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ArticleId: 482magazineVorbei die Zeit, als Bahnhöfe und Flughäfen lediglich Start und Ziel einer Reise waren. Heute sind sie obendrein Einkaufsmeilen und Nahversorger. Aber das Geschäft hat seine Tücken.https://one.rewe-group.com/fileadmin/_processed_/8/3/csm_11_LEH_0515_mgt_standard_1657332471.jpgTempo, Tempo, TempoHandel an Verkehrsdrehscheiben
Handel an Verkehrsknotenpunkten
Tempo, Tempo, Tempo
von Stefan Weber
Vorbei die Zeit, als Bahnhöfe und Flughäfen lediglich Start und Ziel einer Reise waren. Bloße Verkehrsknoten, Ein- und Ausstiegspunkte. Heute sind sie obendrein Einkaufsmeilen, Nahversorger, Treffpunkte. Kurz: Standorte mit außergewöhnlich hoher Frequenz. Das macht sie für Händler interessant. Aber das Geschäft hat seine Tücken.
Alle müssen schnell irgendwohin: ins Büro, zur Uni, zum Fernreisezug, zum Geschäftstermin. Auf Bahnhöfen herrscht Tempo. Und häufig Gedränge. Mehr als 280 000 Reisende und Besucher tummeln sich Tag für Tag am Hauptbahnhof in Köln. In München sind es sogar 450 000. An Flughäfen sind die Menschen zwar häufig weniger in Eile, aber auch hier ist viel los. Am Düsseldorfer Airport beispielsweise starten und landen jeden Monat etwa 1,8 Millionen Passagiere; zur Ferienzeit sind es sogar noch ein paar Hunderttausend mehr.
Das sind verlockende Perspektiven für einen Händler, der an einem solchen Verkehrsknotenpunkt seine Waren anbietet. Aber wer hier Erfolg haben will, muss besondere Herausforderungen meistern. Das Konzept muss auf eine meist kleine Ladenfläche zugeschnitten sein, die Logistik hat ihre Tücken, zudem ist die Taktzahl an vielen Stunden des Tages außergewöhnlich hoch. Die REWE Group zeigt beispielsweise mit dem To Go im Kölner Hauptbahnhof und dem City Markt im Düsseldorfer Flughafen wie es geht.
REWE To Go im Kölner Hauptbahnhof
Geschäft zwischen Gleisen
Alle paar Wochen ist Udo Klinkhammer vor Ort im REWE To Go am Kölner Hauptbahnhof. Abseits des Tagesgeschäfts und unabhängig von Terminen, die er dort ohnehin regelmäßig hat. Dann ordert er an der Theke einen Kaffee XXL, schnappt sich den großen Pappbecher mit dem Heißgetränk und klettert auf einen der grünen Hocker, die links an der Seitenwand des Ladens stehen. Dann beobachtet er, was im Laden passiert. Welche Laufwege die Kunden nehmen, wie junge Mädchen um die Salatbar irren, wie Mitarbeiter unentwegt die Regale auffüllen und Ware verräumen. „Dann sitze ich auch schon einmal zwei, drei Stunden hier“, sagt Klinkhammer, Vertriebsleiter von REWE To Go. Er ist sicher: Die Zeit ist gut investiert. Denn die Beobachtungen liefern Hinweise, was es noch zu verbessern gibt in dem 220 Quadratmeter großen Laden. Ob es beispielsweise Sinn macht, die Salatbar zu vergrößern. Oder die Theke an der Kasse zu verlängern. Oder über Einkaufskörbe nachzudenken, die sich an den Trollys festmachen lassen, die viele Kunden hinter sich herziehen. „Wir lernen ständig dazu“, betont der Vertriebsleiter.
Im November 2012 eröffnete der To Go im Hauptbahnhof. Inzwischen gibt es das gleiche Format auch an den Bahnhöfen in Dortmund und München. Bald wird Nürnberg dazukommen, und die Verträge für Standorte in den Bahnhöfen von Wuppertal und Münster sind auch bereits unterzeichnet. Eröffnet wird dort voraussichtlich jedoch erst 2016. „Grundsätzlich sind alle gut frequentierten Bahnhöfe interessante Standorte für einen REWE To Go“, meint Klinkhammer. Er kommt aus der Systemgastronomie, hat bei Nordsee und mehr als 20 Jahren bei Mc Donalds gearbeitet. Seit Januar 2013 ist er bei der REWE Group für das Format To Go verantwortlich.

Der Markt in Köln zählt jeden Tag etwa 8000 Kunden; der Durchschnittsbon beträgt 3,60 Euro. Auf knapp 7,5 Millionen Euro summierte sich der Umsatz im vergangenen Jahr. Pro Quadratmeter waren das etwa 34 000 Euro. „Ordentlich“, sagt Klinkhammer dazu und schmunzelt.

Aber das Geschäft hat seine Tücken. Wenn die Züge aufgrund von Streiks oder schlechtem Wetter nicht fahren, herrscht im Bahnhof – und damit auch im REWE To Go – gähnende Leere. Anders an Tagen wie Rosenmontag: Da kann der Marktleiter die Türen stets nur für so viele Kunden öffnen wie den Laden verlassen – anderenfalls wäre das Gedränge zwischen Regalen und Kassen nicht mehr zu beherrschen.
Und dann die Logistik! „Das ist die größte Herausforderung für einen Bahnhofsstandort“, meint Klinkhammer. Lager- und Stellflächen sind knapp. Gleichwohl muss ständig irgendwo Ware aufgefüllt und ergänzt werden. Bei den Getränken, am Obststand, an der Salatbar. Jede Woche gehen mehr als 500 Kilogramm Salat über die Theke; das sind gut 1800 Portionen. Zwischendurch klafft bei den edlen Schokoladen eine große Lücke, weil wieder einmal Touristen aus Asien stapelweise Tafeln herausgetragen haben. Seit der Eröffnung hat REWE To Go das Sortiment um 1400 Artikel auf jetzt 2600 Waren ausgedünnt. Ausgelistet wurden meist Doubletten. Wer hier beispielsweise Nudelsauce einkaufe, so meint Klinkhammer, wolle nicht zwischen fünf, sechs verschiedenen Sorten wählen: „Zwei reichen auch.“ Und die Preise? „Wir definieren uns nicht über den Preis, sondern über Verfügbarkeit“, sagt der Vertriebsleiter. So gebe es auch keine Produkte aus dem Preiseinstiegsbereich.

65 Mitarbeiter sind im Markt beschäftigt, davon 40 in Vollzeit. Sie alle haben keinen leichten Job. Jeder muss alles können, jeder muss Schicht arbeiten, denn der Laden ist an sieben Tagen in der Woche rund im die Uhr geöffnet. „Das Team zieht toll mit und treibt die Dinge voran“, lobt Klinkhammer. Die Taktzahl hoch, vor allem morgens ab sechs, sieben Uhr, wenn die Pendler in den Bahnhof strömen. Oder ab 16, 17 Uhr wenn alle wieder nach Hause wollen. Dann, der Vertriebsleiter, gehe es nur darum, „die Frequenz abzuarbeiten.“
REWE City im Flughafen Düsseldorf
Laden mit Landebahn
Nutella läuft gut, Zahnbürsten sind stark gefragt, aber am häufigsten gekauft werden Energy-Drinks – aber bitte gekühlt! Willkommen im REWE City am Flughafen Düsseldorf, einem von drei Märkten, die REWE in Airports betreibt (neben Köln und Frankfurt). „Es hat eine Weile gedauert, bis wir herausgefunden haben, was die Kunden an einem solchen Standort wünschen“, erzählt Domenico Rizzo. Der Düsseldorfer leitet den Markt seit der Eröffnung im November 2009. Anfangs sei das Sortiment nicht viel anders gewesen als in einem der üblichen Märkte von REWE. „Aber nach und nach haben wir dann umgestellt: Weniger Konserven und Tiernahrung, dafür mehr Süßigkeiten und Snacks, häufig auch nach internationalen Rezepturen“, so Rizzo.

Die wohl größte Verwandlung hat die Getränkeabteilung erfahren. Weil die Kunden häufig nach Energy-Drinks fragten, haben Rizzo und sein Team immer mehr von diesen süßen Wachmachern ins Verkaufsregal gestellt. Inzwischen ist gar ein ganzer Kühlschrank, Größe XXL, mit solchen Dosen-Drinks bestückt. Und wer dazu noch einen Fitnessriegel haben möchte, muss nicht lange im Markt suchen: Der Verkaufsständer mit den Energielieferanten steht gleich daneben.
Die Klientel des REWE City am Düsseldorfer Flughafen teilt sich in drei Gruppen mit teils sehr unterschiedlichen Wünschen. Da sind zum einen die Mitarbeiter des Flughafens und anderer Firmen in der Nachbarschaft. Airport City, wie sich der Mix aus Gewerbe, Büros und Hotels nennt, beschäftigt etwa 17 000 Mitarbeiter. „Da kommt mancher mittags vorbei, holt sich einen Snack oder kauft für den Abend ein - und das zu Preisen wie in jedem anderen REWE Markt“, sagt Rizzo. Dann die Passagiere. Der Markt liegt im Abschnitt C des Ankunftsbereich. Da landen viele Ferienflieger, vor allem aus der Türkei. Das heißt: Es ist häufig viel los im Laden, der von fünf Uhr in der Früh bis Mitternacht geöffnet hat. Abholer verkürzen sich dort die Wartezeit und Angekommene versorgen sich mit dem Nötigsten für Zuhause. Wichtige Kunden sind aber auch die Anwohner des Flughafens. „Sie kaufen vor allem sonntags ein“, berichtet Marktleiter Rizzo.

Zwischen vier und fünf Euro beträgt der Durchschnittsbon im REWE City am Flughafen Düsseldorf. Das ist deutlich weniger als in einem Markt irgendwo in der Stadt. „Dafür ist die Frequenz ungleich größer. Wir haben in jeder Woche zwischen 22 000 und 24 000 Kunden“, so Rizzo. Sie sorgen für einen Umsatz von durchschnittlich 120 000 Euro pro Woche. Ein ordentlicher Wert, findet der Marktleiter. Aber es sei durchaus mehr machbar - wenn, ja wenn die Auflagen an diesem besonderen Standort nicht so streng wären. Eine Salatbar beispielsweise  habe die Verwaltung des Airports ebenso untersagt wie die Aufstellung einer Kaffeemaschine. Mit Rücksicht auf andere Mieter aus der Gastronomie. Zuviel Konkurrenz soll es nicht geben im Flughafen. Gern würde Rizzo stärker für seinen etwas versteckt gelegenen Markt werben, mit Handzetteln beispielsweise. Aber auch das sei an diesem Standort nicht möglich.
Etwa 660 Quadratmeter groß ist der Markt, dazu kommen etwa 50 Quadratmeter Lagerfläche. Nicht viel, findet Rizzo. Vor allem der Stellplatz im Lager sei knapp. Unter anderem wegen der großen Mengen an Leergut. „Wir haben unterschätzt, wie viel leere Flaschen abgegeben werden.“ Im Markt können die 34 Mitarbeiter (davon neun Vollzeit-Kräfte) die Ware auch nicht immer so platzieren, wie sie gerne möchten. Die Gänge zwischen den Verkaufsregalen müssen breit sein, damit Kunden mit Gepäck genügend Freiraum haben. Koffer und Taschen dürfen nirgendwo abgestellt werden. Die Flughafen-Verwaltung achtet streng darauf, dass die Fluchtwege nicht mit Verkaufsständern zugestellt werden. Und eine Kühltheke oder ein Backautomat lässt sich nicht mal eben aufstellen – vorher müssen die Techniker des Airports die Geräte begutachten und ihr Okay geben. 1996 hatte ein schlimmer Brand am Düsseldorfer Flughafen viele Menschen getötet – seitdem sind die Sicherheitsauflagen dort noch einmal erhöht worden.

Auch wenn der Handlungsspielraum manchmal begrenzt ist – Rizzo mag seinen Markt,  „weil er anders ist, vor allem internationaler.“ Und wer hat das schon, einen Arbeitsplatz gleich am Rollfeld: Durchs Lager sind es nur ein paar Schritte, um Aug in Aug mit den Fliegern zu stehen. „Schön, nicht wahr“, sagt Rizzo.
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