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Lesedauer: 7 Minuten
Jung, motiviert, engagiert
Krisenfeste Branche sucht Nachwuchskräfte
von Sylvia Hannstein, Judith Morgenschweis und Stefan Weber

Der Wettbewerb um Fachkräfte und Auszubildende ist voll entbrannt. In vielen Betrieben fehlen die Arbeitskräfte. Nicht so bei der REWE Group: Die Zahlen zeigen, dass die Geschäftseinheiten attraktive und beliebte Arbeitgeber sind. Das liegt nicht nur daran, dass der Lebensmittelhandel als krisenfeste Branche gilt. Die REWE Group lockt auch mit attraktiven Benefits und modernem Recruiting.

Petra Steffens, Head of COE Talent Acquisition bei Handel Deutschland Fachkräfte und Auszubildende waren lange nicht mehr so gefragt. Erst vor kurzem meldete das ifo-Institut einen neuen Höchststand beim Fachkräftemangel. In beinahe jedem zweiten Betrieb in Deutschland fehle es an Arbeitskräften, berichteten die Wirtschaftsforscher.

Eine Entwicklung, die sich schon im vergangenen Jahr abzeichnete: „Im Mai 2021 gab es einen Bruch auf dem Arbeitsmarkt“, so Petra Steffens, Head of COE Talent Acquisition bei Handel Deutschland. Seitdem kommen auf dem deutschen Markt im Schnitt auf eine Stelle etwa 0,7 Jobsuchende.

Und das Stellenangebot wächst auch bei REWE und PENNY. Petra Steffens: „Die Anzahl der ausgeschriebenen Stellen für die Märkte und die Logistik von REWE und PENNY ist auf das Jahr 2022 hochgerechnet um rund 40 Prozent gestiegen.“ Zu den besonders gesuchten Berufsprofilen gehören Fachkräfte für die Frischetheken und Lkw-Fahrer. Immerhin übersteigt die Zahl der Bewerber:innen die Anzahl der Stellenangebote deutlich. 

„Die Anzahl der ausgeschriebenen Stellen für die Märkte und die Logistik von REWE und PENNY ist auf das Jahr 2022 hochgerechnet um rund 40 Prozent gestiegen.“Petra Steffens Mit Blick auf die Auszubildenden zeichnet sich ein ähnliches Bild. REWE gehört bei den jungen Menschen zu den gefragten Unternehmen. Der Lebensmittelhandel hat sich während der Pandemie als krisenfeste Branche herausgestellt. Hinzu kommen bei der REWE Group zahlreiche Benefits, die zwar zwischen REWE, PENNY, toom oder Touristik variieren können, aber dennoch vielen Wünschen der jungen Generation entgegenkommen. Ob Vereinbarkeit von Beruf und Familie oder Mitarbeitenden-Rabatte – die Vorteile sind vielfältig.

Eine Ausbildung bei REWE ist attraktiv – das zeigen auch die Zahlen. Bereits im Jahr 2021 war die Anzahl der Bewerber:innen im Vergleich zum Vorjahr bei REWE sprunghaft um mehr als 47 Prozent angestiegen und verharrt auch im laufenden Jahr auf diesem hohen Niveau. So übersteigt bei REWE die Zahl der Bewerbungen die Anzahl der Ausbildungsplätze weiterhin um ein Vielfaches, und dass obwohl die Anzahl der ausgeschriebenen Stellen 2022 im Vergleich zum Vorjahr um 8,5 Prozent gestiegen ist. 

Bewerbungsanschreiben war gestern. Heute kommt die Bewerbung per Sprachnachricht 

Auch der Baumarkt bleibt ein attraktiver Arbeitgeber. Die Zahl der eingestellten Auszubildenden stieg in diesem Jahr um über 19 Prozent. Zwar sank die Zahl der dualen Studenten leicht, doch konnten wieder mehr Trainees und Teilnehmende aus dem Abiturientenprogramm eingestellt werden.

PENNY konnte in diesem Jahr 99 Prozent aller geplanten Ausbildungsstellen erfolgreich besetzen. Für den Ausbildungsstart 2023 erhöht sich der Bedarf um mehr als 12 Prozent. Der Anstieg zeigt, dass immer mehr Jugendliche die Attraktivität einer Ausbildung im Lebensmittelhandel sowie die unterschiedlichen Karrierechancen erkennen. Insgesamt befinden sich zum 1. September knapp 1.100 Personen in einer Ausbildung bei PENNY, sei es im Markt, in der Logistik oder in der Verwaltung. Bei Lekkerland bereiten sich derzeit 70 Nachwuchskräfte auf ihre Berufsleben vor, darunter 57 Auszubildende und 13 Dual-Studierende.

„Wir wollen die Hürden für die Bewerber:innen so niedrig wie möglich halten und versuchen alle Wege, die uns im Recruiting offen stehen, zu nutzen.“Petra Steffens

Doch so gut die Zahlen sind, Arbeitgebende stehen aufgrund der demographischen Entwicklung vor großen Herausforderungen. Umso wichtiger ist es, den Einstieg für potenzielle Bewerber:innen so einfach zu gestalten. „Für Stellen in der Kölner Zentrale, bei der REWE Systems oder in den Märkten sowie der Logistik von REWE und PENNY wird schon seit drei Jahren kein Anschreiben mehr verlangt. Auch die Bewerbung per Sprachnachricht ist inzwischen für den Bereich Blue Collar etabliert“, erklärt Petra Steffens. Inzwischen können sich Kandidat:innen auch in ihrer Muttersprache per Sprachnachricht bewerben, wenn die Deutschkenntnisse noch nicht so ausgereift sind. Und ab Ende des Jahres wird auch der Registrierungsprozess bei der Online-Bewerbung weiter vereinfacht. Petra Steffens: „Wir wollen die Hürden für die Bewerber:innen so niedrig wie möglich halten und versuchen alle Wege, die uns im Recruiting offen stehen, zu nutzen.“

Anna Schwanitz, Teamleitung Services Personalentwicklung bei toom Auch toom nutzt die verschiedenen Social Media-Kanäle, um auf Jobs aufmerksam zu machen. Zudem können sich Azubis und Duale Student:innen seit einigen Monaten auf karriere.toom.de mit einem Klick auf einen Button per WhatsApp bewerben. „Im ersten Schritt werden nur wenige Angaben abgefragt, um es noch leichter zu machen, sich bei toom zu bewerben“, sagt Anna Schwanitz, Teamleitung Services Personalentwicklung. 

Die Kolleg:innen von DER Touristik recruiten unter anderem über die Plattform d.vinci.de, und profitieren darüber hinaus vom Brandmarketing der Dachmarke auf Produktebene. Die DERTOUR-Reisebüros performen seit vier Jahren erfolgreich auf der eigenen Plattform „DER sucht dich“ und haben im Februar 2022 eine Ausbildungsoffensive gestartet: Sie schickten 50 zusätzliche Lehrstellen für Tourismuskaufleute für den Privat- und Geschäftsreisebereich mit Schwerpunkt Reisevermittlung ins Feld. Bei den zusätzlich geschaffenen Plätzen mit Start im Februar verkürzte sich die Ausbildungszeit auf zweieinhalb Jahre.

Für die Zukunft wollen beide Touristik-Töchter ein verstärktes gemeinsames Personalmarketing betreiben.

Nachvermittlungszeitraum wird immer wichtiger
von Sylvia Hannstein, Judith Morgenschweis und Stefan Weber

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) meldete für Juli 2022 ein gegenüber dem Vorjahresmonat deutlich gestiegenes Angebot für Ausbildungsstellen. Dies galt insbesondere für Berufe im Handel. Für das Ausbildungsjahr 2022/23 bieten Handelsunternehmen rund 35.100 Stellen (plus 0,6 Prozent) für eine dreijährige Ausbildung zum Kaufmann oder zur Kauffrau im Einzelhandel an. Für Verkäufer:innen haben die Betriebe ihr Ausbildungsangebot gegenüber Juli 2021 sogar um gut 22 Prozent auf 30.200 Stellen aufgestockt.

Katharina Weinert, Hauptabteilungsleiterin für Bildungspolitik und Berufsbildung beim HDE Handelsverband Deutschland „Diese beiden Kernberufe des Einzelhandels gehören seit Langem in jedem Jahr zu den beliebtesten Tätigkeiten“, sagt Katharina Weinert, Hauptabteilungsleiterin für Bildungspolitik und Berufsbildung beim HDE Handelsverband Deutschland. Auch die Abiturientenprogramme des Handels, ein dreijähriges kombiniertes Qualifizierungsprogramm aus Aus- und Fortbildung, schafften es im Juli mit insgesamt 11.300 angebotenen Stellen (plus 15,3 Prozent) in die Top 10 des Ausbildungsmarktes. Der „Shootingstar“ unter den Ausbildungsberufen kommt ebenfalls aus dem Handel: Kaufmann/Kauffrau im E-Commerce. Laut Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) machte diese Tätigkeit den größten Sprung im Ranking der Ausbildungsberufe 2021. Die BIBB-Erhebung verzeichnete zum Stichtag 30. September 2021 knapp 1.900 Neuvertragsabschlüsse – ein Plus von 27 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der HDE erwartet, dass Kaufmann/Kauffrau im E-Commerce in wenigen Jahren zu den Top-20-Ausbildungsberufen zählen wird. 

Gleichzeitig registrierte die BA für Kaufleute im Einzelhandel sowie für Verkäufer:innen zuletzt mit jeweils etwa 18.000 besonders viele unbesetzte Stellen. Nach Einschätzung von Katharina Weinert kann sich das in den nächsten Wochen jedoch noch ändern. „Seit einigen Jahren ist zu beobachten, dass der so genannte Nachvermittlungszeitraum, also die Zeit von Oktober bis Ende Dezember, immer größere Bedeutung gewinnt. Inzwischen werden in diesen Monaten sehr viele Ausbildungsverträge geschlossen, die das Gesamtbild häufig noch korrigieren“, betont sie. Die Gründe für diese Entwicklung sind vielfältig. Viele Jugendliche, so vermutet der HDE, beschäftigten sich erst später mit dem Thema Ausbildung. Oder sie seien lange unentschlossen, für welchen Beruf sie sich entscheiden sollten.

„In keiner Branche kann man so schnell in Führungsverantwortung kommen wie im Einzelhandel.“Katharina Weinert

In der Hochzeit der Pandemie hatte insbesondere der Lebensmitteleinzelhandel großen Zulauf von Ausbildungswilligen oder auch Quereinsteiger:innen erhalten. Sie hatten erkannt, dass diese Branche krisenfeste Arbeitsplätze bietet und in den Coronamonaten sogar verstärkt neue Mitarbeiter:innen einstellte. Nach einer Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) haben allein die Gastronomie, die Hotellerie und der Tourismus im ersten Pandemiejahr 216.000 Beschäftigte an andere Branchen verloren - die meisten (34.800) heuerten in Verkaufsberufen an, und hier insbesondere im Lebensmitteleinzelhandel. 
Allerdings könnte es für den Lebensmitteleinzelhandel nach Beobachtung von Katharina Weinert wieder schwerer werden, den Bonus als krisenfester Arbeitgeber auszuspielen. „In dem Maße, in dem auch andere Branchen im Einzelhandel wieder Mitarbeitende suchen, haben Supermärkte und Discounter wieder mehr Mitbewerber:innen auf dem Arbeitsmarkt.“ 

Versäumnisse sieht der HDE aber auch in den Schulen. Insbesondere Gymnasien bereiteten ihre Schüler:innen häufig sehr einseitig auf ein Studium vor anstatt andere Ausbildungswege aufzuzeigen. „Die Karrierechancen im Handel sind für Absolvent:innen einer dualen Ausbildung und eines Studiums gleichermaßen gut. In keiner anderen Branche kann man über beide Karrierewege so schnell in  Führungsverantwortung kommen wie im Einzelhandel. Mehr als 80 Prozent der Führungskräfte im Einzelhandel haben ihre Karriere mit einer Ausbildung begonnen“, betont Katharina Weinert.

Ok Boomer?

Was haben die Boomer mit dem Arbeitsmarkt zu tun? Sie werden dafür sorgen, dass sich die Situation in den kommenden Jahren voraussichtlich weiter zuspitzen wird. Denn die Babyboomer, also die geburtenstarken Jahrgänge aus den Fünfzigern und Sechzigern, verabschieden sich dann allmählich aus dem Arbeitsleben. Nach jüngsten Zahlen des Statistischen Bundesamtes werden in den kommenden 15 Jahren 12,9 Millionen Erwerbstätige in Deutschland das Renteneintrittsalter überschritten haben. Das sind etwa 30 Prozent der derzeit berufstätigen Personen.

Die jüngeren Altersgruppen können die Älteren zahlenmäßig jedoch nicht ersetzen. Das verschärft den Mangel und setzt die Unternehmen unter Druck, ihrer Personalpolitik noch mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Das gilt ganz besonders im Ausbildungsbereich und für die Entwicklung junger Fachkräfte.

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