt wird sein, all das in eine IT-Landschaft zu überführen. Das macht es nochmal spannend. Es braucht eine einheitliche IT-Infrastruktur, um die Daten einzuspeisen und zu verwalten, und diese an alle Player weitergeben zu können, so dass diese, zum Beispiel auch wir als DER Touristik, die Emissionsdaten bei unseren Reisen berücksichtigen können.
one: Bedeutet das, nur die Vereinsmitglieder können auf die Emissions-Daten zugreifen?
Laura Steden: Nein, die Daten werden für alle Interessenten bereitgestellt. In der Reisebranche gibt es ja sehr viele kleine und mittlere Anbieter. Für die ist es ja gar nicht möglich, so etwas selbst umzusetzen. Deshalb dieses Branchenvorgehen, damit wir es auch den kleineren Touristikanbietern zur Verfügung stellen können, so dass es hoffentlich nachher eine gute Abdeckung in der Branche geben wird.
one: Wird es auch eine übergreifende Kennzeichnung geben? Eine Art Nutri-Score für Reisen?
Laura Steden: Ja, so ist unser Plan. Es hilft ja nichts, wenn das Label bei uns anders aussieht als bei anderen Veranstaltern. Sofern die Daten vorher vorliegen, wollen wir in einer Zwischenlösung die CO2 e-Werte aber schon einmal transparent machen, indem wir sie zu den Reiseangeboten dazuschreiben.
one: Wird die DER Touristik dann künftig konkrete Empfehlungen für nachhaltigere Reisen aussprechen?
Laura Steden: Wir verstehen uns als Vollversorger, auch beim Reisen. Wir bieten Hilfestellung an, wenn man in Sachen Klimaschutz intelligentere Entscheidungen treffen möchte, aber wir entscheiden nicht für den Gast.
one: Was bedeutet das konkret?
Laura Steden: Unser übergeordnetes Ziel ist es, ein klimafreundlicheres Reiseangebot zu haben und unsere Reisenden hinsichtlich der Klimaauswirkung ihrer Reise zu sensibilisieren. Um das zu ermöglichen, müssen wir es messbar und transparent machen. Ein einheitliches Label wird dabei sehr hilfreich sein. Hinzu kommt, dass wir unsere Kolleg:innen in unseren Reisebüros zu diesem Thema schulen, damit sie die Kund:innen beraten können. Auch in der Zwischenzeit, bis es ein einheitliches Label gibt.
one: Wann wird es das einheitliche Label für Reisen geben?
Laura Steden: Es ist noch zu früh, um das zu sagen. Doch wir rechnen damit, bis 2024 die IT-Plattform für die Daten bereitstellen zu können, und avisieren auch die gemeinsame Kennzeichnung für 2024 an.
Über KlimaLink
Der Verein KlimaLink ist aus dem Branchenprojekt „Klimabewusst reisen“ hervorgegangen, in dem eine erste Fassung der gemeinsamen Berechnungsgrundlage für Reise-Emissionen erarbeitet wurde. Als Gründungsmitglieder von KlimaLink engagieren sich neben Futouris die wichtigsten Reiseverbände der DACH-Region Deutscher Reiseverband (DRV), Österreichischer ReiseVerband (ÖRV) und Schweizer Reise-Verband (SRV), der Verband Internet Reisevertrieb (VIR) sowie die Reiseunternehmen AERTicket, AER Kooperation, Amadeus, Chamäleon, DER Touristik, FTI Group, Gebeco, Hotelplan Group, Lufthansa City Center, midoco, Olimar Reisen, QTA, Studiosus, TourCert und TFC Airlebnis. Auch die Klimaschutzorganisationen atmosfair und myclimate sind Gründungsmitglieder von KlimaLink und unterstützen die Initiative mit ihrer fachlichen Expertise.
Nachhaltige Entwicklung in der Tourismuswirtschaft
Tourismus war bundespolitisch ein wenig beachtetes Thema, bis die weltweite Corona-Pandemie das Reisen streckenweise unmöglich machte und somit die gesamte Branche in ihren Grundfesten erschütterte.
Mit dem Ausklingen der pandemischen Restriktionen dürfe die Tourismuspolitik jedoch nicht wieder ins Hintertreffen geraten, so das Credo der Kolleg:innen von DER Touristik in einem Anfang November veröffentlichten, politischen Positionspapier. Vielmehr müsse man sich jetzt den großen Herausforderungen der Reisebranche stellen und sie fit für die Zukunft machen: Es gilt dem Klimawandel entschieden zu begegnen und das Reisen im In- und Ausland nachhaltiger zu gestalten. Gleichzeitig muss das Krisenmanagement, nicht nur in Deutschland, sondern generell, länderübergreifend mit den Destinationen resilienter aufgestellt und die Entwicklung von Präventionsplänen und Konzepten unterstützt werden.
Lesen Sie auf rewe-group.com das gesamte Positionspapier von DER Touristik.