
REWE geht mit seinem zukunftsweisenden, kreislauffähigen Supermarktkonzept in Serie. Im Berliner Süden entsteht bis zum Frühjahr 2026 das zweite REWE Green Farming in Deutschland. Am 28. März feierte die REWE-Region Ost den Baustart des zukunftsweisenden Projekts. Klaus Wiens, Head of Bauwesen Filialbau REWE, erklärt im Interview welche Learnings aus dem Pilotmarkt in Wiesbaden-Erbenheim gezogen werden konnten, warum wir auf kreislauffähige Supermärkte setzen und welche Green Building-Projekte noch in Planung sind.
Charakteristisch für das Lebensmittelgeschäft mit gläserner Dachfarm ist die modulare Holzbauweise mit einem Tragwerk aus massiven Stützen. Über der imposanten Markthalle aus Holz und Glas wird das Berliner Unternehmen ECF Farmsystems die größte Dachfarm der Hauptstadt betreiben und Salat anbauen. REWE Group-Vorstand Peter Maly ist von der natürlichen Bauweise überzeugt: „Holz ist das Kernelement unseres Supermarkts der Zukunft. Wir binden damit viele hunderte Tonnen CO2. Und wir schließen den Baukreislauf. Das heißt, in einigen Jahrzehnten könnten wir den Markt zurückbauen und die Bauteile wiederverwenden.“ Im REWE Green Farming Berlin werden heimische Nadelhölzer verbaut, sie speichern über 700 Tonnen Kohlendioxid. In 30 Jahren ist das Holz nachgewachsen und die CO2-Bilanz ausgeglichen.
Das Berliner Unternehmen ECF Farmsystems steht für innovative Lebensmittelproduktion im städtischen Raum. Mit der Entwicklung und dem künftigen Betrieb der 2.760 Quadratmeter großen Dachfarm auf dem REWE-Markt in Berlin setzt ECF ein starkes Zeichen für nachhaltige, regionale Erzeugung. Im REWE Green Farming sollen künftig ganzjährig über 900.000 frische Salatmischungen geerntet und bis zu 700 Supermärkte in der Hauptstadtregion und darüber hinaus beliefert werden. „Durch die Nutzung von Dachflächen sowie von Sonnenlicht, Abwärme, Regenwasser und bestehenden Logistikrouten sparen wir nicht nur wertvolle Ressourcen – wir vermeiden sogar CO2-Emissionen“, erklärt Nicolas Leschke, Geschäftsführer von ECF Farmsystems. „Das Besondere an einer Dachfarm ist jedoch die klimaunabhängige Produktion und die herausragende Produktqualität – ermöglicht durch tägliche Ernte zum optimalen Reifezeitpunkt und extrem kurze Wege zu den Märkten.“
Der Anbau erfolgt in einem hydroponischen System – nahezu ohne Erde und vollautomatisiert. Alle Wachstumsbedingungen sind präzise auf die Bedürfnisse der Pflanzen abgestimmt und werden elektronisch gesteuert. Nur sieben Kilometer entfernt produziert ECF auf dem Gelände der Berliner Malzfabrik bereits exklusiv für REWE Hauptstadtbasilikum.

Klaus Wiens, Head of Bauwesen Filialbau REWE
one: Green Farming geht in Serie. Nach dem ersten, vor knapp drei Jahren in Wiesbaden eröffneten Markt, errichtet REWE in Berlin den nächsten kreislauffähigen Supermarkt mit Dachfarm. Warum fiel die Wahl auf den Standort an der Malteser Straße im Süden der Hauptstadt?
Klaus Wiens: In Berlin waren die Voraussetzungen günstig, um zügig starten zu können. Das Grundstück, auf dem bereits zuvor ein Supermarkt gestanden hatte, ist Eigentum der REWE. Zudem gab es dort keine besonderen planungsrechtlichen Anforderungen. Neben dem Standort in Berlin haben wir bereits weitere Projekte in der Planung. Nur sind die Vorlaufzeiten dort länger. Aber man kann zu Recht sagen: Mit dem Markt an der Malteser Straße geht die nächste Green-Building-Generation in Serie.´
one: Pilot für ein kreislauffähiges Supermarkt-Konzept war der Markt in Wiesbaden. Welche Erkenntnisse haben Sie dort gewonnen, die nun in das Serienkonzept eingeflossen sind?
Klaus Wiens: Der Pilotmarkt hat unsere Erwartungen voll erfüllt. Aber natürlich ist in einem Prototypen nie alles gleich perfekt. Es gibt immer Learnings. Eine der wichtigsten Erkenntnisse, die wir in Wiesbaden gewonnen haben, betrifft die Holzbauweise. Heute können wir einfacher konstruieren, mit weniger Verbindungselementen. Mit diesem Wissen haben wir verschiedene Varianten des Holz-Tragwerks entwickelt. Somit können wir heute an jedem Standort attraktive und nachhaltige Gebäude errichten. Mit dem Markt in Berlin bauen wir zudem erstmals komplett in Holz – anders als in Wiesbaden, wo die Servicebereiche aus Beton bestehen. Und noch etwas haben wir im Sinne der Nachhaltigkeit weiterentwickelt: Die Wärmeversorgung für Dachfarm und Markt erfolgt nun komplett mit Wärmepumpen. Im Pilotmarkt, wo auf der Dachfarm Fischzucht und Pflanzenanbau betrieben wird, ist eine Gas-Brennwerttherme im Einsatz.
one: Warum ist Holz als Baustoff die erste Wahl?
Klaus Wiens: Holz ist der einzige Baustoff, der eine positive Ökobilanz haben kann. Es speichert viel CO2, was die Klimabilanz des Gebäudes verbessert. Zudem sind alle verwendeten Hölzer demontierbar. Sie lassen sich nach einem Rückbau wiederverwenden und müssen nicht ins Recycling. So gesehen ist der Markt in Berlin in vielleicht 40 Jahren kein altes Gebäude, sondern ein Baustoffdepot. Wir bauen also echt kreislauffähige Supermärkte.
one: Auf der Dachfarm des neuen Berliner Marktes wird Pflücksalat angepflanzt werden – ressourcenschonend, in einem hydroponischen System ohne Erde. Welche Dachnutzungen sind darüber hinaus denkbar?
Klaus Wiens: In Berlin war Salat die beste Lösung, weil unser Partner ECF Farmsystems in der Hauptstadt bereits eine Farm betreibt, die Fisch und Basilikum liefert. Eine zweite Aquakultur hätte keinen Sinn gemacht. Abseits von Urban Farming sind verschiedene Dachnutzungen möglich, zum Beispiel als Wohn- oder Büroraum – in Zukunft möglicherweise auch in Holzbauweise. Wohnraumknappheit und geänderte städtebauliche Anforderungen machen es nötig, die Nutzung von Dächern mitzudenken. Wir bei REWE können entsprechende nachhaltige und flexible Konzepte anbieten.
one: In welchem Tempo soll das Netz der neuen Green Building-Generation ausgebaut werden?
Klaus Wiens: Im ersten Schritt geht es weniger um Tempo als um Learnings und Umsetzungsqualität. Wir dürfen nicht vergessen, dass wir mit Blick auf die Kreislauffähigkeit der Märkte eine Menge verändern. Das betrifft die Baumaterialien, aber auch die Bauweise. Wir bauen künftig modular, also mit starker Vorfertigung. Das ermöglicht eine sehr hohe Qualität und kann die Projektzeit im Vergleich zum konventionellen Bauen um bis zu drei Monate verkürzen. Diesen Wandel müssen alle unsere Projektpartner, sowohl auf Seiten der Planer als auch auf Seiten der ausführenden Unternehmen, mitmachen.
one: Wenn alles gut läuft…
Klaus Wiens: …werden wir in den nächsten Jahren in jeder Region ein bis zwei Märkte errichten, Erfahrungen sammeln, abgleichen und das Konzept danach in größerem Stil ausrollen.
one: Was sind dabei die größten Herausforderungen?
Klaus Wiens: Wie gesagt, wichtig ist vor allem, alle Beteiligten mitzunehmen auf diesen Weg. Building Information Modelling, also eine Arbeitsmethode, bei der Planung und Bau auf einem dreidimensionalen Datenmodell basiere, ist seit Jahren in vieler Munde. Aber es gibt erst vergleichsweise wenige Gebäude, die nach diesem Verfahren erstellt worden sind. Wir bei REWE wollen nicht auf den Markt warten, sondern wir definieren die Standards. Wir geben Planungssicherheit und sagen unseren Partnern: Ihr könnt mit dieser Systematik starten, weil wir die Rahmenbedingungen dafür schaffen. Trotzdem braucht es seine Zeit, bis alle Beteiligten das annehmen und auch umsetzen können.
one: Wie verläuft ist die Suche nach geeigneten Standorten?
Klaus Wiens: Attraktive Grundstücke für den Neubau eines Lebensmittelmarkts zu finden ist immer eine Herausforderung. Aber wir haben in der Vergangenheit gesehen, dass wir mit unserem nachhaltigen Konzept punkten können. Wenn wir künftig kreislauffähige Märkte in hoher gestalterischer Qualität anbieten, wird das die Standortsuche erleichtern. Die Modulbauweise eröffnet uns enorme Flexibilität, zum Beispiel bei der Fassaden- oder Eingangsgestaltung. Es ist ein bisschen wie Lego, wo man mit den Steinen einen Ponyhof, aber auch einen Starwars-Todesstern formen kann. So können wir unterschiedlichste Gebäudekonstellationen konstruieren.
one: Auch wenn die neue Green-Building-Generation nun in Serie geht, sind die Learnings nicht beendet. Wie geht es weiter?
Klaus Wiens: Wir versuchen stets, weit in die Zukunft zu schauen, um daraus Erkenntnisse zu gewinnen, was heute zu tun ist, um unsere Ziel zu erreichen. Dabei muss man viel ausprobieren. Wichtig ist auch, weniger auf andere zu schauen als darauf zu achten, was bestmöglich zu tun ist. Die Stärke der REWE Group liegt darin, keine Leuchttürme zu errichten, sondern Piloten zu bauen, aus denen sich eine leistungsstarke Serie entwickeln lässt. Das „alte“ Green Building-Konzept ist bis heute mit mehr als 400 realisierten Projekten ein toller Ansatz, um nachhaltige Märkte zu bauen. Mehr als 70 Prozent sind Mietobjekte. Das zeigt, dass Investoren schnell begriffen haben, dass nachhaltiges Bauen kein Luxus ist, sondern ein wirtschaftlich attraktives Konzept. In Eigenobjekten baut REWE seit Jahren überall dort, wio es möglich ist, nachhaltige Gebäude.