Deutschlands prominentester Geldfälscher
„Ohne Geld fühle ich mich wie nackt“
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Traut einer der besten Geldfälscher der Welt dem Bargeld? Für Hans-Jürgen Kuhl ist Bares immer noch Wahres, obwohl er weiß, wie einfach es wäre, Falschgeld herzustellen – wenn man kreativ ist und sich aufs Drucken versteht.
Im heutigen REWE Richrath hat alles angefangen. Bis vor einigen Jahren war hier das „Cento“. Dort, direkt an der Breite Straße, fanden die – wie das BKA sie nannte – „konspirativen Treffen“ statt, die dem Kölner Künstler Hans-Jürgen Kuhl Schlagzeilen in allen großen Tageszeitungen und Beinamen wie „Warhol der Geldfälscher“ einbrachten. 16,5 Millionen Dollar-Blüten hatte er gedruckt und war aufgeflogen.
Die Falschgeld-Geschichte ist abgehakt: Die sechs Jahre Haft hat er als Freigänger abgesessen und wurde nach zwei Drittel der Zeit entlassen. Einzig eine kleine Sammlung mit echten und gefälschten Geldscheinen aus verschiedenen Ländern besitzt Hans-Jürgen Kuhl noch. Dennoch ist er immer noch gefragt, denn mit Falschgeld kennt er sich aus.
Kein Wunder, schließlich hat Kuhl viel Zeit und Arbeit investiert, die wohl besten falschen Dollarnoten zu drucken, die jemals gefunden wurden. Die Geschichte vom Kölner Künstler, dessen geschredderte Scheine das FBI in mühevoller Kleinarbeit zusammenpuzzelte, bis unter den vielen kleinen Schnipseln der Name Kuhl auftauchte, ging um die Welt. Der Kölner Autor Christoph Gottwald hat sie im Buch „Blütenträume“ aufgeschrieben.
Markus Lanz überraschte Kuhl in dessen Talkshow. „Er reichte mir zwei Scheine und fragte, ob ich ihm sagen könne, welcher davon eine Fälschung ist. Ich schaute mir die Scheine an und meinte, ‚die sind beide echt‘. Da hat er mich mit großen Augen angeguckt. Dabei hätte ich mir das Geld noch nicht mal ansehen müssen. Das konnte ich sofort fühlen.“
Kuhls Wissen ist auch manchem Experten eine Anfrage wert. So riefen Bargeldexperten aus Kanada an, weil sie überlegt hatten, neues Geld in Umlauf zu bringen. Die Idee war, statt auf Papier auf Plastik zu drucken und das Geld dadurch fälschungssicherer zu machen. „Das ist natürlich totaler Quatsch. Ich muss ja nur das richtige Plastik finden, und schon kann ich auch dieses Geld fälschen“, weiß der Künstler.
Auch in öffentlichen Gesprächen mit dem Designer der Euroscheine, Reinhold Gerstetter, hat Kuhl sich zu Fälschungen geäußert. Denn er ist überzeugt, Bargeld könnte fälschungssicherer sein. Ein größeres Hologramm zum Beispiel würde den Fälschern das Handwerk deutlich erschweren. Gerstetter hielt dagegen, dass der Aufwand des Geldfälschens viel zu groß sei.
Das überzeugt Hans-Jürgen Kuhl nicht wirklich. „Ich glaube jeder Drucker auf der Welt hat irgendwann mal darüber nachgedacht, selbst Geld zu drucken. Und mit etwas Kreativität bekommt man das auch hin.“
Kuhl hat sich das Drucken selbst beigebracht - inspiriert von Andy Warhol. „Damals hatte ich ein großes Haus und habe überlegt die „Flowers“ von Warhol für eine Wand kaufen. Dann habe ich mir die Bilder angeschaut und gedacht: Das kann ich selbst. Und wenn man sich das Original ansieht, muss man sagen, das kauft eigentlich kein Mensch, weil es nicht gut gemacht ist.“ Also modifizierte er die „Flowers“ und druckte Exemplare für sein Haus.
Seine Drucke fanden viele Abnehmer – Kuhl, der zuvor bereits mit einem Modelabel erfolgreich war, verdiente sein Geld jetzt mit Kunst.
Erst Jahre später verleitete ihn seine Kunst dazu, es mit falschen Dollarnoten zu versuchen. Dafür brauchte er viele Anläufe: „Ich habe bestimmt 100 Müllsäcke mit geschredderten Blüten zur Müllhalde gebracht.“
Geschreddert waren die Scheine, weil er mit den ersten Drucken nicht zufrieden war. Die Serien A, B und C nennt er diese Versuche, die schon gut, in seinen Augen aber nicht perfekt waren. Immer weiter hat er getüftelt: das richtige Papier gesucht, verschiedene Farben getestet, bis er die richtige Technik gefunden hatte, um unter anderem genau diese Erhabenheit zu drucken, die ihm ermöglicht, durch Fühlen Original und Fälschung zu unterscheiden. Experten, die die Dollarnoten untersuchten, sollen die Fälschungen als „erschreckend perfekt“ bezeichnet haben.
Doch während so mancher IT-Experte vor einigen Online-Bezahlsystemen zurückschreckt, mag Hans-Jürgen Kuhl nicht ohne Bargeld sein. „Ohne Bargeld fühle ich mich wie nackt. Ich bin von der alten Schule. Meine Überweisungen bringe ich noch zur Bank und ich muss immer Bargeld dabeihaben.“
Und so zahlt Hans-Jürgen Kuhl seine Rechnung bei REWE Richrath selbstverständlich in bar. Dort ist er inzwischen Stammgast („mindestens einmal die Woche“) und hat einen Gutschein für lebenslangen kostenlosen Kaffee, weil er zur Eröffnung ein Bild beigesteuert hat. „Das ist einfach eine tolle Lage, und das Essen ist lecker.“ Nur die „konspirativen Treffen“, die finden dort schon lange nicht mehr statt.
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