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Top_Thema
Arbeit der Zukunft
Montags bis freitags von 9-17 Uhr: Früher wusste man ziemlich genau, wo man Angestellte in dieser Zeit antrifft, zumindest wenn sie Bürojobs nachgingen: An ihrem Schreibtisch. Doch die Bindung an Ort und Zeit löst sich immer mehr auf. Im one_Top-Thema dreht sich alles um die Flexibilität der neuen Arbeitswelt, mit allen Vor- und Nachteilen, die sie mit sich bringt. „Homeoffice kann glücklich machen“, sagt etwa Arbeitswelt-Experte Oliver Stettes. Im one_Interview spricht er über Mitarbeiter, die sich jeden Tage einen neuen Schreibtisch suchen müssen, E-Mails am Wochenende und den Charme des Biotops Büro. Was es bedeutet, flexibel zu arbeiten, wissen viele Kollegen aus eigener Erfahrung. In one berichten sie ganz persönlich, wie sie als Mutter, als Führungskraft, im Außendienst oder im agilen Team flexibel arbeiten – und was die kritischen Erfolgsfaktoren sind.
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Oliver Stettes im Interview
„Homeoffice kann
glücklich machen"
Oliver Stettes, Leiter des Kompetenzfeldes Arbeitsmarkt und Arbeitswelt am Institut der Deutschen Wirtschaft Köln, über Mitarbeiter, die sich jeden Tag einen neuen Schreibtisch suchen müssen, E-Mails am Wochenende und den Charme des Biotops Büro
one: Herr Stettes, wer vor 20 Jahren einen Büro-Job antrat, hatte in seiner Firma einen festen Schreibtisch, arbeitete meist von 9 bis 17 Uhr und am Wochenende störte kein Chef. Heute arbeiten viele Arbeitnehmer losgelöst von Zeit und Raum. Zu Hause, unterwegs, spät abends, am Wochenende. Was ist passiert?
Oliver Stettes:
Die Unternehmen wünschen sich heute von ihren Mitarbeitern mehr Flexibilität, weil sie selbst stärker unter Druck geraten sind. Denn ihre Kunden sind anspruchsvoller geworden. Sie möchten zeitnah bedient werden, egal ob es um Dienstleistungen oder die Versorgung mit Waren geht. Mitunter sind die Kunden auch in anderen Zeitzonen zu Hause. Mit starren Arbeitszeiten wie vor 20 Jahren können viele Unternehmen heute nicht mehr im Wettbewerb bestehen.
one: Aber auch viele Beschäftigte mögen es gerne flexibel, zum Beispiel, wenn sie Betreuungsaufgaben zu erfüllen haben.
Oliver Stettes:
Das ist richtig. Und viele Mitarbeiter sind in einer guten Position, diese Wünsche auch durchzusetzen. Schließlich werden gute Arbeitskräfte allein schon aus demografischen Gründen zunehmend knapp.

one: Keine leichte Aufgabe, die Wünsche der Arbeitnehmer nach Flexibilität und die Anforderungen des Marktes an die Unternehmen auszubalancieren.
Oliver Stettes:
Das ist in der Tat die Herausforderung. Die wirtschaftlichen Rahmendaten sind gesetzt. Und jedes Unternehmen steht vor der Frage: Was kann ich meinen Mitarbeitern auf dieser Basis ermöglichen? Die Sache wird dadurch erschwert, dass die Parameter nicht in Stein gemeißelt sind. Ändert sich die Lebenssituation eines Mitarbeiters, wird er unter Umständen andere Arbeitszeitwünsche anmelden. 

„Die Anforderungen an die Flexibilisierung der Arbeit steigen.“
Oliver Stettes
one: Früher konzentrierte sich Personalpolitik vor allem auf einen Mitarbeitertypus: vollzeitbeschäftigt, männlich zwischen 30 und 55 Jahren.
Oliver Stettes:
Deshalb hießen Personalabteilungen häufig auch Personalverwaltungen. Heute sind Belegschaften bunter gemischt. Mehr Frauen, mehr ältere Mitarbeiter, unterschiedliche kulturelle Hintergründe. Das ist gut für die Unternehmen. Aber daraus resultieren unterschiedliche Ansprüche – auch an die Art zu arbeiten.

one: Als Unternehmer könnte ich sagen, das ist mir egal. Ich suche die Mitarbeiter, die zu meiner Firma passen.
Oliver Stettes:
Das wird nicht funktionieren. Zum einen, wie gesagt, aus Gründen der Demografie. Zum anderen können Unternehmen auf Dauer nur dann im Wettbewerb bestehen, wenn sie kreative Köpfe in ihren Reihen haben. Mitarbeiter, denen sie nicht sagen: Erledige A, B oder C. Sondern: Löse mir ein Problem! Wenn ich solche Kräfte gewinnen will, muss ich ihre Wünsche zu Arbeitszeit und Arbeitsort respektieren.
one: Die Digitalisierung…
Oliver Stettes:
..hat damit nichts zu tun. Die Anforderungen an die Flexibilisierung der Arbeit steigen. Ob mit oder ohne Digitalisierung. Die Digitalisierung gibt mir lediglich neue Möglichkeiten, Arbeit anders zu organisieren, weil ich theoretisch manche Jobs von überall zu jeder Zeit erledigen kann. Mit der Digitalisierung kommt nicht etwas grundlegend Neues auf uns zu. Sie gibt uns allenfalls einen zusätzlichen Schub, weil die Gestaltungsmöglichkeiten größer werden. Wir können uns bei Erledigung von Arbeit von Raum und Zeit lösen. Zumindest in manchen Jobs.
 
one:  Losgelöst von Raum und Zeit – das klingt verlockend. Manche Mitarbeiter werden trotzdem lieber ins Büro gehen und zu festen Zeiten arbeiten wollen.
Oliver Stettes:
  Jede Führungskraft muss sich die Frage stellen: Arbeite ich mit meinem Team besser zusammen, wenn wir alle zu festen Zeiten am selben Ort zusammen sind? Und wie stehen die Mitarbeiter dazu? Wenn sich alle einig sind, muss sich möglicherweise gar nichts ändern. Es wird aber andere Teams – möglicherweise in derselben Abteilung - geben, die lieber flexibel arbeiten möchten. Das eine ist nicht besser als das andere.
Mitunter hilft der Blick in die Glaskugel / Fotos: Achim Bachhausen

„Jeder muss für sich herausfinden, welches Modell zu ihm passt.“
Oliver Stettes
one: Manche Unternehmen ändern die Arbeitskultur mit Vehemenz. Plötzlich gibt es im Neubau nicht mehr für alle einen festen Arbeitsplatz. Jeder muss sich morgens seinen Trolly schnappen und schauen, wo ein Schreibtisch frei ist. Das spart Raumkosten.
Oliver Stettes:
Als Unternehmen muss ich bedenken, was ich mit einer solchen Entscheidung bei den Mitarbeitern auslöse. Wird sich dann jeder noch heimisch fühlen? Lockern sich soziale Bindungen und damit möglicherweise auch die Loyalität zum Arbeitgeber? Und: Signalisiere ich nicht vielen Kollegen, denen ich ein festes Büro nehme, dass sie nicht mehr der Typ Mitarbeiter sind, den ich mir vorstelle?

one: Es gibt Studien, auch vom IW, die zu dem Ergebnis kommen, flexibel arbeitende Mitarbeiter seien besonders zufrieden.
Oliver Stettes:
Ja, Beschäftigte, die so arbeiten wollen, sind glücklich damit. Als Führungsperson muss ich meinen Mitarbeitern jedoch signalisieren, dass sie verantwortungsvoll mit ihrer Freiheit umgehen. Wenn ich ihnen ein Home Office zugestehe, kann ich nur sehr eingeschränkt darauf achten, ob sie zum Beispiel das Arbeitszeitgesetz einhalten. Und ich muss sie verpflichten, die Arbeitszeit aufzuzeichnen.
one: Führungskräfte müssen somit sehr gut einschätzen können, welche Aufgaben in welcher Zeit zu erledigen sind, damit sie ihre Mitarbeiter weder über – noch unterfordern.
Oliver Stettes:
Das ist eine Frage der Zielvereinbarung. Ist das Ziel zu anspruchsvoll formuliert, müssen Arbeitnehmer auch den Mut haben, dies zu reklamieren.

one: Viele Mitarbeiter haben offensichtlich kein Problem damit, über das übliche Maß hinaus Arbeitszeit zu investieren.
Oliver Stettes:
Wer arbeitet denn heute ort- und zeitunabhängig? Das sind meist Führungskräfte und Spezialisten, die über einen großen Handlungsspielraum verfügen. Für die ist es kein Problem, viel und lange zu arbeiten. Denn sie haben Karriereambitionen...

one: …und verschicken mitunter abends und am Wochenende E-Mails an ihre Mitarbeiter.
Oliver Stettes:
In diesem Fall müssen Führungskräfte eine klare Erwartungshaltung formulieren. Wer abends eine Mail an seinen Mitarbeiter schickt, muss auch signalisieren, welche Reaktion er erwartet. Unmittelbar erledigen? Oder erst in den nächsten Tagen? 

„Wenn technische Lösungen immer mehr unseren Alltag bestimmen, muss ich in der Lage sein, damit umzugehen, ohne gleich ein Nerd zu sein.“
Oliver Stettes
one: Die Option, im Homeoffice zu arbeiten, setzt voraus, dass der Arbeitnehmer sich gut organisiert und diszipliniert ist.
Oliver Stettes:
Wenn jemand zu Hause stark abgelenkt ist oder sich ablenken lässt, dann ist flexibles Arbeiten nichts für ihn. Das wird man sich selber eingestehen müssen. Die meisten Menschen arbeiten nicht im Homeoffice. Weil ihr Vorgesetzter es nicht will, vor allem aber, weil sie es selbst nicht wollen. Sie wünschen eine klare Trennung zwischen Beruf und Privatleben. Wer aber flexibel arbeitet und die Trennung auflöst, bei dem wird zwangsläufig das Privatleben das Arbeitsleben stören und umgekehrt. Dies mag im konkreten Fall auch einmal als belastend empfunden werden, wird aber grundsätzlich als Nebeneffekt toleriert. 

one: Über welche Fähigkeiten müssen Beschäftigte in der Arbeitswelt 4.0 verfügen?
Oliver Stettes:
Wenn technische Lösungen immer mehr unseren Alltag bestimmen, muss ich in der Lage sein, damit umzugehen, ohne gleich ein Nerd zu sein. Zusätzlich benötige ich Fachwissen, berufliche Erfahrung und ich muss mit anderen Menschen gut umgehen können. Soziale Kompetenzen werden eine immer größere Rolle spielen. Insgesamt sind die Veränderungen jedoch nicht so groß, dass wir davor Angst haben müssen.
one: Warum behaupten dann viele, die Digitalisierung vernichte Arbeitsplätze?
Oliver Stettes:
Eine solche These ist wissenschaftlich nicht zu begründen. Wenn wir in die Gegenwart schauen und fragen, gehen in großem Stil Jobs verloren, lautet die Antwort: nein! Jobs verändern sich – das gilt in irgendeiner Form für alle Jobs. Und es kommen neue Jobs hinzu, an die zuvor keiner gedacht hat. Vor 20 Jahren ahnte niemand, dass Webdesigner einmal ein Beruf sein könnte. Natürlich werden auch manche Arbeitsplätze durch Maschinen ersetzt. Aber das hat es immer gegeben.  one: Wie muss die Personalpolitik der Unternehmen vor diesem Hintergrund agieren?
Oliver Stettes:
Früher haben Unternehmen ältere Mitarbeiter, die neuen Technologien gegenüber wenig aufgeschlossen waren, sozialverträglich verabschiedet und junge technikaffine Kräfte eingestellt. Das funktioniert heute nicht mehr – weil es nicht mehr genügend junge Leute gibt und weil der Staat diese Strategie nicht mehr alimentiert. Die Herausforderung lautet daher: Wie halte ich alternde Belegschaften veränderungsbereit? Das erfordert eine Personalentwicklung, die die individuellen Potenziale und Wünsche ebenso im Auge behält wie die betrieblichen Kompetenzanforderungen. Das Gespräch führte Stefan Weber.
Zahlen und Fakten
Treiber und Trends, die Einfluss auf der Arbeitswelt von morgen haben
Quelle: Weißbuch Arbeiten 4.0 des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales
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Kommentare
Thorsten Krüger
vor 7 Jahren und 5 Monaten

Ich habe das Glück seit einigen Jahren zumindest 1 Mal pro Woche HomeOffice machen zu dürfen und möchte das nicht mehr missen.

Die Einsparung der Fahrzeit von ca. 2,5 Stunden täglich bedeutet eine enorme Bereicherung der Lebensqualität.

Außerdem stelle ich immer wieder fest, das ich zu Hause wesentlich mehr in kürzerer Zeit leisten kann weil ungestörteres arbeiten möglich ist. In einem 5er Büro sind Störungen teilweise im Minutentakt angesagt die immer wieder den Arbeitsfluss stören.

Allerdings muss man auch ganz klar sagen das auf "Bürotage" selten ganz verzichtet werden könnte, weil man sich mit Kollegin abstimmen muss und das ist oft effektiver wenn man mit diesen die Themen von Angesicht zu Angesicht angehen kann.

Eine gute Mischung aus Bürotagen und HomeOffice wäre ein Traum. Leider sind die HomeOffice Möglichkeiten immer noch sehr eingeschränkt.

Trotzdem vielen Dank dafür das es die Möglichkeit HomeOffice zu machen überhaupt gibt.

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