nächster Artikel vorheriger Artikel
21.02.2023
Lionel Souque im Gespräch
„Mit Leidenschaft und Spaß bei der Sache“
21.02.2023
nahkauf-Kaufleute
Ein fester Teil der REWE-Familie
ArticleId: 4076magazineFrost und Starkregen im Frühjahr, Hitzewellen im Sommer – 2022 reihten sich Extremwetterereignisse aneinander. Es war in Europa das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Insbesondere im mediterranen Raum war es zu warm – noch bis in die Wintermonate hinein. one sprach mit Markus Bobenhausen, Bereichsleiter Ultrafrische 1, über Mandarinen im Herbst und warum die Zwiebel bald aus Ägypten kommt.https://one.rewe-group.com/fileadmin/_processed_/7/0/csm_ts_standard_bobenhausen_47041211cf.jpgSo beeinflussen Wetterkapriolen die Obst- und GemüsebeschaffungMarkus Bobenhausen
Markus Bobenhausen
Lesedauer: 4 Minuten
Markus Bobenhausen zur Marktlage
So beeinflussen Wetterkapriolen die Obst- und Gemüsebeschaffung
von Judith Morgenschweis

Frost und Starkregen im Frühjahr, Hitzewellen im Sommer – 2022 reihten sich Extremwetterereignisse aneinander. Es war in Europa das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Insbesondere im mediterranen Raum war es zu warm – noch bis in die Wintermonate hinein. one sprach mit Markus Bobenhausen, Bereichsleiter Ultrafrische 1, über Mandarinen im Herbst und warum die Zwiebel bald aus Ägypten kommt.

one: Anfang Januar zog der EU-Klima-Informationsdienst „Copernicus“ Bilanz und bezeichnete 2022 als das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnung. Macht sich das in der Warengruppe Obst und Gemüse bemerkbar? 
Markus Bobenhausen:
Das vergangene Jahr war schwierig. Nahezu über den gesamten Verlauf des Jahres hat es Herausforderungen in der globalen Obst- und Gemüse-Produktion mit sich gebracht. Insbesondere im mediterranen Raum kommt es aufgrund der Dürre im Sommer und zeitweise aber auch ungewöhnlich starken Niederschlägen zu Ernteausfällen oder Veränderungen beim Wachstum, die wir langfristig zu spüren bekommen. 
Ein Beispiel ist die Mandarinenernte. Hier hat der warme Herbst in Spanien dazu geführt, dass die Früchte in der Haltbarkeit instabil waren. Gleichzeitig war es hier bei uns in Deutschland aber auch noch zu warm, so dass die Verbraucher:innen noch keinen großen Appetit auf Mandarinen hatten. Insgesamt ergab sich dadurch die Situation, dass die Mengen auf einen Absatzmarkt trafen, der noch nicht bereit dafür war. Da war es eine Herausforderung für alle Beteiligten in der Lieferkette, wie auch für die Märkte, die Produkte so auszusteuern, dass wir diese in der optimalen Zeit und Qualität unseren Kund:innen anbieten konnten.  Die Überprüfung des Kalibers mittels Schablone ist ein Bestandteil der Wareneingangskontrolle I Foto: Achim Bachhausen

„Aktuell machen die Wetterkapriolen Salaten, Beerenobst, Paprika und Tomaten im mediterranen Raum zu schaffen.“
Markus Bobenhausen

one: Welche Obst- und Gemüsesorten sind von den Wetterkapriolen besonders betroffen?
Markus Bobenhausen:
Aktuell sind im mediterranen Raum Salate, Beerenobst, Paprika und Tomaten betroffen. Beim Eisbergsalat kommt es aufgrund des Winterstarts zu Ertragseinbußen. In Spanien stagniert die Erdbeer-Produktion bei Nachttemperaturen zwischen zwei und vier Grad Celsius. Das sind nur zwei aktuelle Beispiele. Im Laufe des Frühjahrs werden noch weitere Sorten hinzukommen, denn auch in Deutschland sorgt das Wetter für Qualitätseinbußen bei einigen Gemüsesorten, wie zum Beispiel Zwiebeln. Aber das bekommen wir erst so richtig zum Saisonwechsel zu spüren.

one: Das heißt, auch bei den regionalen Produkten wirkt sich das Wetter auf die Ernte aus?
Markus Bobenhausen:
Genau. Hier ist die Zwiebel ein gutes Beispiel – ein typisches regionales Gewächs, das aber im vergangenen Jahr sehr schlechte Wachstumsbedingungen hatte. Das wiederum hat zur Folge, dass die Haltbarkeit im Regal verkürzt ist. Die Zwiebeln – ein typisches Produkt für die Lagerhaltung – keimen schneller. Das wird dazu führen, dass die Zwiebelsaison in Deutschland früher zu Ende ist als gewöhnlich und wir auf Produktion aus Übersee und Ägypten ausweichen müssen, um den Bedarf bis zur neuen Saison in Deutschland zu decken.

Unabhängig vom Ursprungsland überprüfen die QS-Beauftragten an den REWE Group-Logistikstandorten im Wareneingang die Qualität von Obst und Gemüse (in diesem Fall Zwiebeln)
„Wir müssen uns weiterhin auf kurze Lieferketten und schnellen Warenumschlag fokussieren.“
Markus Bobenhausen

one: Wie schnell kann der Einkauf auf diese Entwicklungen reagieren und die Warenverfügbarkeit sichern?
Markus Bobenhausen:
Wir bekommen wöchentlich Berichte von unserer Qualitätssicherung vor Ort. Das sind Mitarbeitende aus dem Qualitätsmanagement, die für uns in den Ursprungsländern in der Produktion unterwegs sind und uns von dort mit aktuellen Informationen versorgen. So sind wir immer auf dem neuesten Stand und können frühzeitig beispielsweise auf drohende Ausfälle reagieren. Bei den Zwiebeln haben wir das zum Beispiel schon getan und dafür gesorgt, dass wir ab April/Mai die verkürzte Haltbarkeit der heimischen Zwiebeln mit Ware aus Ägypten und Neuseeland überbrücken können. Wir können dann keine regionale Ware mehr anbieten, daher ist es wichtig, unsere Märkte über wetterbedingte Schwierigkeiten zu informieren, damit sie das genau ihren Kund:innen erklären können.

one: Wenn die Haltbarkeit mit der Qualität schwankt – an welchen Stellschrauben außer dem Herkunftsland könnten Sie noch drehen?
Markus Bobenhausen:
Der erste Hebel ist die Logistik. So werden, wenn notwendig, Lkw-Fahrtzeiten verkürzt, indem wir zwei Fahrer einsetzen. Weitere Stellschrauben sind unsere Obst- und Gemüseplattformen. Darüber sichern wir eine tagesfrische Aussteuerung der Bestände ab und können weitere Maßnahmen mit Blick auf die Qualität einsteuern. Das wird in diesen Zeiten, wo es immer herausfordernder wird, die Lieferung gut auszusteuern, immer wichtiger. Daher kommunizieren wir über unsere wöchentlichen Berichte diese Informationen auch über die regionalen Category Manager bis in die Märkte hinein.

one: Wie sieht es mit Alternativen aus den Gewächshäusern aus? Hier sollte sich die Produktion doch unabhängig vom Wetter gut steuern lassen.
Markus Bobenhausen:
Das schon. Nur haben wir hier das Problem der Energiekosten, die bei den Gewächshäusern in Form von hohen Strom- und Gaspreisen die Produktionskosten enorm steigen lassen. Die Produkte werden dann einfach zu teuer. Wir haben gesehen, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher diese Preise teilweise nicht mehr mitgehen. Hier sind wir eher auf der Suche nach alternativen Anbaugebieten, die die passenden natürlichen Bedingungen für diese Produkte haben, um die Märkte mit guten Qualitäten versorgen zu können. Es hat für uns oberste Priorität, für unsere Kund:innen beste Qualitäten zu wettbewerbsfähigen Preisen einzukaufen. 

one: Herr Bobenhausen, vielen Dank für das Gespräch.

Mein Kommentar
Kommentieren
Auch interessant
Newsletter
Artikel weiterempfehlen

Dieser Beitrag hat Ihnen gefallen?
Dann empfehlen Sie ihn doch Ihren Kollegen weiter.