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Barbara Reuth und Anna Mili teilen sich die Aufgabe der Funktionsbereichsleitung Talentmanagement
Jobsharing
Gewinn für alle
von Bettina Rees

Eine Stelle, die sich zwei teilen, macht drei glücklich: die beiden Teilzeitbeschäftigten und ihr Arbeitgeber. Das ist die Erfahrung von Barbara Reuth und Anna Mili, die sich in der Kölner REWE Group-Zentrale eine Führungsposition teilen. Das weiß Jana Tepe, die eine Stellenbörse für Jobsharer betreibt. Und das sagt auch Sybille Hartmann, Jobsharing-Vorreiterin bei Unilever.

„Ihr bekommt doppelt Erfahrung auf eine Stelle“
Vertrauen statt Konkurrenzdenken: Wie das Modell Jobsharing es Barbara Reuth und Anna Mili ermöglicht, als Führungskräfte, Teilzeitbeschäftigte und Mütter erfolgreich zu sein.
„Im Rahmen eines Jobharings teilen sich seit Jahresbeginn Barbara Reuth und Anna Mili die Aufgabe der Funktionsbereichsleitung Talentmanagement. Barbara Reuth kehrte nach Beendigung der Elternzeit zum 1. Januar in Teilzeit auf die Stelle der Funktionsbereichsleiterin Talentmanagement zurück. Anna Mili ist seit Februar 2015 Funktionsbereichsleiterin Talentmanagement und führt diese Aufgabe ebenfalls nach Elternzeit in Teilzeit fort. Beide berichten an Dr. Petra Meyer-Ochel, Bereichsleiterin CoE Personalentwicklung Konzern.“
In knappe Worte verhüllten die „Personalien“ des Unternehmens Anfang 2017 eine kleine Sensation: Ein Führungskräfteduo in Jobsharing der REWE Group-Zentralbereiche. Wenn Barbara Reuth und Anna Mili ein halbes Jahr nach dem Start laut über ihre erste Zeit als professionelles „Paar“ Revue nachdenken, hört man immer noch das Erstaunen heraus, wie „geräusch- und problemlos“ ihre Idee Wirklichkeit wurde. Vielleicht war die Zeit einfach reif....
Gegenseitiges Vertrauen in die Kompetenz der anderen: Anna Mili und Barbara Reuth

„Ich bin froh, mir die Führungsverantwortung mit Barbara zu teilen“
Anna Mili
„Bei der Vorstellung, uns die Stelle zu teilen, hatten wir beide ein gutes Gefühl“; so Reuth. „Viel Überzeugungsarbeit mussten wir nicht leisten, unsere Vorgesetzten machten gerne mit.“ Das heißt: Unterstützung durch die direkte Chefin Petra Meyer-Ochel. Offene Ohren auch bei Daniela Büchel, als Bereichsvorstand für Personalfragen zuständig, und bei Bereichsleiter Personalwesen Oliver Holler. „Beide fanden es spontan gut.“

Verhaltener reagierte zunächst das Team. „Die Sorgen drehten sich vor  allem um organisatorische Fragen: Bei wem stelle ich meinen Urlaubsantrag, wer führt jetzt mit mir mein Entwicklungsgespräch, an wen berichte ich...“, so Mili.
Jobsharing erfordert enge Zusammenarbeit. „Der regelmäßige Austausch ist für uns essentiell“, so Reuth, die wie Mili über eine langjährige Karriere im Konzern und ein großes Netzwerk verfügt. „Wir haben uns zwar die Inhalte schwerpunktmäßig aufgeteilt, möchten jedoch sicherstellen, dass wir beide zu allen Themen angesprochen werden und Auskunft geben können“. So vertreten sie sich bei Präsentationen und Terminen. Ihre Geling-Formel für Jobsharing heißt denn auch: „Vertrauen in die Kompetenz des anderen“.

Dass das klappt, schreibt Anna Mili auch ihrem Team sowie ihrer Führungskraft zu: „Unsere Chefin fördert das „Wir“, sie bevorzugt keine und hat für jede gleich viel Interesse und Anerkennung. Aber sie nimmt uns sehr klar als Individuum wahr. Genauso viel Glück haben wir mit unseren Mitarbeitern. Das gibt uns innere und äußere Ruhe.“

„Das A und O beim Jobsharing ist die persönliche Passung zwischen uns"
Barbara Reuth
Milis und Reuths Erfolgsformel: „Keine Eitelkeiten!“ Als Jobsharer dürfe man auf keinen Fall ein „Kontrollfreak“ sein oder sich gar in „Wettkampfdenken“ versteigen. „Man muss Vertrauen haben, offen sein, Selbstreflexion betreiben, Feedback annehmen und geben. Und am Ende dann akzeptieren, wenn die andere vielleicht doch einen anderen Weg einschlägt als den, den man selbst gewählt hätte“, so Mili. Gegenseitiges Feedback ist für beide das Rückgrat des Modells Jobsharing. So nehmen sie sich regelmäßig Zeit, um sich als „Sparringpartner“ zu dienen, sich gegenseitig zu sagen, wo es hakt und was gut lief.
Ob bei einer Präsentation. Oder in der Zusammenarbeit. „Das A und O beim Jobsharing ist die persönliche Passung zwischen uns“, so Reuth. Es passt. Das sagen beide. „Unser Ziel ist, in Teilzeit und mit Kindern einen Funktionsbereich zu leiten. Es freut uns, dass das funktioniert“, so Barbara Reuth. „Ich bin froh, mir die Führungsverantwortung mit Barbara zu teilen“, so Anna Mili. Ihr Appell ans Unternehmen: „Einfach mal wagen!“ Denn der große Pluspunkt von Jobsharing für den Arbeitgeber sei: „Ihr bekommt doppelt Erfahrung auf eine Stelle“.
Jobsharing-Expertin Jana Tepe im Interview
„Es interessieren sich auffallend viele Männer“
one: Frau Tepe, welche Vorteile bietet Jobsharing?
Jana Tepe:
Jobsharing bietet Chancen, die klassische Teilzeit nicht bietet. Teilzeit bedeutet ja oft einen Karriereknick. Jobsharing bietet andere Möglichkeiten und eine andere Zusammenarbeit. Zudem kommen viele Tandems auf mehr als 100 Prozent, da die einzelnen oft 30 Wochenstunden arbeiten. Aus diesen Gründen empfehle ich Unternehmen, Jobsharing nicht als Frauenmodell zu deklarieren. Denn es interessieren sich auffallend viele Männer dafür. Gerne formieren sich auch Tandems aus Jung und Alt.
one: Welche Stärken haben Jobsharer?
Jana Tepe:
Jobsharer, das sind zwei Sparringpartner auf Augenhöhe, die flexibel Arbeit und Arbeitszeit untereinander aufteilen. Und das ohne Mehraufwand für die Vorgesetzten. Sie verfügen über ein hohes Maß an Selbstmanagement und Eigenverantwortung. Übrigens beides Begriffe, die auch für die Arbeit der Zukunft wichtig sind, und einen großen Motivationsfaktor darstellen.
Jana Tepe (rechts) leitet im Jobsharing-Duo mit Anna Kaiser die Plattform Tandemploy
one: Müssen beide genau gleich ticken?
Jana Tepe:
Ein Tandem ist ein Team und zugleich zwei Individuen. Jedes Tandem findet im Laufe der Zeit seinen eigenen Modus. Manche sind wie Klone, andere ergänzen sich. Es ist völlig okay, wenn die Persönlichkeiten unterschiedlich sind. Wichtig ist aber: Sie müssen gemeinsam in eine Richtung schauen: Was wollen beide erreichen, wie eng wollen sie die Zusammenarbeit gestalten...

Auf jeden Fall sollten es Teamplayer sein. Denn die Erfolge gehören beiden zusammen. Die Misserfolge aber auch. Als Chef muss mir also klar sein: In Jobsharing kann ich niemanden hineinzwingen.one: Was ist sonst noch wichtig, wenn zwei als Tandem arbeiten wollen?
Jana Tepe:
Reflexionszeit! Das heißt: sich in regelmäßigen Abständen treffen und austauschen. Und absolute Verbindlichkeit! Ich muss mich auf die andere verlassen können. Mein Feedback muss offen und sofort sein.
one: Wie finde ich meine Jobsharing-Hälfte?
Jana Tepe:
Die richtige Chemie und die Akzeptanz durch die Vorgesetzte sind wesentliche Kriterien. Und dann ist da ja noch das Bauchgefühl. one: Sie führen die Geschäfte von Tandemploy im Jobsharing. Tipps aus Ihrer Praxis?
Jana Tepe:
Vermarkten Sie sich klug als Tandem! Kommunizieren Sie, wer für welchen Bereich der bessere Ansprechpartner ist. Unser Vertriebsduo hat zum Beispiel eine gemeinsame Visitenkarte, pro Seite ein Name. In meinem Jobsharing-Tandem führen wir, zusätzlich zu unserem eigenen, einen geteilten Kalender für Termine, die für beide relevant sind.
„Wir haben Erfolge und Misserfolge miteinander geteilt“
Als noch kaum jemand von Jobsharing sprach, hat Sybille Hartmann es schon gemacht: Heute ist sie Finance Director bei Unilever Deutschland – und hat dort bereits in drei Positionen im Jobsharing gearbeitet. Im Video berichtet sie, wie sie Ende der Neunziger Jahre zum Jobsharing kam, welche Herausforderungen damit verbunden waren – und was das Modell für sie zum Erfolg gemacht hat.
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