Experte Frank Stocker über Bargeld als Kulturgut
„Banknoten sind die Visitenkarte eines Landes“
Lesedauer: 3 Minuten
Frank Stocker ist Experte für Geldscheine aus aller Welt. Im Interview erklärt er, was mit der Abschaffung von Bargeld verloren ginge – und wieso er trotzdem nicht immer mit Schein und Münze bezahlt.
one: Herr Stocker, wieso wäre es bedauerlich, wenn Geldscheine abgeschafft würden?
Frank Stocker: Das wäre gleich aus zwei Gründen schade. Auf der einen Seite sind Banknoten die Visitenkarten eines Landes. Sie zeigen, wie sich ein Volk selbst sieht und wie es gesehen werden möchte. Die kulturellen und geschichtlichen Errungenschaften einer Nation, die auf Geldscheinen festgehalten werden, würden viel leichter in Vergessenheit geraten. Auf der anderen Seite gäbe es ohne Bargeld auch keine anonymen Zahlungen mehr. Alles würde irgendwo registriert werden. Ich glaube, der Freiheitsgedanke ist den Deutschen trotz neuer Bezahlsysteme sehr wichtig. one: Sie besitzen rund 500 Geldscheine aus der ganzen Welt. Welcher ist Ihr liebster?
Frank Stocker: Die Bandbreite ist wirklich sehr groß. In meinem Büro hängt etwa eine Banknote von den japanischen Besatzern Indonesiens während des Zweiten Weltkriegs und daneben eine ganz aktuelle aus Singapur. Am besten gefällt mir aber der armenische 100.000-Dram-Schein. Auf diesem ist ein König dargestellt, der einst im Briefwechsel mit Jesus Christus gestanden haben soll. Das zeigt, was für außergewöhnliche Mythen Geld bis heute für uns bewahrt.
Frank Stocker: Das wäre gleich aus zwei Gründen schade. Auf der einen Seite sind Banknoten die Visitenkarten eines Landes. Sie zeigen, wie sich ein Volk selbst sieht und wie es gesehen werden möchte. Die kulturellen und geschichtlichen Errungenschaften einer Nation, die auf Geldscheinen festgehalten werden, würden viel leichter in Vergessenheit geraten. Auf der anderen Seite gäbe es ohne Bargeld auch keine anonymen Zahlungen mehr. Alles würde irgendwo registriert werden. Ich glaube, der Freiheitsgedanke ist den Deutschen trotz neuer Bezahlsysteme sehr wichtig. one: Sie besitzen rund 500 Geldscheine aus der ganzen Welt. Welcher ist Ihr liebster?
Frank Stocker: Die Bandbreite ist wirklich sehr groß. In meinem Büro hängt etwa eine Banknote von den japanischen Besatzern Indonesiens während des Zweiten Weltkriegs und daneben eine ganz aktuelle aus Singapur. Am besten gefällt mir aber der armenische 100.000-Dram-Schein. Auf diesem ist ein König dargestellt, der einst im Briefwechsel mit Jesus Christus gestanden haben soll. Das zeigt, was für außergewöhnliche Mythen Geld bis heute für uns bewahrt.
one: Wie haben sich die Geldscheine über die Jahrhunderte gewandelt?
Frank Stocker: Lange Zeit zeigten die Banknoten überwiegend griechische oder mythische Figuren, also keine realen Persönlichkeiten. Das änderte sich mit dem Aufkommen moderner Drucktechnologien, mit denen auch kleinste Details abgebildet werden konnten. So sind auf dem Geld nach 1945 immer häufiger echte Personen zu sehen. Anfangs waren das nur Männer, ab den 1980er Jahren auch Frauen. Ab der dritten Serie der Deutsche Mark-Banknoten 1993 druckte die Bundesbank gleichberechtigt Frauen und Männer ab. Auch hier spiegeln die Scheine gut die Entwicklung einer Gesellschaft wider .
one: Es gibt also Trends innerhalb der Gelscheindruckerei?
Frank Stocker: Ja, die meisten vergehen aber schnell wieder. In den vergangenen zehn Jahren war es etwa modern, die Darstellungen hochkant zu drucken. Man musste die Scheine also vertikal halten, um das Bild genau erkennen zu können. So konnte man Personen komplett abbilden. Dieser Trend ist aber wieder vorüber.
Frank Stocker: Lange Zeit zeigten die Banknoten überwiegend griechische oder mythische Figuren, also keine realen Persönlichkeiten. Das änderte sich mit dem Aufkommen moderner Drucktechnologien, mit denen auch kleinste Details abgebildet werden konnten. So sind auf dem Geld nach 1945 immer häufiger echte Personen zu sehen. Anfangs waren das nur Männer, ab den 1980er Jahren auch Frauen. Ab der dritten Serie der Deutsche Mark-Banknoten 1993 druckte die Bundesbank gleichberechtigt Frauen und Männer ab. Auch hier spiegeln die Scheine gut die Entwicklung einer Gesellschaft wider .
one: Es gibt also Trends innerhalb der Gelscheindruckerei?
Frank Stocker: Ja, die meisten vergehen aber schnell wieder. In den vergangenen zehn Jahren war es etwa modern, die Darstellungen hochkant zu drucken. Man musste die Scheine also vertikal halten, um das Bild genau erkennen zu können. So konnte man Personen komplett abbilden. Dieser Trend ist aber wieder vorüber.
one: Glauben Sie, dass das bargeldlose Bezahlen auch nur ein vorübergehender Trend ist?
Frank Stocker: Die Zahlen der Bundesbank belegen klar eine Tendenz: Scheine und Münzen werden zunehmend durch bargeldloses Bezahlen ersetzt. Diese Entwicklung passiert aber nicht etwa in riesigen Schritten, sondern ganz langsam. Ich bin mir sicher: Auch wenn neue Bezahlmodelle den Trend noch beschleunigen, wird Bargeld nie ganz verschwinden. one: Hand aufs Herz: Bezahlen Sie als Geldscheinliebhaber selbst nur in bar?
Frank Stocker: Natürlich nicht. Wie jeder andere bezahle ich große Beträge mit Kreditkarte oder EC-Karte. Das tue ich aber auch deswegen, weil ich die Eurobanknoten total langweilig finde. Da ist ja nichts Reales zu sehen, sondern nur fiktive Gebäude.
Frank Stocker: Die Zahlen der Bundesbank belegen klar eine Tendenz: Scheine und Münzen werden zunehmend durch bargeldloses Bezahlen ersetzt. Diese Entwicklung passiert aber nicht etwa in riesigen Schritten, sondern ganz langsam. Ich bin mir sicher: Auch wenn neue Bezahlmodelle den Trend noch beschleunigen, wird Bargeld nie ganz verschwinden. one: Hand aufs Herz: Bezahlen Sie als Geldscheinliebhaber selbst nur in bar?
Frank Stocker: Natürlich nicht. Wie jeder andere bezahle ich große Beträge mit Kreditkarte oder EC-Karte. Das tue ich aber auch deswegen, weil ich die Eurobanknoten total langweilig finde. Da ist ja nichts Reales zu sehen, sondern nur fiktive Gebäude.
Frank Stocker
Schon als Kind interessierte sich Frank Stocker für Geldscheine: Seine Großmutter weckte die Leidenschaft, als sie ihm aus Jugoslawien einen 20-Dinar-Schein mitbrachte. Die verschiedenen Sprachen und Bilder darauf faszinierten ihn sofort. Später studierte Stocker Geschichte, Slawistik und Politik – die Kenntnisse aus seinem Studium helfen ihm immer wieder, wenn er die Geschichte hinter einem Geldschein verstehen möchte. Mehrmals im Jahr besucht Stocker Fachmessen wie die International Banknote Fair in London. Der 46-Jährige bezeichnet sich selbst nicht als typischen Sammler. Denn er wählt seine Exemplare nicht etwa nach Seltenheit und Wert aus; vielmehr sucht er nach Scheinen, die außergewöhnlich gestaltet sind und eine Geschichte erzählen.
Stocker arbeitet bei der Tageszeitung Die Welt und hat in der Welt am Sonntag eine eigene Kolumne mit dem Titel „Schein-Welt“. Er veröffentlichte zahlreiche Bücher, darunter „Mit 40 Scheinen um die Welt“. Mehr: www.schein-welt.info
Geldscheine-Quiz
Erkennen Sie die Herkunft der Scheine?
Jetzt wird's knifflig: Geldschein-Experte Frank Stocker hat für one sechs Geldscheine aus seiner Sammlung ausgesucht. Testen Sie Ihr Wissen – aus welchem Land stammt welcher Schein? Zur Auflösung einfach auf den jeweiligen Geldschein klicken!
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