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©PantherMedia AndreyPopov
Barrierefreiheit bei toom
„Leichte Sprache macht selbstständig!“
von Sylvia Hannstein

Möglichst viele Menschen zum Selbermachen befähigen: Das ist ein zentrales Anliegen von toom. Hilfreich sind dafür die drei DIY-Broschüren in Leichter Sprache, nun wurde auch ein großer Bereich auf toom.de leicht verständlich umgetextet. Wie wichtig diese Werkzeuge für viele Menschen mit, aber auch ohne geistige Beeinträchtigung, sind, und was darüber hinaus gemeinsam mit toom im Zeichen der Inklusion geplant ist, erzählt uns Dr. Angelika Magiros vom Projektpartner Bundesvereinigung Lebenshilfe e.V..

Toom setzt sich bereits seit vielen Jahren für die Integration von Menschen mit Beeinträchtigungen in der Gesellschaft ein. Zum Beispiel durch die Einrichtung von sogenannten Außenarbeitsplätzen für Lebenshilfe-Beschäftigte in den toom-Märkten – das sind Arbeitsplätze für beeinträchtigte Mitarbeitende aus Werkstätten. Und auch bei Projekten, die zentral geplant und bundesweit in Zusammenarbeit mit der Bundesvereinigung Lebenshilfe e.V. umgesetzt werden. Als übergreifendes gemeinsames Projekt wurden zum Beispiel bereits zwei Broschüren zum Thema „Selbermachen leicht gemacht“ in Leichter Sprache erstellt, sowie eine dritte Broschüre der Reihe zum Thema Klima- und Naturschutz.

In einem weiteren Schritt wurde nun auch ein großer Bereich auf toom.de in Leichter Sprache, und somit leicht verständlich, umgetextet.

Was bedeutet „Leichte Sprache“ für die Gesellschaft? Warum profitieren davon so viele Menschen? Und warum ist gerade toom als Baumarktkette engagierter – und bestens geeigneter – Vorreiter? Wir haben bei einer Frau nachgefragt, die es wissen muss: Angelika Magiros von Projektpartner Bundesvereinigung Lebenshilfe e.V..

Angelika Magiros one: Frau Magiros, welchen Stellenwert hat das Thema „Leichte Sprache“ – für die Lebenshilfe, vor allem aber für die Gesellschaft?
Angelika Magiros:
Leichte Sprache hat eine enorme Bedeutung – in der Arbeit der Lebenshilfe, aber natürlich vor allem für die Menschen, denen sie im Alltag hilft. Leichte Sprache ist ein Mittel dafür, dass Menschen mit geistiger Beeinträchtigung ihr Recht darauf wahrnehmen können, sich selbst zu informieren – ohne Barrieren, ohne Helfer:innen, die komplizierte Texte „übersetzen“ müssen. Ein selbständiger Zugang zu Information ist für uns Menschenrecht. Die Leichte Sprache ist ein tolles Werkzeug dafür.

one: Was genau ist Leichte Sprache – und wer definiert das?
Angelika Magiros:
Unter anderen hat das Netzwerk Leichte Sprache Regeln für die Leichte Sprache entwickelt.
Diese Regeln sind zum Beispiel: Kurze Sätze, nur eine Information pro Satz, Fremdwörter und Fachbegriffe werden ersetzt oder erklärt. Sehr wichtig ist auch, dass jeder Leichte Sprache-Text von Menschen mit geistiger Beeinträchtigung geprüft werden muss. Daneben gibt es noch die einfache Sprache, die es den Menschen ebenfalls erleichtert, Texte zu verstehen. Sie folgt jedoch keinem festen Regelwerk und ist insofern manchmal im Ergebnis dann doch zu schwer.
 
one: Dann gibt es tatsächlich eine Leichte Sprache für alle?
Angelika Magiros:
Es ist natürlich individuell: Nicht jeder versteht immer alles. Doch man hat so schon dafür gesorgt, dass eine ganze Reihe von Menschen, die sonst mit alltäglicher Sprache nicht weiterkämen, sich informieren können.

one: Wie prüfen Sie, ob die Leichte Sprache tatsächlich verstanden wird?
Angelika Magiros:
Zunächst versuchen wir, alle Regeln der Leichten Sprache umzusetzen. Ganz wichtig ist uns, dass immer eine Prüfung durch Menschen mit geistiger Beeinträchtigung erfolgt, ob die Formulierungen wirklich verständlich sind. Das ist ein Qualitätskriterium. Das ist bei uns Standard, auch in der Zusammenarbeit mit toom.

Wir legen die Texte einer ganzen Prüfergruppe vor: Ein Team von Menschen mit geistiger Behinderung. Junge, alte, möglichst vielfältig. Es gibt inzwischen viele, sogenannte „Leichte Sprache-Büros“, die man für den Zweck der Textübersetzung verpflichten kann. Die meisten von ihnen arbeiten dabei ebenfalls mit solchen Prüfergruppen.

one: Warum ist toom so ein guter Partner für das Projekt?
Angelika Magiros:
Wir finden es enorm wichtig, dass Leichte Sprache Einzug hält in allen möglichen Bereichen des Lebens. Dazu gehören auch DIY-Handwerkerthemen: Wie streiche ich eine Wand? Wie kann ich ein Regal anbringen? Da sind die inzwischen drei Broschüren, die toom herausgebracht hat, eine klasse Sache! Denken Sie zum Beispiel an die vielen Menschen mit teils auch geistigen Beeinträchtigungen, die im ambulanten, betreuten Wohnen leben: Sie können mit Hilfe dieser Hefte einfach Schritt für Schritt Dinge selber machen.

Und letztlich passt dieses Engagement auch sehr gut zum toom-Claim „Respekt wer‘s selber macht“. Und auch zu der Tatsache, dass die Zielgruppe für Leichte Sprache ja riesengroß ist.

„Leichte Sprache wird von rund 13 Millionen Menschen mit geistiger Beeinträchtigung in Deutschland benötigt.“ one: Wie meinen Sie das: „Die Zielgruppe für Leichte Sprache ist riesengroß“?
Angelika Magiros:
Leichte Sprache wird von rund 13 Millionen Menschen mit geistiger Beeinträchtigung in Deutschland benötigt. Und ich habe erfahren: Auch viele Menschen ohne Beeinträchtigung nutzen die Broschüren, weil sie eben so wunderbar einfach geschrieben sind. Alles wird verständlich und Schritt für Schritt erklärt, und mit vielen Fotos anschaulich gemacht.

 

Das trifft den Kern. Natürlich geht es uns von der Lebenshilfe vor allem um Menschen mit geistiger Beeinträchtigung. Aber diese Leichte Sprache ist auch für andere Menschen gut und wichtig: Zum Beispiel für Menschen, die gerade Deutsch lernen. Oder die Schwierigkeiten haben, zu lesen. Auch das sind Zielgruppen!

one: Wie ist Ihre Zusammenarbeit mit toom entstanden?
Angelika Magiros:
Wir arbeiten seit fast zehn Jahren mit toom zusammen. Angefangen haben wir mit Projekten vor Ort. Ein ganz wichtiges Engagement waren – und sind es immer noch -  die Werkstatt-Außenarbeitsplätze sowie Praktikumsplätze in den toom Märkten. Die Resonanz ist toll: Da, wo Außenplätze installiert wurden, waren immer alle ganz begeistert. Auch die toom-Mitarbeitenden. Wir haben häufig die Rückmeldung bekommen, dass Teamspirit und Kundenkontakt positiv verstärkt wurden.  

one: Was wünschen Sie sich für die Zukunft für die Zusammenarbeit mit toom, aber auch darüber hinaus?
Angelika Magiros:
Ich wünsche mir generell noch mehr Partnerschaften vor Ort. Mehr Teilhabe am Arbeitsleben, noch mehr Werkstatt-Außenarbeitsplätze, aber auch mehr reguläre, sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze für Menschen mit Beeinträchtigung. Und ich glaube, auch zum Thema „Leichte Sprache“ wird uns noch sehr viel mehr einfallen. Es wäre natürlich großartig, wenn Leichte Sprache immer mehr zur Selbstverständlichkeit würde – doch bis dahin ist es noch ein ordentlicher Weg.

 

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