Es ist für das Auge häufig unsichtbar und doch überall präsent: Mikroplastik. Die Kunststoffpartikel stehen in Verdacht, Ökosysteme und Organismen zu schädigen. Höchste Zeit, sie zu ersetzen.
Ob über die Luft oder das Wasser: Mikroplastik gelangt auf vielerlei Wegen in die Umwelt. In jedem Jahr sind es etwa 330.000 Tonnen dieser winzigen Partikel allein in Deutschland, wie Forscher des Fraunhofer Instituts ausgerechnet haben. Macht pro Kopf vier Kilogramm, die häufig eine Ewigkeit im Boden oder im Wasser verweilen. Denn wie lange die Natur benötigt, um Mikroplastik abzubauen, ist in vielen Fällen mit heutigen Testverfahren nicht messbar. Auch können Wissenschaftler noch nicht abschließend sagen, welche Bedrohung von diesen Partikeln für unsere Unterwasser- und Tierwelt und unsere Böden ausgeht. Anlass zur Sorge gibt es genug: Wissenschaftler berichten von Entzündungsreaktionen etwa in Miesmuscheln oder auch von verringerten Wachstumsraten in planktischen Krebstieren. Eine andere Gefahr sieht das Umweltbundesamt: dass sich im Wasser biologisch schwer abbaubare organische Schadstoffe wie Pestizide an Mikroplastik-Partikel binden, die dann von Meeresorganismen aufgenommen werden und so in die Nahrungskette gelangen.
Um die Ökosysteme vor möglichen Risiken zu bewahren, ist es wichtig, dass weniger Mikroplastik in die Umwelt gelangt. Dazu wollen wir mit einem klaren strategischen Bekenntnis und entsprechenden Maßnahmen einen Beitrag leisten und setzen uns konkrete Ziele.
Was genau ist Mikroplastik?
Das Dilemma ist: Es gibt noch keine wissenschaftlich allgemeingültige oder gesetzliche Definition. Das macht es schwer, Untersuchungen über die Belastungen etwa von Böden oder Organismen zu vergleichen. Verbraucher, die sich informieren wollen, müssen genau hinschauen, was in Produktkennzeichnungen unter Mikroplastik verstanden wird. Gibt es Ober- oder Untergrenzen für die Partikel? Gibt es Vorgaben zur Wasserlöslichkeit, zur biologischen Abbaubarkeit, zur Rohstoffbasis oder zur Toxizität? „Unterschiedliche Definitionen erschweren eine Kennzeichnung und die aktuellen Angaben zu den Inhaltsstoffen bieten Laien quasi keine Information“, beklagt der Nabu.
Angelehnt an das Umweltbundesamt versteht die REWE Group Mikroplastik als feste, wasserlösliche synthetische und halbsynthetische Polymere, also Kunststoffpartikel, die bis zu fünf Millimeter groß sind. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Polymere aus fossilen oder nachwachsenden Rohstoffen bestehen. Darüber hinaus beschäftigen wir uns mit synthetischen und halbsynthetischen Polymeren in gelöster, gelartiger oder flüssiger Form, wie sie beispielsweise in der Kosmetik und in Wasch-, Putz- und Reinigungsmitteln eingesetzt werden. Hier fokussieren wir, auch unabhängig von der Rohstoffbasis, zum jetzigen Zeitpunkt sämtliche Verbindungen, die in der Internationalen Nomenklatur für kosmetische Inhaltsstoffe (INCI-Liste) mit folgendem Wort oder Wortbestandteil angegeben werden:
- acryl (Wortbestandteil)
- polymer (Wortbestandteil)
- silan (Wortbestandteil)
- styrol oder styrene (Wortbestandteil)
- Polyquaternium (Wortbestandteil)
- Nylon
- Polyethylene Terephthalate
- Polyethylene
- Polypropylene
- Polyvinyl Chloride
- Polyester
- Polyether
- Polyamide
- Polyimide
- Polyurethan
- Ethylen-Vinylacetat
- PVP
- Polyvinyl Alcohol
- Hydroxyethylcellulose
- Carbomer
Gelöste, gelartige und flüssige Polymere sowie deren individuellen Auswirkungen auf die Umwelt sind bei weitem noch nicht so gut erforscht wie Mikroplastik. „Daher beobachten wir den Fortschritt in der Wissenschaft sehr genau, um neue Erkenntnisse in unsere Anforderungen hinsichtlich dieser Polymere einfließen zu lassen und die Liste der Stoffe entsprechend anzupassen“, sagt Marion Schley, Referentin Nachhaltigkeit Ware Food & Non Food.
TIPPS ZUR VERMEIDUNG VON MIKROPLASTIK: In Duschgel und Co. geht es auch ohne
Duschgel, Peeling, Shampoo: In vielen Kosmetikprodukten steckt Mikroplastik. Doch wer mit Bedacht einkauft, kann das vermeiden – und mit einigen einfachen Maßnahmen im Alltag dafür sorgen, dass auch sonst so wenig Mikroplastik wie möglich in die Umwelt gelangt.
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Wie gelangt Mikroplastik in die Umwelt?
Zum besseren Verständnis der Verbreitungswege unterscheiden Fachleute zunächst zwischen zwei Arten von Kunststoffpartikeln: primärem und sekundärem Mikroplastik.
Sekundäres Mikroplastik gelangt in die Umwelt, wenn sich größere Kunststoffprodukte durch verschiedene Prozesse in Mikropartikel zersetzen. Unter anderem durch die falsche Entsorgung von Kunststoffprodukten wie Getränkeflaschen oder Verpackungen können sie in die Umwelt gelangen.
Das Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik hat in einer 2018 vorgestellten Studie 74 verschiedene Quellen identifiziert, die primäres Mikroplastik freisetzen. Hauptverursacher ist demnach mit einem Anteil von mehr als 30 Prozent der Reifenabrieb, insbesondere von Pkw.
Nicht in die Untersuchung der Fraunhofer-Forscher eingegangen sind gelöste, gelartige und flüssige Polymere.
Ihr Eintrag in die Umwelt ist wissenschaftlichen Schätzungen zufolge deutlich höher als der Eintrag von Mikroplastik. Stoffe, die in der Kosmetik unter anderem zur Haarfixierung, zur Verhinderung statischer Aufladung in Shampoos oder als Färbungsmittel eingesetzt werden, landen durch Waschbecken und Dusche nahezu vollständig im Abwasser. Jährlich werden etwa 23.700 Tonnen gelöste, gelartige und flüssige Polymere allein für Kosmetika verwendet. Mikroplastik in Kosmetik macht dagegen lediglich rund 922 Tonnen pro Jahr aus.
Der Wind verteilt die Kunststoffpartikel nach ihrer Freisetzung über Stadt, Land und Gewässer. Bei Regen werden sie in Bäche und Flüsse geschwemmt, von wo sie auch ins Meer gelangen. Über Straßenabläufe wird Mikroplastik in das Kanalnetz gespült. In einigen Fällen gelangt es auch direkt ins Abwasser, etwa über Textilfasern, die sich beim Waschen lösen oder über Kosmetikprodukte. Kläranlagen schaffen es nicht, sämtliche Polymere herauszufiltern, so dass ein Teil dennoch in die Meere fließt. Wie der Nabu betont, landen mitunter auch im Klärschlamm gebundene Partikel in der Umwelt – immer dann, wenn Klärschlamm in der Landwirtschaft als Dünger verwendet wird.
NABU-EXPERTIN IM INTERVIEW: „Alle können sofort loslegen“
Schnell weg mit schlecht abbaubaren Kunststoffpartikeln? So einfach ist die Sache nicht, wie Katharina Istel, Referentin für nachhaltigen Konsum beim Nabu, erläutert. Am Anfang steht ein Definitionsproblem. Dennoch kann jeder etwas dazu beitragen, die schädlichen Auswirkungen von Mikroplastik zu verringern.
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Ambitionierte Ziele, eigenes Siegel
Wir haben uns zum Ziel gesetzt, bis Ende 2020 bei den Rezepturen aller Kosmetikprodukte der Eigenmarken von REWE und PENNY in Deutschland auf Mikroplastik zu verzichten. Zudem soll bei allen Rezepturen von Kosmetikprodukten, wo dies ohne Leistungseinbruch möglich ist, auf die fokussierten Polymere in gelöster, gelartiger oder flüssiger Form verzichtet werden. Diese Absicht haben wir in einer Leitlinie formuliert. In enger Abstimmung mit den Lieferanten überprüfen wir kontinuierlich Artikel für Artikel unseres gesamten Eigenmarkensortiment im Bereich Kosmetik. Gemeinsam sollen neue Rezepturen und Ideen entwickelt werden, wie Mikroplastik ersetzt werden kann. Auf diese Weise hat die REWE Group bereits 2014 alle Eigenmarken-Kosmetikartikel von Microbeads, die beispielsweise als Reibkörper in Peelings eingesetzt werden, befreit. Statt künstlicher Peelingkörper werden seitdem nur noch pflanzliche Stoffe eingesetzt.
Um den Verbrauchern die Orientierung zu erleichtern, haben wir ein eigenes Siegel entwickelt. Es kennzeichnet Kosmetik-Eigenmarken, die frei von Mikroplastik nach dem REWE Group Verständnis und gleichzeitig frei von den fokussierten gelösten, gelartigen und flüssigen Polymeren sind.Bei Kosmetikartikel soll es nicht bleiben: Wir arbeiten daran, auch in anderen Warengruppen auf Mikroplastik sowie gelöste, gelartige oder flüssige synthetische und halbsynthetische Polymere zu verzichten.
Danke für Eure Bemühungen, die Umwelt wieder ein Stück besser zu machen. Welche Folgen der Eintrag von Mikroplastik z. B. im Meer hat, kann jeder Fischer benennen.
Die Bilder von Plastik-Meer und in treibenden Fischernetzen verendeten Meeresbewohnern treiben uns wohl alle um. Schön, wenn die Rewe vorangeht.