<div>Asiatisches Essen? Das war in Deutschland lange Zeit ein Nischenthema. Eine größere Auswahl an Lebensmitteln aus Fernost gab es vornehmlich in Asia-Shops oder bei spezialisierten Händlern im Internet zu kaufen. Supermärkte und Discounter rückten allenfalls aus Anlass von speziellen Themenwochen ein größeres Sortiment von Artikeln aus Asien in die Regale. Das ändert sich gerade. „Mit der rasant gestiegenen Beliebtheit von Kokosmilch ist enormer Schwung in das Geschäft mit Lebensmitteln aus Asien gekommen“, erzählt Jan Wapelhorst. Der 35-jährige ist seit Jahresbeginn als Strategic Advisor Food für REWE Far East tätig, zusätzlich zu seiner Verantwortung für den Bereich Eigenmarken-Einkauf International. Er hat die Rolle zusammen mit Marcel Weber übernommen, im Eigenmarken-Einkauf als Bereichsleiter verantwortlich für Frische und Tiefkühlkost, der nun den Eigenmarken Einkauf in den RFE-Gremien vertritt. Alle Themen laufen bei Jan-Peer Brenneke zusammen, Mitglied der Geschäftsführung der REWE Group Buying und unter anderem verantwortlich für den gesamten Eigenmarken-Einkauf. „Mit der rasant gestiegenen Beliebtheit von Kokosmilch ist Schwung in das Geschäft mit Lebensmitteln aus Asien gekommen“Jan Wapelhorst </div>
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<div>Woher aber kommt der Hype um die Kokosmilch und die Kokosnuss an sich? Losgegangen sei es vor etwa drei Jahren, sagt Wapelhorst: Plötzlich kursierten im Internet immer mehr Geschichten über die gesundheitsfördernde Wirkung der Kokosnuss. Als schneller Energielieferant und Helfer für alle, die abnehmen wollen. In den sozialen Medien wurde immer öfter betont, dass ein Löffel Kokosöl in den morgendlichen Milchkaffee wahre Wunder wirke. Die Nachfrage zog an und der Lebensmittelhandel reagierte – mit Kokosmilch in verschiedenen Fettstufen und unterschiedlichen Abfüllmengen. Von der Popularität der Kokosmilch profitieren mehr und mehr andere Lebensmittel aus Fernost. Asiatisches Essen liegt im Trend. Natürlich mit deutlichem Abstand zur italienischen oder griechischen Küche. „Aber immerhin, die Verkaufszahlen steigen seit Jahren kontinuierlich“, betont Wapelhorst.</div>
Recherchieren, verhandeln, anbahnen
Bei der Recherche helfen zum einen professionelle externe Importeure. Sie verfügen über ein dichtes Netzwerk von Lieferanten und koordinieren den Wareneinkauf für mehrere verschiedene Kunden. Das schafft Mengenvorteile, funktioniert aber mitunter weniger gut, wenn Kunden spezielle Wünsche haben, etwa in Bezug auf die Qualität der Produkte. Oder, wenn sie besondere Transparenz über die Herkunft der Ware verlangen. Oder, wenn sie eigene Trends setzen möchten - mit Produkten, die es so oder ähnlich nicht auch bei Mitbewerbern zu kaufen gibt. Aus diesem Grund macht sich der Eigenmarken Einkauf selbst auf die Suche nach attraktiven Bezugsquellen: Direct Sourcing über REWE Far East. „Die Kollegen vor Ort bahnen das Geschäft an, holen Angebote ein und übermitteln alle relevanten Informationen an den Eigenmarken Einkauf zur Entscheidung“Jan Wapelhorst
Das funktioniert in zwei Stufen: An den Standorten von REWE Far East in Bangkok, Hongkong und Istanbul agieren insgesamt zehn Mitarbeiter („Merchandiser“) als Agenten mit erweitertem Tätigkeitsfeld: Sie besitzen das Know how, geeignete Lieferanten auszusuchen und Produkte zu bewerten. „Die Kollegen vor Ort bahnen das Geschäft an, holen Angebote ein und übermitteln alle relevanten Informationen an den Eigenmarken Einkauf zur Entscheidung“, erläutert Wapelhorst. Er agiert als Bindeglied, schaut sich Themen und Prozesse an und ist selbst nach Bedarf auch mal vor Ort in Asien. Nach Abschluss des Geschäfts überwachen die Merchandiser, ob der ausgewählte Lieferant die erforderlichen Audits durchführt und kontrollieren die Verschiffung der Ware.
Einmal in der Woche tauschen sich die Kollegen in Köln, Bangkok, Hongkong und Istanbul aus: Laufen alle Projekte planmäßig? Wo gibt es Probleme? Wie können wir intern Mehrwerte schaffen, um das Direct Sourcing einfacher und schneller zu gestalten? Welche neuen Produkte könnten für die Verbraucher in Deutschland interessant sein? Und: Gibt es vielleicht Lieferanten, die noch bessere Produkte zu interessanten Konditionen anbieten können? Solche Fragen werden freitags per Videokonferenz zwischen Deutschland und Asien geklärt.
Wehe, der letzte Zeitpuffer ist verbraucht
Herausforderungen? Die gibt es reichlich. Zum Beispiel mit der Bürokratie: Wenn etwa wichtige Zoll-Dokumente fehlen und die pünktliche Verschiffung der Ware gefährdet ist. Oder mit unterschiedlichen Mentalitäten: Wenn Beschäftigte beim Lieferanten in Asien zögern, Entscheidungen zu treffen oder eigene Vorschläge zu machen, weil sie es gewohnt sind, dass der Chef das letzte Wort hat. Oder mit der Zeitverschiebung: Weil Kollegen aus Deutschland und Asien ein vergleichsweise kleines Zeitfenster haben, um miteinander zu kommunizieren. Aber auch im Verhältnis miteinander: Wenn Merchandiser in Asien enttäuscht sind, weil sich die Kollegen in der Zentrale nicht für einen Lieferanten entschieden haben, mit dem sie mühsam ein Angebot ausgehandelt hatten.
Am Ende aber muss alles passen. Punktgenau. Auch eine 40wöchige Vorbereitung für eine Asien-Themenwoche verpufft schnell. Allein der Transport verschlingt vier bis sechs Wochen, vier weitere Wochen sind für die Qualitätsprüfung einzuplanen. Und wenn auch der letzte Zeitpuffer verbraucht ist? Dann gäbe es eine absolute Notlösung: die Produkte per Flugzeug nach Deutschland zu bringen. Das ist teuer, aber immer noch besser als wenn beworbene Artikel nicht verfügbar sind.