Die Brände in den Feriengebieten auf Rhodos sind gelöscht. Die betroffenen Gäste der DER Touristik sind sicher daheim gelandet, eine umfangreiche Spendenaktion für die Betroffenen vor Ort wurde ins Leben gerufen. Doch kann man wieder auf die Insel reisen, ist Urlaub dort wieder möglich? Wir haben bei Melanie Gerhardt, Leiterin Krisenmanagement DER Touristik, nachgefragt.
Die Waldbrände trafen Rhodos mitten in der Hochsaison ins Mark. Tausende Urlauber:innen mussten evakuiert werden – darunter auch zahlreiche Gäste der Veranstalter der DER Touristik. Bereits am 25. Juli waren alle unsere Gäste, die von der Evakuation betroffen waren und zurückkehren wollten, wieder sicher in Deutschland gelandet. Zur Unterstützung der von den Waldbränden betroffenen Bevölkerung auf Rhodos hat die DER Touristik Foundation e.V. eine Spendenaktion gestartet.
Melanie Gerhardt, Leiterin Krisenmanagement DER Touristik. Seitdem sind rund zwei Wochen vergangen. Wir haben bei Melanie Gerhardt, Leiterin Krisenmanagement DER Touristik, nachgehört, wie die Situation jetzt aussieht, wie es den Menschen geht, und ob Urlaub auf Rhodos wieder möglich ist. Melanie Gerhardt war unmittelbar nach den Bränden selbst vor Ort, und hat als Vorsitzende des Ausschusses Krisen- und Sicherheitsmanagement des Deutschen Reiseverbands (DRV) – in enger Abstimmung mit dem Katastrophenschutz vor Ort – die Lage bewertet.
one: Frau Gerhardt, elf Tage lang – bis Ende Juli – wüteten die schweren Brände auf Rhodos. Sie waren persönlich Ende Juli dort, und stehen in ständigem Kontakt mit den Kolleg:innen auf der Insel. Wie geht es den Menschen vor Ort?
„Mir fiel ein Stein vom Herzen, als der Katastrophenschutz mitteilte, dass alle Gäste und die betroffene Bevölkerung in Sicherheit seien, und das letzte Evakuierungsboot in Rhodos Stadt angelegt hatte.“Melanie Gerhardt
Melanie Gerhardt: Gottseidank ist niemand zu Schaden gekommen. Alle Einwohner sind wohlauf! Die Menschen sind trotz des tragischen Waldbrandes, und obwohl manche ihr gesamtes Hab und Gut verloren haben, unendlich dankbar, dass keine Einwohner und auch kein Urlauber verletzt wurden – und auch alle Touristen erfolgreich evakuiert werden konnten. Auch mir fiel in der Nacht von Samstag (23. Juli) auf Sonntagmorgen um 4.30 Uhr ein Stein vom Herzen, als der Katastrophenschutz mitteilte, dass alle Gäste in Sicherheit seien, und die betroffene Bevölkerung und das letzte Evakuierungsboot in Rhodos Stadt angelegt hatte.
Bis dahin funktioniert man einfach automatisch. Jeder Handgriff, den wir seit Jahren für den Ernstfall in der Branche üben, sitzt - und das natürlich bei solch einer Krisenlage branchenübergreifend.
one: Trotz aller Professionalität und Erfahrung im Krisenmanagement – wie hat Sie die Krise auf Rhodos berührt?
Melanie Gerhardt: Natürlich sehr, das legt man nie ab! In den Gesprächen mit dem Auswärtigen Amt und dem Katastrophenschutz spürte man von Minute zu Minute die wachsende Anspannung und auch die Zeitnot der Behörden und des Militärs. Die Entscheidungen mussten manchmal im Minuten-Takt erfolgen und auch entsprechend schnell umgesetzt werden. Oftmals sind wir sehr kurzfristig informiert worden, dass Bootstransfers organisiert wurden und zusätzlich jedes Fischerboot Gäste aufnehmen sollte. Teilweise haben die Reiseleitungen der Veranstalter direkte Anweisungen vom Katastrophenschutz bekommen, bei den Gästen zu bleiben, die eigenen Gäste im Blick zu behalten. Die Situation war sehr dynamisch.
„Wir mussten unter großem Zeitdruck mit unseren Betreuungseinheiten vor Ort sehr schnell reagieren - und das gemeinsam in der Branche.“Melanie Gerhardt
In meiner Funktion als Vorsitzende des DRV-Ausschusses Krisen- und Sicherheitsmanagement und Bindeglied zum Krisenstab des Auswärtigen Amtes hatte ich während des Brandes einen direkten Draht zu den örtlichen Katastrophenschutzbehörden und war mit allen relevanten Akteuren im Gespräch und daher immer entsprechend up to date. Die Infos musste ich dann sehr schnell unseren Kolleginnen und Kollegen aus dem Haus weitergeben – per Sprachregelung oder Informations-Newsletter. Während die Konferenzen noch liefen, habe ich Handlungsempfehlungen geschrieben, damit unsere Fachbereiche ihre operativen Maßnahmen darauf abstellen konnten und alle zeitgleich einen identischen Informationsstand hatten. Wir mussten unter großem Zeitdruck mit unseren Betreuungseinheiten vor Ort sehr schnell reagieren – und das gemeinsam in der Branche.
Die Inselmitte von Rhodos nach dem Brand.
one: Wie ist die Lage auf der Insel jetzt, rund zwei Wochen nach der Katastrophe?
Melanie Gerhardt: Wer vom Flughafen im Norden entlang der Küste gen Süden fährt, der wird landschaftlich auf weiten Teilen der Strecke kaum Veränderungen bemerken. Das Waldbrandgebiet betraf ausschließlich die Inselmitte und einen Teil der Südostküste. Zwei Wochen nach der Löschung weisen dort lediglich noch einige verkohlte Flächen auf die Geschehnisse hin, diese sind insbesondere um die Ortschaft Kiotari zu sehen.
one: Wie ist es um die touristische Infrastruktur im Norden bestellt?
Melanie Gerhardt: Die touristische Infrastruktur im Norden von Rhodos steht uneingeschränkt zur Verfügung. Das betrifft alle wichtigen Ferienorte wie Rhodos-Stadt, Faliraki/Kalithea, Afandou, Kolymbia und Archangelos. Die Hotelbetriebe der DER Touristik-Produktpalette operieren dort völlig ohne Einschränkung.
one: Und wie stellt sich die Lage im Süden dar?
Melanie Gerhardt: Differenzierter, denn der Süden wurde von den Waldbränden unmittelbar heimgesucht. Hier haben die Flammen Narben in der Landschaft hinterlassen, und auch viel Natur wurde zerstört. Man kann jetzt noch genau sehen, wo die Feuerwalze gewütet hat und wo vorher der Katastrophenschutz schon hervorragende Arbeit geleistet hat, da man Dörfer mit Brandschneisen abgesichert hat.
„Die touristische Infrastruktur im Süden weist kaum noch Spuren der Brände auf. Dies liegt nicht zuletzt an der guten Arbeit des örtlichen Katastrophenschutzes, der Ortschaften und Hotels durch gezielt gesetzte Brandschneisen vor den Flammen schützen konnte.“Melanie Gerhardt
one: Wie stark ist die touristische Infrastruktur im Süden betroffen?
Melanie Gerhardt: Lediglich 14 von 567 Hotels auf Rhodos wurden durch die Brände beschädigt – und zwar ausschließlich an den Außenlagen oder an Dächern. Nur zwei der betroffenen Hotels werden zum derzeitigen Stand für einen längeren Zeitraum noch geschlossen bleiben müssen.
Die Poollandschaft des Hotel Lindos Imperial - von der Brandkatastrophe ist nichts mehr zu sehen.
one: Wird dort immer noch aufgeräumt?
Melanie Gerhardt: In den beliebten Ferienorten des Südens wie Lindos, Lardos, und Gennadi sind die Aufräum- und Verschönerungsarbeiten, die mit unglaublichem Engagement auf Hochtouren durchgeführt wurden, weitgehend abgeschlossen. Das war schon bei meinem Besuch Ende Juli zu sehen. In Kiotari gab es noch Brandspuren. Diese sind nun, zwei Wochen später, auch behoben worden.
„Die Außenbereiche der Hotels awurden aufwändig gereinigt, neue Filteranlagen eingebaut. In den Resorts von Kiotari haben alle Pools neues Wasser bekommen, und die Filtersysteme sind teilweise komplett ausgewechselt worden. Ganze Strände wurden gereinigt. Die Mitarbeitenden in den Resorts haben alles gegeben.“Melanie Gerhardt
one: Die DER Touristik Foundation hat spontan eine Spendenaktion ins Leben gerufen. Gibt es einen ersten Zwischenstand?
Melanie Gerhardt: Wir überprüfen gerade, ob wir uns an einem Aufforstungsprojekt beteiligen. Ich glaube, das wäre ein sehr gutes langfristiges Projekt.
one: Es ist unglaublich, wie schnell die Bevölkerung die Schäden auf ihrer Insel beseitigt hat. Wird dieser Kraftakt durch wieder steigende Besucherzahlen belohnt?
Melanie Gerhardt: Zum einen durch Kampagnen für den Vertrieb, aber auch durch Presseveröffentlichungen und Informationsveranstaltungen wird um Urlauber:innen geworben. Rhodos hat unschlagbare Kurzfristangebote und möchte das Vertrauen der Gäste wieder zurückgewinnen. Wenn ich als Kundin ein Kurzfrist-Schnäppchen suchen würde, dann würde ich einen Blick auf Rhodos werfen! Aber auch für den Herbst ist Rhodos immer eine Reise wert.
one: Frau Gerhardt, wir danken Ihnen für das Gespräch.
Einerseits ist es gut zu wissen, dass niemand verletzt wurde, weder bei den Inselbewohnern noch unter den Touristen. Andererseits wird vor allem sicher die wunderschöne Natur auf Rhodos dennoch sicher Jahre brauchen, bis sie sich wieder von dem Schaden erholt hat. Auch wenn natürlich alles versucht wird zu tun, diesen Schaden so gering wie möglich zu halten. Eine Beteiligung am Wiederaufforstungsprojekt wäre wünschenswert. Rhodos ist eine wunderschöne Insel, die es sich wirklich lohnt, zu besuchen (ich war vor etlichen Jahren bereits dort...) - man sollte auch gerade jetzt hinfahren, um den Menschen dort zu helfen, denn die leben in erster Linie vom Tourismus!