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ArticleId: 2408magazineAbholservice, Lieferservice für Kaufleute, Same-Day: Das Team um Christoph Eltze treibt in Turbo-Geschwindigkeit das „Ecosystem REWE“ voran. Der Digital-Chef im one_Interview.https://one.rewe-group.com/fileadmin/_processed_/3/3/csm_Blickpunkt_Eltze_Interviewxxx_mgt_st_de5a45b4ed.jpg„Wir brauchen Innovationen in allen Bereichen“Christoph Eltze im Interview
Andreas Palmen, Betriebsleiter Scarlet ONE, REWE Digital-Chef Christoph Eltze, Stefan Freudenthaler, Leiter Automatisierungstechnik und Meik Hunold, Leiter Bau und Logistikplanung (v.l./Foto: Achim Bachhausen)
Lesedauer: 9 Minuten
Christoph Eltze im Interview
„Wir brauchen Innovationen in allen Bereichen“
von Julia Klotz

Abholservice, Lieferservice für Kaufleute, Same-Day-Delivery, und immer neue digitale Services: Das Team um Christoph Eltze treibt in Turbo-Geschwindigkeit das „Ecosystem REWE“ voran. Wo wir aktuell stehen, welche Rolle Innovationen im Unternehmen spielen und wie wir den Kampf um Fachkräfte gewinnen, erzählt der Digital-Chef im Interview.

Sorgenkind Online-Lebensmittelhandel, Wunderkind automatisiertes Lager, Lieblingskind Omnichannel-Einkauf: Der Handel ist im Umbruch, und die REWE Group mittendrin. Wie kaum ein anderer Händler investiert das Unternehmen in die Digitalisierung. Gestartet 2014 mit einem eigenen Lebensmittel-Lieferservice, ist in den vergangenen Jahren ein komplettes "Omnichannel-Ecosystem" entstanden. Wo stehen wir aktuell? Welche Rolle spielen Innovationen, und wie können Unternehmen diese fördern? Und wie gewinnen wir den Kampf um begehrte Fachkräfte? Die Antworten kennt Christoph Elze. one hat den REWE Digital-Chef im High-Tech-Lager Scarlet ONE zum Gespräch getroffen.

one: Anfangs gab es riesige Erwartungen an den Online-Lebensmittelhandel, inzwischen steigen die ersten Unternehmen wieder aus. Gibt es nun doch keine Revolution im Lebensmittelhandel?

Christoph Eltze: Die Frage ist eher, ob es eine Evolution oder eine Revolution ist – und wie schnell sie geschieht. Ich bin weiterhin fest davon überzeugt, dass der Lebensmittelhandel im Begriff ist, sich zu wandeln und dass die Digitalisierung dazu einen wesentlichen Beitrag leisten wird – sowohl im stationären Geschäft, als auch durch neue Angebote. Eines dieser Angebote ist der Lebensmittel-Lieferservice. Wir stecken mitten in einer Veränderung. Daher setzen wir auf ein Omnichannel-Ecosystem.

one: Können Sie das genauer erklären?

Christoph Eltze: Das Ecosystem besteht aus drei wesentlichen Elementen: zum einen natürlich dem REWE-Markt, mit dem Abholservice und zahlreichen digitalen Features, durch die wir das Einkaufserlebnis erweitern. Zum anderen dem Lieferservice, sei es regional von den Kaufleuten oder national betrieben. Und schließlich dem Paketservice, mit dem der Kunde sich Waren per Paket nach Hause senden lassen kann – alles rund um Lebensmittel, aber auch Nonfood-Artikel aus den Bereichen Küche und Haushalt.

one: Was bevorzugt der Kunde denn?

Christoph Eltze: Für den Kunden sind alle drei Kanäle bedeutsam. Der REWE-Markt ist natürlich relevant, war es immer und wird es immer bleiben. Hier können wir das Einkaufserlebnis mit digitalen Elementen anreichern. Wir glauben fest daran, dass wir unseren Kunden alle Möglichkeiten des Einkaufs geben müssen, und der Kunde entscheidet in seiner Customer Journey, über welchen Kanal er welche Waren an welchem Tag kauft.

one: Wie geht der Rollout der verschiedenen Kanäle voran?

Christoph Eltze: Sehr schnell: Im vergangenen Jahr gab es etwa 200 Märkte mit einem Abholservice – inzwischen sind wir bereits bei rund 330. Beim regionalen Lieferservice stehen wir bei über 120 Märkten und sind erst im April dieses Jahres gestartet. Mit dem Paketservice sind wir im vergangenen Jahr gestartet, haben nun bereits 50 Partner und stehen in Verhandlungen mit zahlreichen Interessenten.

 

Auf Pole Position: die Lieferwagenflotte in Köln (Foto: Achim Bachhausen)

one: Der Ausbau des nationalen Lieferservice hat vergleichsweise viel Zeit gebraucht. Profitieren wir nun von der Vorarbeit der vergangenen Jahre?

Christoph Eltze: Definitiv. Wir haben viele Elemente des Ecosystems bereits einzeln gebaut, beispielsweise einen Shop und eine Kommissionier-Software, die auch in den Filialen funktioniert. Wir wissen, wie logistische Prozesse funktionieren, wie das digitale Einkaufen Nutzer begeistert etc. – wir haben sehr viel Detailwissen in verschiedenen Bereichen. So konnten wir den regionalen Lieferservice binnen nur eines Jahres auf die Straße bringen. Wir müssen nicht mehr bei null anfangen, das ist jetzt unser großer Vorteil. Gemeinsam mit den Kaufleuten geben wir in diesem Thema gerade richtig Gas.

one: Viele Kaufleute beliefern ihre Kunden bereits seit Jahren individuell. Was ist der Vorteil für sie?

Christoph Eltze: Es stimmt, viele Kaufleute bieten schon länger einen Lieferservice an - mal größer, mal kleiner, mal für Geschäftskunden, mal für Konsumenten. Daher kam der Wunsch der Kaufleute: Können wir nicht die digitalen Möglichkeiten nutzen, die zentral entwickelt wurden, um unseren Lieferservice besser zu machen? Und besser zu machen heißt in dem Fall, dass eine Bestellung nicht mehr per Telefon oder Fax eingeht, sondern über den Shop rewe.de. Und dass die Kommissionierung nicht mehr per Zettel und Stift funktioniert, sondern über ein MDE-Gerät und dass die Bestellung direkt vom System in die Kasse übergeben wird, so dass die Ware nicht per Hand über die Kasse gezogen werden muss. Bis hin zu weniger offensichtlichen Vorteilen, wie Produktrückrufen, die automatisch im System erfasst sind, damit ich als Kaufmann weiß, welchen Kunden ich informieren müsste.

one: Wie ist die Resonanz?

Christoph Eltze: Sehr gut. Wir haben alle Hände voll zu tun, den Abhol- und Lieferservice für Kaufleute weiter auszubauen – bundesweit, Stadt und Land.

one: Ob Amazon oder Zalando – immer mehr Händler arbeiten an Same-Day-Delivery Services, also der taggleichen Lieferung. Welche Rolle spielt das Thema bei REWE?

Christoph Eltze: Für den Kunden sind beim Thema Liefergeschwindigkeit zwei Punkte ausschlaggebend: Wie ist das Zeitfenster, in dem sie beliefert werden, und wie genau wird es eingehalten? Und zweitens: Wieviel Stunden oder Tage vorher kann beziehungsweise muss ich buchen? Beim ersten Punkt sehen wir, dass unsere Kunden mit einem Zwei-Stunden-Zeitfenster gut zurechtkommen, insbesondere, weil wir dieses Fenster weiter eingrenzen und den Kunden mit signifikantem Vorlauf informieren, wann der Fahrer zu erwarten ist. Das kann der Kunde online verfolgen. Wichtig ist natürlich, dass der Fahrer wirklich pünktlich ist, und das klappt bei uns mittlerweile in 97 Prozent der Fälle.
Was das Thema Same-Day-Lieferung betrifft: Wir bieten Same Day momentan in den wichtigsten deutschen Großstädten wie Hamburg, Berlin, Köln oder München an. Das bedeutet, dass Kunden bis 13 Uhr bestellen können und am selben Tag ab 17 Uhr beliefert werden. Das ist für viele Kunden attraktiv, etwa zehn Prozent der Kunden nutzen bisher den Service und sind damit sehr zufrieden. Wir wissen jedoch auch: Kunden in Deutschland sind nur begrenzt bereit, für diese logistische Leistung auch einen Mehrpreis zu bezahlen. Daher ist es unsere Aufgabe, unsere logistischen Prozesse so zu optimieren, dass wir in der Lage sind, diese Leistung möglichst ohne Mehrkosten anzubieten.

Christoph Eltze und Denise Kossenjans, HR-Assistenz Betriebsleitung (Foto: Achim Bachhausen)

one: Und dazu braucht es Läger wie Scarlet ONE?

Christoph Eltze: Für die Same-Day-Lieferung nicht unbedingt, das bieten wir auch aus den manuellen Lägern an. Aber über die systemische Steuerung bei Scarlet ONE können wir Qualität und Verlässlichkeit optimieren, zum Beispiel in der Warenverfügbarkeit. Ein weiterer großer Vorteil ist die Servicetheke, die wir im April aufgeschaltet haben. Wie im Supermarkt können Kunden Fleisch, Wurst- und Käse-Aufschnitt aus der Bedientheke bei uns bestellen. Momentan umfasst das Angebot etwa 100 Produkte. Schon jetzt nutzen über 20 Prozent der Kunden dieses Angebot. Das freut uns besonders, weil es das große Vertrauen in den Lieferservice und seine Qualität zeigt.

one: Sind weitere Services geplant?

Christoph Eltze: Ja - ein Bäckerei-Bereich geht jetzt in die entscheidende Testphase. Damit können wir Backwaren so backen, dass sie rechtzeitig produziert werden, die Liefertour meistern und immer noch frisch und lange haltbar beim letzten Kunden der Tour ankommen. Das ist ein komplexer Produktionsbereich, der aus Kundensicht den Online-Einkauf komplett abrundet.

one: Inwiefern kann das FFC 2.0 als Blaupause für andere Läger dienen?

Christoph Eltze: Wir haben Scarlet ONE vor rund einem Jahr eröffnet und befinden uns hier noch immer im Hochlauf. Täglich lernen wir dazu und befinden und prüfen, was wir noch optimieren können. Den Weg gehen wir erstmal weiter, um anschließend zu entscheiden, in welcher Form und mit welchen Anpassungen wir ein zweites oder drittes Lager bauen. Wir wollen weiter die Führungsposition besetzen, und da zählt nicht nur die Geschwindigkeit, sondern auch Qualität der Lösung.

one: Eine Herausforderung bleibt die letzte Meile. Sehen Sie hierfür neue Lösungen?

Christoph Eltze: Momentan wickeln wir den Großteil unseres Liefergeschäfts klassisch mit Lieferfahrzeugen ab, aber natürlich testen wir auch alternative Konzepte wie Elektro-Mobilität oder Lastenfahrräder für die innerstädtische Kleinverteilung. Das heißt, wir werden die Ware mit LKW zu innerstädtischen Hubs bringen und dort auf die Lastenfahrräder umschlagen. Die Fahrräder können mit elektrischer Unterstützung sehr einfach die innerstädtischen Bereiche abdecken und dort ihre Vorteile hinsichtlich Platzverbrauch und Emissionsfreiheit ausspielen. Das ist ein Test, den wir zusammen mit einem Hamburger Start-up durchführen.

one: Sehen Sie REWE Digital innerhalb des Konzerns als Innovationsschmiede?

Christoph Eltze: Es ist wichtig, dass wir in Summe Innovationen fördern – nicht nur in einzelnen Bereichen. Da ein großer Teil der Ideen von den Mitarbeitern kommt, ist es die Aufgabe des Managements, Freiräume zu geben, damit es diese Innovationen auch in die Umsetzung schaffen.

one: Kann man denn Innovationen planen?

Christoph Eltze: Planen nicht, aber man kann eine Umgebung schaffen, in der Innovationen passieren. Das heißt konkret: Ich muss den Mitarbeitern Freiräume geben, Innovationen zu erarbeiten. Ich muss ein Umfeld kreieren, das Innovationen fördert. Und ich muss zulassen, dass Ideen eine gewisse Zeitlang verfolgt und nicht zu früh abgewürgt werden. Das hat etwas mit Fehlerkultur zu tun. Wir haben ein Team, welches genau diesen Auftrag hat und innerhalb eines gewissen zeitlichen und finanziellen Rahmens nach Innovationen sucht, sie greifbar macht und weiterentwickelt. Immer verbunden mit der Frage: Wie kann eine Innovation das Geschäft der REWE besser machen?

one: Wie sieht das konkret aus?

Christoph Eltze: Es gibt unterschiedliche Wege: Manchmal entstehen Innovationen daraus, dass wir ein Start-up und dessen Ideen kennenlernen und weiterentwickeln. Manchmal suchen wir auch konkret nach Lösungen für ein bestimmtes Kundenbedürfnis. Oder aber unser Team arbeitet sich in neue Technologien ein und findet schließlich heraus, was sie für unser Geschäft bedeuten können. Ein Beispiel ist Computer Vision, also maschinelles Sehen: Hochauflösende Kameras im Verbund mit extrem starker Rechenleistung, die imstande sind, anhand von Bildern Objekte zu erkennen. Wir glauben, dass diese Technologie, bekannt aus selbstfahrenden Autos, auch für die Logistik im stationären und Online-Business bedeutend werden kann. Als Logistik-Anwendung ist zum Beispiel die schnelle Identifikation von Produkten im Wareneingang denkbar.

one: Welche Innovationen haben Sie dadurch bereits auf den Weg gebracht?
Christoph Eltze:
Bei unseren Hackdays vor drei Jahren ist zum Beispiel der REWE Voice Assistent herausgekommen. Ein gutes Beispiel für Innovation ist auch der regionale Lieferservice für Kaufleute. Hier hat eine bestmögliche Zusammenarbeit stattgefunden in einem Team aus TEK-Kaufleuten, den Experten von REWE Digital und dem Projektteam aus dem Geschäftsbereich Vertrieb Vollsortiment von Stefan Weiß. Anwender und Technologie-Experten wurden zusammengebracht. Die Kaufleute haben den regionalen Lieferservice bereits vor vielen Jahren erfunden, und wir haben geholfen, die technologische Basis zu schaffen. Das ist für mich ein Best Practice.

Andreas Palmen, Betriebsleiter Scarlet ONE; REWE Digital-Chef Christoph Eltze, Stefan Freudenthaler, Leiter Automatisierungstechnik, und Meik Hunold, Leiter Bau und Logistikplanung (Foto: Achim Bachhausen)

One: Im 25.000-Einwohner-kleinen Ilmenau in Thüringen oder der bulgarischen Hauptstadt Sofia vermutet man nicht unbedingt eine Zweigstelle von REWE digital. Doch auch dort arbeiten Teams an der Digitalisierung des Konzerns. Warum?

Christoph Eltze: Als REWE digital sind wir technologisch getrieben. Wie wir wissen, gibt es in Deutschland deutlich weniger IT-Spezialisten als benötigt werden. Wenn es eng wird, müssen wir dahingehen, wo die Experten sind. Neben Ilmenau mit der TU ist Osteuropa ein größerer Hub, in dem Technologie-Entwicklung stattfindet. Deshalb haben wir an diesen Standorten REWE digital-Büros eröffnet und arbeiten dort genauso mit IT-lern wie in Köln. Für die Kommunikation und Vernetzung nutzen wir alle neuen Medien – das klappt sehr gut.

One: Warum sollten Fachkräfte zu REWE digital gehen?

Christoph Eltze: Bewerber kommen zu uns, weil wir ein relevantes Problem lösen: die digitale Zukunft des Handels hier und jetzt zu gestalten, besonders beim Thema Lebensmittel. Wir geben ihnen die Möglichkeit, daran mitzuwirken – beim führenden Unternehmen in Deutschland in diesem Bereich. Als Pionier und Marktführer, zudem als integrierter Teil eines großen Konzerns, sind wir für junge Talente als Arbeitgeber attraktiv.

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