Nach gut eineinhalb Jahren ist der „Meister“-Betrieb in Gäufelden integriert und fester Bestandteil des Produktionsnetzwerks von Wilhelm Brandenburg. Welche Rolle der Betrieb – auch im Rahmen der strategischen Neuausrichtung der Eigenproduktion – einnimmt und welche Bedeutung ein Brand für die Integration hatte, verrät Geschäftsführer Julian Hertzig im one_Gespräch.
Seit Oktober 2021 gehört die ehemalige Real-Fleischproduktion „Meister feines Fleisch – feine Wurst GmbH“ in Gäufelden zum Unternehmen Wilhelm Brandenburg. Inzwischen ist die Integration so gut wie abgeschlossen, der Standort bei Stuttgart komplettiert die Riege der deutschlandweit sechs Standorte.
Mit der Integration des Fleischwerks in die REWE Group im Oktober 2021 wurde das Produktionsnetzwerk von Wilhelm Brandenburg zukunftsorientiert für eine verbesserte Wertschöpfung erweitert. Denn hiermit öffneten sich auch Türen hinsichtlich neuer Sortimentsschwerpunkte. In Gäufelden werden unter anderem auch Teigwaren, insbesondere die schwäbischen Maultaschen, produziert. Ein Sortimentsbereich, welchen Wilhelm Brandenburg bisher noch nicht abgedeckt hatte und der nun als zentraler Bestandteil ins Strategieprojekt einfließen konnte. Zudem war auch der Grundstein für eine regionale Ausrichtung des Produktionsnetzwerks gelegt. Denn mit dem Betrieb in der Nähe von Stuttgart sowie den fünf übrigen Standorten können die REWE-Vertriebsgebiete verstärkt aus der eigenen Region versorgt werden. Gäufelden spielt bei der zukünftigen Ausrichtung des Sortiments und des Produktionsnetzwerks eine entscheidende Rolle. Selbst der schwere Brand am Abend des 27. Juli 2022 vermochte die ehrgeizigen Pläne nicht zu durchkreuzen.
Über die Bedeutung des Brandes für die Integration und dessen Auswirkungen auf die Umsetzung der strategischen Neuausrichtung, darüber haben wir mit Julian Hertzig, Geschäftsführer von Wilhelm Brandenburg, gesprochen.
Julian Hertzig
one: Wie haben Sie die Integration des „Meister“-Betriebs erlebt?
Julian Hertzig: Die Eingliederung des Meister-Betriebes in das Produktionsnetzwerk von Wilhelm Brandenburg ist uns gemeinsam gelungen. Allerspätestens beim Brand in Gäufelden haben wir gemerkt, dass wir eine Gemeinschaft und ein effektives Team sind. Der Zusammenhalt und die gegenseitige Unterstützung sind sichtbar und spürbar. Wir haben miteinander dafür gesorgt, dass die Versorgung der REWE Group sowie der Drittkunden Real und Metro mit Waren aus unserem Produktionsnetzwerk unterbrechungsfrei gewährleistet war. Hier haben sich die Betriebe vollumfänglich untereinander unterstützt und sind quasi über Nacht kurzfristig und flexibel als Backup eingesprungen. Das war eine beeindruckende Leistung und ein gutes Zusammenspiel der gesamten Brandenburg-Mannschaft. Durch die Zusammenarbeit und Unterstützung seitens Einkauf und CM von REWE und PENNY konnten sehr flexibel auch ansonsten zeitintensive Umlistungen in wenigen Stunden absolut unbürokratisch durchgeführt werden. Die Versorgung der Märkte war somit sichergestellt. Das hat mir gezeigt: Die Integration ist schon vollzogen, und die Zusammenarbeit innerhalb der REWE Group funktioniert.
one: Die Integration des Betriebes in Gäufelden ist ein Bestandteil der strategischen Neuausrichtung von Wilhelm Brandenburg. Wie ist hier der aktuelle Stand? Wie hat der Brand die Pläne beeinflusst?
Julian Hertzig: Der Brand hat die Umsetzung unserer Strategie natürlich beeinflusst. Wir mussten sehr flexibel innerhalb weniger Tage innerhalb des Betriebs Abläufe umgestalten und Flächen anders nutzen. Wir konnten durch die sehr engagierte Zusammenarbeit unseres Teams in Gäufelden mit zahlreichen unterstützenden Firmen aber innerhalb von zwei Wochen die Produktion vor Ort wieder anlaufen lassen. Wir haben in den zurückliegenden Monaten quasi rund um die Uhr an der Wiederherstellung der Produktion im früheren Umfang gearbeitet und es mittlerweile auch fast geschafft. Alle Arbeitsplätze konnten dadurch gesichert werden, und wir stellen bereits wieder zusätzliches Personal für unser weiteres Wachstum ein.
Aktuell sind wir intensiv an der Planung für eine nachhaltige Nutzung der entstandenen freien Fläche. Der Brand hatte zumindest einen positiven Effekt: Wir konnten geplante Umbau- und Erweiterungsmaßnahmen, die wir bereits vor dem Brand in Erwägung gezogen haben, komplett neu denken. Notwendige Optimierungen der betrieblichen Strukturen sowie der Intralogistik wurden geplant und sind teilweise bereits in Umsetzung. Wir werden hierüber für den Standort nochmals eine deutliche Stärkung für die zukünftige Ausrichtung und umfangreichere Investitionen ermöglichen. Die Planungen sind aber verständlicherweise deutlich komplexer und zeitintensiver als bei einem Wiederaufbau 1:1 zur abgebrannten Lagerhalle. Dafür können wir aber ein deutliches Zukunftspotenzial für den Standort Gäufelden und für die von uns belieferten Kaufleute und Märkte erschließen.
one: Herr Hertzig, vielen Dank für das Gespräch!
Seit 1986 gehört die Qualitätsmetzgerei Wilhelm Brandenburg zur REWE Group. Bereits seit 1885 fertigt Wilhelm Brandenburg Fleisch-, Wurst- und Schinkenspezialitäten.
Mit einem Jahresumsatz von inzwischen über 850 Millionen Euro und rund 3.000 Mitarbeitenden sind die sechs Produktionsbetriebe in Frankfurt am Main, Dreieich, Gäufelden, Netphen, Perwenitz und Timmendorfer Strand der größte Eigenmarken-Lieferant für die mehr als 6.000 REWE-, nahkauf- und PENNY-Märkte.
Die Geschichte des Produktionsbetriebes in Gäufelden begann vor über 30 Jahren. 1991 baute das Handelsunternehmen Kriegbaum das Fleischwerk mit dem Ziel, Wurst und Fleischwaren in Handwerksqualität zu produzieren. 2017 wurde es erweitert. Als Teil der Metro-Gruppe stellte der Betrieb Waren für die Real-Verbrauchermärkte her. 2020 wurde er von der SCP Group im Rahmen der Real-Übernahme gekauft.
Im Oktober 2021 schließlich erwarb Wilhelm Brandenburg den Betrieb und richtete ihn strategisch neu aus. Die laufende Umsetzung seit Juni 2022 wird vom REWE Group-Vorstand, dem Aufsichtsrat und den Verantwortlichen von REWE und PENNY aus Zentrale und Regionen begleitet und unterstützt. Insbesondere die REWE-Kaufleute wurden maßgeblich in die strategische Neuausrichtung einbezogen.