Gewicht, Zutaten, Eigenschaften – es gibt rund 450 standardisierte Attribute, um ein Konsumgut treffsicher zu beschreiben. Qualität und Quantität der von den Herstellern gelieferten Daten via Global Data Synchronisation Network (GDSN) sind jedoch nicht immer so, wie Händler sie sich wünschen. Das ist ärgerlich. Denn fehlerhafte Angaben gefährden Prozesse und erschweren die Kommunikation mit den Kundinnen und Kunden. Abhilfe schafft der neue Prüfservice DQX von GS1 Germany, dessen Entwicklung die REWE Group maßgeblich mitangestoßen hat.
Manchmal sind die Abweichungen kaum der Rede wert. Zum Beispiel, wenn die Tiefkühlpizza die Herstellerangabe „Dr. A. Oetker Nahrungsmittel KG“ trägt, in den Artikelstammdaten jedoch die „Dr. August Oetker Nahrungsmittel KG“ aufgeführt ist. Häufig steckt jedoch deutlich mehr dahinter, wenn Lebensmittelhändler über fehlerhafte Artikelstammdaten der Industrie klagen. „70 Prozent aller Fehler hängen mit der Lebensmittelinformations-Verordnung zusammen, also den von der EU festgelegten verbindlichen Kennzeichnungsvorschriften. Wenn Pflichtangaben wie die Zutatenliste oder Aufbewahrungshinweise nicht stimmen, wird es ernst“, erläutert REWE Group-Einkaufschef Hans-Jürgen Moog. Das heißt: Dann haben REWE-Mitarbeiter viel Arbeit, die Angaben so zu korrigieren, dass die gesetzlich vorgeschriebenen Anforderungen an die Darstellung eines Artikels erfüllt sind. Fehlerhafte Daten gefährden aber nicht nur die eigenen Prozesse. Sie erschweren auch die Kommunikation mit den Verbraucherinnen und Verbrauchern.
Lange Zeit hatte der Handel keine Möglichkeit zu überprüfen, ob die von der Industrie zur Verfügung gestellten Daten korrekt sind. Das hat sich nun geändert. Gemeinsam mit anderen Händlern und Markenartikelherstellern unter dem Dach von GS1 hat die REWE Group einen Qualitätsservice entwickelt, der Artikelstammdaten auf Vollständigkeit, Richtigkeit und Konsistenz prüft. Hans-Jürgen Moog ist überzeugt: „DQX wird zum Marktstandard werden.“
In den letzten 6 Monaten haben wir es so geschafft, dass der DQX Service bei uns mehr als 50 Prozent unseres FMCG-Markenumsatzes abdeckt. Viele Lieferanten mussten wir durch Detailanalysen davon überzeugen, dass ihre Daten nicht unserer Erwartungshaltung entsprechen. Dennoch hat es sich gelohnt! Viele unserer Lieferanten haben diese gemeinsame Chance gesehen und machen jetzt mit. Inzwischen konnten wir insgesamt in der GS1-Community mehr als 400 Lieferanten aus den Bereichen Food und Near Food dafür gewinnen, ihre Daten mit DQX zu validieren. Das ist bereits ein großartiges Ergebnis und motiviert uns weiterzumachen.“
Die wichtigsten Fragen und Antworten
Artikelstammdaten sind alle Informationen, die ein Produkt beschreiben (etwa Angaben zu Zutaten, Gewicht, Verpackung oder Herkunft), aber auch Attribute, die aus rechtlicher Sicht für den Warenfluss und den Absatzprozess wichtig sind, zum Beispiel die Abmessungen oder die Bio-Kennzeichnung. Ein Konsumartikel (FMCG) kann heute mit etwa 450 Attributen beschrieben werden. Und es werden immer mehr. Zum Beispiel war die Angabe zum Rezyklat-Anteil in der Verpackung vor einigen Jahren noch kein Thema – heute dagegen ist sie eine viel beachtete Information. Die Hersteller haben die Hoheit über die Daten und stellen sie elektronisch über das Global Data Synchronisation Network (GDSN) dem Handel zur Verfügung. Wir als REWE Group sind darauf angewiesen, diesen Informationen zu trauen.
Wo verwenden wir bei der REWE Group Artikelstammdaten?
Eigentlich überall in der Wertschöpfungskette. Von je her spielen Artikelstammdaten im Einkauf, im Category Management, in der Disposition, in der Logistik sowie in der Abrechnung eine große Rolle. In den vergangenen Jahren sind sie auch in der Kommunikation mit Kundinnen und Kunden wichtiger geworden. Denn der Informationsbedarf der Verbraucherinnen und Verbraucher wird größer. Sie möchten immer häufiger nicht nur die Zutaten, sondern auch die besonderen Merkmale eines Produkts kennen. Zum Beispiel, ob es vegan, bio oder palmölfrei ist. Aktuelles Beispiel eines Artikelstammdatums zur schnellen und verlässlichen Kundeninformation ist der Nutri-Score.
Wo kommt der Kunde mit Artikelstammdaten in Berührung?
Im Onlineshop sind sie sehr präsent. Sie beschreiben die einzelnen Artikel möglichst vollumfänglich. Im Markt befinden sich Artikelstammdaten auf den Etiketten und auf dem Produkt – wo manche Verbraucherinnen und Verbraucher sie mit dem Handy scannen und recherchieren.
Warum werden Artikelstammdaten wichtiger?
Mehr Artikel, eine zunehmende Bedeutung des E-Commerce sowie erhöhte Anforderungen des Gesetzgebers sorgen dafür, dass die im Handel geforderten Informationen zu einem Artikel rasant steigen. Auch die Kundinnen und Kunden sorgen für Druck. Sie möchten mehr wissen, ehe sie sich für den Kauf eines Produkts entscheiden. Dazu fragen sie Informationen ab und vergleichen auf dieser Datenbasis – sowohl bei Online-Bestellungen als auch beim Einkauf im stationären Handel.
Wie kann es passieren, dass viele Artikelstammdaten, die die Industrie dem Handel liefert, fehlerhaft sind?
Sämtliche Stationen in der Entstehung eines Produkts liefern Informationen. Das führt dazu, dass viele Abteilungen an den entsprechenden Datensätzen arbeiten. Sämtliche Angaben zu bündeln und in einem Produktinformationssystem zusammenzubringen birgt die Gefahr von Ungenauigkeiten und Veränderungen. Hinzu kommt, dass die Daten aufgrund der wachsenden Produktvielfalt und schneller werdender Lebenszyklen von Artikeln immer komplexer werden.
Was leistet der neue Prüfservice GS1 DQX?
GS1 DQX prüft die Artikelstammdaten auf Vollständigkeit, Konsistenz und Richtigkeit. Dabei wird unter anderen die Einhaltung regulatorischer Vorgaben, wie beispielsweise der Lebensmittelinformations-Verordnung (zum Beispiel bezüglich der Zutaten und Allergene) sichergestellt. Das geschieht auf zwei Wegen: maschinell mithilfe automatisierter Validierungsregeln und manuell durch eine Sichtprüfung von Daten gegen das digitale, vom Hersteller zur Verfügung gestellte Produktbild. Stimmen die Angaben, erhält das Produkt das grüne DQX-Siegel und läuft ohne weitere Prüfung durch alle Systeme der REWE Group. Mit DQX haben alle beteiligten Unternehmen unter dem Dach der GS1, inklusive der zugehörigen Dachverbände EHI Retail und Markenverband ein bedingungsloses und klares Bekenntnis für mehr Qualität von Stammdaten gegeben.
Michael Georgiev, Bereichsleiter Ware Organisation & Prozesse, über die Bedeutung guter Daten und die Bereitschaft der Industrie dazu beizutragen.
Michael Georgiev
one: Warum beteiligt sich die REWE Group vom Start weg an dem Projekt DQX und ist im Handel einer der aktivsten Promoter dieses Service?
Michael Georgiev: Der bisherige Datenaustausch mit den Markenherstellern ist eher durch Quantität als durch Qualität geprägt. Als Ergebnis haben wir als Handel eine Vielzahl von fehlerhaften, unvollständigen und veralteten Datensätzen in unseren Systemen. Somit war es höchste Zeit, dass wir mit den Herstellern zu einer qualitativen Diskussion kommen. Die heutigen Prüfungen reichen einfach nicht aus. Von dem neuen Service erhoffen wir uns die lang ersehnte Qualitätssteigerung der Daten. Das hat nicht nur Vorteile für die REWE Group, sondern vor allem für unsere Kunden.
one: Müssten nicht die Markenlieferanten ein eigenes Interesse haben, valide und vollständige Daten zu liefern?
Michael Georgiev: Ohne dieses Interesse der Hersteller wäre ein Projekt wie DQX, an dem Handel und Hersteller beteiligt sind, nicht möglich. Durch den DQX-Service werden die Fehler, die durch die Zusammenführung aller Produktinformationen zu Artikelstammdaten beim Hersteller entstehen von einer unabhängigen Instanz sichtbar und transparent gemacht.
one: Was haben wir als Händler von guten Daten?
Michael Georgiev: Verlässliche Daten sind die Voraussetzung für eine optimale Gestaltung des Warenflusses. Bei DQX stehen jedoch klar die Kundinnen und Kunden und ihr Informationsbedarf im Fokus. Wir möchten ihnen alle Informationen, die sich auf dem physischen Produkt befinden, auf allen Kanälen zur Verfügung stellen können.