Ein Tag hinter der Servicetheke im REWE-Markt
„Darf`s ein bisschen mehr sein?“
Lesedauer: 7 Minuten
Die Arbeit hinter der Servicetheke ist anstrengend, man friert den ganzen Tag und schneidet sich ständig in die Finger. Wahrheit oder Klischee?
Jonas Humborg, Redaktions-Azubi bei one, wollte es heraus finden. Er zog sich kurzerhand für einen Tag die REWE-Schürze an und tauschte seinen Bürostuhl gegen einen Platz hinter der Theke eines REWE-Markts. Lesen Sie, was er zwischen Wurst, Fleisch und Käse erlebte.
Gerade mal 6.20 Uhr ist es, als Jonas Humborg seinen Azubi-Tag im REWE Markt Bonner Straße / Ecke Schönhauser Straße in Köln beginnt. Arg früh für Jonas, dessen Arbeitstag im Büro gemeinhin nicht vor 9 startet. Doch nicht für das REWE-Team. „Willkommen“ begrüßt ihn Marktleiter Otmar Kuhl hellwach und aufgeräumt – und klärt den ungläubig blinzelnden 24jährigen gleich auf: „Mein Arbeitstag beginnt um 5 – und zwar jeden Tag!“ An seiner guten Laune ändert das offenbar nichts. Auch nicht an der der Kollegen, die bereits eifrig zwischen Rolltor, Lager, Kühlraum und Servicebereich herumwuseln. Es herrscht allgemein gute Stimmung: Man zieht sich gegenseitig auf, es wird viel gelacht und gescherzt.
Und es wird viel und schnell gearbeitet. Behende, präzis und perfekt aufeinander abgestimmt füllen das Frische-Team und die zwei Metzger die blitzblank polierten, noch nahezu leeren Auslagen der 25 Meter langen Servicetheke auf: Bis auf den haltbaren Käse ist über Nacht alles im Kühlraum verstaut. Um 7 muss alles fertig sein – dann öffnet der Markt, und wie auf Knopfdruck kommen die ersten frühen Kunden. Frische-Leiter Günter Thar und Metzgermeister Winand Breuer zerteilen zwischendurch geübt ungezählte Fleischmengen in handliche Stücke, marinieren Grillwaren, rühren den Leberkästeig nach hauseigener Rezeptur an, entlocken dem Fleischwolf kiloweise zartrotes Hackfleisch, bestücken den Garofen mit Hähnchen und Braten.
Rund 150 Sorten Fleisch bietet die Frischetheke, überschlägt Metzger Breuer. Darunter so ausgefallene Spezialitäten wie Dry Aged Rind, das alleine drei Wochen sorgfältig abgehängt wird, bevor es im Markt landet. Dort ruht es dann in einem speziellen Kühlschrank, bis es die inzwischen zahlreichen Fans kaufen. Saisonware wie Grillfleisch wird eigenhändig mariniert und immer wieder neu und einladend arrangiert, damit es direkt ins Auge fällt.
Überhaupt setzt das Team stark auf liebevoll dekorierte Auslagen, staunt Jonas, der sich inzwischen hinter der Theke eingefunden hat. Ob Fleisch, Wurst oder Käse – alles wird am frühen Morgen mit großer Sorgfalt garniert. Hier ein paar frische Kräuter, dort ein paar Cocktailtomaten, an der Käsetheke darf auch mal etwas Obst die Präsentation abrunden. „Beim Arrangement und der Deko haben wir nahezu freie Hand und dürfen unserer Phantasie freien Lauf lassen“, berichten die Kollegen hinter der Theke.
Man merkt deutlich, wie viel Spaß ihnen das macht. Ihr Produkt liegt ihnen am Herzen, sie beraten gern, verkaufen gern. „Das ist die wichtigste Voraussetzung“, bestätigen sie. Dann liest man sich auch mal am Wochenende in der Badewanne Produktinfos über jene Sorten durch, die man noch nicht kennt – probieren ist übrigens ausdrücklich erwünscht. Und dann kreiert man sogar schon mal eigene kleine köstliche Kompositionen – wie das jüngste Baby im Käsesortiment von Nicole Stephan, eine frische, mintgrüne After-Eight-Käsecreme. Schlägt das Experiment ein, wird vielleicht sogar ein Artikelpass in der REWE-Zentrale dafür beantragt – unerlässlich und Vorschrift für jedes Produkt und jede Zutat, die hier verarbeitet und angeboten wird.
8:00 Uhr: Langsam füllt sich auch die Theke mit Fleisch und warmen Snacks. Alles unter fleißiger Mithilfe von Azubi Jonas. Der sieht aus, als sei er in seine frisch gestärkte, perfekt sitzende Verkaufsuniform hineingeboren worden. Unter der väterlichen, liebevoll-strengen Obhut von Metzgermeister Breuer arrangiert er mit rasch wachsender Sicherheit die Waren, aktualisiert Schildchen mit Preisen und Haltbarkeitsdaten, füllt die duftenden, dampfenden Hähnchen, saftigen Fleischkäse und knusprigen Frikadellen aus dem Garofen in das Wärmefenster.
„Jonas, komm doch mal“, ruft ihn Bettina Hübner, ein paar Schritte weiter Herrin des Aufschnitts. Fleischwurst muss geschnitten werden, damit die ordentlichen Stapel in etwa die gleiche Höhe behalten. Gerade zum Monatsende geht der Klassiker noch besser als sonst, verrät das Service-Team. Auch wenn die vielen internationalen Sorten Schinken, Salami und die regionalen Spezialitäten hervorragend nachgefragt werden und das Sortiment immer wieder mit attraktiven „Exoten“ angereichert wird: Wenn die Portemonnaies leerer werden, greifen die Kunden auch an der Servicetheke verstärkt auf günstigere Ware zurück.
Jonas darf an die blinkende Schneidemaschine. Respektvoll hält er sich an die genauen Anweisungen der Damen – und das ist auch ratsam. Unaufmerksamkeit und Nachlässigkeit können sehr schnell schmerzhafte Folgen haben. Doch das passiert extrem selten, betonen die Damen auf Nachfrage. Klar, der Erste-Hilfe-Koffer ist immer gefüllt und in greifbarer Nähe. Doch außer hier und da mal ein Pflaster wird daraus so gut wie nie etwas gebraucht. Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen? Nein, ganz so funktioniert es hier natürlich nicht. Wurstscheiben, die nicht perfekt in Form und Dicke sind, wandern zwar nicht in die Auslage. Doch meist lässt sich daraus noch etwas Leckeres zaubern, wie der sehr beliebte, selbst gemachte Wurstsalat.
9:00 Uhr: Viele Kunden sind bereits zufrieden von dannen gezogen. Jetzt kommt ein neuer Schwung. Jonas darf mit ran. Behende gabelt er losen San Daniele-Schinken in das knisternde Aufschnittpapier – „Immer schön von oben nehmen, damit keine Löcher entstehen“, flüstert Bettina Hübner ihm aufmunternd zu.
Jonas darf an die blinkende Schneidemaschine. Respektvoll hält er sich an die genauen Anweisungen der Damen – und das ist auch ratsam. Unaufmerksamkeit und Nachlässigkeit können sehr schnell schmerzhafte Folgen haben. Doch das passiert extrem selten, betonen die Damen auf Nachfrage. Klar, der Erste-Hilfe-Koffer ist immer gefüllt und in greifbarer Nähe. Doch außer hier und da mal ein Pflaster wird daraus so gut wie nie etwas gebraucht. Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen? Nein, ganz so funktioniert es hier natürlich nicht. Wurstscheiben, die nicht perfekt in Form und Dicke sind, wandern zwar nicht in die Auslage. Doch meist lässt sich daraus noch etwas Leckeres zaubern, wie der sehr beliebte, selbst gemachte Wurstsalat.
9:00 Uhr: Viele Kunden sind bereits zufrieden von dannen gezogen. Jetzt kommt ein neuer Schwung. Jonas darf mit ran. Behende gabelt er losen San Daniele-Schinken in das knisternde Aufschnittpapier – „Immer schön von oben nehmen, damit keine Löcher entstehen“, flüstert Bettina Hübner ihm aufmunternd zu.
Rauf auf die Waage, Nummer eingegeben, und weiter geht’s mit dem nächsten Kundenwunsch. Zwischendurch mal ein Scheibchen zum Probieren reichen – das kommt immer prima an.
Er macht das schon ganz gut, der Azubi für einen Tag, nickt Alexandra Eschweiler angetan. Und was noch nicht so rasant geht, macht er mit Freundlichkeit und Charme wett. Die Kundinnen – um diese Zeit sind fast ausschließlich Frauen im Markt – sind angetan von dem „netten jungen Mann“ und sehen ihm kleine Unsicherheiten gerne nach. Wie lange es wohl dauern würde, bis Jonas hier sicher schalten und walten würde? „Zwei Wochen, dann hat er das drauf“, ist Bettina Hübner sicher. Wer sich nicht allzu ungeschickt anstellt, mit der richtigen Mischung aus Spaß, Aufmerksamkeit, Lernfreude und Selbstsicherheit an die Sache rangeht, ist schnell heimisch hinter der Servicetheke, wissen die Damen.
12:00 Uhr: Jonas braucht ein Päuschen. Der Rücken schmerzt vom ungewohnt langen Stehen. Kalte Finger? Nicht dran zu denken. Das Klischee stimmt hinten und vorne nicht – dafür sind die Hände viel zu aktiv und ergo immer gut durchblutet und warm. Die ersten duftenden Fleischkäsescheiben hat Jonas inzwischen mit süßem Senf bestrichen, in knusprige Brötchen gepackt und an hungrige Mittagspäusler ausgegeben. Auch Frikadellen und Hähnchen sind sehr gefragt. Schon die zweite Fuhre brutzelt im Garofen vor sich hin. Damit Qualität und Hygiene immer gleichbleibend gesichert sind, wird die Temperatur im Wärmefenster mehrfach täglich gemessen und dokumentiert.
12:00 Uhr: Jonas braucht ein Päuschen. Der Rücken schmerzt vom ungewohnt langen Stehen. Kalte Finger? Nicht dran zu denken. Das Klischee stimmt hinten und vorne nicht – dafür sind die Hände viel zu aktiv und ergo immer gut durchblutet und warm. Die ersten duftenden Fleischkäsescheiben hat Jonas inzwischen mit süßem Senf bestrichen, in knusprige Brötchen gepackt und an hungrige Mittagspäusler ausgegeben. Auch Frikadellen und Hähnchen sind sehr gefragt. Schon die zweite Fuhre brutzelt im Garofen vor sich hin. Damit Qualität und Hygiene immer gleichbleibend gesichert sind, wird die Temperatur im Wärmefenster mehrfach täglich gemessen und dokumentiert.
Klar: Hygiene ist Grundgesetz bei der Arbeit im Markt. Ob im Reich der Metzger nebenan oder hinter der Theke, an den Schneidgeräten, in der Auslage: Immer wieder wird kontrolliert, ob alles sauber ist. Und immer wieder heißt es zwischendurch: Gründlich Händewaschen. „Mindestens 20 Sekunden“, weiß Jonas – unter anderem das hat er bei der Erstbelehrung im Gesundheitsamt gelernt, die zwingende Voraussetzung für die Arbeit ist.
Die Arbeitsflächen werden regelmäßig ordentlich desinfiziert – dafür muss auch bei größtem Andrang Zeit bleiben. Geflügel hat seine eigenen Schneidbretter, die Schneidmesser blitzen, und auch nach dem Zerteilen von kiloweise rohem Fleisch ist im Metzgerraum kaum Blut zu sehen. Kein Wunder, dass sich kaum einmal eine Fliege in das Frischeparadies verirrt. „Hier gibt’s für die nix Interessantes zu finden“, scherzt Günter Thar stolz. Dass die Hygiene stimmt, prüft immer wieder und natürlich ohne Vorankündigung das Gesundheitsamt. Doch selbst ohne diese Stichproben sind Marktleiter Kuhl und seine Belegschaft erpicht auf höchste Reinlichkeit. „Nicht auszudenken, wenn ein Kunde krank würde, weil wir nicht aufpassen“, so Kuhl. Schließlich gibt es so etwas wie Berufsehre.
Die Arbeitsflächen werden regelmäßig ordentlich desinfiziert – dafür muss auch bei größtem Andrang Zeit bleiben. Geflügel hat seine eigenen Schneidbretter, die Schneidmesser blitzen, und auch nach dem Zerteilen von kiloweise rohem Fleisch ist im Metzgerraum kaum Blut zu sehen. Kein Wunder, dass sich kaum einmal eine Fliege in das Frischeparadies verirrt. „Hier gibt’s für die nix Interessantes zu finden“, scherzt Günter Thar stolz. Dass die Hygiene stimmt, prüft immer wieder und natürlich ohne Vorankündigung das Gesundheitsamt. Doch selbst ohne diese Stichproben sind Marktleiter Kuhl und seine Belegschaft erpicht auf höchste Reinlichkeit. „Nicht auszudenken, wenn ein Kunde krank würde, weil wir nicht aufpassen“, so Kuhl. Schließlich gibt es so etwas wie Berufsehre.
14.00 Uhr. Mitten im regen Treiben muss sich Jonas verabschieden. Eigentlich würde er gerne weiter mithelfen – das Frischefieber hat den Büro-Azubi offenbar gepackt. Doch hier und jetzt ist Schluss für Jonas. Schließlich gibt es feste Arbeitszeitregeln, die einzuhalten sind – auch und gerade bei den Azubis. Im Markt wird im Schichtdienst gearbeitet. Dabei sind die Dienste sehr variabel: Der Schichtdienst beginnt zwischen 6.30 Uhr und 22 Uhr. Ein großer Pluspunkt für viele Mitarbeiterinnen, die so Beruf und Familie besser unter einen Hut bekommen können, als bei starren Arbeitszeiten.
Jonas zieht Uniform und Schürze aus, entsorgt sie pflichtbewusst in den dafür vorgesehenen Container im Keller und ruft „seinem“ Team einen herzlichen Abschiedsgruß zu. Für ihn ist der Tag im Markt beendet. Die Damen – jetzt natürlich in anderer Besetzung – haben noch viele Stunden vor sich. Um 24 Uhr schließt der Markt, bis 22 Uhr ist der Servicebereich geöffnet, erst danach werden die Theken wieder komplett leergeräumt und sorgfältig gereinigt für den kommenden Tag, die Waren verpackt und in den Kälteraum gebracht. Bis dahin heißt es weiter: Sorgsam die Auslagen kontrollieren, rasch entstandene Lücken befüllen, beraten, probieren lassen, scherzen, Wünsche erfüllen. Und zwischendurch immer wieder einmal freundlich nachfragen: „Darf`s ein bisschen mehr sein?“
Jonas zieht Uniform und Schürze aus, entsorgt sie pflichtbewusst in den dafür vorgesehenen Container im Keller und ruft „seinem“ Team einen herzlichen Abschiedsgruß zu. Für ihn ist der Tag im Markt beendet. Die Damen – jetzt natürlich in anderer Besetzung – haben noch viele Stunden vor sich. Um 24 Uhr schließt der Markt, bis 22 Uhr ist der Servicebereich geöffnet, erst danach werden die Theken wieder komplett leergeräumt und sorgfältig gereinigt für den kommenden Tag, die Waren verpackt und in den Kälteraum gebracht. Bis dahin heißt es weiter: Sorgsam die Auslagen kontrollieren, rasch entstandene Lücken befüllen, beraten, probieren lassen, scherzen, Wünsche erfüllen. Und zwischendurch immer wieder einmal freundlich nachfragen: „Darf`s ein bisschen mehr sein?“
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