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Fisch, Fanggebiete und die Wetterkarte stets im Blick: Rico Weinert / Fotos (3): Achim Bachhausen
Fisch-Einkäufer Rico Weinert
Keine Angst vor Gräten
von Stefan Weber
Schwierig zuzubereiten, viele Gräten und dann noch unangenehm im Geruch – wer Frischfisch verkauft, muss gegen viele Vorurteile kämpfen. „Mit guter Beratung lassen sich solche Bedenken leicht zerstreuen“, meint Rico Weinert, bei der REWE Group für den Einkauf von Frischfisch verantwortlich. Auch mangelnde Nachhaltigkeit taugt nicht als Argument gegen Fisch. Bei REWE stammt Fisch immer häufiger aus verantwortungsvoller Produktion, dokumentiert durch die Siegel ASC und MSC.
Rico Weinert wäre ein interessanter Forschungskandidat für Medizin-Meteorologen. Das sind Ärzte, beispielsweise beim Deutschen Wetterdienst in Freiburg, die sich sehr genau anschauen, wie Menschen auf Wetterwechsel reagieren. Ob sie sehr viel müder sind oder schlechter schlafen, wenn ein Tief aufzieht. Oder ob sie leichter reizbar sind, wenn Föhn, also warmer Fallwind aus den Alpen, im Anmarsch ist. Bei Weinert, so ist zu vermuten, würden die Mediziner erhöhten Blutdruck feststellen, wenn sich ein Tiefdruckgebiet über den Meeren abzeichnet. Nicht, dass Weinert besonders wetterfühlig im medizinischen Sinne wäre. Aber er hat einen Job, bei dem das Wetter eine große Rolle spielt: Der 40-Jährige ist Category Manager Fisch/Feinkost, Bedienung/Fischkonserven bei der REWE Group, und wenn Sturm über Fanggebieten aufzieht, weiß Weinert: „Morgen wird Fisch teurer sein.“
Aber gerade dieses häufig unkalkulierbare Auf und Ab ist einer der Gründe, weshalb der REWE-Manager den Umgang mit Fisch so schätzt: „Jeden Donnerstag verhandeln wir die Preise mit den Lieferanten neu. Das heißt, man hat jede Woche die Chance, sein Sortiment neu zu gestalten. Das ist enorm spannend.“ Als der gelernte Industriekaufmann und studierte Betriebswirt 2008 von Tengelmann zur REWE Group kam, war die Warengruppe für ihn Neuland gewesen. „Aber ich habe mich schnell eingearbeitet und Fisch schätzen gelernt“, sagt Weinert. Anfangs war er für den Einkauf von Fisch, Feinkost und Convenience im Großflächeneinkauf zuständig; 2011 übernahm er die Verantwortung für den gesamten Frischfischeinkauf im Vollsortiment.
Das Geschäft steckt voller Herausforderungen – auch im Verkauf. Der Fischkonsum in Deutschland stagniert. Nach Zahlen des Fisch-Informationszentrums verzehrt jeder Bundesbürger knapp 14 Kilogramm im Jahr. Junge Leute, so beobachtet Weinert, haben mitunter Berührungsängste, zumindest bei frischem Fisch. Sie fürchteten die Gräten oder schreckten vor der vermeintlich schwierigen Zubereitung zurück. „Mit guter  Beratung lassen sich solche Sorgen leicht ausräumen“, betont Weinert. Auch Verkostungen in den Märkten und Kochaktionen mit Profis sind nach seiner Einschätzung ein gutes Mittel, neue Fisch-Liebhaber zu gewinnen.
REWE treibt das Thema „Fisch“ kräftig voran: Immer mehr Märkte verfügen über eine Bedientheke. Etwa 350 sind es derzeit. In zwei Jahren, so schätzt Weinert, werden es mindestens 400 sein. Aber es geht nicht nur um Quantität. REWE will im Wettbewerb auch mit Qualität punkten, also mit attraktiv gestalteten Abteilungen, gut zusammengestellten, möglichst nachhaltigen Sortimenten, kompetentem Personal und strenger Hygiene. Das gelingt. Beim Branchenpreis „Fischtheke des Jahres“ der Fachzeitschrift Lebensmittelpraxis belegten REWE-Märkte im vergangenen Jahr gleich in drei Kategorien (Supermärkte, Verbrauchermärkte und SB-Warenhäuser) Platz eins. Das Problem ist aus Sicht von Weinert, weitere engagierte und qualifizierte Verkäufer zu finden. „Wir unternehmen eine Menge, um unsere Thekenkräfte fit zu machen. Aber es gibt zu wenig Mitarbeiter, die an der Fischtheke arbeiten wollen.“   
Seit gut einem viertel Jahr verkauft REWE Frischfisch auch in Selbstbedienung. Das Sortiment umfasst ein gutes Dutzend häufig gefragter Artikel, meist zertifiziert mit den Siegeln MSC oder ASC für umweltbewussten und nachhaltigen Fischfang. „Die Resonanz bei den Kunden ist sehr gut“, beobachtet Weinert. Deshalb rückten immer mehr REWE-Märkte SB-Fisch ins Sortiment. Aktuell sind es etwa 1100. Bald sollen es 1400 sein.
Im Hause Weinert in Hamminkeln am Niederrhein kommt vor allem Seelachs und Rotbarsch auf den Tisch. „Ich esse aber ebenso gerne Fleisch“, gesteht der REWE-Manager. Mit viel Vergnügen steht der Vater einer Tochter auch selber am Herd. Andere Hobbys? Wenn es die Zeit erlaubt, steigt er aufs Motorrad, schnürt die Laufschuhe oder greift – seit kurzem – auch mal zur Gitarre. Dagegen verfolgt er die Spiele seines FC in der Fußball-Bundesliga meist nur aus der Ferne. Aber: „Beim wichtigsten Spiel der Saison, dem Sieg gegen Borussia Mönchengladbach, war ich im Stadion“, freut sich Weinert.
Foto: Deutschesee
Geliebte Goldlocke
Erst sollte sie Schillerzopf heißen – um ihre Nähe zur aus geräuchertem Dornhai hergestellten Schillerlocke klarzumachen. Doch dann tauften Dr. Tjark Goerges, Referent Nachhaltigkeit / Strategisches Qualitätsmanagement, und Rico Weinert ihre in Zusammenarbeit mit dem Frischfisch-Lieferanten Deutsche See entwickelte Schöpfung doch auf einen anderen Namen: Goldlocke. Auch diese Bezeichnung signalisiert, dass es sich um einen Artverwandten des Produkts handelt, das REWE im Sommer 2014 aus dem Sortiment genommen hat - aus Gründen des Artenschutzes. Denn der Dornhai ist wegen Überfischung bedroht.
Als Alternative gibt es seitdem die Goldlocke. Sie stammt aus dem Bauchfilet des Tilapia, wird per Hand gepökelt, eingerollt und im Heißrauch veredelt. „Dadurch kommt sie in puncto Anmutung und Geschmack der Schillerlocke sehr nahe“, sagt Weinert. Fischliebhaber sind begeistert; die Goldlocke hat sich ihren Platz erobert.
Der verwendete Tilapia stammt aus verantwortungsvoller ASC-zertifizierter Zucht in Indonesien. Das Siegel des 2009 vom WWF (World Wild Found for Nature) und IDH (Dutch Sustainable Trade Initiative) gegründeten ASC (Aquaculture Stewardship Council) kennzeichnet verantwortungsvoll erzeugten Zuchtfisch. Es soll dem Verbraucher signalisieren, dass der Fisch aus einem Betrieb stammt, der negative Einflüsse auf die Umwelt und die örtliche Sozialstruktur kontrolliert.
ASC ist das Pendant zum populäreren MSC (Marine Stewardship Council), der Fischereien zertifiziert, die Fische aus Wildfang anbieten.
Ziel der REWE ist es, nur noch Fisch aus verantwortlicher Produktion anzubieten. Neben dem unter der Marke Goldlocke verkaufen Tilapia sind bereits Pangasius, Lachs, Garnelen und bald auch Forellen ASC-zertifiziert. Weitere Arten sollen folgen. Frischfisch mit Pro Planet-Label gibt es derzeit noch nicht. Das REWE-eigene Label, das sowohl umweltbewusste als auch sozialverträgliche Verbesserungen auslobt, kennzeichnet bereits 77 Eigenmarkenfischartikel. Sicherlich wäre dieser Schritt die Quintessenz aus der Erfolgstory „nachhaltiger Fisch“.
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