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Susanne Grulich, Expertin im HR-Kompetenzcenter der Region West, hat ihren Debütkrimi veröffentlicht. Dabei kann Susanne Grulich gut auf viele Leichen und Blut verzichten. Warum das so ist, hat sie one im Interview erzählt. Ein Gespräch über Typen, Disziplin und unterlassene Hilfeleistung.
one: Mal eben einen Roman neben der Arbeit schreiben – wie geht das?
Susanne Grulich: „Mal eben“ ist so ein Roman nicht geschrieben - auf jeden Fall nicht für mich. Da steckt viel Arbeit und Disziplin hinter. Die ersten 100 Seiten habe ich bestimmt fünf Mal umgeschrieben. Mir ist eine klare, präzise Sprache sehr wichtig. Daher brauche ich sehr lange, bis ich mit einem Satz zufrieden bin. Zwischendrin hing ich auch mal ganz schön fest. Aber dank meiner Testleser und einer großen Portion Disziplin ging es dann weiter.
one: Wie sind Sie zum Schreiben gekommen?
Susanne Grulich: Ganz grundsätzlich ist bei mir der Bezug zur Sprache und der Impuls zu Schreiben schon immer da. Ich schreibe einfach gerne. Früher waren es Songtexte für unsere Band. Irgendwann wuchs dann in meinem Kopf die Idee, eine Geschichte zu schreiben. Und da ich Krimis liebe, lag es nah, einen Krimi zu schreiben. Mindestens genauso viel Arbeit wie in das Schreiben selbst muss man in die Logik und die Struktur des Buches stecken. Wenn man ohne Plan arbeitet, verliert man schnell den Überblick. Deshalb war für mich mein Whiteboard das wichtigste Arbeitsmittel. Dort habe ich alle Charaktere und ihre Handlungen aufgezeichnet.
one: Sie sind Mitarbeiterin der REWE. Liegt es da nahe, den Roman auch im Lebensmittelhandel anzusiedeln?
Susanne Grulich: Romane leben von ihrer Glaubwürdigkeit – auch Krimis. Die Menschen müssen die Geschichte nachvollziehen und vielleicht sogar Bezüge aus ihrer persönlichen Erfahrung herstellen können. Daher ist es für mich - und ich glaube für die meisten Debüt-Autoren - einfacher, wenn ich ein Thema habe, das mir aus meinem Alltag bekannt ist. Das erleichtert die Recherchearbeit und ich kann aus meiner Erfahrung schöpfen. Das gilt zum Beispiel auch für die Szenen, die im Proberaum spielen. Das kenne ich alles aus meiner Zeit als Bandmitglied.
one: ... auch für die Szenen und Personen, in der Verwaltung der Bestkauf GmbH?
Susanne Grulich: Die gibt es nicht. Klar kamen Mitarbeiter auf mich zu, die das Buch gelesen hatten und glaubten, darin Kollegen erkannt zu haben. Aber die Figuren in meinem Buch haben kein Vorbild in meinem Berufsleben. Es ist eher so: Die Charaktere entsprechen ganz bestimmten Typen, die jeder, der in einem Büro arbeitet, kennt – egal ob er nun bei der Bestkauf GmbH oder in einer Versicherung oder Bank arbeitet. Nehmen wir die „Kaiserin“. Die patente Assistentin der Abteilung, die alles im Griff hat. Sie ist eine typische Figur, die es in vielen Büros gibt. Gleiches gilt für den schon etwas betagteren Grantler oder den Abteilungscasanova. Ähnlichkeiten mit existierenden Personen sind auch bei „K.o. durch Meister“ rein zufällig.
one: Ganz ohne Recherche ging es aber trotz der Nähe zum eigenen Beruf nicht.
Susanne Grulich: Das stimmt. Die Kollegen haben mir sehr geholfen, mich mitgenommen auf Baustellen und zu Besprechungen. Ich arbeite ja im Bereich HR und kannte viele Details nicht, die in der Bauabteilung eine Rolle spielen. Dank der Unterstützung konnte ich mir ein gutes Bild von der täglichen Arbeit machen und habe nebenbei noch viel über das Unternehmen gelernt, für das ich schon lange arbeite.
one: „K.o. durch Meister" ist ihr erster Roman. Wie schafft man es, gleich einen Verleger zu finden, insbesondere im doch recht gut gefüllten Krimi-Markt?
Susanne Grulich: Ich hatte die Idee zu dem Roman schon länger, bin aber irgendwie nicht richtig weitergekommen. Dann habe ich mich zu einem Wochenend-Seminar zur Romanentwicklung angemeldet und dort intensiver an der Geschichte gearbeitet. Das Seminar wurde von einer Lektorin und einem Literaturagenten geleitet. Beide waren von meiner Idee begeistert. Sie haben mir wertvolle Tipps gegeben, mich bestärkt und so bin ich dann letztlich auch gleich an meinen Verlag gekommen. Es hat mich schon sehr geehrt, zu den zwei Seminarteilnehmerinnen zu gehören, die mit einem Angebot nach Hause gegangen sind.
one: Ein spannender Krimi mit nur einer Leiche, die auch erst später im Buch auftaucht. Kommt so eine Geschichte bei Verlagen gut an?
Susanne Grulich: Das ist unterschiedlich. Ein Verlag hatte ziemlich viel an meinem ersten Skript auszusetzen. Denen kam die Leiche zu spät in der Geschichte. Ich mag zwar Krimis, aber nicht so sehr die blutigen Varianten. Ich brauche keine langen Beschreibungen von gruseligen Tötungsakten. Stattdessen stehe ich total auf unterlassene Hilfeleistung und die Frage, was einen Menschen dazu bringt, einfach nichts zu tun und den Tod eines anderen in Kauf zu nehmen. Davon abgesehen fällt es mir nicht leicht, eine Figur sterben zu lassen.Zudem ist Magnus Meister ein Laienermittler. Der wird kaum in einem Fall mit einer Leiche hinzugezogen. Wirtschaftskriminalität ist in einem solchen Fall aus meiner Sicht glaubwürdiger. Daher geht kommt er über die Sabotagefälle zu seiner Leiche. Gottseidank gab es aber auch einen Verlag, der mein Skript richtig klasse fand gleich gesagt hat: das verlegen wir. Dafür bin ich sehr dankbar.
one: Was ist das Schönste am Schreiben?
Susanne Grulich: Die schönsten Momente sind die, wenn die Figuren wie von selbst agieren. Man kommt irgendwann an den Punkt, an dem sich die nächsten Handlungen der Charaktere wie von selbst ergeben, sie plötzlich Ausflüge in eine Kneipe oder sich wütend aus dem Staub machen.
one: „K.o. durch Meister“ ist ein echter Schmöker für gemütliche Abende, den man ungerne aus der Hand legt. Löst Magnus Meister bald einen neuen Fall?
Susanne Grulich: Auf jeden Fall! Ich möchte unbedingt eine Fortsetzung schreiben und habe auch schon erste Ideen. Bevor ich anfange zu schreiben, muss für mich der Kern der Geschichte klar sein. Geht es um Liebe, Eifersucht oder Habgier? Wie stehen die Hauptpersonen zueinander? Dann kann es mit dem Schreiben wieder losgehen.