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Bundestagswahl 2017
Was das Ergebnis für die REWE Group bedeutet
Die Bundestagswahl hat die Parteienlandschaft neu geordnet. Was bedeutet eine mögliche Jamaika-Koalition für den Handel und die REWE Group? one gibt eine Übersicht der wichtigsten Partei-Positionen, von Ernährung über Verbraucherschutz, von Tierwohl bis Mindestlohn.

Die Deutschen haben ein neues Parlament gewählt. Union und SPD bleiben zwar stärkste bzw. zweitstärkste Kraft, müssen aber erhebliche Verluste hinnehmen. Die AfD zieht als drittstärkste Kraft erstmalig in den Bundestag ein. Die FDP, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen vervollständigen das Bild der insgesamt sieben Parteien, die die Sitze im 19. Deutschen Bundestag unter sich aufteilen.

Mit diesem Wahlergebnis sind rechnerisch nur eine Große Koalition sowie die sogenannte Jamaika- Koalition, bestehend aus CDU/CSU, FDP und Bündnis 90/Die Grünen, möglich. Die SPD hat eine Fortsetzung der Großen Koalition jedoch bereits am Wahlabend ausgeschlossen. Bleibt die Jamaika- Koalition. Aufgrund der zum Ende des Wahlkampfs recht großen Differenzen zwischen FDP und Grünen stünden Schwarz-Gelb-Grün jedoch harte Koalitionsverhandlungen bevor.

Was passiert im Falle eine Jamaika-Koalition?
Handelsthemen auf dem Prüfstand
Ernährung

Wie die CDU/CSU setzt sich auch die FDP für Ernährungsbildung ab dem Kindergartenalter ein. Bündnis 90/Die Grünen wollen darüber hinaus, dass auch vegetarisches und veganes Essen zu einem Teil des täglichen Angebots in Kitas und Schulen wird. Die nationale Strategie zur Reduktion von Zucker, Fetten und Salz könnte bei einer Jamaika-Koalition ins Stocken geraten. Die Grünen fordern anders als die Union und die FDP klare Vorgaben für die Industrie statt Selbstverpflichtung. Auch wenn die FDP derzeit noch keine Position formuliert hat, lehnt sie konkrete Vorgaben für die Wirtschaft von der Partei meist ab.

Auch für die Bekämpfung der Lebensmittelverschwendung lehnt die FDP eine neue Regulierung für Handel und Industrie ab. Mittel der Wahl sei ihrer Ansicht nach auch hier die Verbraucherbildung. Dem stimmt die Union zu, die bisher auf die freiwillige Beteiligung aller Akteure setzte und den Dialog zwischen allen Beteiligten fördern und die Initiative des BMEL fortsetzen möchte. Den Grünen gehen die bisherigen Aktionen des BMEL nicht weit genug. Es bedürfe einer gesetzlichen Initiative und verbindlicher Reduktionsziele, unter anderem für die Lebensmittelproduktion und den Handel. In ihrem Wahlprogramm fordern die Grünen darüber hinaus, dass Supermärkte ab einer gewissen Größe nicht verkaufte aber noch genießbare Lebensmittel kostenlos zur Verfügung stellen müssen.

Landwirtschaft

Der Themenbereich Landwirtschaft könnte ein Knackpunkt der Koalitionsverhandlungen zwischen CDU/CSU, FDP und den Grünen sein. Anders als die CDU/CSU und die FDP fordern die Grünen in ihrem Wahlprogramm den Ausstieg aus der industriellen Massentierhaltung bis 2037. Die vom CSU-geführten Bundeslandwirtschaftsministerium beschlossene Nutztierhaltungsstrategie sieht statt einer Abschaffung der Massentierhaltung vor, die Haltung tiergerechter zu gestalten. Darüber hinaus fordern die Grünen eine Novellierung des Tierschutzgesetzes sowie eine neue Verordnung für die Haltung aller Nutztiere. Die FDP dagegen lehnt "ordnungsrechtliche Vorgaben" zur Tierhaltung und dem Tierwohl in ihrem Wahlprogramm ab. Die CDU/CSU setzen beim geplanten Tierwohllabel auf die Freiwilligkeit der Wirtschaft.

Zudem wollen die Grünen den Ökolandbau und artgerechte Tierhaltung in den kommenden sieben Jahren mit einer Milliarde Euro fördern. Auch die konventionelle Landwirtschaft müsse umweltverträglicher werden.?Im Bereich Gentechnik fordern die Grünen ebenfalls gesetzliche Regelungen. Die gesamte Erzeugungskette sollte laut Wahlprogramm frei von Gentechnik sein. Während die CDU/CSU rechtssichere, nationale Anbauverbote ermöglichen möchte, spricht sich die FDP in ihrem Wahlprogramm klar gegen ein Verbot gentechnisch angebauter Pflanzen aus. Stattdessen setzt sich die FDP für einen offenen Umgang mit Genome Editing ein.

Ländliche Entwicklung

Neben CDU/CSU sprechen sich auch die FDP und die Grünen in ihren Wahlprogrammen für die Stärkung des ländlichen Raumes aus. So will die FDP in den nächsten 20 Jahren pro Jahr zwei Milliarden Euro zur Sanierung der Infrastruktur bereitstellen. Wie die FDP meinen auch die Grünen, dass der Breitband-, Glasfaser- und 5G-Ausbau insbesondere in ländlichen Gebieten vorangetrieben werden muss.

Infrastruktur, Verkehr und Logistik

Wie CDU/CSU wollen die Grünen die Elektromobilität in Innenstädten weiter ausbauen. Kommunen, die den innerstädtischen Logistikverkehr auf E-Fahrzeuge und Lastenfahrräder umstellen, sollen gefördert werden. Alle drei Parteien wollen die Lade-Infrastruktur ausbauen. Die FDP will gleichzeitig auch alternative Antriebe erforschen lassen. In die Verkehrsinfrastruktur sollen laut FDP-Wahlprogramm in den nächsten zwei Dekaden pro Jahr jeweils zwei Milliarden Euro investiert werden.

Die Grünen befürworten die LKW-Maut. Diese soll für alle LKW ab 3,5 Tonnen und schrittweise für das gesamte Straßennetz der Bundes- und Landesstraßen gelten.?Ein generelles Fahrverbot für Autos mit Dieselantrieb wird von Union und FDP abgelehnt. Auch die Grünen sehen Fahrverbote nur als letzten Weg. Die Grünen planen allerdings, ab 2030 nur noch emissionsfreie Autos neu zuzulassen. Zudem befürworten sie in ihrem Wahlprogramm die "Blaue Plakette", die strengere Regulierungen der Abgaswerte in Innenstädte bedeutet. Diese lehnten die FDP und CDU/CSU in der Vergangenheit mehrfach ab.

Digitalisierung

<div>Wie die Union setzen sich auch FDP und Grüne für den flächendeckenden Ausbau des Glasfasernetzes und des Mobilfunks der fünften Generation (5G) ein. Konkret sollen laut den Grünen bis 2021 75 Prozent aller Haushalte mit Glasfaseranschlüssen und die restlichen 25 Prozent mit mindestens 50 Mbit/s versorgt werden. Dafür wollen die Grünen bis 2021 zehn Milliarden Euro investieren. Alle drei Parteien streben an, die öffentliche Verwaltung zu digitalisieren. Entgegen der FDP und Union sprechen sich die Grünen in ihrem Wahlprogramm für hohe EU- Standards und klare Grenzen für die Sammlung und Verwertung persönlicher Daten und Informationen aus. Union und FDP stimmen dagegen für eine wirtschaftsnahe Anpassung. Gleichzeitig will sich die FDP für mehr Transparenz im Datenschutz einsetzen: Es müsse überprüfbar bleiben, ob sich die Nutzer (Behörden wie Unternehmen) der von den Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung gestellten Daten an die rechtlichen Rahmenbedingungen halten.</div>

Arbeit und Soziales

Im Falle einer Jamaika-Koalition gäbe es allein zwischen Union und FDP vielfältige Übereinstimmungen in arbeitspolitischen Fragen, während die Grünen oftmals gegenteilige Positionen unterstützen. So sind FDP und Union für eine Lockerung beziehungsweise Abschaffung bürokratischer Dokumentationspflichten beim Mindestlohn. Darüber hinaus unterstützt die FDP die Idee, Ausnahmen beim Mindestlohn für Langzeitarbeitslose und Flüchtlinge zu ermöglichen. Die Grünen lehnen Ausnahmen dagegen strikt ab und fordern stattdessen mehr branchenspezifische Lohnuntergrenzen, die oberhalb des gesetzlichen Mindestlohns liegen. Das Mitspracherecht der Mitarbeitenden müsse ausgeweitet und die Betriebsräte gestärkt werden.

Lohnlücken zwischen Männern und Frauen will die FDP durch flexiblere Arbeitszeitregelung begegnen und fordert einen gesellschaftlichen Wandel statt gesetzlicher Vorschriften. Die CDU/CSU und die Grünen setzen dagegen weiter auf das Entgeltgleichheitsgesetz. Dieses wollen die Grünen zudem mit einem Verbandsklagerecht verknüpfen und Betriebe aller Größen dazu verpflichten.

Eine flexible Arbeitskultur mit Freiräumen befürworten dagegen alle drei Parteien. Dabei müssten laut den Grünen jedoch die Bedürfnisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Mittelpunkt stehen: Sie wollen einen Anspruch auf Home-Office sowie auf Kinder-, Pflege- und Bildungszeit durchsetzen und Wahlarbeitszeiten zwischen 30 und 40 Wochenstunden als neue Vollzeit etablieren. FDP und Union wollen dagegen eine alleinige wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden. CDU/CSU und die Grünen stimmen überein, dass Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter den gleichen Lohn wie die Stammbelegschaft erhalten sollen. Zudem sollen sie laut den Grünen eine Flexibilitätsprämie erhalten. Die FDP will dagegen überflüssige Regulierungen bei Zeitarbeit abbauen. 

Alle drei Parteien äußern sich positiv zum Thema Langzeitkonten: Die FDP will diese aktiv fördern, während die Union zunächst entsprechende Konzepte auf ihre Wirksamkeit prüfen möchte. Die Grünen hatten Arbeitszeitkonten bereits 2015 thematisiert. Während die Grünen ein eigenständiges Gesetz für den Beschäftigtendatenschutz fordern, sehen CDU/CSU und FDP keinen Anpassungsbedarf.

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Verbraucherschutz

Wie die Union wollen auch die Grünen die Verbraucherschutzzentralen als Marktwächter stärken. Ein Nachhaltigkeitslabel soll laut der Grünen die politischen Rahmenbedingungen für einen verantwortungsbewussten Konsum schaffen. Weiter setzen sich die Grünen laut Wahlprogramm für eine klare Kennzeichnung vegetarischer und veganer Produkte ein. Die Herkunft und Haltung von tierischen Produkten soll gekennzeichnet und tierische Bestandteile in Lebensmitteln ausgewiesen werden. Darüber hinaus soll eine Nährwert-Ampel für Produkte geschaffen werden. CDU/CSU und FDP lehnen die Lebensmittel-Ampel ab und wollen die Anzahl der Siegel reduzieren. Stattdessen gelte es, die Inhaltsstoffe klar zu kennzeichnen.

In ihrem Wahlprogramm fordern die Grünen einen verbesserten Schutz vor Täuschung und dem Missbrauch von Daten. Die FDP spricht sich dabei für ein eigentumsähnliches Recht an Daten aus, um den technischen Fortschritt mit Verbraucherschutz und Datensouveränität in Einklang zu bringen.

Als einzige Partei äußert sich die FDP in ihrem Wahlprogramm zu flexibleren Ladenöffnungszeiten: Laut FDP sollen diese vom Händler selbst bestimmt werden und das allgemeine Verkaufsverbot für den Einzelhandel am Sonntag aufgehoben werden. Die Grünen, Teile der CDU und speziell die CSU lehnten Öffnungszeiten am Sonntag in der Vergangenheit dagegen ab.

Energie

Im Feld der Energiepolitik haben sich Bündnis 90/Die Grünen und FDP so stark in entgegengesetzten Forderungen festgelegt, dass die Energiepolitik zu einer Sollbruchstelle einer Jamaika-Koalition werden könnte. Zudem würden bei einem Dreierbündnis mit der Union alle drei Koalitionspartner das Energieressort für sich beanspruchen wollen.

Die größte Diskrepanz der Positionen besteht bei der zukünftigen Förderung der Erneuerbaren Energien. Während die Grünen das Erneuerbare-Energien-Gesetz weiterentwickeln wollen, plädiert die FDP in ihrem Wahlprogramm für eine Abschaffung der Subventionen und die Union ebenfalls für eine marktwirtschaftlich organisierte Energiewende. Die von der FDP geforderte Abstandsregelung von Windenergieanlagen zur nächsten Bebauung wird von den Grünen strikt abgelehnt. Konträr sind auch ihre Forderungen bezüglich des Weiterbetriebes fossiler Erzeugungsanlagen. Die Grünen fordern ein Kohleausstiegsgesetz sowie die sofortige Abschaltung der 20 schmutzigsten Kohlekraftwerke in ihrem Wahlprogramm. Union und FDP hingegen sehen die fossilen Energien weiterhin als notwendig zur Unterstützung der Erneuerbaren Energien an.

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