Kaufentscheidungen sind komplexer als Kunden denken
„Unser Hirn sortiert vor“
Die Kaufentscheidung ist ein komplizierter Prozess. Egal ob online oder im stationären Handel irgendwie legen wir immer wieder Produkte in den Einkaufskorb, die wir ursprünglich nicht auf dem Zettel hatten oder aber wir entscheiden uns um: Statt des teuren Produktes nehmen wir doch lieber ein Produkt im mittelpreisigen Bereich oder statt des günstigen Schnäppchens stellen wir dann doch das teurere Produkt in den Einkaufswagen. Wie kommt das? Warum machen wir nicht einfach das, was wir uns ursprünglich vorgenommen haben und kaufen statt einem Paar Sneakers noch zwei Paar Stiefel, weil es drei Paar Schuhe für den Preis von zweien gibt?
Mit solchen Fragen beschäftigt sich in der REWE Group der Bereich Marktforschung. Olaf Gens weiß wie kompliziert der Prozess einer Kaufentscheidung tatsächlich ist. Denn welche Auswahl wir treffen, hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab.
Alles fängt damit an, dass unser Hirn selektiert. USA-Urlauber kennen das vielleicht: In dortigen Supermärkten mit ihrer riesigen Auswahl beispielsweise an Cerealien ist man als deutscher Konsument schnell überfordert. „Deshalb sortiert unser Gehirn die vielen Informationen vor und lässt uns nur wahrnehmen, was in diesem Moment relevant ist“, erklärt Olaf Gens den Grundmechanismus. Der Einkaufsmodus entscheidet
Doch was ist relevant? „Das wiederum hängt von unserem Einkaufsmodus ab. Vielleicht kaufen wir für einen netten Abend mit Freunden ein. Dann wird sicherlich die Qualität im Vordergrund stehen, der Preis spielt bei solchen besonderen Anlässen keine so große Rolle. Vielleicht neigt sich aber auch der Monat dem Ende zu und mein Bankkonto ist schon recht leer geräumt, oder wir füllen den Vorratsschrank wieder auf. Dann werden wir stärker auf den Preis schauen“, sagt Gens.
Es ist also zum einen tagesaktuell und anlassbezogen vorbestimmt, wie ich das vorhandene Angebot wahrnehme und eine Auswahl treffe. Hinzu kommen natürlich meine generellen Lebensumstände: Steht mir viel oder wenig Geld zur Verfügung? Muss ich immer auf den Preis achten oder nie? Dies steht vor allem bei der Wahl der Einkaufsstätte im Vordergrund. Dann kommt die Händlerkommunikation ins Spiel. Olaf Gens: „Hier geht es dann um die Frage, ob man sich als ein Markt positioniert hat, dem Qualität besonders wichtig ist oder als einer, bei dem alles besonders günstig ist.“ Eckartikel bestimmen Preiswahrnehmung
Ob ich allerdings einen Markt als günstig oder eher teuer einstufe, hängt auch stark von ganz bestimmten Produkten ab, deren Preis die meisten Konsumenten wissen. Artikel des alltäglichen Bedarfs wie Butter oder Kaffee sind in der Regel solche Produkte. Selbst wenn dann die übrigen Produkte zum Teil billiger sind – die so genannten Eckartikel bestimmen, ob ich einen Markt insgesamt als billiger oder günstig einordne.
Manche Verbraucher kaufen allerdings die meist günstigen Standardartikel wie Mehl, Zucker, Salz oder Butter im Discounter und wechseln dann die Einkaufsstätte um beim Vollsortimenter noch einige besondere meist hochpreisige Produkte zu kaufen. „So entsteht der Eindruck, dass ich im Discounter für viel wenig zahlen muss, weil die meisten Konsumenten dort günstige Artikel für die Bevorratung kaufen und im klassischen Supermarkt die deutlich hochpreisigere Frische“, erklärt Olaf Gens. Kunden warten auf Sonderangebote Schließlich wäre da noch das klassische Sonderangebot: „Die Kunden sind dazu erzogen, bei bestimmten Produkten auf Aktionen zu warten“, erklärt Olaf Gens. Das gilt insbesondere für Produkte, mit denen man sich gut bevorraten kann und bei denen lohnende Preisnachlässe locken. Diese bestimmen in dieser Einkaufssituation auch die Wahl der Einkaufsstätte. Und Angebote oder Rabatte locken auch einen Experten wie Olaf Gens: „Ich falle gelegentlich auch mal auf Schnäppchen rein und greife bei Dingen zu, die eigentlich nicht unbedingt brauche.“