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ArticleId: 1735magazineIn Innenstädten haben Liefer-LKW selten freie Fahrt. Warum nicht abends und nachts Märkte beliefern, wenn die Straßen leer sind? Lässt sich das mit Lärmschutzauflagen vereinbaren? Das Forschungsprojekt GeNaLoG jedenfalls, an dem sich REWE beteiligt hat, hat den Praxistest bestanden.https://one.rewe-group.com/fileadmin/_processed_/7/e/csm_Nachtlogistik_Auswertung_des_Pilotprojekts_mgt_st_587fc75b42.jpgAuf leisen SohlenNachtlogistik-Test erfolgreich
Wenn es Nacht wird in Köln: Im Rahmen des Pilotprojekts sammelte REWE Erfahrung mit später E-LKW-Belieferung / Fotos (3): Achim Bachhausen
Lesedauer: 6 Minuten
Nachtlogistik besteht Praxistest
Auf leisen Sohlen
von Stefan Weber
In Innenstädten haben Liefer-LKW  immer seltener freie Fahrt. Verstopfte Straßen machen die Touren zur Geduldsprobe. Wie wäre es, die Belieferung der Märkte in die Abend- und Nachtstunden zu verlagern, wenn die Straßen leer sind? Lässt sich das mit den strengen Lärmschutzauflagen vereinbaren? Und ist das überhaupt wirtschaftlich? Das wollte das Forschungsprojekt GeNaLoG herausfinden, an dem sich REWE beteiligt hat. Das Ergebnis: Die Nachtlogistik hat großes Potential. 
Kunden erwarten volle Regale, und die Ware soll stets ultrafrisch sein. Was so selbstverständlich klingt, wird für die Logistiker der REWE Group immer mehr zu einer Herausforderung. Vor allem, wenn es um die termingenaue Belieferung innerstädtischer Märkte geht. Denn der Verkehr nimmt beständig zu, die Straßen sind häufiger verstopft. Auto- und LKW-Fahrer quälen sich vielerorts über weite Strecken des Tages nur im Schritttempo voran. Es gibt mehr gesundheitsschädlichen Lärm und Luftschadstoffe. Schon wird über Fahrbeschränkungen für Diesel-LKW in den Städten diskutiert. Wie kann in diesem Umfeld eine verlässliche Warenversorgung der Märkte funktionieren? „Wir müssen dringend heute nach Lösungen suchen, wie wir in fünf oder zehn Jahren Ware in die Märkte bekommen“, betont Birgit Heitzer, Leiterin Logistik Konzern der REWE Group. Abschlussbericht zeigt: Mehr leise Technologien vergrößern Handlungsspielraum Deshalb hat sich die REWE Group gemeinsam mit dem Discounter Tedi und dem Fruchthändler und Importeuer Doego am Forschungsprojekt GeNaLog beteiligt. Das Kürzel steht für „Geräuscharme Nachtlogistik für Innenstädte durch den Einsatz von Elektromobilität“. Tests unter Realbedingungen sollten zeigen, ob es technisch möglich ist, Logistik in die Abend- und Nachtstunden zu verlagern – ohne die im europäischen Vergleich sehr strengen deutschen Lärmgrenzwerte zu verletzen. Der jetzt vorliegende Abschlussbericht zeigt: Die immer größere Auswahl leiser Technologien vergrößert den Handlungsspielraum der Logistiker. Um aber Belieferungsverkehre flächendeckend in die Nacht zu verlagern und so die Straßeninfrastruktur tagsüber zu entlasten, sind auf Seiten der Gesetzgebung und der Genehmigungsbehörden noch einige Hürden zu nehmen. „Innovative Konzepte passen nicht in das starre Konzept der Richtlinien und Verordnungen“, schreiben die Experten des Fraunhofer Instituts, die das Projekt leiteten.   
Der Test
Fünf Wochen lang belieferte die REWE im März/April dieses Jahres drei Märkte im Kölner Stadtgebiet in unterschiedlichen Gebietsausweisungen in den Nachtstunden mit Ware. Die Stadt Köln hatte dies zuvor per Ausnahmegenehmigung erlaubt.  Üblicherweise ist eine Belieferung zu dieser Zeit nicht zulässig. Um die in der Nacht geltenden Lärm-Grenzwerte einzuhalten, kam nur der Einsatz eines bereits für REWE in Berlin fahrenden E-LKW in Frage. Am Lagerstandort in Köln wurde die notwendige Ladeinfrastruktur für das Fahrzeug eingerichtet und ein Fahrer geschult. Rollcontainer und Thermorollbehälter wurden mit geräuscharmen Rollen ausgestattet. Und für Ware, die auf Paletten ausgeliefert wird, wurden geräuscharme Elektro-Niederhubwagen besorgt. Auch lagerinterne Prozesse mussten angepasst werden, damit für die Nachtbelieferungen ausschließlich die geräuscharmen Transportmittel eingesetzt wurden. Die Anwohner der Filialen wurden vor Testbeginn durch einen Handzettel über das Projekt informiert. Während der Testphase hatten sie Gelegenheit, über eine Telefonhotline Fragen oder Beschwerden zu äußern. Ein unabhängiger Gutachter maß bei sechs Anlieferungen sowohl die Geräuschemissionen in direkter Nähe zum LKW als auch im nächstgelegenen, schützenwerten Raum. 
Geräuschquellen – und wie sie vermieden werden können

Nicht nur der Fahrzeugmotor verursacht Geräusche. Auch Kühlaggregate und Ladebordwände sorgen für Lärm, sofern sie nicht mit Leiselauf-Aggregaten ausgestattet sind. Der Fahrer muss Fahrzeugtüren geräuscharm öffnen und schließen und das Radio ausschalten. Eine spezielle Beschichtung auf der Ladebordwand und im Kofferaufbau dämpft Geräusche. Das Aufsetzen der Ladebordwand auf dem Untergrund lässt sich durch Gummimatten dämpfen.

Bei der Anlieferung verursacht die Bewegung der Ladehilfsmittel (Rollcontainer, Thermorollbehälter, Paletten etc.) Geräusche. Abhilfe verschaffen Leiselaufrollen und Elektro-Hubwagen.

Im Bereich der Filiale kann das Öffnen und Schließen von Türen und Rolltoren Lärm verursachen. Spezielle Dämmungen sorgen für Abhilfe. Ein wichtiger Faktor ist auch der Bodenbelag, vor der Filiale ebenso wie auf der Rampe sowie im Anlieferbereich, auf dem die Ladehilfsmittel bewegt werden. Die Lösung sind schallabsorbierende Bodenbeläge, etwa Flüsterasphalt – wenn anderenfalls eine komplette Einhausung des Anlieferbereichs zum Beispiel aus baulichen Restriktionen nicht möglich ist. 
Das Ergebnis
GeNaLog hat gezeigt, dass es mit dem heutigen Stand der Technik möglich ist, Logistik geräuscharm in die Nachstunden zu verlagern. Die gesetzlich vorgegebenen Richtwerte der TA Lärm wurden bei allen Messungen eingehalten und zum Teil deutlich unterschritten. Als Hauptgeräuschquellen wurden die Rollgeräusche der Transporthilfsmittel im LKW, auf der Ladebordwand und auf dem Untergrund der Filiale identifiziert. „Aus den Testergebnissen können jedoch keine allgemeingültigen Aussagen abgeleitet werden. Eine Einzelfallbetrachtung je Filiale ist unabdingbar, da die einzuhaltenden Grenzwerte von der Lage des nächstgelegenen, schutzbedürftigen Raums abhängen und bauliche Gegebenheiten stark ergebnisbeeinflussende Faktoren darstellen“, heißt es im Abschlussbericht. Die Transportkosten je Transportheinheit sind in der Nachtlogistik aktuell höher als in der Taglogistik. Dies wird sich nach Einschätzung der Experten jedoch möglicherweise schon in wenigen Jahren ändern - wenn Elektro-LKW preiswerter werden, der Dieselpreis steigt und die Technologie insgesamt weiter ausgereift ist (also die Reichweite der Elektro-LKW größer wird). Unzweifelhaft sind die ökologischen Vorteile einer Belieferung in den Nachtstunden, da dafür ausschließlich E-LKW zum Einsatz kommen.
„Nachtlogistik wird Belieferung am Tag nicht komplett ersetzen“
Birgit Heitzer, Leiterin Logistik Konzern REWE Group, wünscht sich von Städten dauerhafte Genehmigungen für Nachtbelieferungen
Birgit Heitzer, Leiterin Logistik Konzern REWE Group
one: Wie bewerten Sie das Ergebnis des Projekts GeNaLoG?

Birgit Heitzer: Wir haben mit dem Projekt unter Beweis gestellt, dass die Nachtlogistik das Potential hat, als eine Lösung für die logistischen Herausforderungen der Innenstädte zu funktionieren. Das ist ein toller Erfolg. one: Welches sind die nächsten Schritte, um vermehrt Märkte in den Nachtstunden mit Ware zu versorgen?
Birgit Heitzer: Der größte Teil des Weges liegt noch vor uns, schließlich ist die nächtliche Belieferung jeweils einzeln mit allen beteiligten Akteuren in Einklang zu bringen. Im nächsten Schritt werden wir den Dialog mit den in Frage kommenden Städten weiterführen, um letztlich auch dauerhafte Genehmigungen für eine Nachtbelieferung zu erlangen. Ohne die Bereitschaft der zuständigen Behörden zur Anpassung gesetzlicher Rahmenbedingungen bleiben Best-Practice-Modelle nur Konzepte. one: Welche Hürden sind dabei vor allem zu überwinden?
Birgit Heitzer: Das ist schwer vorherzusagen, da sich mögliche Hürden sowohl in technischer, praktischer, wirtschaftlicher und gesetzlicher Hinsicht ergeben können. Aus der Erfahrung des gesamten Projekts wird es aber stets eine Lösung geben. Aber die Nachtlogistik ist kein zwingendes Muss. Nicht jede Hürde muss zwingend überwunden werden.  Bestimmte Märkte, beispielsweise in besonders sensiblen Lagen werden auch künftig nicht für eine Nachtbelieferung in Frage kommen. one: In welchem Umfang könnte in zehn Jahren die Nachtlogistik die Taglogistik bei der REWE Group ersetzen?
Birgit Heitzer: Die Nachtlogistik wird auch in zehn Jahren die Belieferung am Tage nicht vollständig ersetzen können, aber sie wird in einem wesentlichen Umfang als Ergänzung zur täglichen Tourenabwicklung die Belieferung unserer Märkte und Filialen in Städten und Ballungsräumen zusätzlich gewährleisten. one: Innerhalb des Forschungsprojekts wurde eine  Datenbank entwickelt, die alle recherchierten alternativen technischen Lösungen für die Nachtlogistik umfasst. Können auch Dritte dieses interaktive, web-basierte Tool nutzen?
Birgit Heitzer: Ja, die Informationsplattform steht allen Interessierten über www.genalog.de zur Verfügung. Darüber hat man Zugriff auf die im Projekt entwickelte Technologiedatenbank und kann darüber hinaus mittels mehrerer Checks ermitteln, ob die Nachtlogistik für den jeweiligen Anwendungsbereich in Frage kommt. Uns war es bei diesem Projekt wichtig, die Ergebnisse einem möglichst großen Kreis von Interessierten zugänglich zu machen. 
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