nach oben
nach oben
Wo sich beim Richtfest noch gut gelaunte Zimmerleute tummeln, soll nach der Fertigstellung Salat wachsen: Auf der Dachfarm des zweiten REWE Green Farming Marktes. ©Christoph Große
Lesedauer: 4 Minuten
REWE Green Farming Berlin:
Landwirtschaft auf dem Dach und Digitalisierung im Fundament
von Annika Kurth

Im Berliner Ortsteil Lankwitz entsteht derzeit ein Supermarkt, der Maßstäbe setzt – ökologisch und architektonisch. Ende September feierte der zweite REWE Green Farming Markt sein Richtfest und ist damit einen großen Schritt näher an seiner Eröffnung im Frühjahr 2026. Das Besondere: Es ist der erste Markt der REWE Group, der vollständig mit der BIM-Methode (Building Information Modeling) geplant und gebaut wurde. Im Interview berichtet Thomas van der Broeck, Head of Digital Construction & Processes, warum das Projekt zukunftsweisend für das Bauwesen bei der REWE Group ist.  

Thomas van der Broeck (Foto: privat) Einblicke in das erste Bauprojekt der REWE Group mit digitalem Zwilling

Am 17. September 2025 wurde in Berlin-Lankwitz ein Meilenstein gefeiert: Das Richtfest des zweiten REWE Green Farming Marktes markiert den Fortschritt eines Projekts, das nicht nur durch seine Dachfarm, sondern auch durch seine digitale Planung neue Maßstäbe setzt. Seit dem Baustart im März wurde das Tragwerk aus rund 1.450 Kubikmetern heimischem Nadelholz errichtet – ein kreislauffähiger Bau, der CO₂ speichert und ohne Leimverbindungen auskommt. 

Über der 2.150 Quadratmeter großen Markthalle entsteht Berlins größte Dachfarm. Das Berliner Unternehmen ECF Farmsystems wird dort jährlich bis zu 900.000 Salatmischungen produzieren – in einem automatisierten, hydroponischen System, nahezu ohne Erde und unabhängig von Wetter und Jahreszeit. Regenwasser aus einer Zisterne und die Nutzung von Abwärme zur Beheizung des Marktes vervollständigen den nachhaltigen Kreislauf. 

„Wir bauen den digitalen Zwilling gleich mit“

Doch nicht nur ökologisch, auch in der Planung ist der Markt ein Vorreiter: Er ist der erste REWE-Markt, der vollständig mit der BIM- Methode geplant wurde. Was das bedeutet, erklärt Thomas van der Broeck im Interview. 

one: Was heißt “BIM” eigentlich?  

Thomas van der Broeck: BIM steht für Building Information Modeling. Es ist eine neue Arbeitsmethode, die den Grundstein für den digitalen Zwilling einer Immobilie legt. Statt wie bisher zweidimensional planen wir erstmals dreidimensional, datengetrieben und vor allem kollaborativ. Das heißt alle Planungsbeteiligten bringen ein eigenes Modell ein, das dann mit den Modellen der anderen Gewerke vernetzt und automatisiert auf Kollisionen geprüft wird. Das Gesamtmodell bildet dann das Datenfundament für alle weiteren Prozesse.  

one: Was bedeutet das konkret für die Planung und den Bauprozess? 

Thomas van der Broeck: Das Gebäude wird digital vorgebaut. Der gesamte Planungsprozess wird für alle Beteiligten transparenter. Wir erkennen Probleme, bevor sie erst entstehen und auf der Baustelle meist teuer werden. Wenn beispielsweise ein Lüftungskanal nicht mit dem Wanddurchbruch übereinstimmt, hätte man das früher oft erst auf der Baustelle gemerkt. Heute sehen wir das direkt im Modell und können es im Vorfeld lösen. Langfristig gewinnen wir so extrem an Geschwindigkeit, Datenqualität und können Mehrkosten in der Bauphase vermeiden.  

v. l. Nikolas Leschke (Geschäftsführer, ECF Farmsystems), Felix Thomas (Kaufmann REWE Green Farming Berlin), Florian Nain (Teamleiter Planung & Eigenobjekte Bauwesen, REWE Ost), Frank May (Projektleiter Bauwesen, REWE Ost), Gerd Baumann (Dreßler Bau), Klaus Wiens (Head of Bauwesen Filialbau, REWE), Ruppert Stüwe (Mitglied des Bundestages, SPD) und Michael Krüger (Vertriebsleiter, REWE Ost) (Foto: Christoph Große).

one: Wie geht es nach dem Bau weiter – was passiert in der Betriebsphase? 

Thomas van der Broeck: Das BIM-Modell begleitet uns über den gesamten Lebenszyklus der Immobilie. In der Betriebsphase stellt es die Basis des digitalen Zwillings, der durch die Verknüpfung aller relevanten Informationen wie z.B.  den verbauten Materialien und technischen Anlagen, entsteht. Vor allem für den Wartungs- und Reparaturprozess wird das in Zukunft enorme Vorteile bringen. Ein Beispiel: Bisher wussten Handwerker:innen bevor sie in einen Markt gefahren sind, nur, dass sie einen Filter bei einem Deckengerät (Heizung/Klima) tauschen müssen. Unter Umständen gibt es davon aber bis zu 15 Stück. Im Modell des digitalen Zwillings eines Marktes können Handwerker:innen künftig genau sehen, bei welchem Gerät ein Problem auftritt und was sie für die Reparatur oder Wartung mitbringen müssen. Das spart Zeit, Fahrten und Ressourcen. 

(v.l.) Florian Nain, Teamleiter Planung & Eigenobjekte Bauwesen, REWE Ost und Frank May, Projektleiter Bauwesen, REWE Ost, freuen sich beim Richtfest über den Baufortschritt des zukunftsweisenden REWE-Markts für Berlin.


one: Warum wurde das Green Farming-Bauprojekt in Berlin als erster Markt ausgewählt, bei dem BIM angewendet wird? 

Thomas van der Broeck: REWE Green Farming ist kein Leuchtturmprojekt in Berlin und Wiesbaden, sondern ein zukunftsweisendes Konzept, das in Serie geht und noch an vielen anderen Standorten gebaut werden soll. Daher ist es sinnvoll, direkt auf eine neue Methode zu setzten, damit diese als Standard gelebt, etabliert und weiterentwickelt werden kann. Beim Green Farming Berlin-Projekt hat insbesondere meine Kollegin Demet Bachor in der Rolle als BIM Managerin die regionalen Kolleg:innen aus der Bauabteilung sowie die Fachplaner:innen intensiv betreut und die möglichen Potenziale sichtbar gemacht. Die gewonnen Erkenntnisse fließen jetzt in weitere BIM-Projekte anderer Geschäftseinheiten der REWE Group.   

one: Seit 1. Oktober 2025 leitest du im Bauwesen der REWE Group unter Harald Fischer ein neu geschaffenes Team fürs digitale Bauen – den Bereich ‘Digital Construction & Processes’. Wie sieht die Zukunftsvision des Bauens bei der REWE Group aus? 

Thomas van der Broeck: Auch wenn die Zukunft eines Handelsunternehmens nicht vorrangig durch das Bauwesen geprägt wird, möchten wir in diesem Bereich dennoch unseren Beitrag leisten. Unser Ziel ist es, wegzukommen von papierbasierten Prozessen und isolierten Lösungen – hin zu einem durchgängig digitalen Bestandsportfolio unserer Immobilien.  

Betrachtet man eine Immobilie über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg, haben wir noch jede Menge Potenzial. Ein Beispiel ist die schrittweise Digitalisierung von bestehenden Immobilien mithilfe von KI-basierten Technologien – da stehen wir im Grunde erst am Anfang. Gleichzeitig sehen wir in der konsequenten Digitalisierung und Automatisierung unserer Prozesse die Chance, dem steigenden Kostendruck und Fachkräftemangel aktiv entgegenzuwirken. 

Vom digitalen Zwilling zum realen Bauwerk.
Kommentieren
Mein Kommentar
Kommentieren