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Serie: Digitale Geschäftsmodelle, Teil 2: Jens Kohnen, Geschäftsführer von Paymenttools im one_Interview
„Wir sind in einem starken Wachstumsmarkt unterwegs“
von Stefan Weber

Mit Paymenttools hat die REWE Group im vergangenen Jahr die Lücke zwischen Commercetools, der Plattform für den digitalen Handel, und Fulfillmenttools, das sich um die Abwicklung der Lieferungen kümmert, geschlossen. one sprach mit Geschäftsführer Jens Kohnen über die Vorteile eines eigenen Zahlungsdienstleisters und den Trend zum bargeldlosen Zahlen.

Jens Kohnen, Geschäftsführer von Paymenttools one: Was macht Paymenttools? Welchen Service bieten Sie Händlern?  
Jens Kohnen:
Paymenttools ist ein Payment Service Provider, also ein Zahlungsdienstleister, der für Händler den bargeldlosen Zahlungsverkehr abwickelt. Wir sorgen dafür, dass Konsument:innen bei unseren Kunden – also den Händlern - bezahlen können, sowohl im stationären Handel oder im E-Commerce. Wir wickeln die Zahlungen ab und sorgen am Ende des Tages dafür, dass das Geld bei unseren Kunden ankommt. Wir wickeln alle marktüblichen Bezahlmethoden ab, wie Kreditkarten, Girocard oder PayPal, aber auch neuere Bezahllösungen wie Apple Pay oder Google Pay. 

one: Zahlungsdienstleister gibt es viele. Was macht Paymenttools besser oder anders als Mitbewerber?  
Jens Kohnen:
Als Re-Startup der REWE Group haben wir mit unserem Payment Operating System ein innovatives Zahlungssystem entwickelt, das den Anforderungen der Zukunft gewachsen ist. Das bedeutet: Es kommen stetig neue Technologien, neue Entwicklungen. Wir haben von Anfang an unser System so aufgebaut, dass wir leicht auf diese Änderungen reagieren können. Man könnte sagen, bei uns ist nichts zementiert, sondern geschraubt. 

one: Und was genau bedeutet das für den Bezahlvorgang selbst?
Jens Kohnen:
Wir verändern damit die Art und Weise, wie Verbraucher:innen in Europa kanalübergreifend bezahlen - sowohl online als auch offline. Indem wir alle notwendigen Aspekte von der Kreditkarte im E-Commerce bis zur Girocard an der Kasse integrieren und mit Value Added Services, wie zum Beispiel Kundenbindungsprogrammen, anreichern, bieten wir Händler:innen ein Omnichannel-Payment, das sich nahtlos in ihre Consumer Journey integriert. Denn Handel findet nicht mehr nur stationär, sondern eben auch im E-Commerce und vor allem kanalübergreifend statt. Ein Kunde bestellt etwas online und holt es im Laden ab und nutzt damit zwei unterschiedliche Kanäle. Unsere Lösung arbeitet kanalübergreifend.

one: Warum können REWE-Kaufleute die Leistungen von Paymenttools (noch) nicht nutzen? 
Jens Kohnen:
Als Zahlungsdienstleister unterliegen wir besonderen regulatorischen Anforderungen. Deshalb konnten in der Vergangenheit unsere Zahlungsdienste nur bei 100%-Tochtergesellschaften der REWE Group eingesetzt werden. Mit der Neuaufstellung haben wir nun das Rahmenwerk geschaffen, um unsere Zahlungsdienste innerhalb der kompletten REWE Group, aber auch darüber hinaus externen Händlern zur Verfügung stellen.

one: Paymenttools ist ein Start-up der REWE-Group, bietet seine Dienste aber auch anderen Händlern an. Ist das aus Gründen des Datenschutzes nicht problematisch? Wie können Ihre Auftraggeber sicher sein, dass sensible Kundendaten nicht in die Hände von Konkurrenten geraten?  
Jens Kohnen:
Wie jeder Zahlungsdienstleister, unterliegen wir bei Paymenttools regulatorischen Anforderungen, die uns nicht ohne Weiteres einen Einblick in sensible Kundendaten erlauben. Darüber hinaus haben wir keinen Einblick etwa in die Warenkörbe der Kund:innen, wir wickeln im Hintergrund „nur“ die Zahlung ab. Ohne Zustimmung - sei es von Konsument:innen, unseren Partnern oder Händlern - werden keinerlei Daten, egal wie sensibel oder nicht, ausgetauscht. Von technischen und regulatorischen Hürden abgesehen, ist für uns ein vertrauensvoller Umgang mit unseren Partnern und Kund:innen die Basis unseres Handelns. 

one: Welches sind die größten Herausforderungen, Paymenttools weiterzuentwickeln? Die Technik, die Datenqualität oder vielleicht auch die starke Präferenz der Deutschen für die Barzahlung? 
Jens Kohnen:
Barzahlungen sind zwar nach wie vor ein beliebtes Zahlungsmittel der Deutschen, aber wir haben nicht zuletzt wegen der pandemischen Situation einen massiven Aufschwung an Kartenzahlungen erlebt. Dazu kommt, dass immer mehr im E-Commerce eingekauft wird, was ebenfalls zu einem Anstieg bargeldloser Zahlungen führt. Wir sind also in einem starken Wachstumsmarkt unterwegs und im Moment ist für uns als Technologie-Unternehmen die größte Herausforderung, gut ausgebildete Mitarbeiter:innen zu gewinnen. 

one: Wie wird sich der Payment-Markt entwickeln? Werden wir in einigen Jahren alle mit dem Handy bezahlen und welchen Stellenwert werden die Barzahlung und auch die Girocard dann haben?  
Jens Kohnen:
Der Trend zu bargeldlosem Bezahlen wird sich fortsetzen. Auch wird es weitere technische Innovationen geben, die für Konsument:innen den Bezahlvorgang weiter in den Hintergrund rücken. Wir glauben, dass Kund:innen einkaufen wollen und sich weniger Gedanken darum machen, wie sie bezahlen sollen. Welche Bezahlverfahren sich am Markt behaupten können, hängt sehr stark davon ab, ob sie dem digitalen Lifestyle der Kund:innen gerecht werden. Das gilt für die Girocard genau wie für alle anderen Bezahlverfahren auch. 

Bargeldlos bezahlen:

Was im Hintergrund passiert: Einfach und hygienisch, schnell und sicher: Bezahlen per Karte (häufig auch kontaktlos) oder Smartphone wird immer beliebter. Damit das reibungslos funktioniert, tauschen im Hintergrund sogenannte Zahlungsdienstleister Informationen aus und wickeln den Bezahlvorgang in Sekundenschnelle ab.  

Die Liebe der Bundesbürger:innen zu Bargeld bröckelt. Nach einer Umfrage des Marktforschungsunternehmens GfK aus dem Sommer 2021 bevorzugen knapp 60 Prozent der Deutschen im Einzelhandel die Bezahlung mit Karte oder Smartphone. Im Jahr zuvor waren es erst 54 Prozent gewesen. Im Rahmen der GfK-Studie gaben 61 Prozent der Befragten an, in den vergangenen zwölf Monaten kontaktlos gezahlt zu haben.  

Je nach Branche ändert sich das Zahlverhalten mal schneller, mal weniger schnell, aber der Trend zu bargeldlos zeigt sich überall im stationären Einzelhandel. Auch in den Märkten von REWE erfolgten im vergangenen Jahr weit mehr als 40 Prozent aller Transaktionen mit Girocard, Kreditkarte oder via Bezahl-App auf dem Smartphone. Aber was passiert im Hintergrund, wenn ein Kunde oder eine Kundin bargeldlos zahlt? Das hängt davon ab, mit welchem Zahlungsmittel sie den Einkauf begleichen wollen.  

Für alle Varianten gilt: Sie funktionieren nur, weil es ein Regelwerk (Payment Scheme) gibt, das technische und regulatorische Standards für die Ausführung von bargeldlosen Zahlungsvorgängen setzt. Also das vorschreibt, wie Geld innerhalb des jeweiligen Zahlungssystems von Bank A nach Bank B bewegt wird. Je nachdem, wie viele Parteien bei einem Bezahlvorgang per Karte miteinander agieren, gibt es 3- und 4-Parteien-Schemes. Im 4-Parteien-Scheme (Mastercard, Visa, Girocard) sind beteiligt: die Hausbank des Händlers („Acquirer“), die Hausbank des Kunden („Issuer“), der Kunde sowie der Händler. Beim 3-Parteien-Scheme von American Express (Amex) steht die Kartengesellschaft in direkter Beziehung sowohl mit dem Kunden als auch mit dem Händler. Die Ausgabe der Karte erfolgt nicht durch die Hausbank des Kunden, sondern direkt durch Amex. 

Die Abläufe erfolgen bei allen Zahlverfahren in Sekundenschnelle. Unterschiedlich sind dagegen die vom Händler zu tragenden Kosten bei der Kartenzahlung: Bei Nutzung der Girocard sind sie deutlich geringer als bei Mastercard oder Visa. Amex ist meist noch teurer. Mobile Payment über die Händler-App ist dagegen mit ähnlich niedrigen Kosten verbunden wie der Gebrauch der Girocard, mitunter ist es sogar noch preiswerter.

Bezahlen mit der Girocard 

Dies ist die in Deutschland beliebteste Form der Kartenzahlung im stationären Einzelhandel. Nach Angaben des Handelsforschungsinstituts EHI wurden 2020 etwa 40,1 Prozent des gesamten Umsatzes im stationären Einzelhandel mit der Girocard bezahlt. Bei REWE betrug der Anteil 2021 etwa 32 Prozent. 
Wenn eine Kundin, nennen wir sie Laura, an der REWE-Kasse ihre Girocard in das Bezahlterminal steckt und sich durch Eingabe der PIN identifiziert oder kontaktlos zahlt, wird der Payment Service Provider (PSP) aktiviert. Er prüft zunächst, welche Transaktion gewünscht ist: Kreditkarte, wenn ja: welche? Oder Girocard? In diesem Fall erkennt PSP eine Girocard und weiß zugleich auch, von welcher Bankengruppe (Privatbanken, Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken) sie stammt. Das ist wichtig, denn jede Bankengruppe verfügt über eine eigene „Kopfstelle“, die sich um die Autorisierung kümmert, also um die Frage, ob die Karte möglicherweise gesperrt ist und ob genügend Geld auf dem von Laura hinterlegten Konto ist. Ist das der Fall wird die Zahlung an der Kasse freigegeben. Im Gegenzug zieht eine Clearing Bank von Lauras Konto eine garantierte Lastschrift und überweist das Geld an die Bank des Händlers. Nach der Autorisierung zeigt das Terminal an: „Zahlung erfolgt“. 

Bezahlen mit der Visa- oder Mastercard 

Kundin Laura steckt ihre Karte in das Kassenterminal, der Payment Service Provider erkennt, dass es sich um eine Kreditkarte von Visa oder Mastercard handelt. Die Zahlungsanfrage kommt zunächst an den Acquirer, der leitet sie an das Kreditkartenunternehmen weiter. Visa oder Mastercard wiederum übergeben die Anfrage anhand der Kreditkartennummer an Lauras Bank, den Issuer. Kommt von dort ein „okay“, geht die Kommunikation zum PSP zurück: Kunde kann zahlen, Transaktion kann stattfinden. Der Geldfluss zwischen Lauras Bank und der Händlerbank erfolgt im Nachgang.   

Bezahlen mit der Amex-Karte 

Hier sind nur drei Parteien beteiligt: Laura zückt ihre Karte und der Payment Service Provider sieht, dass er die Anfrage zu Amex weiterleiten muss. Dort erfolgt die Autorisierung: Ist die Karte in Ordnung? Ist das vorhandene Limit ausreichend? Amex überweist den Betrag an die Händlerbank und zieht im Gegenzug den Betrag von dem Konto ein, das Laura für die Kreditkarte hinterlegt hat. 

Bezahlen mit dem Smartphone 

Mobile Payment mit dem Smartphone (oder der Smartwatch) wird immer beliebter, vor allem in der jüngeren Generation. Laut GfK-Umfrage von Sommer 2021 hatten 23 Prozent der Befragten in vorangegangenen zwölf Monaten mindestens einmal per Handy oder Uhr bezahlt. Bei den 18- bis 29-Jährigen waren es sogar 33 Prozent gewesen. Weitere 17 Prozent zeigten sich gegenüber Mobile Payment aufgeschlossen und wollten es in naher Zukunft ausprobieren. 

Bezahlen per Handy funktioniert entweder kontaktlos über eine sogenannte NFC- (Near Field Communication-)Schnittstelle oder via Bar- oder QR-Code. Wenn Laura ihre Rechnung an der Kasse per händlereigener Bezahl-App (die ein eigenes Payment nutzt) tätigen will und das Terminal dies registriert hat, tritt im Hintergrund ein neuer Spieler aufs Feld: der sogenannte Faktor. Er ist vom Anbieter des Zahlverfahrens vorab bestimmt worden. Der Factor kauft die Forderung (also Lauras Rechnungsbetrag) an, übernimmt das Risikomanagement und garantiert gegenüber dem Händler, dass eine entsprechende Lastschrift eingelöst wird. Die Risikoprüfung beim Faktor erfolgt anhand der IBAN, also des Kontos, das Laura bei der Registrierung für ihre Bezahl-App hinterlegt hat. Steht die IBAN auf einer Sperrdatei? Ist sie schon einmal geplatzt? Zudem gibt es Scoring-Dateien, die auf IBAN-Nummern basieren. Ist die IBAN gesperrt, wird Laura nicht mit ihrem Smartphone bezahlen können.

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