Fast zwei Jahre sind vergangen: Im Januar 2023 ging das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) an den Start. Konkret bedeutet das: Wir sind gesetzlich dazu verpflichtet, Menschenrechte zu stärken und deren Verletzungen vorzubeugen. Wie wir das Gesetz bei der REWE Group umsetzen, warum die Mitarbeitenden eine wichtige Rolle dabei spielen und wie sie die aktuellen politischen Diskussionen um das LkSG bewertet, erklärt unsere Menschenrechtsbeauftragte Nicola Tanaskovic im Interview.
Jedes Jahr am 10. Dezember erinnern die Vereinten Nationen mit dem Internationalen Tag der Menschenrechte daran, dass diese weltweit immer wieder verletzt werden. Darum setzen wir uns seit Jahren dafür ein, Menschenrechte zu stärken und deren Verletzungen vorzubeugen. Seit 2023 sind wir durch das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz – kurz LkSG - auch gesetzlich dazu verpflichtet. Im Rahmen unserer Grundsatzerklärungen geben wir öffentlich ein Bekenntnis ab, Menschenrechte und umweltbezogene Sorgfaltspflichten zu schützen. Gleichzeitig legen wir in der Grundsatzerklärung unsere Ansätze zur Umsetzung der Sorgfaltspflichten dar und aktualisieren das Dokument jährlich.
Um das Gesetz zu erfüllen, ist es wichtig, dass alle Mitarbeitenden auf die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltschutzstandards achten. Dabei geht es nicht nur um das eigene Verhalten, sondern auch das von Kolleg:innen und Lieferanten. Für die REWE Group und ihre Tochtergesellschaften wurde ein Beschwerdeverfahren eingerichtet, über das Hinweise und Beschwerden zu potenziellen Verletzungen von Menschenrechten und Umweltpflichten gemeldet werden können - auf Wunsch auch anonym.
Sie möchten einen Hinweis melden? Dann nutzen sie gern das Beschwerdesystem oder wenden Sie sich per eMail an humanrightsrewe-groupcom
one: Die REWE Group setzt sich bereits seit Jahren für Menschenrechte in der Lieferkette ein. Was genau ändert das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz?
Nicola Tanaskovic: Richtung. Stärkung von Menschenrechten, die Prävention von Kinder- und Zwangsarbeit und die Förderung des fairen Handels – dafür haben wir uns schon lange mit konkreten Maßnahmen eingesetzt. Durch das LkSG gibt es nun auch eine gesetzliche Anforderung dafür: Es schafft die gleichen Voraussetzungen für alle, weil es Regeln zum Schutz von Mensch und Umwelt festlegt, an die sich alle großen Unternehmen halten müssen. So können sich ganze Branchen nachhaltig entwickeln.
one: Die REWE Group hat sich auch für die CSDDD, das europäische Lieferkettengesetz, ausgesprochen. Warum?
Nicola Tanaskovic: Aus unserer jahrelangen Erfahrung wissen wir auch, dass in einer globalisierten Welt mit komplexen Lieferketten Unternehmen in der Breite leider nicht allein die notwendige Hebelwirkung entfalten können. Nur gemeinsam mit Politik, NGOs und Wirtschaft können wir die Arbeits- und Lebensbedingungen der Menschen, die in unseren Lieferketten tätig sind, nachhaltig verbessern. Es braucht branchenweite Standards und praxistaugliche Lösungen. Dabei ist es unerlässlich, über nationale Grenzen hinaus zu denken und so den internationalen Warenströmen gerecht zu werden.
one: Wie setzen wir bei der REWE Group die Anforderungen des LkSG konkret um?
Nicola Tanaskovic: Im Rahmen unserer Grundsatzerklärungen geben wir öffentlich ein Bekenntnis ab, Menschenrechte und umweltbezogene Sorgfaltspflichten zu schützen. Gleichzeitig legen wir in der Grundsatzerklärung unsere Ansätze zur Umsetzung der Sorgfaltspflichten dar und aktualisieren das Dokument jährlich. Das gleiche gilt für alle Tochterunternehmen der REWE Group, die eigenständig unter das LkSG fallen.
Zudem haben wir für die REWE Group und ihre Tochtergesellschaften ein Beschwerdesystem eingerichtet, über das Hinweise und Beschwerden zu potenziellen Verletzungen von Menschenrechten und Umweltpflichten gemeldet werden können - auf Wunsch auch anonym.
one: Wie werden die eingehenden Beschwerden geprüft?
Nicola Tanaskovic: Die Umsetzung unserer Sorgfaltspflichten im Konzern und in den Tochtergesellschaften wird von einem zentralen Projektteam koordiniert, das eng mit verschiedenen Fachbereichen der REWE Group zusammenarbeitet. So stellen wir eine konzernweite Strategie sicher. Eingehende Beschwerden nach LkSG-Kriterien werden von der Koordinierungsstelle, den Case Manager:innen und relevanten Fachabteilungen bearbeitet und aufgeklärt. Ich bin sehr stolz auf mein Team und die Kolleg:innen der REWE Group, die gemeinsam schon viel erreicht haben.
one: Wie bewerten Sie die politischen Diskussionen rund um das LkSG (bzw. eine Aussetzung), auch mit Blick auf die CSDDD?
Nicola Tanaskovic: Die Diskussion schafft Unsicherheiten bei allen Beteiligten und erschwert die effiziente Ressourcenplanung. Aufgrund der komplexen Konzernstruktur der REWE Group bedeuten kurzfristige Änderungen viel Aufwand. Wir stehen jedoch im stetigen Austausch mit der Public Affairs Abteilung und externen Expert:innen, um Veränderungen zu antizipieren und zu evaluieren.
Die CSDDD begrüßen wir grundsätzlich, jedoch bleiben einige Fragen ungeklärt, besonders an der Schnittstelle zur CSRD. Wir erwarten, dass die Überführung der CSDDD erst mit der neuen Regierung erfolgt, wodurch Zeit für die operative Umsetzung verloren geht.
one: Wie können unsere Kolleg:innen dazu beitragen, die Einhaltung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes in ihrem Arbeitsalltag zu unterstützen?
Nicola Tanaskovic: Unsere Mitarbeitenden sind Schlüsselakteure beim Schutz der Menschenrechte und der Umwelt in unseren Lieferketten und im Unternehmen. Das Gesetz wirkt nur, wenn alle Mitarbeitenden täglich auf die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards achten, sei es bei sich selbst, Kolleg:innen oder Lieferanten. Alle werden in der konzernweiten Compliance-Schulung geschult, um ihren Beitrag zu leisten.
Zusammengefasst: Handeln Sie gemäß der Grundsatzerklärung, den Leit- und Richtlinien sowie dem Verhaltenskodex der REWE Group. Achten Sie auf die Einhaltung der Arbeitsschutzvorgaben und weisen Sie auch Kolleg:innen und Geschäftspartner darauf hin. Gehen Sie fair miteinander um und unterbinden Sie Diskriminierung. Melden Sie potenzielle Verstöße und ermutigen Sie Betroffene, eine Beschwerde einzureichen.
one: Was bedeutet das LkSG für unsere Lieferanten und wie stellen wir sicher, dass unsere gesamten Lieferketten den Anforderungen entsprechen?
Nicola Tanaskovic: Das LkSG erhöht die Anforderungen an unsere Lieferanten bezüglich Transparenz und Menschenrechtsthemen, was sowohl Herausforderungen als auch Chancen bietet. Um die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen, arbeiten wir eng mit Lieferanten zusammen, selbst wenn nicht alle direkt unter das Gesetz fallen.
Unsere jährliche Risikoanalyse identifiziert und priorisiert Lieferanten mit erhöhten Risiken. Auf Grundlage dieser Ergebnisse und möglicher Beschwerden entwickeln wir Maßnahmen, die von den Fachbereichen umgesetzt werden, wie z.B. die Einladung von Hoch-Risiko-Lieferanten zu EcoVadis, einem Tool zur Lieferantenbewertung nach verschiedenen Nachhaltigkeitskategorien. Diese Analysen und Maßnahmen werden jährlich überprüft und angepasst.
Alle Warenlieferanten müssen den Code of Conduct der REWE Group unterzeichnen, um menschenrechtliche und umweltbezogene Standards zu gewährleisten. Zudem bieten wir spezifische LkSG-Schulungen durch den Handelsverband Deutschland (HDE) an, um das Verständnis der Lieferanten für die gesetzlichen Anforderungen zu verbessern. Unser Ziel ist es, langfristige, nachhaltige Lieferantenbeziehungen zu stärken und gemeinsam an Nachhaltigkeitsthemen zu arbeiten.