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Lesedauer: 6 Minuten
Bereichsvorstand Dr. Sven Spork im Interview
„Wir haben eine gestalterische Rolle in der Gesellschaft“

Mit der Bundestagswahl am 26. September geht die Ära Merkel zu Ende. Mit einer neuen Regierung könnten die Weichen für viele Themen vom Klimaschutz bis zur Digitalisierung neu gestellt werden. one hat mit Bereichsvorstand Dr. Sven Spork auf die Wahl geblickt und nachgefragt, welche Inhalte in der kommenden Legislaturperiode für die REWE Group besonders wichtig werden.

one: Die Legislaturperiode geht zu Ende, wie fällt der Rückblick darauf aus? 
Sven Spork: Es war eine ziemlich fordernde Legislaturperiode. Eine ganze Reihe von recht komplexen politischen Themen haben sich mit der Pandemie und mit unheimlich viel politisch-regulatorischem Neuland gepaart. Konkret: Der Lockdown, die Corona-Arbeitsschutzverordnung und die Änderungen im Infektionsschutzgesetz haben uns und alle Mitarbeiter:innen vor völlig neue Herausforderungen gestellt. Das haben wir ja alle in unserer täglichen Arbeit wie auch in unserem privaten Alltag miterlebt. Es gab also sehr wenig Langeweile.

one: Viele sprechen nun von einer besonderen Bundestagswahl. Wie bewerten Sie das?
Sven Spork: Der selbstbestimmte Abschied von Angela Merkel von der großen Politikbühne ist sicherlich eine Zäsur. Schließlich ist es das erste Mal, dass ein:e Amtsinhaber:in nicht erneut antritt. Der personelle Wechsel bietet freilich auch Chancen für neue Impulse und Ideen, egal, wie es ausgeht. Eines jedenfalls ist klar: Das Lebenswerk von Angela Merkel verdient hohe Anerkennung. Sie hat mit ruhiger Hand durch zahlreiche Herausforderungen geführt und Ausgleich gesucht.

Zudem befinden wir uns in einer Zeit des Umbruchs. Viele Zukunftsfragen von Klima über den Umgang mit der Digitalisierung bis hin zu Altersvorsorge und Generationengerechtigkeit müssen in den kommenden Jahren angegangen werden.

Hier wird man auch maßgeblich auf den Input der Wirtschaft angewiesen sein. Als einer der größten Arbeitgeber Deutschlands verstehen wir uns als Partner der Politik und freuen uns auf die Zusammenarbeit mit einer neuen Bundesregierung.

one: Was wünschen Sie sich für die neue Legislaturperiode?
Sven Spork: Wir profitieren alle vom frühzeitigen und offenen fachlichen Austausch, wenn Gesetzgebung oder zusätzliche Regulierung anstehen. Wir Unternehmen können dabei als Praxis-Check dienen.

Gerade was Wirksamkeiten von Gesetzen einerseits und Aufwände andererseits angeht, sind Unternehmen im Vorfeld sicherlich wertvolle Ansprechpartner. Wenn ich etwa lese, dass im Regierungsentwurf des dann beschlossenen Sorgfaltspflichtengesetzes – auch als Lieferkettengesetz bekannt – der Einmalaufwand für die Wirtschaft mit lediglich knapp 110 Millionen Euro beziffert wurde, dann spricht vieles dafür, den Austausch noch zu intensivieren.

Zudem: der Handel geht mit eigenen Initiativen oftmals vorweg, der Ausstieg aus dem Kükentöten, die Haltungskennzeichnung bei Fleisch sind Beispiele. Die Anerkennung solcher Initiativen seitens der Politik dürfte ab und an durchaus etwas größer sein. Das gilt auch mit Blick auf Selbstverpflichtungen des Handels. Sie funktionieren zum Beispiel bei der Reduktionsstrategie. Da braucht es nicht immer weitere Regulierung.

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one: Welche Themen werden in der neuen Legislaturperiode für die REWE Group relevant werden?
Sven Spork: Vieles rund um das Mega-Thema Klima wird sicherlich bedeutsam für uns werden, wie für die Wirtschaft insgesamt. Das gilt unabhängig vom Ausgang der Wahl. Hinzu kommen Themen, die in der Gesellschaft bereits im Wandel begriffen sind und zu denen sich Politik wird aufstellen müssen. So haben wir viel Veränderung in den Lebensrealitäten der Menschen, sei es durch weitere Digitalisierung oder durch veränderte und in Teilen neue Konsum- oder Reisegewohnheiten.

one: Der Handel ist durch Corona präsenter in der öffentlichen Wahrnehmung geworden. Wie haben Sie das empfunden?
Sven Spork: Der Lebensmittelhandel war von Beginn an in der Lage, die Bevölkerung auf sichere Art und Weise zu versorgen. Die Kolleg:innen in den Märkten und in der Logistik haben den Laden am Laufen gehalten. Das war – von innen wie von außen betrachtet – eine beeindruckende Leistung. Dabei war es ja mit den sich schnell wandelnden Regelwerken und zumal mit den zum Teil sehr unterschiedlichen Handhabungen im Land – der oft zitierte Flickenteppich – sehr herausfordernd, im Besonderen für uns als bundesweit agierendes Unternehmen.
Gleichwohl gab es stets Offenheit in der Politik für die Erfordernisse des Handels, um die Versorgung des Landes unter diesen außergewöhnlichen Umständen zu gewährleisten. Da hat der Fokus, in dem wir durch den Lockdown standen, natürlich geholfen.

one: Die Themenvielfalt des Handels ist auch abseits der Pandemiebewältigung riesig. Wie bringen wir unsere Positionen transparent in den politischen Diskurs ein?
Sven Spork: Wir haben tolle Mandatsträger im Unternehmen, die uns als Fachleute auf ihrem Gebiet auch in Verbänden und unmittelbar der Politik gegenüber vertreten. Das wird fraglos wieder sehr wichtig für die nächste Legislaturperiode. Unser Ziel ist es, durch das Argument zu überzeugen, mit starken Köpfen im Unternehmen. Mit deren Wissen über ihre Fachdisziplinen und über die Bedürfnisse unserer Kunden glauben wir ein wertvoller Ansprechpartner für Politik zu sein.

one: Wir verkaufen Lebensmittel und Reisen. Inwiefern ist es überhaupt unsere Aufgabe, uns in die politische Diskussion einzubringen?
Sven Spork:
Zum einen vertreten wir allein in Deutschland über 280.000 Mitarbeiter:innen aus 150 Nationen. Wir stehen für Vielfalt und faire Karrierechancen. Dafür lohnt es immer sich zu positionieren. Außerdem sind wir ein internationales Unternehmen, wir kennen den Wert eines europäischen Binnenmarkts.

Ich würde behaupten, nahezu alle, die in Deutschland leben, waren bereits in einem unserer Märkte. Wir sind vieles auf einmal: soziale Begegnungsstätte, Ausgangspunkt für Foodtrends, Arbeitgeber und Nahversorger. Damit kommt uns eine gestalterische Rolle in der Gesellschaft und auch Verantwortung zu. Anders als die der Politik, aber eben auch bedeutsam. Und deshalb können und sollten wir uns einbringen.

one: Zum Abschluss: Ihr Tipp, wie schnell wird sich eine neue Bundesregierung gebildet haben? 
Sven Spork: Bei unserem Fußballtippspiel bei one konnte ich mich nicht als begnadeter Tipper erweisen: Letzte Saison nicht, und der Start in die laufende ist nicht wirklich besser. Mir sagt das: besser nicht tippen. Ich hoffe aber schon, dass es schneller gehen wird als 2017 – jedenfalls wünsche ich uns das, und den Verhandelnden auch.

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