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one_Serie Verpackungen, #2
Riesen-Run auf Rezyklat
von Sebastian Amaral Anders

Es ist ein heiß begehrter Stoff: Kunststoffrezyklat, vor allem das hochwertige rPET aus dem Pfandflaschenkreislauf, ist derzeit gefragt wie nie. Auch die REWE Group setzt bei immer mehr Produktverpackungen rPET ein. Damit ist Kunststoffrezyklat neben Recyclingpapier mit Abstand der wichtigste „Sekundärrohstoff“ in der Verpackungsstrategie der REWE Group.

Weniger Verpackungsmaterial zu verwenden, ist ein erklärtes Ziel in der REWE Group-Verpackungsstrategie. Doch nicht immer ist es sinnvoll, eine Verpackung ganz wegzulassen. In solchen Fällen setzt die REWE Group unter anderem auf den Einsatz von „Sekundärrohstoffen“, die durch Recycling aus entsorgtem Material gewonnen werden. So wird etwa aus den Plastikflaschen aus Flaschenpfandautomaten das so genannte rPET, oder aus Altpapier wird Recycling-Papier. Der Gedanke dahinter: Beim Einsatz von Sekundärrohstoffen werden die Rohstoffe im Kreislauf gehalten und somit Ressourcen eingespart.

Marion Schley „Der Einsatz von Sekundärrohstoffen ist ein Kriterium für umweltfreundlichere Verpackung im Rahmen unserer Verpackungsstrategie“, erklärt Marion Schley, Referentin Nachhaltigkeit Ware Food & Non Food bei der der REWE Group Buying. Dabei steht der wiederaufbereitete Kunststoff aktuell im Fokus. „Das Thema ist angesichts der Diskussionen um Plastikverpackungen aktueller denn je“, sagt Marion Schley.

Die größte Herausforderung beim Einsatz von Kunststoffrezyklaten ist die knappe Rohstoffverfügbarkeit und damit die erhöhten Preise für Rezyklat anstelle von Primärmaterial. Auch die Qualität variiert. Dennoch will die REWE Group den Anteil von Rezyklat bei Kunststoffverpackungen Schritt für Schritt ausbauen. „Grundsätzlich wollen wir die Kreislaufwirtschaft fördern. So sparen wir Primärrohstoffe ein und schonen natürliche Ressourcen“, weiß Marion Schley.

Wertvoller Rohstoff

Auf den ersten Blick sieht alles ganz einfach aus: Plastikabfälle sollte es doch zu Genüge geben, da reicht ein Blick auf die Gelben Tonnen oder Säcke, die sich an den Abfuhrtagen am Straßenrand aufreihen. Doch nicht aus allen Verpackungsabfällen lässt sich recycelter Kunststoff herstellen, der sauber genug ist, um daraus neue Lebensmittelverpackungen zu produzieren. Derzeit eignet sich dafür nur Material aus dem Pfandsystem für PET-Kunststoff-Flaschen.

„Wir brauchen deshalb einen Kreislaufwirtschaftsansatz und müssen mit allen Akteuren zusammenarbeiten“, sagt Petra Zimmermann, die im Eigenmarken-Einkauf der REWE Group das Projekt zur Verpackungsoptimierung koordiniert. „Dafür müssen wir mit den Verbrauchern zusammenarbeiten, um mittels Pfandsystemen möglichst viel Material zurückzugewinnen. Mit den Entsorgern, weil sie das Material aufbereiten und weiterverkaufen. Und mit der Verpackungs-Industrie, weil sie die Verpackung produziert.“

Petra Zimmermann Letztlich ist am Ende auch der Preis ein entscheidendes Kriterium, denn der Rohstoff ist knapp und damit teurer. „Nur rund 30 Prozent des Plastiks aus dem Pfandsystem geht wieder in die Verwendung von Getränkeflaschen. Der Rest wird zum Beispiel für Folien oder die Textilindustrie verwendet. Hier geht uns dieser kostbare Rohstoff für den Getränkekreislauf verloren“, sagt Petra Zimmermann.


 

Eigenmarken mit Rezyklat in der Verpackung
Vom Toom-Eimer bis zum to-go-Salat

Bei zahlreichen Eigenmarken-Produkten besteht die Verpackung bereits vollständig oder zum Teil aus Rezyklat. one stellt einige beispielhaft vor – und die Einkäufer und Category Manager, die dahinter stehen.

Tiefkühltragetasche
„Nachhaltiger Mehrwert “

Worum geht es?
Eine Tiefkühltragetasche bei REWE und PENNY.

Was ist neu an der Verpackung?
Seit Sommer 2018 wird die Tasche aus 80 Prozent Rezyklat hergestellt.

Was war die größte Herausforderung?
Die Kühlleistung musste gewährleistet sein und das Druckbild neu entwickelt werden, um die Materialverbesserung auch den Kunden transparent zu machen.

„Wir haben mit der Tiefkühltragetasche eine Tasche entwickelt, die mehrheitlich aus Altfolien produziert wird und zusätzlich durch die Mehrfachnutzung einen nachhaltigen Mehrwert erfüllt.“
Gritt Golde
Funktionsbereichsleiterin Einkauf Non Food Verbrauchsgüter
Toom-Farbeimer
„Ein Erfolg, der uns täglich anspornt“

Was ist neu?
Bereits 2011 hat Toom als erster Baumarkt in Deutschland mit der Umstellung auf Rezyklat angefangen und damit eine Vorreiterrolle übernommen. Neu war der hundertprozentige Einsatz von Material aus dem Gelben Sack für die Farbeimer – eine sinnvolle Wiederverwendung von Kunststoffabfällen.

Was haben Sie damit erreicht?
Bis Ende 2018 wurden über vier Millionen Artikel im Rezyklateimer bei Toom verkauft. Allein mit der Umstellung auf Rezyklatgebinde im Bereich Anstrichmittel wurden so bis Ende 2018 rund 900 Tonnen CO2-Ausstoß eingespart.

Was war die größte Herausforderung?
Zu Beginn ging es vor allem darum, Vorbehalte zu widerlegen und zu zeigen, dass man auch mit Rohstoffen aus dem gelben Sack gleichwertige Qualitäten für die Verpackung erreichen kann.

„Im Toom-Einkauf arbeiten wir stetig daran, nachhaltigere Produkte anzubieten. Mit den Toom-Dispersionsfarben im Rezyklat-Eimer haben wir als erster in der Baumarktbranche eine Produktverpackung auf Post-Consumer-Material umgestellt, das bei Kunden sehr beliebt ist. Weitere Produkte sind gefolgt und das ist ein Erfolg, der uns täglich anspornt.“
Roger Rahier
Purchasing Director Toom
Reinigungsprodukte bei REWE und PENNY
„Wir wollen mehr Material aus dem Gelben Sack einsetzen“

Worum geht es?
Diverse Reinigungsprodukte bei REWE  und PENNY der Marken ja!, REWE Beste Wahl, blik, PENNY

Was ist neu?
Wir setzen 100 Prozent Recycling-Material ein, davon 20 Prozent aus dem Gelben Sack. Nachdem wir 2015 mit der Verpackungsentwicklung gestartet sind, konnten wir Ende 2016 die ersten Produkte ausliefern.

Was haben Sie damit erreicht?
Pro Jahr sparen wir rund 650 Tonnen neuen Kunststoff ein.

Was war die größte Herausforderung?
Die Umsetzbarkeit in der Produktion: Die Maschinen mussten teilweise neu eingestellt werden, um das Material bei der Flaschenherstellung zu verarbeiten.

„Der nächste Schritt bei uns ist der Ausbau des Einsatzes des 80/20-Materials auf andere Warengruppen im Kosmetikbereich. Im Anschluss prüfen wir die Möglichkeiten, den Anteil des Materials aus dem Gelben Sack in allen Warengruppen weiter zu erhöhen.“
Nicole Fingerle
Senior Buyer Drogerie, OTC, Kosmetik, Hygiene und Baby
Gekühlte Säfte bei REWE und PENNY
„Wir mussten viel lernen“

Worum geht es?
Alle gekühlten Direkt-Säfte unserer Eigenmarken REWE Beste Wahl sowie PENNY Ready, wie etwa der 1-Liter-Orangensaft.

Was ist neu?
Seit Anfang April 2019 haben wir unsere 1l-Saft-PET-Flaschen auf 50 Prozent rPET umgestellt. Die Flaschen enthalten also 50 Prozent recyceltes Plastik.

Was haben Sie damit erreicht?
Bei rund neun Millionen Flaschen pro Jahr sparen wir jährlich 160 Tonnen neuen Kunststoff ein.

Was war die größte Herausforderung?  
Zunächst mussten wir Lieferanten finden, die 50-Prozent-rPET-Flaschen bereitstellen können. Die Lieferanten mussten dann im Vorfeld durch Analysen sicherstellen, dass etwa kein Material auf die Ware übergeht oder dass die Flaschen ausreichend stabil in der Produktionsstrecke sind. Wir selbst mussten uns im Laufe des Prozesses viel Wissen über die Herausforderungen im Handling von rPET aneignen und die neuen Herausforderungen in unser Tagesgeschäft integrieren.

„Im gekühlten Saft-Bereich ist rPET der erste Schritt in die richtige Richtung. Wir können durch
eine vergleichsweise einfache Maßnahme unseren Beitrag zur nachhaltigeren Artikeln leisten. Im Convenience-Bereich legen wir den Fokus gerade sehr stark auf das Thema rPET für all unsere Eigenmarkenartikel. Unser Ziel ist es, den Anteil an rPET Artikeln deutlich zu steigern.“
Kevin Hemm
Senior Buyer Convenience
Feinkost bei REWE und PENNY
„Nachfrage nach rPET übersteigt Angebot“

Worum geht es?
REWE to go Wurstsalat, PENNY Gustoria Bulgursalate, PENNY Orto Mio Antipasticremes, PENNY Orto Mio Hummus 

Was ist neu?
Seit Anfang Mai 2019 besteht der Kunststoffbecher zu 80 Prozent aus Recyclat.

Was haben wir damit erreicht?
Wir haben den Anteil von neuem Kunststoff in der Verpackung von rund 3,78 Millionen Bechern pro Jahr deutlich reduziert.

Was war die größte Herausforderung?
Auf Seiten des Einkaufs mussten wir intern viel Know-how-aufbauen. Auf Lieferantenseite gibt es mehrere Herausforderungen. Durch die aktuell starke Nachfrage aus der Verpackungsindustrie steht weniger rPET-Material zur Verfügung als der Markt benötigt. Die hohe Nachfrage führt dazu, das rPET-Material aktuell teurer ist als herkömmliches PET-Material. Was die Einsatzquote angeht, kann aktuell zwischen 40 und 80 Prozent rPET-Material aus Produktionssicht unproblematisch eingesetzt werden. Bei 100 Prozent rPET kann es zu Siegelproblemen kommen.

„Dank der Umstellung auf Kunststoffbecher mit 80 Prozent rPET, können wir bei diesen Feinkost-Artikeln jährlich auf große Mengen neuen Kunststoff verzichten. Unser Ziel ist es, diese Optimierung auf weitere Artikel auszuweiten und so einen Teil unseres Beitrags für nachhaltigere Verpackungen zu leisten.“
Vanessa Weyerhäuser
Senior Buyer Feinkost
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