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18.05.2022
Interview mit Marcel Weber
"Eine sichere Warenversorgung hat höchste Priorität"
18.05.2022
Clemens Bauer im Interview
Frech? ja!
ArticleId: 3664magazineErstmals seit mehreren Jahren ist der Marktanteil der Eigenmarken im Lebensmitteleinzelhandel wieder gestiegen. Wir haben mit den Marketingchefs von REWE, PENNY und Toom über die Bedeutung der Handelsmarken gesprochen.https://one.rewe-group.com/fileadmin/_processed_/0/6/csm_ts_standard_tt_kurzinter_35c260d43b.jpgEigenmarken im AufwindMarketingchefs im Interview
Marketingchefs im one_Interview
Eigenmarken im Aufwind
von Sylvia Hannstein, Judith Morgenschweis, Julia Robertz

Erstmals seit mehreren Jahren ist der Marktanteil der Eigenmarken im Lebensmitteleinzelhandel wieder gestiegen. Laut GfK verzeichneten sie in den ersten drei Monaten 2022 ein Plus von 1,2 Prozentpunkten und erreichten einen Marktanteil von 34,6 Prozent. Wir haben mit den Marketingchefs von REWE, PENNY und Toom über die Bedeutung der Handelsmarken gesprochen.

Drei Fragen an Clemens Bauer, Director Marketing & Media bei REWE
„Die Kund:innen bestimmen“

Clemens Bauer
one: Warum hat REWE Eigenmarken im Sortiment? Warum sind sie für den Handel wichtig? 

Clemens Bauer: Für uns als Vollsortimenter  geht es um Differenzierung. Wir sehen inzwischen auch bei den Discountern immer mehr Markenartikel; da helfen unsere qualitativ hochwertigen Eigenmarken uns weiter abzugrenzen.   

one: Was macht die REWE-Eigenmarken besonders? 

Clemens Bauer: Die REWE-Eigenmarken sind für mich die Beweisführung unseres Markenkerns. Bei Marken wie REWE Bio haben wir alles in der Hand. Wir können mit den Herstellern über Lieferketten oder unsere Anforderungen und Vorgaben an die Qualität sprechen und die Produkte so aufbauen, wie wir sie für richtig halten. Das ist bei Markenprodukten nicht der Fall. 

Und mit Blick auf die Hersteller findet derzeit auch eine Transformation statt. Regionalität ist ein gutes Beispiel dafür, wie der Handel mit seinen Eigenmarken das Thema und den Trend früher erkannt und besetzt hat als die Industrie. 

one: Welcher Eigenmarken-Anteil ist der Richtige? 

Clemens Bauer: Das bestimmen letztlich die Kund:innen mit ihren Wünschen und Bedürfnissen. Manchmal wandeln sich die Bedürfnisse der Kund:innen schneller als die Herstellermarke folgen kann. Dann können wir als Händler inzwischen schneller darauf eingehen und das Sortiment anpassen. 

Oder nehmen Sie die Sortimentsgestaltung: Hier sind Haustierbesitzer ein gutes Beispiel. Diese Kundschaft geht häufig in den Fachhandel und meidet typische Eigenmarken. Deshalb haben wir mit Zooroyal eine Eigenmarke auf Fachhandelsniveau entwickelt, so dass diese Kunden auch in den REWE-Märkten fündig werden. Ähnlich sind wir mit dem Angebot der Weinfreunde vorgegangen. Das heißt: bei allem, was wir im Eigenmarkenbereich tun, geben die Kund:innen mit ihren Bedürfnissen den Takt an. Gleichzeitig differenzieren wir uns vom Wettbewerb. 

Fragen an Marcus Haus, Leiter Marketing Discount National
„Eigenmarken machen bei PENNY den Unterschied“

Marcus Haus
one: Warum sind Eigenmarken für den Handel wichtig? 

Marcus Haus:
Aus strategischer Sicht vereinen Eigenmarken gleich mehrere wichtige Funktionen. Zum einen stellen sie ein Alleinstellungsmerkmal gegenüber dem Wettbewerb dar. Aus Befragungen wissen wir, dass viele unserer Kund:innen gerade wegen dieser Produkte bei PENNY einkaufen. Eigenmarken werden in vielen Punkten als mit der Marke gleichwertig erachtet – sie sind ein wichtiger Frequenzbringer. Darüber hinaus ermöglichen uns die Eigenmarken, die Kund:innen durch aufgebautes Vertrauen stärker an uns zu binden. 

Die relativ hohe Inflation führt dazu, dass die Preiswahrnehmung eine wichtige Rolle bei der Kaufentscheidung spielt. Die vergleichsweise preiswerten Eigenmarkenprodukte gewinnen daher bei der Kundschaft einen immer höheren Stellenwert. Sie gewähren dem Händler einen größeren finanziellen Spielraum und gleichzeitig eine größere Unabhängigkeit von der Industrie. Diese Aspekte sind insbesondere in Zeiten, in denen die Nahrungsmittelkonzerne immer höhere Preise durchsetzen wollen, von großer Bedeutung.

Mit Eigenmarken können wir zudem schnell auf Konsum-Trends reagieren. Ein Beispiel: Mit der PENNY-Eigenmarke Food For Future tragen wir dem Trend Rechnung, dass Konsument:innen sich komplett oder teilweise vegan ernähren – gepaart mit einer auf Nachhaltigkeit bedachten Lebensweise. Ein anderes Beispiel: Auf den Convenience-Trend gehen wir mit der Eigenmarke PENNY Ready ein. 

Eigenmarken übernehmen zum Teil die Aufgabe von Markendächern. Das gilt für Food For Future, Bäckerkrönung oder auch Butcher’s. 

one: Das gilt doch sicher auch für die Basismarke?

Marcus Haus:
Die Basismarke PENNY ist das Fundament unseres Eigenmarken-Hauses. Deswegen begleiten wir sie mit starken und aufmerksamkeitsstarken Kampagnen. Nach der erfolgreichen Kampagne mit Olivia Jones soll die Basismarke auch 2022 als Vehikel dienen, um die PENNY-Preiswürdigkeit zu vermitteln und zugleich Sympathie zu erzeugen. Ein weiteres Kernziel der Kampagne ist es zu zeigen, dass sparen nichts mit Verzicht zu tun hat und auch durchaus bei PENNY viel Spaß bereiten kann. In der neuen Kampagne gibt es kein prominentes Testimonial, sondern „PENNY-Fans“ treten als Identifikationsfiguren auf. Sie transportieren dabei das Kampagnenmotto „So aufregend kann sparen sein“ visuell. Die PENNY Fans sind unterhaltsam und unkonventionell – so wie wir.

one: Die strategischen Planungen hinter einer solchen Kampagne sind sicher sehr aufwändig?

Marcus Haus: Die Fokusthemen für das Folgejahr werden bereits im vorherigen Sommer definiert. Der eigentlich Entstehungsprozess startet in der Regel rund sechs Monate vor Kampagnenstart. Wir sind da dennoch sehr schnell und agil.

one: PENNY investiert stark in seine Eigenmarken - daran lässt sich ihr Stellenwert im Sortiment ablesen. Gleichzeitig wird aber auch eine große Bandbreite an Industrie-Marken angeboten. Welcher Eigenmarken-Anteil ist der Richtige?  

Marcus Haus: Im Vergleich ist der Eigenmarkenanteil bei PENNY mit rund 60 Prozent relativ hoch. Markenprodukte gehören schon immer zum Sortiment von PENNY, denn diese bieten den Kund:innen vor allem Orientierung. Sie dienen preislich und qualitativ als Referenz. Insofern erfüllen sie eine wichtige Funktion. Wir werden daher unseren Kund:innen auch auf längere Sicht einen attraktiven und zeitgemäßen Mix aus Eigenmarke und Marke bieten.

Food for Future von PENNY

one: 60 Prozent ist ein sehr hoher Anteil. Was macht die PENNY-Eigenmarken denn so besonders? 

Marcus Haus: Wir sind ganz nah dran, an den Wünschen unserer Kundschaft und stechen durch eine hohe Innovationskraft hervor. Als Beispiele seien die Trends Vermeidung von Lebensmittelverschwendung, Regionalität und bio genannt: PENNY führte die Naturgut Bio-Helden 2016 als Pionier der Branche ein. Seitdem schreibt das Obst und Gemüse mit Schönheitsfehlern bekanntermaßen eine Erfolgsgeschichte. „First Mover“ waren wir ebenfalls bei der warengruppen-übergreifenden veganen Eigenmarke Food For Future, die PENNY 2020 als erster Discounter in Deutschland eingeführt hat.

Eine Besonderheit liegt auch in der Vielfalt des Angebots: Wir haben bei PENNY eine große Auswahl an Eigenmarken-Produkten und bieten den Kunden im Rahmen unseres Aktionsgeschäftes viel Inspiration.

one: In welchen Bereichen wird das Eigenmarken-Sortiment weiter ausgebaut?

Überall dort, wo es für unsere Kund:innen von Vorteil ist, werden wir das Eigenmarken-Sortiment weiter stärken. Das gilt insbesondere für gesellschaftlich wichtige Themen wie z.B. Nachhaltigkeit.

Drei Fragen an Toom-Marketingchef Dr. Robert Wiegand
„Mit unseren Eigenmarkenprodukten beweisen wir, dass wir es mit der Nachhaltigkeit ernst meinen“

Dr. Robert Wiegand
one: Warum hat die Baumarktbranche Eigenmarken? Warum sind sie für den Baumarkt wichtig?  

Robert Wiegand: Viele der bekannten Produktmarken stehen in den Regalen aller relevanter Baumarktbetreiber. Eine Differenzierung als Händler ist damit kaum möglich, anders bei der Eigenmarke. Die Eigenmarken bei Toom unterstützen unsere Markenbotschaft „Respekt, wer´s selber macht.“ in allerbester Form, denn damit haben wir die Chance unseren Kund:innen dabei zu helfen, ihr DIY-Vorhaben umzusetzten. Unser Respekt vor dem Selbermachen und den Selbermachern manifestiert sich bei den über 15.000 Eigenmarken in einer starken Produktqualität und in einem modernen, ansprechenden Verpackungsdesign, das die relevanten Informationen für die Kund:innen präsentiert. Und auch in Sachen Nachhaltigkeit sind unsere Eigenmarken ein Aushängeschild und Teil der Beweisführung unserer Toom-Nachhaltigkeitsstrategie. Die Eigenmarken sind damit ein Markenträger par excellence.  

Aber das ist nur die Markenseite. Die Eigenmarkenprodukte sind vor allem ein Rohertragsbringer. Hier haben wir alles in der Hand, importieren oft selbst und können das Produkt und die Verpackung beeinflussen. Und noch ein letzter Aspekt: auch Baumarktprodukte sind ein großes Thema im Onlinebereich. Ein Eigenmarkenprodukt ist nicht so einfach über idealo zu vergleichen, wie ein Markenprodukt. Wenn wir eine:n Kund:in davon überzeugt haben, stehen wir also nicht so sehr auf dem Prüfstand des Internetvergleichs. 

Eigenmarken von Toom

one: Was macht unsere Eigenmarken besonders? 

Robert Wiegand: Zuerst einmal können sich die Kundinnen und Kunden auf unsere Qualität verlassen. Davon sind wir so überzeugt, dass wir auf alle Eigenmarkenprodukte fünf Jahre Garantie geben. Da die meisten Eigenmarkenprodukte den Namen Toom tragen, ist das natürlich eine überzeugende Botschaft, die auch positiv auf die Vertriebsmarke reflektiert. Außerdem stimmt natürlich der Preis, denn wir bieten Qualität auf Markenniveau in der Regel rund 15 bis 20 Prozent günstiger.  

Nicht zuletzt beweisen wir mit den Eigenmarkenprodukten auch, dass wir es mit der Nachhaltigkeit ernst meinen. Nicht nur die Produkte, sondern auch die Verpackungen werden in dieser Hinsicht ständig auf den Prüfstand gestellt und erhalten zahlreiche Zertifizierungen. Mit der Intensität, die wir hier zeigen und immer wieder unter Beweis stellen, sind wir in der Branche führend. Wir sind überzeugt, dass unsere Eigenmarkenstrategie in der Gesamtheit ein Wettbewerbsvorteil ist.  
 
one: Welcher Eigenmarken-Anteil ist der Richtige?   

Robert Wiegand: Die Eigenmarken übernehmen einen wichtigen Part in unserer Produktstruktur und sind in einigen Sortimentsbereichen, wie beispielsweise dem Pflanzenbereich, besonders wichtig. Der Umsatzanteil der Eigenmarken liegt aktuell bei knapp einem Drittel des Gesamtumsatzes. Die Coronazeit und unsere Marktschließungen im Lockdown haben den Anteil etwas reduziert, denn in dieser Zeit haben Kund:innen vermehrt zu Markenprodukten gegriffen. Für die kommenden Jahre haben wir aber wieder Steigerungen eingeplant.  

Viel wichtiger als der Umsatzanteil ist für uns aber, was die Eigenmarken zum Unternehmensergebnis beitragen. Dabei schauen wir genau auf den Rohertrag und setzen nur Projekte um, die uns unter dem Strich helfen den Rohertrag zu verbessern. Deshalb ist der Rohertragsanteil bei uns der wichtigere Wert zur Steuerung der Eigenmarkenstrategie. 

Handelsmarken im Plus

In den ersten drei Monaten diesen Jahres verzeichneten Handelsmarken laut GfK ein Plus von 1,2 Prozentpunkten und erreichten einen Marktanteil von 34,6 Prozent. Die deutlichsten Zuwächse registrierten die Marktforscher zuletzt bei Frühstücksprodukten (plus 3,6 Punkte), Grundnahrungsmitteln (plus 2,9 Punkte) und Konserven (plus 2,8 Punkte). Auch in anderen Nahrungsmittel-Kategorien gewannen Handelsmarken deutlich Marktanteile. Unterdurchschnittlich waren dagegen die Zuwächse in den so genannten Near-Food-Kategorien

Wasch-/Putz- und Reinigungsmittel (plus 0,9 Punkte) sowie Kosmetik/Körperpflege (plus 0,8 Punkte). Die Experten der GfK begründen diese Entwicklung mit den gestiegenen Lebenshaltungskosten: „Ließen es sich viele Menschen während des Lockdowns gut gehen und nutzten das durch entgangene Freizeitvergnügen gesparte Geld, um zu Hause gut zu essen und zu trinken, so achten sie jetzt darauf, dass der Einkauf von Lebensmitteln nicht zu teuer wird und zumindest noch etwas Geld für Aktivitäten außerhalb der eigenen vier Wände übrigbleibt.“

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