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Foto: Getty Images | Tiago_Fernandez
DER-Tierschutzstrategie
Füttern verboten!
von Sylvia Hannstein

Tierschutz und Urlaubsreisen – wie bekommt man das nachhaltig zusammen? Die DER Touristik hat jetzt eine konzernweite Tierschutzstrategie beschlossen. In one erklärt Nachhaltigkeits-Chefin Ulrike Braun, was Urlauber nun vergeblich in den Katalogen suchen werden – und warum es dennoch nicht reicht, Elefantenreiten & Co. einfach aus dem Angebot zu streichen.

Foto: Getty Images | guenterguni

Die DER Touristik hat eine konzernweite Tierschutzstrategie beschlossen. Diese gilt ab sofort für alle Unternehmenseinheiten der Gruppe in 15 europäischen Ländern. Sie umfasst einheitliche Tierschutzstandards für alle weltweit angebotenen Produkte, Programme zur Förderung tierfreundlicher Angebote, Mitarbeiter-Schulungen und Kundenkommunikation.

Aus für Reiseangebote, die nicht den Standards entsprechen

Bis 2022 passen alle Unternehmen der DER Touristik Group ihr Produktportfolio an die neuen Tierschutzstandards an und streichen Angebote aus dem Programm, die nicht der Tierschutzrichtlinie entsprechen. Bereits 2017 hatte die DER Touristik in einem ersten Schritt für ihre deutschen Reiseveranstalter Dertour, ITS, Jahn Reisen, Meiers Weltreisen, ADAC Reisen und Travelix eine Tierschutzrichtlinie eingeführt – sie ist die Basis für die neue gruppenweite Strategie. 

 

 

„Nach wie vor möchten Urlauber wilde Tiere beobachten und ihre Lebensweise kennenlernen. Tiererlebnisse dürfen jedoch nicht zu Lasten des Tierschutzes gehen. Unser Ziel ist es Tiere vor schlechten Praktiken und schlechten Bedingungen zu schützen. Wir als internationaler Reisekonzern tragen hier eine große Verantwortung. Aus diesem Grund ist die Einführung einer Tierschutzstrategie ein Kernthema für die gesamte Gruppe“
Sören Hartmann, CEO der DER Touristik Group

 

 

Diese Praktiken und Angebote werden gestrichen
  • Elefantenreiten und Elefantenshows wurden komplett aus dem Portfolio genommen. Darüber hinaus arbeitet die DER Touristik mit ihren Partnern daran, Angebote so zu verändern, dass der Kunde die Tiere bei ihren natürlichen Verhaltensweisen beobachten kann, anstatt direkt mit ihnen zu interagieren.
     
  • Der direkte Kontakt mit in Gefangenschaft gehaltenen Waltieren wird nicht mehr angeboten. Angebote mit wildlebenden Meeressäugern müssen konkreten Tierschutzauflagen entsprechen.
     
  • Von Attraktionen wie Wildkatzen zum Anfassen, Krokodil- oder Tigerfarmen oder Haikäfigtauchen distanziert sich die DER Touristik grundsätzlich. 
     
  • Da die reine Auslistung abgesehen von diesen inakzeptablen Praktiken für eine nachhaltige Veränderung oftmals zu kurz gegriffen ist, ist es ein wichtiger Bestandteil der Richtlinie, gemeinsam mit den Partnern an der Verbesserung von Tierhaltungsstandards zu arbeiten und darüber hinaus die Entwicklung von tierfreundlichen Angeboten zu unterstützen.


Unterstützung für Tierschutz-Projekte in den Zielgebieten 

Die Tierschutzstrategie der DER Touristik Group wurde mit anerkannten Tierschutzexperten und in Übereinstimmung mit den globalen Tierwohlstandards des britischen Reiseverbandes ABTA (Global Welfare Guidance for Animals in Tourism) entwickelt. Kern der Initiative ist die Bereinigung des Produktportfolios der DER Touristik Group um Angebote, die nicht der neuen Richtlinie entsprechen. Sie werden in Kooperation mit lokalen Partnern durch tierfreundliche Alternativen ersetzt. Zugleich werden ausgewählte Tierschutz-Projekte in den touristischen Zielgebieten gefördert. Auch der Schutz von vom Aussterben bedrohten Tiere und Pflanzen ist ein Anliegen des Reisekonzerns. Hierzu werden Leistungsträger und Gäste gleichermaßen angesprochen. Der Handel und der Kauf von verbotenen Souvenirs wie beispielsweise Gegenstände aus Nashorn und Korallen soll dadurch unterbunden werden. Foto: Getty Images | geogif

Schulungsprogramme für Mitarbeiter – vor allem in den Zielgebietsagenturen

Um die Tierschutzstandards im Konzern einheitlich umzusetzen, schult die DER Touristik Group Mitarbeiter aller Unternehmenseinheiten, insbesondere die der weltweit tätigen Zielgebietsagenturen. Sie bilden die Schnittstelle zwischen Unternehmen und lokalen Partnern sowie Kunden. „Mit unserem Schulungsprogramm ergänzen und vereinheitlichen wir das bestehende Fachwissen unserer Mitarbeiter in den Destinationen. Damit stellen wir sicher, dass unser Tierschutzversprechen vor Ort optimal eingelöst wird“, sagt Sören Hartmann. Nur durch die enge Zusammenarbeit aller Beteiligten sei ein nachhaltiger Wandel möglich.

Hier finden Sie die Tierschutzrichtlinie der DER Touristik.

 


 

 

 

Im Interview: Ulrike Braun, Leiterin Nachhaltigkeit DER Touristik
„Den Tieren geht es nicht besser, wenn wir einfach nur bestimmte Angebote streichen“

Ulrike Braun, Leiterin Nachhaltigkeit DER Touristik

one: Frau Braun, Basis für die jetzt verabschiedete Konzern-Strategie ist Ihre Tierschutzrichtlinie von 2017. Was haben Sie seit der Einführung bereits erreicht?
Ulrike Braun: Wir haben umfassende Produktchecklisten und Leitfäden erarbeitet, die unsere Kollegen dabei unterstützen sollen, die Richtlinie anzuwenden. Konkrete Ergebnisse in den Produkten gibt es auch bereits: So hat die DER Touristik Elefantenreiten und Elefantenshows aus ihrem Produktportfolio komplett gestrichen und das Ausflugsangebot auf einige wenige Elefantencamps reduziert. Für die Anbieter, die im Programm verbleiben, haben wir Standards zum Schutz der Tiere erarbeitet und überprüfen deren Einhaltung und Verbesserung regelmäßig. Ein gutes Beispiel ist der Umbau des Elefantencamps Chang Chill , den wir gemeinsam mit der Tierschutzorganisation World Animal Protection und anderen Reiseveranstaltern unterstützt haben. Dort ist es uns gelungen, die artgerechte Haltung der Tiere mit dem Interesse der Besucher, die Elefanten zu erleben, zu verbinden. Ein direkter Kontakt wie Elefantenreiten, Füttern oder Baden wurde zum Wohle der Tiere verboten. Stattdessen beobachten Besucher die sechs Elefantenkühe nun von einer Plattform aus bei ihrem natürlichen Verhalten. Die Elefanten entscheiden selbst, in welcher Umgebung des Camps sie sich aufhalten wollen.

one: Wie viele Angebote wurden aufgrund der Richtlinie aus den DER Touristik-Programmen gestrichen? Und haben Sie dafür tierfreundliche Alternativen finden können?
Ulrike Braun: Es ist mir wichtig zu betonen, dass es bei der wirksamen Umsetzung unserer Tierschutzrichtlinie nicht darum geht, Angebote oder Partner zu streichen. Natürlich gibt es bestimmte Praktiken oder Angebote, die wir grundsätzlich nicht unterstützen (Anm.d. Red.: siehe oben) und die wir konsequenterweise aus dem Programm genommen haben. Wir möchten aber zu einer nachhaltigen Veränderung beitragen. Das kann nicht nur durch das Auslisten von Produkten geschehen: Die Situation für die Tiere verbessert sich nicht, wenn wir Ausflüge streichen, diese aber weiterhin vor Ort oder durch Mitbewerber buchbar sind. Für uns spielen auch die Haltungsbedingungen eine große Rolle. Daher arbeiten wir eng mit den Partnern zusammen, um die Haltungsstandards für Tiere zu verbessern und lassen dies auch von unabhängigen Unternehmen auditieren. Im Übrigen benötigen auch die Menschen, die mit den Tieren arbeiten, eine wirtschaftliche Perspektive, denn sie leben vom Tourismus. Wir müssen daher alle Beteiligten in diesen Prozess einbeziehen.

Foto: Getty Images | Pixfly one: Welche konkreten Projekte stehen als nächstes auf dem Programm?
Ulrike Braun: In diesem Jahr legen wir einen Schwerpunkt auf Produkte mit Meeressäugern. Hier evaluieren wir gerade, welche Produkte unseren Anforderungen entsprechen, wo es Verbesserungen bedarf oder welche Produkte in Zukunft gegebenenfalls nicht mehr angeboten werden sollen. Parallel unterstützen wir alternative Angebote. Ein sehr spannendes und neuartiges Projekt, das wir seit diesem Jahr fördern, ist das  „Aegean Marine Life Sanctuary“ auf Lipsi Island in Griechenland. Delfine und andere Meerestiere, die aus der Gefangenschaft kommen, erhalten in diesem neuen und bisher einmaligen Meeresschutzgebiet eine lebensgerechte Haltung. Die DER Touristik Foundation unterstützt bis 2021 den Aufbau eines Erste-Hilfe-Netzwerkes und Einrichtung einer Tierklinik, um gestrandete und verletzte Meerestiere zu retten. Das Projekt befindet sich aktuell im Aufbau und umfasst ein Bildungsprogramm für die lokale Bevölkerung sowie für Touristen und Gäste.

Ulrike Braun

one: Wie ist die Resonanz der Gäste? Zeigen die meisten Verständnis, oder überwiegt der Ärger, wenn ein Angebot – wie Elefanten-Reiten – aus dem Programm genommen wird?
Ulrike Braun: Bisher hat uns keine negative Resonanz erreicht. Wichtig ist, dass wir den Kunden für das Thema sensibilisieren und erklären warum wir bestimmte Produkte nicht mehr anbieten. Nur so können unsere Maßnahmen am Ende wirksam sein. Denn es nützt nichts, wenn sich der Kunde die Elefantenshows dann vor Ort bucht. Wir wollen ein Bewusstsein und eine Nachfrage für ein verändertes Angebot schaffen.

one: Ziehen Sie bei den Tierschutz-Richtlinien mit den Mitbewerbern gemeinsam an einem Strang? Oder kann es vorkommen, dass der TUI-Kunde noch auf dem Elefanten reitet, der dem Dertour-Gast aufgrund der Richtlinie nicht mehr zur Verfügung steht?
Ulrike Braun: Die Tierschutzrichtlinie der DER Touristik Group beschreibt die Haltung unseres Unternehmens zum Thema Tierschutz. Welche Produkte die Mitbewerber anbieten, liegt natürlich in ihrem Ermessen. Wir arbeiten jedoch auch in Branchengremien und Verbänden an Maßnahmen und Projekten, die die Verbesserung des Tierschutzes im Tourismus fördern. © World Animal Protection
one: Sie planen Schulungen für Mitarbeiter in allen 15 Ländern, in denen die DER Touristik mit eigenen Unternehmen vertreten ist, und in den Zielgebietsagenturen. Wie ist das logistisch umsetzbar? Und wie lange wird es dauern, bis alle ausgewählten Mitarbeiter geschult sind?
Ulrike Braun: Wir haben in diesem Jahr damit begonnen, Kollegen in den Zielgebieten zu schulen. Dies geschieht aktuell über Experten, die unsere Tierschutzaudits in den Destinationen begleiten. Parallel dazu arbeiten wir an der Entwicklung von Schulungen, die entweder online oder etwa durch die DER Touristik Nachhaltigkeitsbeauftragten der Länder durchgeführt werden können.

Mein Kommentar
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Kommentare
Jacqueline
vor 5 Jahren und 3 Monaten

Super!

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